Vorschlag
Ich bereute es bereits nach wenigen Schritten, das ich meinem Körper nicht die nötige Zeit gab zu heilen. Noch war die Nat der Wunde nicht aufgegangen, doch es fühlte sich an, als würde sie mich bald zerreißen. Ich holte tief Luft und klammerte mich an die schwere Eichentür, die in den hinteren Hof führte. Von dort aus ging es zu den ehemaligen Stallungen. Ich wusste selbst nicht, warum ich Mortis ausgerechnet dort vermutete. Es war so gut wie unmöglich, dass das Pferd dort war. Aber trotz all der Schmerzen musste ich Henry recht geben. Mortis könnte der Schlüssel zum Erfolg sein. Oder zumindest einen Weg aufzeigen, der uns bis jetzt verborgen geblieben war, auch wenn man ihr nicht trauen durfte. Ich würde nicht noch einmal den Fehler begehen. Entweder sie half und oder wir fanden einen Weg sie auszuschalten. Ich musste nur ihr vertrauen gewinnen, was es auch kosten möge. Ich würde dafür sorgen das wir lebend aus dieser Scheiße kamen.
Der kalte Wind, der an meiner Kleidung riss, erschwerte mir das Laufen im blutroten Schnee. Wie immer wenn es zu schneien begann, war die Luft von einer rostigen Note erfüllt. Nur schwach konnte ich die kleinen Fußabdrücke erkennen, die meine Vermutung bestätigten. Ich blickte blinzelnd in den Himmel. Die Dämmerung hatte bereits eingesetzt und schon bald würde man ohne Laterne nicht einmal mehr seine eigene Hand sehen können. Ich wollte wenn möglich schnell wieder zurück ins Kloster. Die Nacht barg seine ganz eigenen Gefahren.
Ich hörte ihre Stimme, noch bevor ich den Stall durch das kaputte Tor betrat.
„...jetzt sei nicht beleidigt mit mir. Wir wissen beide, dass es notwendig war. Manchmal muss man ein Risiko eingehen." Leider wurde sie immer leiser, so das ich sie nicht mehr verstand. Ich stellte das Essen ab. Vorsichtig passierte die Säule, die mir den Blick versperrte und betrat den schmalen Gang zwischen den Pferdeboxen. Schwach drang flackerndes Kerzenlicht aus der Hintersten und lies Mortis weiße Gestalt noch unwirklicher erscheinen. Wie viel Menschlichkeit steckte überhaupt noch in ihr? Wie war das überhaupt möglich? War sie überhaupt je ein Mensch gewesen oder hatte der Reiter von Anfang an auf diesen Ausgang hingearbeitet?
Die Fragen verblassten beim Anblick ihres Pferdes und gleichzeitig drängte sich die Gewissheit in den Vordergrund, das wir alle hier quasi Mortis gnade ausgeliefert waren. Von nahem sah es noch erschreckender aus. Sein schwarzes Stupfes, stellenweise kahles Fell, hing schlaff über dem Gerippe. An manchen Stellen sah man blankes verrottendes Fleisch und sogar Knochen. Seine trüben Augen starrten leer vor sich hin. Der Inbegriff einer wandelnden Leiche.
„Du brauchst keine Angst haben, komm ruhig näher Wolf." Ihre Hand strich liebevoll über seinen Hals. „Wie kann das möglich sein?" Ohne sich umzudrehen, antwortete sie. „Er ist das Symbol, dessen, was ich bin. Was mich ausmacht. Sein Äußeres ist mein Innerstes." Ihre Worte sickerten nur zäh meinen Verstand. „Bist du überhaupt die Person, die wird damals kennengelernt haben? Oder siehst du lediglich aus wie sie?"
Mortis hielt in ihrer Bewegung inne und schien zu überlegen. Ehe sie sich langsam zu mir umdrehte und mich mit einem undefinierbaren Blick ansah. Etwas Seltsames blitze in ihren Augen auf. „Nicht gänzlich. Würdest du es wollen, wenn ich es wäre?"
Erschöpft griff ich mir an die Nasenwurzel und rieb sie. Was sollte das nun wieder bedeuten. „Es würde helfen, wenn du weniger kryptisch antworten würdest. Du wirfst damit jedes Mal mehr Fragen auf, als du beantwortest."
Sie legte den Kopf leicht schief und musterte mich. „Das liegt daran, das du nicht die richtige Frage stellst. Wollt meine hilfe, aber ich bin keine aktive Kraft. Ich bin nicht gänzlich sie."
Ich bin nicht gänzlich sie... Eine seltsame Formulierung. Es lag nahe das sie sich, als Person vor dem Aufstieg meinte. Ist sie nicht ganz sie selbst? „Kannst du uns helfen, wenn wir das ändern? Wenn wir dich ganz machen?"
„Möglich, aber wollt ihr das?"
„Wir wollen diese ganze Scheiße hier beenden! Wenn es eine Möglichkeit gibt mehr zu tun, als nur zu überleben bis Belial uns doch in die Finger bekommt. Dann ja! Du bist es uns schuldig!" Meine Hand hatte sich in Ihren Kragen gekrallt. So schwebte ihr Gesicht nun dicht vor meinem. Verdammt war ich denn Lebensmüde geworden?
Doch ich wollte nicht weichen, Ihr keine Angst zeigen. Ich war es leid, dass diese – was auch immer sie waren - mit uns machen konnten, was sie wollten.
„Schuldig?" Sie gab sich unbeeindruckt, doch ich sah den dunklen Schimmer in ihren Augen. „Man sollte euch Menschen ..." Es war ihr Pferd, das sie innehalten ließ. Es gab einen fast schon zornigen Laut von sich und scharte aufgeregt mit den Hufen. Mortis seufzte Laut und der Schatten verschwand. Sanft legte sie ihre kalten Finger auf meine Hand, werte sich aber nicht weiter gegen meinen Griff. Was bitte war das gerade gewesen? „Nun, Wolf vielleicht kann ich euch helfen. Jedoch fehlen mir dazu ein Paar Dinge. Helft mir, sie zu beschaffen, dann gehört meine Macht euch."
Erstaunt sah ich sie an. So einfach? Misstrauisch sah ich sie an. „Wieso der Sinneswandel? Du bist ein Schoßtier Belials. Um uns am Ende wieder in den Rücken zu fallen?"
„Wie wäre es mit einem Pakt? In Blut geschrieben, gültig im Diesseits und im Jenseits. Keine Macht vermag es ihn zu brechen, richtig formuliert." Ich suchte nach Lügen in ihren Worten, doch ich wusste zu wenig ober solche Dinge. Langsam ließ ich sie Los. Bedeutete das, sie wolle sich an uns binden, um ihr vertrauen zu beweisen. Oder doch uns an sie, um Ihr eigentliches Ziel zu verwirklichen? Mir blieb nichts anderes übrig als mit den Anderen darüber zu sprechen. Unmöglich konnte ich so eine Entscheidung alleine tragen.
„Und was sagst du Wolf? Ich würde dann ganz zu deiner Verfügung stehen." Ihre Worte holten mich aus meiner Grübelei und machten mir bewusst wie dicht sie vor mir stand. Instinktiv wich ich zurück. „Ich werde das mit den Andren besprechen und du wirst uns allein genau erklären, was es bedeutet!"
„Gewiss werde ich das. Du solltest jetzt gehen, die Nacht bricht an." Damit drehte sie sich um und widmete sich wieder Ihrem Pferd. Mit einem mulmigen Gefühl im Bauch ließ ich sie zurück. Ich wurde aus ihr nicht schlau, mal war sie so und mal so, doch jetzt darüber auch noch zu grübeln würde mir nur Kopfschmerzen bringen.
Zunächst musste ich etwas gegen die Schmerzen und die Müdigkeit tun. Mein Blick viel auf das Essen, das ich auf den kleinen Tisch neben der Tür gestellt hatte. Wenn sie es wollte, würde sie es sich schon nehmen. Und morgen bekam ich hoffentlich bessere Antworten von ihr.
Mortis
Ich schnalzte mit der Zunge, als hörte wie die Tür wieder ins Schloss viel. „Er ist instinktiv scharfsinnig, das muss man ihm lassen. Will er doch tatsächlich etwas über das Kleingedruckte wissen. Was soll ich nur mit ihm machen, Klepper?" Liebevoll strich ich ihm über die Nüstern. Ich sah in seinen Augen, das er mir gerne etwas gesagt hätte, doch er konnte nicht. Jedoch verstand ich meinen Weggefährten auch so. „Du scheinst etwas ihn Ihnen zu sehen, nicht war? Nun wir werden sehen, ob wir bekommen, was wir wollen. Es ist auf jedenfalls interessanter als Belials Laufbursche zu sein." Und ohne sie würde auch ich nicht bekommen, was ich wollte. Was mir gestohlen wurde. Denn ohne konnte ich meine Aufgabe nicht beenden. Eine Tatsache die Belial geschickt eingefädelt hatte. Jedoch konnte ich nicht leugnen, dass ein kleiner Teil tief in mir, es störte, diese Menschen ein weiteres mal ins Messer laufen zu lassen. Es war fast, als wollte ich sie nicht verlieren. Doch es war unvermeidlich. Ich brauchte Wolf um es zurück, zu bekommen. Dazu musste auch ich mich auf morgen Vorbereiten. Ein Fehler und sie würden Verdacht schöpfen. Beim Hinausgehen viel mir das Essen auf, das Wolf auf den Tisch gestellt haben musste. Mit einem Lächeln griff ich danach und biss in das Brot hinein. Damit war ich nicht länger nur geduldet, sondern eingeladen, obwohl ich sie gewarnt hatte. Sie würden schon feststellen was das Bedeutete und ich kam nicht umhin etwas Schadenfreude zu empfinden.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top