Eine Welt ohne Hoffnung

Wolf

„Was ist nur los mit dir? Wir haben es denen gezeigt. Ihre Fabrik ist hochgegangen wie ein Feuerwerk und du starrst noch finsterer als sonst, Wolf!" Ich sah meine alte Freundin und Weggefährtin Shadow an. Sie trug eine Militäruniform, die sie bei einem Einsatz gefunden hatte. Vor zwei Jahren hatten wir in dieser kleinen Stadt unser Lager aufgeschlagen. Sie war abgelegen am Rande der Alpen. Aufgrund des abnormal kalten Wetters kam selbst die Bruderschaft hier nicht hin. Seit jenem Tag, als meine Freunde durch den Verrat einer niederträchtigen Schlange Ihr leben verloren, war nichts, wie es einmal war. Die Welt war ins Chaos gestürzt worden und mit ihr das Wetter und die Gesetze der Natur. Die Nächte wurden länger und Tage färbten sich rot. Die Sonne habe ich seit 4 Jahren nicht mehr gesehen. Einst hatte es hier herrliche Sommertage gegeben, nun hatten wir die gesamte Zeit, Temperaturen wie in der Arktis. Nur 200 KM weiter hingegen, karge heiße Steppe. So etwas dürfte es gar nicht geben.

Das Besondere an diesem Ort war jedoch das alte Kloster, das uns vor der Kälte und Angriffe sonderbarer Kreaturen schütze. Seine Bunker ähnliche Anlage zog sich bis in den Berg hinein und stammte teils aus dem frühen Mittelalter, teils aus der Nazizeit.

Mit der Hilfe einiger wenigen, die das erste Jahr ebenfalls überlebt hatte, formte ich einen Widerstand gegen die Bruderschaft in der Hoffnung, noch alles zum guten Wenden zu können, doch meine Hoffnung schwand. Nicht einmal die Priester und Schwestern, die uns hier tatkräftig unterstützten, wussten Rat.

„Wolf hörst du mir eigentlich zu?" Ihr Gesicht war direkt vor meinem und riss mich aus meinen Gedanken und ich musste das Gerät, an dem ich nebenbei schraubte ruhen lassen. „Ja, nein, tut mir leid. Ich habe nur ein ungutes Gefühl. Es ist, als würde etwas Bedrohliches auf uns zukommen. Aber vermutlich werde ich einfach nur paranoid. Was machen die Anderen?" Ihre Augen musterten mich von oben bis unten. „Wolf du musst aufhören, alles auf deinen Schultern tragen zu wollen. Es ist nicht deine Schuld!" „Doch ist es! Wenn ich früher zu ihnen durchgedrungen wäre ... nur 5 Minuten eher Ihren Zugang blockiert hätte. Ich hätte damit verhindert, dass diese Schlange ihnen das falsche Symbol nennt. Wieso war es ihr so einfach möglich gewesen, uns zu täuschen? Sie schien in jeder Sekunde zu wissen, was sie da tat."

Shadow überlegte. „Hast du sie jemals gefragt, warum sie das getan hat? Nicht das ich sie in Schutz nehme, aber vielleicht übersiehst du in deinem Hass auf sie etwas?" Ich schüttelte den Kopf. „Nein und es ist auch egal. Wir haben, kurz nach dem ich sie enttarnt hatte, den Kontakt zu ihr verloren. Als hätte sie sich als Person einfach aufgelöst. Ich suchte tagelang nach Ihr und dann ... erwachten die Reiter und den Rest kennst du."

„Ob sie überhaupt noch lebt, weist du also nicht?" Murmelte sie mehr zu sich selbst.

Müde fuhr ich mir mit den Händen durch das Gesicht und starrte hinaus in den roten Schnee. Selbst nach vier Jahren wirkte dies alles wie ein schlechter Traum. Ein Traum, aus dem man einfach nicht aufwachte.

„Um deine Frage zu beantworten. Henry und Amber arbeiten fieberhaft an der Übersetzung verstaubter Texte, in Sprachen, von denen ich nicht einmal wusste, dass sie existieren. Sie hoffen immer noch, eine Lösung zu finden. Anni, Leon und Tammy sichern mit Ramona und Jason die Stadt. Carla hat sich hingelegt. Samu und Ina sind am Außenposten und halten Ausschau nach allem, was seltsam ist. Ein Glück, das du die alte Funkanlage zum Laufen gebracht hast."

Ich nickte ihr als Antwort zu. Ja es war wirklich glück gewesen. Der Funker funktionierte über eine vorsintflutliche Kabelverbindung im Erdreich. Die Nazis hatte diese Anlage damals nie benutzt und so war sie vom Krieg verschont geblieben. Alles war intakt und bedarf nur kleinerer Reparaturen. Diese simple Technik erwies sich jedoch als unempfindlich gegen die dämonische Energie. Man konnte damit nicht die Welt bewegen, aber es war besser als nichts. Der Außenposten lag 5 km vor der Stadt. Genug Zeit, um im Notfall zu reagieren.

Ein lauter Knall ließ uns zusammenfahren, gefolgt von einem grausigen Krächzen. „Fuck, ist das eine riesige Krähe!" Entfuhr es meiner Freundin. „Es sind sogar zwei. Siehst du, die eine sitzt dahinter auf dem Wetterhahn." „Man bei denen gruselt es einen wirklicht, kuscht" Sie machte eine hastige Bewegung auf das Tier zu und brachte es dazu, mit einem Erbosten laut wegzufliegen. „Seltsam, das sind die ersten Vögel, die ich hier in der Gegend überhaupt sehe. Wie sind sie nur hier her gekommen? Der Wind draußen macht selbst Jason zu schaffen. Man könnte sie glatt für ein schlechtes Omen halten."

„Interpretier nicht zu viel in solche Dinge. Die ganze Welt ist ein schlechtes Omen. Ich gehe zu Henry, behalt den Funk im Auge. Ich vertrage im Moment keine Überraschungen." Ich verlies das Kardinalszimmer, welches wir zur Zentrale umfunktioniert hatten, und ging Richtung Bibliothek im Keller des Gemäuers.

Vor den anderen wollte ich es nicht zugeben. Aber seit dem Tag, als sie verschwand, hatte ich seltsame Träume. Als würde mich etwas verfolgen. Immer wenn ich versuchte, mich an Ihren Namen zu erinnern, bekam ich Kopfschmerzen. Fast als wäre er verflucht. Und doch ging Sie mir nicht aus dem Kopf, Wut und Neugier vermischten sich und so hatte ich nie aufgehört nach ihr zu suchen. Shadow hatte, da nicht unrecht, es waren noch zu viele Fragen offen und ich hatte das Gefühl, sie würde die Antworten kennen. Im Anschluss würde sie für alles bezahlen, was sie uns angetan hatte.

Es war bereits spät am Abend und auf den Fluren des alten Gebäudes war keine der Nonnen mehr unterwegs. Zusammen mit dem schwachen Schein der Fackeln gaben die kalten Steinwände ein eher gruseliges Bild ab. Allerdings gab es in dem Gebäude nichts, was so sehr beängstig wie das, was einem Draußen erwartet. Dies war noch einer der wenigen Orte, die heiligen Boden besaßen. Hoffentlich würde sich dies nicht ändern.

Die schwere Holztür knarzte, als ich sie vorsichtig aufschob und den Kopf hindurch steckte. Sofort schlug mir der modrige Geruch alter Bücher entgegen. Henry entdeckte ich sofort an dem langen Tisch, gebeugt über einigen ziemlich alt aussehenden Bücher. Er sah auf und bedeutete mir leise zusein. Fragend sah ihn an, folgte mit meinem Blick aber die Richtung, in der er zeigte. Amber hatte sich auf einem alten Sessel zusammengerollt und schlief. Seit Wochen kamen sie nur zum Essen und Schlafen raus. Das Kloster verfügte über unzählige alte Texte, die nie übersetzt worden waren. Der Priester sagte uns das hier der Offizier, der hier stationiert war, ein Sammler religiöser Texte war. Er hat aus dem ganzen Land alles, was er finden konnte, zusammengetragen. Leider waren viele beschädigt oder in alten längst vergangenen Sprachen geschrieben. Das übersetzen teilweise unmöglich, wenn man sich damit nicht auskannte. Trotzdem versuchten die beiden es unermüdlich.

„Du siehst Müde aus Wolf." Begrüßte er mich leise.

„Das sagt der Richtige. Habt ihr etwas gefunden?"

Ich stellte mich neben ihn und er klopfte mir väterlich auf die Schulter. „Vielleicht habe ich das tatsächlich. Zumindest wird es uns im Notfall hoffentlich Zeit zum Fliehen verschaffen." Er schob mir eine alte Schriftrolle rüber. „Was für eine Sprache ist das?" Er atmete tief durch. „Das ist babylonisch. Zum Glück hat, sich in diesen mauern jemand die Mühe, gemacht Teile in Latein zu übersetzen. Nicht optimal aber es geht. Jedenfalls wird davon gesprochen, dass die Reiter schon einmal auf der Erde gewandelt sind. Allerdings nicht wegen Belial." Erstaunt sah ich ihn an. „Wieso dann." „Ja da wird es leider undeutlich. Aber es soll mit dem Fall Babylons zutun gehabt haben. Aber ... und das ist das Interessante. Es wurde damals wohl ein Reiter gefangen." Ich schluckte „Gefangen wie Belial damals?" Er schüttelte den Kopf. „Nein, wie einen richtigen Gefangenen. Wenn ich den Zusammenhang richtig deute, dann haben sie dadurch die Wildejagt beenden können und so zogen sich die anderen Reiter machtlos zurück. Aber das verstehe ich nicht, die Wilde jagt gehört nicht in den christlichen Glauben. Sondern Teil der Alt europäischen Volkssage. Vor allem in der nordischen Mythologie findet man sie."

„Und was heißt das jetzt genau?" Er zuckte mit den Schultern. „Leider ist das überhaupt nicht mein Gebiet und in diesem Kloster werden wir dazu kaum etwas finden. Jedoch taucht das Word immer wieder im Zusammenhang mit dem Reiter des Todes auf. Sieh dir nur die Bilder an." Henry zog vorsichtig die Schriftrolle auseinander. Das brüchige Pergament knisterte laut, als würde es jeden Moment reißen. Ich war erstaunt, als ich die unzähligen kleinen Zeichnungen sah, die es enthielt. Gleichzeitig wirkten die verstörend. Fast als würde mich etwas innerlich davor warnen, es auch nur anzusehen. „Dir ist auch unwohl, hab ich recht?" Henrys frage ließ ich aufsehen. „Ja, mir auch. Als würde ich etwas Verbotenes in der Hand halten. Gleichzeitig fasziniert es mich jedoch. Diese Details. Siehst du die Figur auf dem grotesk gemalten Pferd? Ich denke, das ist der Reiter. In der Hand hält er eine Sense statt einem Schwert. Hier geben die Leute ihm einen Kelch. Und da versammeln sie sich und ziehen ihm vom Pferd. Sie nehmen ihn gefangen. Zumindest deute ich es so. Und die Wolke die wie eine Armee aussieht, reitet davon. Leider fehlt ein Teil, ich hoffe das ich dazu noch mehr finde."

„Es ist auf jeden Fall ein Anfang. Aber warum ausgerechnet der Tod. Bis jetzt ist er am wenigsten in Erscheinung getreten. Fast niemand kann ihn wirklich beschreiben."

Henry wollte gerade zu einer Antwort ansetzen. Als Shadow aufgebracht Hineingestürzte kam. „Ein Reiter ... Ein Reiter ist auf dem Weg hier her!" 

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