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,,Hey, ist Shoto heute auch nicht da?" Mina setzte sich neben Ochako an den Tisch während sie ihr Tablett abstellte. Die Mädels hatten beschlossen heute zusammen zu Essen.

,,Nein, er hatte aber auch keinem von uns geschrieben. Katsuki ist auch nicht da oder?" ,,Nope, aber er war gestern Abend schon so anders drauf. Ich weiß nicht was mit den beiden los ist..." ,,Was war denn gestern Abend? Es war ja furchtbar laut im Wohnheim, Quak!"

Mina holte aus und begann ihre Erlebnisse der Nacht zu erzählen, dass sie Katsuki im Trainingsraum vorgefunden hatte und Denki das Laufband demolierte um endlich Ruhe im Haus zu schaffen. ,,Oh, komisch. Aber das Shoto nicht hier ist...",murmelte die Braunhaarige und sah rüber zu Izukus Tisch. Kein zweifarbiger Haarschopf weit und breit.

Auch den Rest des Schultages sah man die beiden Streitköpfe weder in den Pausen noch innerhalb der Klassenräume. Das Katsuki fehlte war eine Sache, doch Shoto war stets pflichtbewusst und würde niemals den Unterricht schwänzen wenn es nicht wirklich notwendig war. Er musste krank sein, anders konnte es sich Ochako nicht erklären. Ein bisschen genervt war sie ja schon, das der Zweifarbige niemanden Bescheid gegeben hatte und sie in ihrer Unwissenheit beließ.

Im Wohnheim roch es derweil nach köstlichem Rindfleisch und einer guten Brühe. Katsuki schnitt die Frühlingszwiebeln mit einer gekonnten Handbewegung in kleine Stücke. Shoto machte sich derweil an den Pilzen zu schaffen.

Die beiden Jungs waren ziemlich gerädert von der letzten Nacht und hatten bis kurz nach halb Eins geschlafen. Die Wecker, die sie zur Schule aufriefen, hatten beide überhört. Für Shoto war es glasklar, dass er sich nach dem Mittagessen erneut hinlegen würde. Selten war er so müde gewesen wie heute.

,,Geh aus dem weg, Zuckerstange.",giftete der Blondschopf und schob Shoto vom Herd weg. Seine Stimmung war im Keller, einerseits, weil er noch nie schlechter geschlafen hatte als in dieser Nacht, andererseits, weil eben Shoto hier war.

Katsuki hatte geplant, sich fix ein Fertiggericht reinzuschieben und dann wieder in seinen Zimmer zu flüchten. Doch als er die Treppe hinunter trottete, bemerkte dass er nicht der einzige Schulschwänzer war und dann auch noch dieses Fiasko an Inkompetenz in der Küche sah, konnte er seinen Plan vergessen.

Sogar eine einfache Rinderbrühe machte die Zuckerstange falsch! Hastig schöpfte Katsuki die Einzelteile aus dem braunen Wasser und schmeckte seine Brühe ab. Perfekt.

Wenig später schlürften die beiden stillschweigend ihre Ramen. Katsuki störte es ungemein, dass Shoto nicht zur Schule gegangen war. Er hatte gehofft, die beiden würden seine peinliche Situation von gestern einfach vergessen, doch die dicke Luft zwischen den Helden verriet etwas anderes.

Immer wieder schielte der Blondkopf zu seinem Nachbarn um sich zu vergewissern, das er Katsuki nicht genauso schief ansah. Sicherlich verbarg Shoto seine Gedanken mal wieder hinter seinen arroganten Mauern. Er würde sich jetzt bestimmt in Sicherheit wiegen, der Stärkere zu sein. Natürlich war es peinlich nicht schwimmen zu können oder beinahe zu ertrinken, doch vor seinem kaputten Kleiderschrank zu heulen war doch mindestens dreimal so schlimm!

Innerlich lachte der Halb-Halb-Bastard gerade über ihn. Hämisch würde er in seinem Kopf über Katsuki herziehen. Und nach außen hin das Unschuldslamm spielen. Bestimmt war er deshalb immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort: um ihn, Katsuki, leiden zu sehen. Und auf Basis seines Leids pushte der Endeavor-Abklatsch sein Ego bis ins unermessliche.

Es konnte ihm doch egal sein ob sein Bruder tot war, seine dämliche Familiengeschichte. Anderen ging es schlechter. Noch einmal schielte der Blondschopf zu seinem Rivalen. 

Die Nudel verschwand zwischen seinen Lippen und Shoto tunkte die Stäbchen erneut in die Schüssel um ein Stück Rindfleisch anzuvisieren. Langsam hielt Bakugo es neben dem Wunderkind mit der verdorbenen Visage nicht mehr aus. Nichtmal bedankt hatte er sich für die Mühe und Not die Katsuki in diese Ramen steckte.

,,Was war das gestern eigentlich?",ergriff Todoroki das erste Wort. Monoton wie immer, als wäre es ihm eigentlich auch egal. ,,Hah?!",genervt ließ Katsuki die Stäbchen in die Schüssel fallen und sah den Rotweißhaarigen entgeistert an.

Kurz räusperte Shoto sich. ,,Gestern Abend, als du diese Panikattacke hattes. Was war das gestern?"
,,Du hast dir deine Antwort doch gerade selbst gegeben."

Innerlich fuhr Katsuki aus der Haut über die Frage des Größeren. Er sollte ihn verdammt nochmal in Ruhe lassen! Was nahm er sich eigentlich raus?!

,,Ich dachte, vielleicht brauchst du ja jemanden zum reden?"

Okay, jetzt reicht's. Das Shoto hier neben ihm saß und ihn mit seinen dämlichen Fragen durchlöcherte ließ ihn jegliche Kontrolle verlieren.

Wütend donnerte Katsuki seine Schüssel auf den Tisch und fuhr den Rotweißhaarigen an. ,,Ich brauche keinen scheiß Psychologen! Und ich hab keine Panikattacken du Halb-Halb-Bastard!" Unsanft schubste er die Schulter seines Nachbars beiseite und bahnte sich den Weg zur Treppe. ,,Katsuki warte! So war das nicht gemeint."

,,Sieh lieber zu das du zur Schule kommst! Du hast doch hier die Probleme, wegen mir die Schule zu schwänzen, du Kiesel!"

Shoto blieb perplex auf der Treppenstufe stehen. Wegen ihm die Schule schwänzen? Ihm würde kein lachhafter Grund einfallen nicht zum Unterricht zu entscheiden. Katsuki knallte seinem Klassenkameraden lauthals die Tür vor der Nase zu.

,,Ich bin wahrscheinlich genauso müde wie du, also spiel dich nicht auf, Dornröschen!",rief der Zweifarbige gegen das Holz, unsicher ob er Katsuki folgen oder es bei der Ansage belassen sollte. ,,Lass mich in Ruhe!"

Shoto ging ebenfalls in sein Zimmer und setzte sich an seinen Schreibtisch. Sein Plan einige Informationen aus Katsuki herauszukitzeln, ist hiermit offiziell gescheitert.
Mit einem lauten Seufzen fuhr er sich durch die verschiedenfarbigen Haare.

Katsuki konnte sich derweil selbst ohrfeigen. So verwundert wie Shoto ihn angeschaut hatte... Bakugo war so dumm gewesen, seine Gefühle freien lauf zu lassen und seine Gedanken ohne zu überleben, auszusprechen. Natürlich war der Halb-Halb-Bastard nicht wegen ihm daheim geblieben. Schließlich hatte er ja auch kaum geschlafen.

Doch wie bekam er dieses Missgeschick wieder gerichtet? Shoto sollte nicht denken, er wäre dem Blondhaarigen wichtig. Schließlich war er das ja auch nicht. Aber Katsuki konnte und wollte sich auch keine Blöße durch sein Verhalten geben.

,,Tut mir leid. Ich wollte dich nicht angehen.",murmelte er beschämt auf der Türschwelle. Wäre er sich nicht sicher, dass er sich der Yuei befindet, würde er denken er wäre wieder bei den Todorokis zuhause. Das Zimmer war ein einziger Ausschnitt aus diesem Haus. ,,Schon gut, willst du reinkommen? Der Größere sah unsicher auf ihn herab. Katsuki schritt ins Zimmer.

,,Kein Bett?" Wortlos schüttelte Shoto seinen Kopf und deutete auf das zusammengelegte Textil neben dem Schrank. ,,Und wo wird hier gevögelt?",lachte sein Gegenüber hämisch.

Im selben Moment hätte der Rotäugige seine Explosion auf sich selbst richten können. Natürlich teilte der gebildete Spießer nicht seinen grenzdebilen Humor. Was wenn das soziale Wrack dachte, er würde auf eine schnelle Nummer aus sein?

,,Ich denke, auf dem Fußboden?",murmelte Shoto und senkte seinen Kopf. Die Röte in seinem Gesicht komnte er deutlich spüren. Schnell breitete er demonstrierend den Futon aus. Auch Katsuki wollte sich durch Ablenkung aus dieser peinlichen Situation befreien. ,,Tut das nicht weh, die ganze Nacht auf dem Boden zu liegen?" ,,Nein, darunter ist ein Polster. Du kannst ja probeliegen."

Ein wenig unbeholfen, tat Katsuki das, was Shoto ihm angeboten hatte. Der Futon war bequemer als gedacht, doch seinem Bett würde er diesem Etwas niemals vorziehen.
Shoto setzte sich ans Ende des Futons. Eine unangenehme Stille schwang durch den Raum.

Der Rotweißhaarige wusste nicht, was er sonst noch erzählen sollte. Der kulturelle Stil seines Zimmer war bei weitem nicht interessant genug für stundenlange Gespräche und so langsam bereute er es Katsuki hereingebeten zu haben. Dieser sah sich suchend im Raum um. Als würde er einen Fluchtweg finden wollen.

,,Danke für gestern. Und 'Tschuldigung nochmal.",meinte Katsuki und sah Shoto aufrichtig an.

Er konnte Endeavors Sohn immer noch nicht leiden, aber so ehrlich musste er sein. Wer weiß wie sehr er noch abgedreht wäre, wenn Shoto nicht gekommen wäre. ,,Kein Problem. Aber... hast du öfter Panikattacken?"

Unter dem Schreibtisch standen zwei Sakeflaschen. Warum auch immer dieser Typ so etwas besaß. Izuku und Co waren doch vernünftig und fromm wie Lämmer, die würden sich doch niemals die Brine weggknallen.

Bevor Katsuki nochmal über dieses Thema nachdachte, würde er sein dämliches Gehirn betäuben und abschalten. Eine Panikattacke in dieser japandi Hölle war bestimmt doppelt so schlimm. Was wäre wenn er in seinem Wahn plötzlich Enji Todorokis Geist vor sich sieht?

Er nahm einen großen Schluck von dem Reiswein und setzte sich aufrecht auf den Futon. ,,Das war das erste Mal."
Verständnisvoll nickte Shoto, verfiel dann jedoch ins Grübeln. ,,Gib mir mal einen Schluck."

,,Was?",lachte Bakugo verwundert. ,,Du trinkst?" ,,Warum sollte ich hier sonst Wein stehen haben? Manchmal ist ein Glas in doch Ordnung."

Ohne weiter nachzuhaken reichte der Blondschopf die Flasche weiter. Shoto konnte tun was er wollte, auch wenn seine stumme Art und Alkohol in seinen Augen nicht zusammen passte.

Danach packte er aus. Irgendein Gefühl in ihm sagte ihm, dass sein Leid bei Shoto sicher war. Dass Shoto ihn versteht und sich nicht über sein Versagen lustig machte.

,,...und als ich die ganze Scheiße auf diesem verfickten Bildschirm sah, fühlte ich mich so schuldig. Ich weiß, dass ich nicht Schuld bin, aber ich fühle mich so unfähig. Warum wurde ich entführt? Ich dachte ich sei stark! Und wegen dieser ganzen Scheiße hat All Might seine Kraft verloren. Immer wenn ich ihn sehe denke ich an den Kamino-Vorfall. Und wenn Izuku Fortschritte macht, fühle ich mich noch schlechter. Er sollte nur ein Kiesel für mich sein! Als Kinder hatte er keine Kraft und er hat mich trotzdem gerettet als dieses Schlammmonster kam. Und plötzlich hat er Kräfte, die alle anderen übertreffen? Was bin ich denn für ein Held, wenn mich jeder retten muss?
Und vor allem, wegen mir... ich bin daran Schuld das wir unser Symbol des Friedens verloren haben."

Der Zweifarbige hatte Katsuki aufmerksam zugehört. Niemals hätte er gedacht, dass das Geschehen in Kamino ihn immer noch belastete. Wo Katsuki seinen Willen vor den Schurken doch nie gebrochen hatte. Ihm war es nie aufgefallen!

Eine Spur von Mitleid machte sich in ihm breit. Trotz seiner aufmüpfigen Art war auch Bakugo nur ein Mensch. Und dieser Monolog verdeutlichte dies nochmal.

,,Ich denke nicht das du Schuld an All Mights zustand bist, Katsuki." ,,Das kannst du doch nicht beurteilen!"

Shoto trank noch einen Schluck Sake bevor er zu seiner Erklärung ansetze. ,,All Might verlor damals bei dem Kampf gegen All for One seinen Magen und seine Lunge wurde stark verletzt. Er hatte uns doch selbst erzählt, dass er seit dem schwächer geworden ist. Die Lunge ist essenziell für die Atmung und Ausdauer." ,,Was hat das mit mir zu tun?" ,,Lass mich aussprechen. War es nicht klar, dass All Mights Kräfte früher oder später ganz schwinden? Ich hätte genauso gut an deiner Stelle sein können, oder Izuku. Egal wer entführt worden wäre, es hätte immer darin geendet, dass All Might auf die Schurkenliga trifft. Wir sind ihm wichtig, genauso wie sein Job als Lehrer. Er wollte dich schützen und er war bereit alles zu geben. Und zur Geschichte mit Izuku, du hast deine Fähigkeit schon jahrelang. Natürlich sehen Izukus Fortschritte immens aus. Im Vergleich zu uns sind sie aber nicht der Rede wert. Du musst dein Blick aufs Ganze richten und dich nicht im kleinen Klein verlieren. Auch du wirst ein Profiheld werden, mit Sicherheitauch in den oberen Rängen."

Nachdenklich sah Katsuki auf die Sakeflasche in Shotos Hand. Ein warmes Gefühl machte sich in seinem Bauch breit. Der Zweifarbige hatte ihm ein Kompliment gemacht, ohne Ironie oder Sarkasmus. Katsuki spürte, dass er es ehrlich gemeint hatte. Und es fühlte sich verdammet gut an Zuspruch zu erhalten! Shotos rationale Sicht auf die Dinge gab ihm ein wenig Rückhalt auch wenn er sicherlich noch hunderte Male über den Kamino-Vorfall nachdenken würde.


Lasst gerne Vorschläge da :)

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