72. Luzifer: Teuflischer Deal

Ich hatte erwartet, auf einen ordinären Eloah zu treffen, aber nein. Als wir uns erstmal vor der himmlischen Ebene befanden, kollidierte meine Präsenz mit Michaels höchstpersönlich.

Er versuchte mich nicht auf die Erde zurückzudrängen, sondern direkt in die Hölle. Aber obwohl er ein dämliches Ding war, begriff er ziemlich schnell, dass ich menschliche Begleitung hatte.

„Was soll das, Luzifer?", fragte Michael mich gereizt.

Ich war irgendwie gut gelaunt, ihn wieder zu sehen und dass er sich deshalb so köstlich reizen ließ. Es hatte schon immer Spaß gemacht, meinen Brüdern die Hölle im Himmel zu bereiten.

„Wir wollten Rat der Elohim. Dafür sind sie doch da, oder nicht?" Ich versuchte lieblich zu klingen, doch naja... es war eher teuflisch.

„Du weißt, dass du keinen Zutritt mehr im Himmel hast, bis du den Fluch gebrochen hast"

„Deshalb bin ich hier" Ich wurde ernster. Das war ja auch ein wichtiges Thema für mich.

„Du bist noch lange nicht so weit, die Bedingungen zu erfüllen" Michaels arrogante Stimme ging mir wirklich auf den höllischen Sack. Wenn meine Präsenz noch etwas länger in der Nähe seiner war, musste ich bald kotzen. Und das würde einem Tornado gleichkommen, der ganz Afrika zerstören konnte. Also sollte das wohl lieber nicht passieren.

„Ich brauche mehr Zeit...", begann ich.

Michael wagte es zu lachen. Dieser Bastard lachte mich aus. „Du bist hier, um zu betteln. Wirklich? Wie erbärmlich du doch bist"

Ganz Ruhig, Luzifer, bei deiner momentanen Stärke gewinnst du keinen weiteren Kampf gegen ihn, beruhige dich.

„Lass mich mit Vater sprechen"

„Niemals. Du wickelst ihn nur wieder um den Finger"

Das wussten wir beide.

„Er ist wenigstens relativ gerecht, im Gegensatz zu dir. Du bist doch nur neidisch, weil ich Vaters Liebling bin!"

„Und du bist neidisch, weil die Menschen deinen Platz in seinem Herzen eingenommen haben. Wir haben alle Dinge zu beklagen."

„Michael" Ich klang nun wirklich bedrohlich.

Er aber ließ sich davon nicht beeindrucken.
Er war so gemein, wirklich.

„Du bist mein Bruder. Wie kannst du wollen, dass ich für immer ins Nichts verbannt werde? Du weißt genauso gut wie ich, dass ich das nicht verdient habe. Jeder, der die Wahrheit kennt, weiß das..."

Ich wollte Reden schwingen, von denen ich Jahrtausende Zeit gehabt hatte, sie einzustudieren, aber Michael ließ mich nicht sprechen. „Im Nichts kannst du wenigstens keinem mehr Etwas antun. Und du hast ja noch Zeit, deinem Fluch zu entgehen"

„6 Monate?! Willst du mich verarschen?!"

Das war doch nichts!

„Mehr als sechs Sekunden"

„Michael" Nun klang ich flehend. „Habe ich dich nicht immer unterstützt in deinen Belangen gegen Uriel und Gabriel? Wer von uns hat jedes Mal ihre Rache ertragen müssen? Ich habe dir immer den Rücken freigehalten, alles für dich über mich ergehen lassen..."

„Das weiß ich", unterbrach er mich erneut. „Und das ist der Grund, weshalb ich dulden werde, dass du deine restliche Zeit auf der Erde verbringst. Aber nur unter der Bedienung, dass du ausschließlich eine personelle Präsenz bei dir trägst, dass du keinem etwas zu leide tust und dich von Kriegen fernhältst. Verstößt du gegen eine meiner Bedingungen, bist du schneller im Nichts, als Vater es verhindern kann"

Ein Dank war nun wirklich nicht angebracht, deshalb beließ ich es bei einem kleinen Schnauben. Ich sag doch, er war fies zu mir. Das musste ich schon Billiarden von Jahren über mich ergehen lassen. Früher hatte Vater mich ja noch unterstützt, aber seit er die Menschen hatte, war ich ihm egal geworden. Kein Wunder, dass ich mich damals so aufgeführt hatte. Ich war ja noch total jung gewesen. Aber daran konnte ich jetzt auch nichts mehr ändern...

„Was wollen deine Begleiter?", fragte Michael ernst. „Raphael hat hier noch lange nichts zu suchen. Er hat seine Aufgabe auf der Erde"

„Ich weiß", sagte ich ebenso ernst wie er. „Er will sich von seinem Jägergefährten lösen, weil er denkt, so besser für die Vampire da sein zu können. Die Jäger haben die halbe vampirische Rasse abgeschlachtet. Ich kann mir nicht erklären, wie das passieren konnte"

Das klang auch sehr vorwurfsvoll meinem Bruder gegenüber, immerhin war er für die Jäger verantwortlich. Und die hatten meine ganzen Spielzeuge kaputt gemacht.

„Du hast dir den Körper der Hülle genommen, die mit der ursprünglichen in Gefährtenschaft stand.", stellte Michael zusammenhanglos fest.

Ich Idiot sprang auch noch auf den schlechten Themawechsel an. „Elijah? Wieso ist der nicht mehr die Hülle?"

Ich hatte ja in der Hölle kaum etwas mitbekommen, schrecklich. Ich war so uninformiert.

„Die Jäger haben ihn verunreinigt. Er ist gestorben, bevor er seiner Pflicht als Hülle nachkommen konnte. Deshalb habe ich ihn als Vampir zurück gebracht. Es wundert mich, dass noch keinem in den Sinn gekommen ist, warum ausgerechnet er diese Kräfte hat... Jedenfalls brauchten wir eine neue Hülle und da seine Tochter ungeeignet war, haben wir ihn mit dem ungeborenen Kind seines Mörders verbunden, der die Hülleneigenschaft entwickelt hat. Allerdings ist auch das nicht wirklich so gelaufen wie geplant. Auf der Erde verselbstständigt sich alles. Das muss ein Ende haben. Wenn das so weiter geht, sorge ich für eine Neuschöpfung"

„Das kannst du nicht machen", hauchte ich ungläubig.

Eine Neuschöpfung? Die Welt zerstören und auf dessen Grundlage eine neue erschaffen? Das war der Verlust einer unglaublichen, lehrreichen Geschichte, von Milliarden von Seelen, deren Energie für die Neuschöpfung absorbiert werden musste... Es war die Apokalypse.

Ja, Leute, jetzt erfahrt ihr mal die Wahrheit. Nicht ich bin der Böse in der Geschichte, zumindest nicht immer.

„Wenn du schon auf der Erde bist und diese dir so am Herzen liegt, gebe dich dir bis zum Ende deines Fluches Zeit, dafür zu sorgen, dass sich die Differenzen zwischen Jägern, Vampiren und Menschen klären. Ich will, dass alles wieder nach Plan verläuft. Anderenfalls kommst du ins Nichts und ich leite die Neuschöpfung ein."

Ich wusste, dass ich da nicht mehr viel rütteln konnte und an sich war es ja nicht mal ein schlechter Deal. Aber so viel Verantwortung? Für mich? Wieso interessierte es mich eigentlich, was mit der Erde passierte? Aber ganz ehrlich, wenn ich jetzt schon so einen Stress hatte, sollte sich das zumindest lohnen.

„Gut, aber dann will ich, dass du die Bedienungen meines Fluches änderst. Ich will, dass er auch gebrochen werden kann, wenn ich den Krieg verhindere. Ich kann nicht nach der Person suchen, die mich befreien soll und mich um den Krieg kümmern..."

„Na gut" stimmte Michael zu. „Entweder du findest deine wahre, reine und bedingungslose Liebe, für die kein Opfer zu groß ist, oder du rettest die Welt. Eines von beidem befreit dich von der Hölle. Beides ist deine Eintrittskarte in den Himmel. Und nichts davon dein Weg ins Nichts."

Damit konnte ich arbeiten. „Und was ist jetzt mit der Verbindung von Raphael und Silas?"

Michael wirkte verwirrt, weil ich mich nicht nur um meine Angelegenheiten kümmerte. Aber, um die Welt zu retten, wäre es doch ganz gut, schon mal ein paar Verbündete zu haben, die dasselbe Anliegen hatten.

„Raphael braucht seinen Gefährten, um seine irdische Kraft zu entfalten..."

„Das weiß er selbst. Er ist sich sicher in dem, dass er die Verbindung lösen will..."

„Weiß er denn, dass er Engelsenergie in den Adern hat?"

„Ich schätze nicht", gab ich zu.

Michael wirkte erschöpft. „Na schön. Sag es ihm noch nicht. Das findet er dann schon früh genug heraus. Ich werde ihre Verbindung lösen, aber ihnen ihr Band lassen, damit sie sie jederzeit wieder aufbauen können. Eine Verbindung wie diese wirft man nicht einfach weg"

Ich stimmte mal für beide zu, da sie auf dieser Ebene weder kommunizieren oder bei Bewusstsein sein konnten. Naja, Raphael wahrscheinlich schon, aber eben nur, wenn man es ihm beibrachte.

Michael machte sich an die Arbeit.

Als die Verbindung der beiden überraschend schmerzfrei gelöst worden war, fragte Michael mich, was ich noch brauchte.

Ich versuchte mit ihm zu handeln, auch meine Kraftpräsenz aus der Hölle zu mir holen zu können, aber er erlaubte es nicht. Er hielt mich an, die wahre Form meiner Hülle niemandem zu zeigen und mich mit den Menschen gut zu stellen, die sich in Silas' und Raphaels Umgebungen befanden. Er meinte, nicht nur Raphael und Silas seien wichtige, mächtige Verbündete für mein Vorhaben, sondern auch vor allem Boris. Ich hörte einen gewissen Neid aus seiner Art zu sprechen heraus, als er mir Boris' Potenzial erklärte und ich vermutete, dass Michael noch einen Plan mit dem Jungen hatte.

Schließlich hatte ich nur noch eine Bitte. „Stellst du mir einen Eloah zur Verfügung? Nur für den Notfall, wenn ich schon meine Kräfte nicht nutzen kann..."

Michael ließ sich überzeugen, meinte aber, er würde mir einen der „neueren" zur Seite stellen, der schon eine Vorgeschichte mit den Menschen hatte, die meine Verbündeten werden sollten.

Danach drängte er Silas, Raphael und mich in unsere Hüllen zurück und wir befanden uns wieder auf der irdischen Ebene.

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