20. Raphael: Streit
Beim Hinuntergehen der Treppe zischte ich auf und fasste mir reflexartig an den Hintern.
„Oh Baby!", Silas wollte mich mitleidig ansehen, aber er lachte nur, hielt an und gab mir einen Kuss auf den Hals.
„Du forderst es echt raus, mh?" Ich kniff böse die Augen zusammen und sah ihn so an.
Natürlich war ich nicht sauer, aber ich wollte ihm ein schlechtes Gewissen machen.
„Tu nicht so, du wolltest es so und ich hab's dir gegeben"
„Ja und wie", stimmte ich zu.
Silas schüttelte leicht lachend den Kopf, stieg eine Stufe hoch, sodass er eine über mir stand und mich küssen konnte, ohne dass ich mich bücken musste.
„Ich mach das wieder gut, versprochen", nuschelte er, streichelte dabei über meinen Hintern.
Süß.
Ich nickte lächelnd, auch ziemlich vorfreudig, dann nahm er mich an der Hand und wir gingen zusammen runter.
Unser erster Weg führte uns wie so gut wie jeden Morgen in die Küche. Wir mussten dabei das Esszimmer passieren und sahen deshalb Boris, Charlie, Chad und Austin am Tisch sitzen, deren Aufmerksamkeit komplett auf uns lag.
Sie brachten keine Kommentare zu unserer Konversation, die sie offensichtlich mitgehört hatten, was mich fast genauso sehr wunderte, wie, dass sie versuchten, uns unschuldig anzusehen.
Ich zog meine Augenbrauen leicht zusammen und schaute mir meine Freunde an. „Was habt ihr geplant?"
Boris begann als erster zu grinsen. „Wir klauen eine Leiche"
Er wirkte total erfreut dabei und sah uns an, als erwarte er, dass wir vor Euphorie ausrasteten.
„Ähm..." Silas wusste nicht recht, was er dazu sagen sollte, und warf mir einen Blick zu, der so viel hieß, dass er die anderen für komplett verrückt erklärte.
Ich stimmte ihm zu, doch sah dann wieder zu ihnen. „Erklärung bitte"
Boris stand auf, schob Silas' und meinen Stuhl raus, damit wir uns hinsetzten und brachte uns dann Brötchen, Butter, Nutella und Kaffee an den Tisch, damit wir nicht aufstehen mussten.
Seltsam dieser Typ. Ich fragte mich echt, wann mal ein Tag käme, an dem er mich nicht mehr verwirrte.
„Also", meinte Boris, während er sich wieder hinsetzte und beiläufig an Charlies Unterarm herumtatschte.
Silas und ich aßen unser Frühstück, Boris erzählte von dieser Sache, die unsere Freunde einen Plan nannten, und ich dachte darüber nach, wann wir zu dem Punkt gekommen waren, an dem wir ernsthaft vorhatten, eine Leiche zu klauen.
„...Ich würde ihn gerne bestatten wie bei einer Jägerzeremonie. Wir äschern unsere Toten auf bestimmtem Wege ein, das kann ich euch dann erklären, wenns so weit ist. Ich will einen Teil der Asche behalten, etwas für meine Eltern aufheben, wenn sie ihren Verstand wieder gefunden haben und den Rest ins Meer schütten"
„Finde ich gut", stimmte Austin zu.
Ich fand das ganz und gar nicht gut.
Allein beim Erzählen dieses Planes, den ich in Gedanken nebenbei durchgegangen war, waren wir mindestens 5-mal erwischt worden, bevor wir Dales Geräte auch nur ausgeschaltet hatten.
Es würde kein gutes Licht auf uns werfen, wenn ein paar Vampire einen wehrlosen Jäger umbrachten und seine Leiche mitnahmen. Das würde doch alles nur noch schlimmer machen. Dass wir das für einen Jäger täten, wäre den Menschen doch egal, Hauptsache, sie hätten einen Grund, in die Offensive zu gehen.
Für solche rationalen Teile und die Stimme der Vernunft war eigentlich Charlie zuständig, doch dieser schien komplett mit dem Plan einverstanden zu sein. Wahrscheinlich hatte Boris ihm das Hirn rausgeblasen...
„Leute...", setzte Silas an, wurde aber von Boris unterbrochen. „Jetzt komm schon, Mann. Wir brauchen eure Hilfe. Wir haben schon so viel Scheiß zusammen durchgezogen, da werden wir das jetzt auch hinbekommen. Außerdem klingt das doch nach Spaß und Action!"
Ich schüttelte ungläubig den Kopf.
Silas versuchte Boris ruhig darzustellen, dass das alles eine scheiß Idee war, was ziemlich schnell in einen Streit zwischen den beiden ausartete, der absolut nichts mehr mit diesem Thema zu tun hatte...
Gerade im Moment schrien sie sich an, wer mehr Schambehaarung hatte...
Ich fand das ganze ziemlich lustig, aber auch nur solange, bis beide aufstanden und aufeinander los gingen.
Boris zog Silas an den Haaren und dieser zog Boris dafür an seinem Ohrring.
Mein Körper reagierte von alleine, ich eilte zum Geschehen, umschlang Silas mit meinen Armen und zog ihn von Boris weg, sowie Charlie es bei Boris tat, aber die zwei waren stark, wehrten sich, um wieder zueinander zu gelangen und sich irgendwie wehzutun.
Ich wartete auf den Moment, an dem die zwei Mal erwachsen wurden.
Silas war eigentlich echt ziemlich reif, reifer als ich zumindest, doch sobald er mit seinem Cousin zusammen war, kam es mir vor, als sei er wieder 17 und damals war er mir in solchen Moment vorgekommen, als sei er 5.
Als Charlie und ich Silas und Boris voneinander getrennt hatten und beide festhielten, schrien sie sich nur noch an.
„...Nur weil du keine Eier hast und immer auf Nummer sicher gehen willst! Chad braucht uns! Sei doch endlich mal ein richtiger Mann, du Pussy!", brüllte Boris Silas an.
Chad hob beschwichtigend die Hände und wollte dazwischen gehen, aber Austin hielt ihn zurück.
Es ging hier schon lange nicht mehr nur um Dale, sondern einfach nur darum, dass keiner von beiden nachgeben wollte.
„Sagt ausgerechnet der Typ, der es sich von seinem uralten Stecher besorgen lässt wie ein kleines Mädchen! Du hast doch deinen Schwanz in deinem Leben bisher nur 2-mal benutzt und jetzt willst du meine Eier angreifen? Ich zeig dir gleich meine Eier!" Als Silas sich energisch die Hose aufmachen wollte, hielt ich seine Hände fest und sah Boris eingehend an, sodass er die Klappe hielt.
Als er trotzdem weiterreden wollte, nutzte ich einfach meine Kraft, um ihn zum Schweigen zu bringen, sodass er nicht mehr sprechen konnte.
Er drehte sich panisch zu Charlie, der mich daraufhin auffordernd ansah. „Zügel mal lieber deinen Freund, statt meinem hier einen Maulkorb zu verpassen"
Ich schnaubte. „Boris hat angefangen zu schreien und handgreiflich zu werden. Bring du ihm mal lieber Manieren bei"
Charlie kniff die Augen leicht zusammen, sah mich streng an, wie damals, als ich noch ein Kind gewesen war.
Jedes Mal, wenn ich mir heimlich etwas zu essen geholt hatte, das kein Blut war, war Charlie mehr als unzufrieden mit mir gewesen, weil er mich zu einem Vampir hatte erziehen wollen und zu keinem Menschen. Er hatte nicht gewusst, dass ich das Essen auch brauchte, um zu überleben und ich hatte es mir einfach aus einem Instinkt heraus immer wieder besorgt bzw. Besorgen lassen, da ich das Vampirreich nie verlassen hatte.
Trotzdem brachte dieser Blick nach wie vor mit sich, dass ich mich schuldig fühlte, ich nahm meine Aktion zurück und sofort hörte man Boris' erleichtertes Ausatmen.
Es war für einen Moment still, bis Chad zu reden begann. „Ich wollte echt nicht, dass das hier wegen mir so eskaliert, Leute... ich... ich denke, es ist besser, wir lassen das ganz einfach und... keine Ahnung" Er versuchte so auszusehen, als sei das echt okay für ihn, aber wir alle rochen oder wussten intuitiv, dass es das nicht war.
Der Erste, der dann etwas sagte, war Silas. „Nein, Chad, ich finde die Idee an sich berechtigt. Deinem Bruder sowas anzutun geht gar nicht. Aber der Plan ist bescheuert. Wir werden sowas von draufgehen, wenn wir das so durchziehen, wie ihr das vor habt."
„Schlag doch was Besseres vor", zickte Boris beleidigt.
Silas sah ihn an.
Ich bemerkte, wie ruhig er nun war und ließ ihn deshalb los, als er zu Boris gehen wolle.
Alle beobachteten gespannt, was mein Freund nun tat.
Als er kurz vor Boris stand, hob er die Arme und legte sie um ihn. Er sagte ihm leise, aber verständlich, dass er seine Worte nicht so gemeint hatte, dass er Boris lieb hatte und dass er damit richtig lag, dass Silas Angst hatte, dass etwas schief gehen konnte.
Wie immer vertrugen sich die beiden ziemlich schnell wieder und wir konnten uns daran machen, einen funktionierenden Plan auszuarbeiten.
Wir hatten keine Ahnung, dass kein Plan der Welt uns darauf vorbereiten konnte, was uns da erwarten würde.
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