*2. Chad
Als die Tür zu meinem Zimmer aufgeht, sehe ich auf und spüre mein Herz einen Schlag aussetzen, als ich Lu erblicke.
Schnell klopfe ich neben mich auf das Bett und lächele ihn dabei an. Er erwidert das Lächeln leicht, doch ich sehe, dass ihn etwas bedrückt, als er auf mich zuschlendert und sich dann neben mir niederlässt.
„Wie lief das Gespräch mit Raphael?", will ich sofort wissen. Er fährt sich seufzend durch die Haare. „Er hat zugestimmt. Ich werde versuchen, ihn so gut wie möglich vorzubereiten, sodass er in einer Woche mit mir in den Himmel kommen kann. Wenn er so irgendwo hängenbleibt, kann ich ihn mitziehen. Aber den Anfang muss er aus eigener Kraft heraus schaffen"
Ich nickte verstehend und schiebe achtlos das Buch zur Seite, das ich eben noch gelesen habe, um meine Hand auf seine Wange zu legen. „Und wie geht es dir?", frage ich dabei leise.
Er schließt genießend die Augen und legt seinen Kopf etwas weiter in meine Berührung.
Er sagt nichts, sondern nimmt meine Hand und drückt ihr einen Kuss auf, ehe er sie von sich schiebt. Ich weiß, warum er das macht. Trotzdem tut es weh.
„Wie war dein Gespräch mit Anni?", fragt er nach.
Diesmal, bin ich der, der sich seufzend durch die Haare fährt. „Sie hat es nicht so gut aufgenommen..."
Sein Schnauben unterbricht mich. „Ist doch klar, dass sie es nicht feiert, wenn ihr Lover plötzlich auf Typen steht"
Ich schüttelte den Kopf. „Du weißt, dass es nicht so ist."
„Tut mir leid", murmelte er sofort und gab mir einen Kuss auf die Schläfe.
Ich seufze, schließe die Augen, als seine Lippen meine Haut berühren.
„Erzähl bitte weiter", meint Lu leise und sieht mich bittend an.
Ich zucke mit den Schultern, eine Geste, die ich mir von ihm abgeschaut habe. „Sie wollte wissen, wie es dazu gekommen ist, nicht nur weil du ein Typ bist, sondern auch, weil du naja... du bist. Ich glaube, sie nimmt es nicht richtig ernst, dass ich dich liebe..."
Lu nickt verstehend, sein Blick trägt etwas Leidendes in sich. „Und wegen der andern Sache?"
Leicht heben sich meine Mundwinkel, obwohl das unberechtigt ist. „Ich will das nicht. Es ist mir egal, ob wir uns erst widersehen, wenn ich tot und als alter Opa im Himmel bin. Ich will keine andere Person als dich und wenn das heißt, dass ich mein Leben lang alleine sein werde, wenn du weg bist, dann ist das eben so."
„Wieso musst du nur so stur sein?", seufzt Lu und lässt sich dabei an meine Seite sinken.
Lächelnd fahre ich durch seine Haare. „Weil ich dich liebe und lieber alleine bin, als zu versuchen, dich zu ersetzen. Das kann nämlich ohnehin keiner."
„Wir hätten uns niemals verlieben sollen", murmelt er, während er mit dem Zeigefinger kleine Muster auf meine Brust malt. „Dann wäre alles viel leichter. Und weniger schmerzhaft. Du könntest ein normales Leben haben, mit einer normalen Freundin. Aber nein, so wirst du einsam sein, nur weil ich nicht bei dir sein kann..."
„Ich werde nicht einsam sein. Mach dir keine Sorgen um mich, Lu. Wenigstens kann ich behaupten, dass mein Freund ein Engel ist, wer kann das schon?" Ich gebe ihm einen Kuss auf den Haaransatz, während ich ihn näher zu mir drücke.
„Aber nur weil du mich liebst, heißt das ja nicht, dass du deshalb alleine sein musst, weil ich weg muss. Es ist zwar nicht optimal, aber ich akzeptiere, dass du andere haben wirst. Das sollst du sogar. Du bist auch nur ein Mann, Chester"
Beim letzten Satz stützt er sich ab und sieht mich bedauernd an.
„Ach, Teufelchen", seufze ich. „Wieso verschwenden wir unsere Zeit mit Diskussionen, von denen wir wissen, dass sie ohnehin nur in einer Sache enden? Lass uns gleich zum Schluss übergehen, mh?" Ein dreckiges Grinsen schleicht sich auf meine Lippen und, obwohl man ihm ansieht, dass er nicht will, erwidert er es.
„Elegant gelöst, Liebster", schmunzelt er, während ich mich auf ihn rolle und er etwas im Bett runter rutscht, sodass er den Kopf im Kissen hat.
Seine Hände schieben sich unter mein Sweatshirt, während er mir in die Augen sieht. Ich erwidere seinen Blick und erkenne seine Vorfreude in der Spiegelung seiner goldenen Iris.
Ich liebe es, dass er nun seinen eigenen Körper hat. Er erklärt es somit, dass er nun wieder vollwertiger Engel ist, sogar mächtiger als das und, dass somit seine Energie ausreicht, um sich hier zu manifestieren, ohne dass etwas kaputtgeht.
Jays Hülle liegt gerade unbenutzt herum. Es fasziniert mich, dass sie kein Stück verwest und es so wirkt, als sei sie bereit, jederzeit aufzustehen.
Lu hat mir versprochen, dass er, wenn er im Himmel ist, als erstes dafür sorgen wird, dass Jay seinen Körper zurückbekommt und ich Dale somit seinen Frieden zuführen kann.
Einerseits kann ich den Tag kaum mehr erwarten, an dem ich meinem toten Bruder endlich nicht mehr ins Gesicht sehen muss, doch auf der anderen Seite will ich Lu auch nicht gehen lassen.
Er ist so süß, dass er mir versichert hat, dass er okay damit ist, dass ich mein Leben weiterlebe, wenn er weg ist. Dass ich Freundinnen haben darf, mit anderen „glücklich sein".
Er versteht irgendwie nicht, dass ich nicht dazu in der Lage bin, mit anderen glücklich zu werden. Ich will das auch gar nicht. Ich will ihn vermissen, an ihn denken und mir vorstellen wie es ist, wenn er bei mir ist. Weil genau das Liebe ist. Und egal, wie schwer es wird, ich bin mir sicher, dass das ausreicht.
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