15. Raphael: Hass und Liebe

Ich war genervt.
So richtig.

Es war nun schon unser zweites Treffen mit Phillip und seiner Freundin Karen. Aber es wurde nicht besser.

Sie war ja noch ganz okay, aber er? Nein danke.

Ich verstand nicht, warum Silas sich freiwillig mit diesem Typen traf, aber es war irgendwie klar, dass ich jedes Mal mit ging. Als ob ich mein Baby mit so einem komischen Kauz alleine lassen würde. Okay, seine Freundin war ja auch noch dabei... Trotzdem.

Silas begründete das alles damit, dass er fand, mit Phillip gut reden zu können. Ich fand es einfach nur gruselig, mich mit ihm zu unterhalten. Er sah einen total eindringlich an, so als würde er lieber auf den Grund deiner Seele blicken und dir alle Geheimnisse entlocken.

Ganz ehrlich, gab es etwas Verrückteres?!

Also ich konnte jedenfalls auf mehr von Phillip verzichten.

Da mein Baby sich aber gut mit ihm und Karen verstand, saß ich nun hier und wir machten sowas wie ein Doppeldate-Pärchen-Picknick.

Gott, ich hatte das schon gehasst, als Silas mir von der Idee erzähl hatte.

Trotzdem saß ich jetzt hier und sah Philip dabei zu, wie er MEINEN Freund mit einer verdammten Erdbeere fütterte und dieser dann lachte.

„Gott, war das kitschig, geh weg!" Silas schob Phillip von sich weg und rutschte näher zu mir.

Gut für ihn, ich war kurz davor, Morde zu begehen.

Ich rutschte noch näher an Silas heran, obwohl es hier verdammt heiß war und legte meinen Arm um ihn.

Es wunderte mich, dass Karen nichts dazu sagte, immerhin war ihr Macker hier gerade fast vor ihren Augen fremd gegangen, indem er Silas seine verfickte Erdbeere in den Mund geschoben hatte.

Ich glaube, ich musste Phillip mal zeigen, dass ich der Einzige war, der Silas irgendwelche Dinge in irgendwelche Körperöffnungen schob. Nur ich.

„Ach schau mal, was ich gemacht habe" Karen rettete die Stimmung, die fast von meinen Todesblicken auf Phillip runter gezogen worden war, indem sie Schokomuffins auspackte.

„Silas hat ja gemeint, dass du total auf Schokolade stehst", erzählte sie mir und bot mir die Muffins an.

Die sahen auch echt gut aus, aber Charlie hatte mir beigebracht, kein Blut zu trinken, wenn ich nicht genau wusste, wo es herkam und wie sein Zustand war und dasselbe galt auch für normales Essen. Ich lehnte also ab.

„Ich bin gerade ziemlich satt, aber danke" Ich lächelte die junge Frau an.

Sie konnte ja nichts dafür, dass ihr Stecher in mir den Würgereiz auslöste, den Silas und ich uns aufgrund bestimmter sexueller Aktivitäten eigentlich abtrainiert hatten...

„Also ich hätte gerne einen", meinte Silas griff nach den Muffins und biss auch schon runter.

Er war immer ein bisschen seltsam, wenn wir mit ihnen unterwegs waren.
Aber ich merkte ja selbst, dass das unserer Beziehung half, deshalb machte ich mit, obwohl ich keinen Spaß daran hatte.

„Wie seid ihr eigentlich zusammen gekommen?", fragte Hackfresse, manche nannten ihn auch Phillip, auf einmal.

Ich wollte ihm schon sagen, dass ihn das einen Scheiß anging und er seine zerwichste Visage einfach auf den harten Boden knallen sollte, bis man vor lauter Blut nicht mehr sah, wie nervtötend sein Anblick war, aber Silas begann leider schon zu erzählen, bevor ich Hässlon den Vorschlag unterbreiten konnte, der der Menschheit nur einen Gefallen getan hätte.

„Eigentlich gar keine besondere Geschichte. Er war neu auf meiner Schule, Abschlussjahr, ich hab ihm Nachhilfe gegeben, wir haben uns verliebt..."

„In dieser Reihenfolge?", hakte Phillip nach.

Er sah Silas so eindringlich an, dass ich das Gefühl hatte, er fasste ihn durch diesen Blick an. Das war ja ekelerregend.
Um mich selbst ein bisschen zu beruhigen, gab ich Silas einen Kuss auf die Schläfe und übernahm das Erzählen, bevor er hier noch alles ausplauderte.

„Naja, eigentlich war es Liebe auf den ersten Blick. Der Rest kam alles erst danach. Kennenlernen, Treffen, Erlebnisse, Sex..."

„Stopp!", lachte Silas und hielt mir den Mund zu. „Was er sagen wollte... Wir standen halt schon von Anfang an aufeinander. Naja ich fand ihn zuerst einfach nur interessant, ich wusste nicht, dass ich bi bin und irgendwie hatte ich auch etwas Angst vor ihm... Aber je näher ich ihn kennengelernt habe, desto sicherer habe ich mich bei ihm gefühlt und wusste, er würde mir nicht wehtun...."

Wieso plauderte er das einfach so aus? Ich konnte es nicht nachvollziehen. Ich würde mich nicht wundern, wenn er, wenn das so weiterging, von meinen kranken Gedanken damals erzählte, wenn wir uns berührt hatten, oder davon, dass ich ihn nach unserem ersten Kuss angefallen und fast umgebracht hatte.

„Wie auch immer", unterbrach ich Silas etwas forsch.

Es fehlte nur noch, dass er unsere Lieblingsstellungen vormachte und Phillip und Karen wussten alles über uns.

„Und wie war das bei dir?", fragte Fickfresse mich mit seinem Lächeln, das ich ihm keine Sekunde abkaufte.

„Was?", gab ich angespannt zurück.

Ich wurde erst ruhiger, als Silas sich an mich lehnte und seine Hand auf die Innenseite meines Oberschenkels legte. Das sollte genug beweisen.

„Naja, bist du auch bi?"

Ich wollte ihn fragen, was ihn das zu interessieren hatte, aber Silas plauderte schon weiter. „Jap, ist er. Aber wir beide werden sowieso nie mehr im Leben eine Frau anfassen, also..."

Ich schüttelte den Kopf, weil ich nicht fassen konnte, dass Silas hier für mich antwortete.

Arschgesicht sah es, doch interpretierte es mehr als falsch und lachte. „Na Raphael scheint davon nicht sehr überzeugt zu sein"

Und was sollte das jetzt?
Wollte er uns gegeneinander ausspielen oder was?

Ich verschränkte meine Finger mit Silas', weil ich knapp davor war, Phillip einfach die Kehle aufzureißen, am liebsten mit den Zähnen und sah mein Zielobjekt ebenso eindringlich an wie er meinen Silas die ganze Zeit.

Nur verschwand jetzt sein dämliches Grinsen.

„Ich bin sehr überzeugt davon, dass Silas bis an sein Lebensende an keine andere Person als mich auch nur denken wird, mach du dir da mal keine Sorgen, Phillip"

„Hei, Raphi, beruhige dich. Das weiß er. Alle wissen das", meinte Silas leise und küsste meinen Mundwinkel, weil ich meinen Feind weiterhin einfach nur anstarrte.

Dieser sah gar nicht mehr so aus, als hätte er Lust, weiter zu versuchen, mit mir auszukommen.

Nachdem mir das auffiel, drehte ich meinen Kopf zu Silas, damit ich ihn richtig küssen konnte und schloss dabei die Augen.
Je länger unsere Lippen sich berührten, desto besser ging es mir und ich konnte alles andere vergessen.

„Oh süüüüüüß!" Als ich das von Karen hörte, löste ich meinen Kuss mit Silas.

Ich hatte keine Lust, hier irgendwem eine Show zu bieten. Nachher verwendete uns irgendeiner -Phillip- noch als Wichsvorlage...

„Es ist schon spät", meinte ich dann und sah Silas auffordernd an.

Er nickte. „Jap, wir sollten nach hause."

Wir standen auf, räumten unsere Sachen zusammen, sowie Arschgeige und Karen auch.

„Also, war cool mit euch", meinte Pferdefresse, umarmte Silas, doch sah mir dabei in die Augen.

Wollte er mich jetzt auch noch herausfordern? Oh das konnte er gerne haben...

Ich kniff die Augen zusammen, als ich den Blick erwiderte und Karen währenddessen umarmte.

Phillip wollte mir die Hand zum Abschied geben, aber ich tat so, als würde ich es nicht mitbekommen und blieb regungslos vor ihm stehen.

In Gedanken hatte ich meine Hand schon lange dazu genutzt, ihn auszuweiden...

Das war auch etwas offensichtlich.

„Ach komm schon, Raphi", lachte er und umarmte mich plötzlich.

„Silas ist der einzige, der mich so nennen darf", flüsterte ich ihm drohend in sein Drecksohr. „Und wenn ich noch einmal sehe, dass du ihn mit diesem Blick anschaust, werde ich dir die Augen ausbeißen und sie auf deinen Fingern aufspießen, die ich dir einzeln abhacken und in einem chinesischen Restaurant als Vorspeise zu deinen Eiern und deinem kleinen Lümmel servieren werde."

Ich hörte ihn schlucken, schlug ihm „kumpelhaft" auf den Rücken und schob ihn dann von mir weg, um einen Arm um mein Baby zu legen.

„Also bis dann!", meinte mein Opfer. Ihm war deutlich unwohl, aber er versuchte die Fassade aufrecht zu erhalten.

Ach der Geruch von Angst aus seinen Poren war eine Genugtuung für mich.


Silas und ich machten uns auf den Weg nach hause.

„Was hast du denn mit ihm gemacht?", lachte mein Freund und schmiegte sich beim Laufen so gut es ging an mich.

„Ich habe ihm nur von meinen zukünftigen Plänen mit ihm erzählt"

„Und die wären?", hakte Silas in einem seltsamen Ton nach.

Das brachte mich zum Lachen. „Eifersüchtig?"

„Ich weiß nicht", dachte er nach. „Du hast ja klargestellt, dass du mein Einziger und Letzter bist. Aber was ist mit dir?"

Ich blieb abrupt stehen. „Das kannst du nicht ernst meinen" Ich legte den Kopf schief.

Er zuckte unsicher mit den Schultern. „Naja, du musst schon zugeben, dass es bei uns gerade nicht so läuft... Ich dachte eine Weile wirklich, du würdest das mit uns gar nicht mehr wollen... Oder naja, mich halt"

Ich schüttelte den Kopf, lief die paar Meter zu ihm, stellte den Picknickkorb auf dem Boden ab, um meine Arme um Silas zu legen.

„Denk sowas nie wieder", hauchte ich im totalen Schock.

Ich hatte gewusst, dass unsere Beziehung Tiefpunkte gehabt hatte, aber das hatte ich nicht erwartet.

Silas nickte leicht an meiner Schulter. „Ich weiß ja, dass du mich liebst", sagte er leise. „Aber ich liebe dich auch und seit der geplatzten Hochzeit, bist du einfach nicht mehr mein Raphael, weißt du?"

Er drückte mich fester, als habe er Angst, ich würde wegen seinen Worten wegrennen.
Ich seufzte und küsste seine Stirn.

„Ich weiß, was du meinst", sagte ich ruhig. „Und ich versuche mich zu bessern, versprochen"

Ich gab ihm mehrere Küsse auf die Stirn, bis er sein Gesicht zu mir drehte, und sich etwas streckte, sodass wir uns küssten.

Es war ein Segen für meine Lippen, meinen gesamten Körper, meine Seele.

Nach dem Kuss stellte er sich wieder normal hin und in dem Moment, als ich lächelnd die Augen öffnete, sah ich, dass er dasselbe tat.

Mein Herz blieb einen Moment stehen, als ich in seine grünen Augen sah und ich gab ihm nochmal einen kurzen Schmatzer auf den Mund, doch sah ihm dabei die Augen.

Danach kicherte er. „Okay, aber das heißt nicht, dass wir jetzt total kitschig werden müssen. Eklig"

Das brachte mich zum Lachen, ich packte ihn an den Oberschenkeln und warf ihn hoch, sodass er sich aus Schreck mich klammerte und ich ihn so fest heben konnte.

Sofort küsste er mich wieder.

Ich wusste nicht woran genau es lag, aber das hier fühlte sich nach der kleinen Aussprache ein bisschen wie ein Neustart an.

Was ich nicht wusste war, dass es gleichzeitig der Anfang vom Ende war.

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