Seven

P. O. V. AIDEN

Meine Augen öffneten sich, doch trotzdem konnte ich nichts sehen. Es schien so hell.
Ich hörte Stimmen, konnte sie nicht zu ordnen, nicht erkennen woher sie kamen oder wie weit sie entfernt waren. Wenn ich mal genauer drüber nachdachte...vielleicht waren da auch gar keine Stimmen.
Mir war schlecht, so schlecht, dass ich mich wenige Sekunden nach diesem Gedanken zur Seite drehte und kotzte.
Mein Kopf schmerzte und meine Augen fingen an sich an die Umgebung zu gewöhnen, die gar nicht so hell war wie gedacht. Ganz im Gegenteil sogar, das Licht wirkte eher matt, wie gedämpft von riesigen Vorhängen, was wie sich herausstellte auch der Fall war.
Ich lag in einem Bett, welches in einem Raum stand, der aussah als hätte man ihn in den achtziger Jahren einrichten lassen und nie verändert. Eine Couch, ein Tisch, zwei Stühle, eine alte Kommode, das Bett, zwei Türen, von denen eine höchstwahrscheinlich in ein Bad führte, und zwei riesengroße, wirklich knapp zwei Meter hohe Fenster.
Auch wenn ich nicht wusste wo ich war, war mein Puls beruhigt und nicht hektisch.
Wahrscheinlich grund dessen, dass ich wusste, dass wo auch immer ich gerade war, in welcher Gefahr ich mich befand, Avery sicher war. Ich wollte aufstehen, doch mein Kopf hielt das für eine schlechte Idee.
Ein zweiter Anlauf.
Ich stand, wenn auch auf wackligen Beinen.
Meine Hände umgriffen den massiven Rahmen vom Holzbett, was bei genauerem hinsehen total zerkratzt aussah. Nicht nur an einer Stelle, überall am äußeren Rahmen splitterte das Holz ab. Seltsam.
Als das Schwindelgefühl nachließ, begab ich mich zu den Fenstern, zögerte nicht lange und riss die Vorhänge auf. Nichts.
Und wenn ich sage nichts, dann meine ich auch nichts. Bäume, umgeben von Nichts.
Es schien als wäre ich im Himmel, alles was ich sah war weißer Nebel, vielleicht auch Rauch, das konnte ich gerade nicht unterscheiden.
Vielleicht war ich gar nicht mehr auf der Erde, vielleicht hatten sie mich irgendwo hingebracht, wo man mich nicht finden kann, weil niemand weiß, dass es diesen Ort gibt.
Kanada. Ich hatte gehört wie sie sagten, dass sie mich nach Kanada bringen.
Ich kenne Kanada, doch ich hatte nicht die leiseste Ahnung wo ich mich gerade befand.
Als ich an mir runter sah stellte ich fest, dass ich nun vollständig in Jogging Anzug eingekleidet wurde.
Meine Waffe war weg, mein Portmonee und mein Handy.
Ich war in einem fremden Land, ohne jegliche Beweise dafür, wer ich eigentlich war, an diesem Punkt könnte ich jeder sein, jeder den sie aus mir machen wollen.

Aiden Keeth.
Der Name sagte einigen Leuten was.
Doch das war nur mein Name.
Und nicht meine Geschichte.
Solange ich mir selbst treu blieb, konnte mir nichts passieren. Denn nur ich selbst wusste wer ich wirklich bin.
Aiden Keeth.
Umso länger ich über diesen Namen nachdachte, desto seltsamer klang er.
„A I D E N..."
Ich hörte für's erste auf mir über sowas einen Kopf zu machen, und begab mich stattdessen zu den beiden Türen.
Ich öffnete die erste, wie gedacht, ein Bad.
Badewanne, Toilette, Spiegel.
„Gott, ich sehe aus wie grade ausgekotzt."
Kurz sah ich neben das Bett, wohin ich eben meinen Mageninhalt entleert hatte.
Meine Lippen waren trocken, meine Haare zerzaust, ich hatte Augenringe bis nach Australien und außerdem eine Platzwunde am Kopf, die mir bei der Abreise zugefügt wurde.
Ich strich vorsichtig über die bereits verarztete Stelle und zuckte zusammen.
„Fuck." tat mehr weh als erwartet.
„Und der Pullover ist auch hässlich..."
Hellgrün. Wer trug bitte hellgrüne Pullover.
Und mit Hellgrün meine ich so richtig hell hell grün, fast schon gelb.
Würde ich damit nachts über die Straße laufen, würde man davon ausgehen, dass ich mein Fernlicht im Auto an habe.
Wie auch immer.
Wenigsten war die Hose dunkelgrau.
Als ich das kleine Bad verließ ging ich auf die Kommode zu, in der ich als ich sie öffnete weitere Klamotten fand.
Die selben.
Vier dunkel graue Jogginghose, vier hellgrüne Pullover, dazu vier passende Shirts, graue Socken und Unterhosen und graue Schuhe.
Ich sah mir jedes Teil einzeln an.
„Alles meine Größe."
Ein kleiner Kleiderständer, an den eventuell fünf Dinge passen würden, befand sich direkt nebenan. An den Bügeln hing nichts, bis auf eine Jacke, eine schwarze Regenjacke mit Kapuze, mehr nicht. 
Außerdem fiel mir ein Pullover auf, er war in einem sehr dunklen rot, hatte auf der linken Brust ein kleines, in der Art Wappen.
Zwei eingekreiste Buchstaben und ein Nadelbaum.
„M.I of Canada." ich dachte etwas nach, und war mir als ein Gedanke in meinen Kopf schoss schon so gut wie sicher, dass ich recht hatte.
Verdammter Mist Dreck Scheiß.
Es hieß mit hoher Wahrscheinlichkeit so etwas wie mental institution.
Ich saß in einer verdammten Irrenanstalt.
Ich schloss die Kommode, zog mir Schuhe an und machte mich auf Richtung zweite Tür, auch wenn für mich bereits klar war, dass diese verschlossen sein würde.
Doch das war sie zu meiner Überraschung nicht.
Das war unerwartet.
Würde ich jetzt diesen Raum verlassen, und auf weitere Menschen treffen, müsste ich so tun, als wäre es das normalste der Welt hier rumzulaufen.
Dann wollen wir mal los.
Tür auf, hinter mir schließen und los. Egal in welche Richtung.
Auch hier war es nicht wirklich hell im Gang, lediglich das Licht von draußen spendete hier Helligkeit, als würde man verhindern wollen, dass man dieses Gebäude aus Entfernung sehen kann.
Als ich hoch sah und an die Wände, war mir dann klar, dass es keine Lampen gab, nirgends.
Ich hatte also recht.
Man wollte unentdeckt bleiben.
Deswegen wahrscheinlich auch diese neon Bekleidung, damit man sich untereinander sah.

Selbst nach Minuten die ich nun durch das düstere Anwesen lief, schien mich niemand für irgendwie auffällig zu empfinden.
Alles was ich sah waren Füße die an mir vorbei liefen, im gleichen ruhigen Tempo wie ich.
Die gleichen Schuhe wie ich sie trug, bis einer stehen blieb, einer, der andere Schuhe trug, schwarzes Leder.
Ich jedoch ging einfach wie zuvor weiter.
Ein Knacken, welches mir noch immer wie beim letzten Mal im Ohr lag.
Ein Funkgerät.
„538 ist wach. Er läuft in Richtung Ausgang."
Er sprach laut genug, dass ich ihn verstehen konnte, wenn auch nur gerade so.
Ich würde nicht versuchen abzuhauen, noch nicht, aber es war gut zu wissen wo dieser Weg hier hinführte.
Als ich Schritte wahrnahm, die nicht so ruhig klangen wie die anderen alle, überlegte ich mir bereits was ich sagen würde, sollte mich jemand festhalten.
Immer noch ging ich ruhig.
Langsam aber sicher spielte mein Kopf wieder
nicht mit, schmerzte wie verrückt.
Nicht mehr weit von hier sah ich eine Bank, auf die ich sofort zusteuerte und mich drauf fallen ließ.
Mein Kopf legte sich nach hinten und meine Augen schlossen sich automatisch, mir war wieder kotzübel.
Schritte näherten sich, und blieben stehen.
Jetzt würde ich wahrscheinlich von zehn Männern zurück in mein Zimmer gehievt und eingesperrt werden.
„Was machen sie denn hier draußen? Sie sollten bei ihrer Verletzung auf keinen Fall hier alleine rumlaufen, oder geschweige denn stehen!" eine weibliche Stimme? Ich hatte deutlich Männer Schuhe gesehen.
Ich entschloss mich dazu, dass es eine gute Idee war meinen Kopf wieder nach oben schnellen zu lassen und meine Augen zu öffnen.
Das nächste was geschah, passierte in innerhalb von vielleicht drei Sekunden.
Eine blonde, jüngere Frau im weißen Kittel, daneben einer von diesen Wachmännern die ich schon in Virginia gesehen habe.
Dann kotzte ich ihm volles Rohr auf die guten Leder Schuhe.
„Oh."
Eine Hand legte sich auf mein linkes Schulterblatt.
„Das ist schon in Ordnung Mr. Keeth."
„In Ordnung? Der Vollidiot hat mich vollgekotzt! Meine Schuhe und Hose!"

Ich wollte lachen, schaffte es jedoch nur zu einem Lächeln, was jedoch niemand sah, da ich immer noch ziemlich gekrümmt nach unten hängend auf der Bank saß.
„Sag bitte Bescheid, dass wir einen Rollstuhl brauchen und bring ihn her, ich nehme ihn erstmal mit ins Krankenzimmer." sagte die, wie ich vermutete Ärztin.
Widerwillig besorgte der vollgekotzte Typ mir einen Rollstuhl, in den ich mich grade noch so setzen konnte, bevor ich eventuell wieder umgefallen wäre.
Diese Schwindel und Übelkeitsattacken konnten nicht einfach nur von dieser Verletzung kommen, dessen war ich mir jetzt bewusst. Sie mussten mir was spritzen damit ich in Ohnmacht fiel, damit sie mich hierher bringen konnten, und ich will wissen was dieses Zeug war. Eine andere Erklärung für das jetzige Verhalten meines Körpers hatte ich nicht. Noch nicht.
Ich will wissen, wer all diese Leute hier sind, und warum sie das tun was sie nun mal tun.
„Vielen dank, sie gehen sich jetzt besser umkleiden."
Die Blicke von Mr. angekotzt und mir trafen sich, als er mir seinen Mittelfinger zeigte.
„Pass bloß auf, wo das her kommt gibt's noch viel mehr." sagte ich während ich auf seine Schuhe deutete und die Ärztin mich wegbrachte.
Ich würde ihn wieder vollkotzen, jeder Zeit gern.

~_~

Im Krankenzimmer angekommen sah ich mich um, stellte fest, dass es nicht nur so aussah wie ein provisorischer Raum für Medizin, das hier war ein voll ausgestattetes Ärzte Zimmer.
Alles was man je gebrauchen und sich vorstellen konnte, von Arzneimitteln bis zu Gipsverband und MRT Gerät im Nebenraum, der durch eine Plexiglasscheibe von diesem Zimmer getrennt war.
10 Behandlungstische, beziehungsweise Liegen, ein Operationstisch, selbst ein Zahnarzt wäre hier komplett für alles ausgestattet. Genau so wie ein Gynäkologe.
Es war riesig.
„Cool was? Ich liebe es hier." für einen kurzen Augenblick hatte ich vergessen, dass ich nicht allein war.
Ich schaute sie mir genauer an, fragte mich was so eine junge Frau hier zu suchen hatte.
Sie war vielleicht 23, es war unmöglich, dass sie schon voll fertig studierte Ärztin war.
„Fragen Sie mich ruhig, was sie mich fragen wollen Mr. Keeth."
Ich zögerte nicht lang.
„Was machen sie hier? Wer sind sie?
Ich weiß, dass sie keine staatliche Ärztin sind, dafür sind sie zu jung."
Sie lächelte, nahm sich einen Stuhl und setze sich mir direkt gegenüber, so dass sich unsere Knie fast berührten.
„Ich bin hier, weil mein Dad mich hier eingebracht hat. Keine Sorge, ich kenne mich mit Medizin aus. Auch wenn ich nicht die vorgegebenen 12 Semester hinter mir habe, habe ich drei Jahre die medical School besucht, direkt nach der High School.
Mein Name ist Harper, ich weiß, typisch kanadisch, mein Daddy liebt dieses Land."
Wenn sie die Highschool abgeschlossen und danach zum Medical School gegangen ist, kann sie noch nicht allzu lange hier sein.
Ich befürchtete wirklich, dass sie hier war um weiter zu lernen, warum hat sie nicht einfach Medizin studiert, warum nur diese drei Jahre. Ich wusste warum. Die Menschen die hier waren, waren höchstwahrscheinlich die perfekten Versuchskaninchen, entweder überlebten sie mit dem was auch immer sie hatten, oder Sie heilte sie tatsächlich.
„Wer ist ihr Dad?" ihre linke Hand legte sich auf meinen linken Oberschenkel.
„Das wirst du schon noch erfahren. Darf ich dich duzen, Aiden?"
Ich zuckte mit den Schultern, mit war es relativ egal wie sie mich nannte.
„Wo sind wir hier? Was ist das?" ich fuhr ein kleines stück zurück mit meinem Rollstuhl, um unauffällig ihre Hand von mir zu entfernen.
„Na in Kanada du Dussel."
Ganz große Klasse.
Prinzesschen durfte ihre Klappe ohne Einverständnis von ihrem Daddy nicht aufmachen..
„Ich will mit deinem Dad sprechen."
Sie lachte, als hätte ich eben einen Witz erzählt den keiner verstand bis auf sie.
„Das kannst du leider nicht entscheiden. Mein Dad wird mit dir sprechen, wenn er es will, und nicht du, sorry."
Dafür würde ich schon sorgen...
„Was wurde mir verabreicht? Ich weiß, dass meine Übelkeit nicht von meinem Kopfverletzung stammt. Der schlechten Verarztung nach zu urteilen habt ihr mir nämlich nicht mal Schmerzmittel gegeben.
Irgendwas ist in mir, was meinem Körper nicht gefällt."
„Oh, ein schlaues Kerlchen, gefällt mir. Hast du eine Freundin?"
Ich sah sie für circa 3 Sekunden einfach wortlos an, fragte mich, was in ihrem jungen verkorksten Kopf eigentlich vorging, setze dann den Rollstuhl nach hinten, und bewegte mich Richtung Tür.
Sie zog mich zurück, zog die Bremse an, kam meinem Gesicht ganz nah.
„Du bist besser lieb zu mir, sonst gibt's großen Ärger mit meinem Daddy."
Ich spielte mit.
„Ach, ist das so?"
Ich erblickte die übliche kleine Fernbedienung mit dem roten Knopf neben dem Behandlungsbett, den ich dann drückte, da ich wusste, dass sie nicht die einzige ärztliche Pflegekraft hier sein konnte.
Es musste für den Notfall auch kompetente Arbeiter geben.
„Warum hast du das gemacht?"
„Weil dir gleich jemand was gegen deine Kopfschmerzen geben muss.
„Was?"
Ich weiß, man schlägt keine Frauen, deswegen klemmte ich auch ihren rechten Fuß zwischen meine Füße, lockerte die Bremse und setzte einen Ruck nach hinten.
Sie fiel zu Boden, und stieß sich wie erwartet den Kopf.
Ihr Schrei und das öffnen der Tür erklangen parallel.
„Was ist hier los?" diesmal sah es aus wie ein Arzt, und eine Krankenschwester.
„Sie ist gestolpert. Ich würde ihr helfen aber ich sitze leider in diesem Ding fest."
Ich versuchte den unschuldigen verletzten Jungen zu spielen, doch hatte keine Ahnung, dass sie scheinbar mehr über mich wussten, als mir lieb war.
„Das ist doch der neue. 538."
538 wer kam eigentlich auf die bescheuerte Idee, Patienten Nummern zu geben und sich nicht einfach den Namen zu merken...
„Er läuft hier frei rum? Er ist auf 4 eingestuft, Herr Doktor. Das ist Aiden Keeth."
Sie flüsterte meinen Namen so leise, dass ich nur an ihren Lippen ablesen konnte was sie sagte.
„Sofort zurück ins Zimmer mit ihm, sein Chip ist noch nicht vollständig verheilt! Wenn das mit dem Jungen schief geht bringt er uns eigenhändig um! Du weißt da macht er keine Scherze!"
„Mein was?" Wer würde sie umbringen?
Sofort dachte ich an den Chip, der mir damals von Harvey eingepflanzt wurde, damit er bestimmen konnte, wie und wann ich Schmerzen empfand, und gehorchte.
Ich stand auf.
„Ich will sofort mit der Person reden, die das hier veranlasst hat! Sofort."
„Sieben bei 538."
War alles was der Arzt in sein Funkgerät sprach.
„Sofort, sieben!"
Da sich mein Kopf wieder etwas regeneriert hatte, ging ich schnellen Schrittes auf ihn zu, packte ihn am Kragen und drückte seinen Körper gegen die Tür.
„Sieben bei 538!" schrie er nun.
Und dann verstand ich.
Als ich von einer Schmerzstarre gelähmt wurde, Schwärze vor meine Augen schoss, und ich zu Boden ging.
Ich verstand.



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Hat wieder 300 Jahre gedauert sorry 😐
Geht bald weiter. Tschau mit Kakao.
♥️📚♥️

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