Lay Your Worry Down
P. O. V. AVERY
Vielleicht war es nicht das schlauste, doch trotzdem schien es für mich richtig diese Entscheidung zu treffen, ob sie Aiden nun gefiel oder nicht, war ein anderes Thema.
Denn bis jetzt war ich mir noch nicht sicher, ob ich ihm überhaupt davon erzählen sollte, weil ja noch nichts entschieden war.
Es stand fest, dass ich ihn nicht anlügen würde, aber wenn ich diese Entscheidung treffen sollte, war mir klar, dass sie ihm nicht gefiel.
Ich wusste ja nicht mal, ob sie mir gefiel.
Eine Woche würde Aiden weg sein, passend zu den Schulferien.
Alec würde, da man die Schul- und Internatsferien für gewöhnlich zu Hause verbrachte, im Heim verbringen.
Dieser Gedanke, den Jungen alleine zu lassen, gefiel mir ganz und gar nicht, es schien absurd ihn jetzt erneut irgendwo unterzubringen, wo er sich nicht wohl fühlen würde.
Mich würde er hier nicht stören, er kennt mich und hätte vielleicht nicht so viele Verklemmungen wie im Heim.
Ich möchte einfach nur, dass er bei Menschen ist die ihn verstehen, mit denen er über Dinge reden kann, über die er sonst schweigt.
Jetzt war wahrscheinlich auch klar was ich meinte wenn ich sagte, dass Aiden dies nicht gefallen würde, zumal er nicht mal zu Hause wäre. Wir alle wussten, dass es ihm nicht gefallen würde, wenn ich mit einem 20-jährigen, verstörten Jungen, für eine Woche alleine in unserem Haus wären.
Den Fakt, dass er jemanden getötet hatte, ließ ich dabei gerne aus.
Alec erschien mir nicht gefährlich, er wirkte verängstigt und unbeholfen auf mich, als wüsste er selbst nicht, wozu er hier wäre, als könnte er niemandem sagen, was er möchte, kann, oder wozu er fähig ist.
Als Aiden mit ihm sprach, sah ich in seinen Augen, dass er sich verstanden fühlte, das würde ich ihn auch gerne fühlen lassen, doch das konnte Aiden um Längen besser.
Natürlich erzählte er Alec nicht, was er in seiner Vergangenheit getan hatte, ich wusste, dass Aiden ihm helfen wollte, aber dennoch nicht vollständig traute.
Aiden traute nur wenigen Leuten, ich wusste nicht wie er entschied wem er trauen konnte und wem nicht, er hatte da seine eigene Methode, doch ich hoffte wirklich, dass er mir ein bisschen extra Bestätigung geben konnte, indem er mir versicherte, dass man Alec trauen kann.
Ich wollte dem Jungen helfen, das wollte ich wirklich.
Ich bin Psychologin geworden, weil ich mir erhoffe, den Leuten die zu mir kamen etwas von ihrem Schmerz zu nehmen, indem sie es sich von der Seele Sprachen.
Aiden tat es immer gut wenn er mit mir redete, er sagt, ich habe eine besondere Art und Weise wie ich Menschen mein Verständnis zeige, er fühlte sich wohl wenn er mit mir sprach und hatte keine Hemmungen, das bedeutete mir viel.
Ich atmete durch, stellte den Orangensaft zurück in den Kühlschrank und mein Glas in die Spülmaschine, als ich mich darauf vorbereitete, Aiden von meinem Entschluss zu erzählen, den ich soeben getroffen hatte.
Wäre Alec hier, würde er mir vielleicht mehr erzählen, vielleicht würde er die Umgebung für wohlfühlend empfinden und mehr aus sich rauskommen.
„Was auch immer du vorhast, nein." sagte Aiden als er die Küche betrat und sich dann den gerade zurückgestellten Orangensaft aus dem Kühlschrank holte.
Wieder einmal, wie so oft schon, fragte ich mich, wie er das machte.
Menschen lesen. Das wäre genau das, was ich brauchte.
„Hör es dir doch erstmal an!" konterte ich und stellte mich lieb lächelnd vor ihn.
Mit drei Schlücken lehrte er den restlichen Inhalt der Flasche und stellte sie neben sich.
„Ich weiß ganz genau, dass es was mit deinem kleinen Sorgenkind zu tun hat, und wäre es etwas, womit ich einverstanden wäre, hättest du es schon längst ausgesprochen."
Er beäugte mich auffällig und zwinkerte süß.
„Aber weil ich dich putzig finde, will ich deiner Frage eine Chance geben."
Ich verdrehte die Augen, die irgendwann mal stecken bleiben werden so oft wie er mich dazu brachte.
„Also...es ist so... du bist ja in zwei Tagen auf deiner kleinen süßen Fortbildung, mit der ich übrigens auch einverstanden war, wenn auch nur zögernd. Und da dachte ich mir-„
„Dass in zwei Tagen Ferien sind und der kleine Pisser die Zeit hier verbringen soll weil er sonst ins Heim müsste." beendete er meine Frage, auf seine Art.
Kopfschüttelnd schmiss er die Flasche in den Müll und sah wieder zu mir.
Er stützte sich am Tresen ab und ich wusste, das war kein gutes Zeichen.
„Auf gar keinen Fall."
Wie ich schon gedacht hatte.
Wie ein kleines Kind an seinem Shirt ziehend sah ich ihn bettelnd an.
„Komm schon Aiden... er hat doch sonst niemanden, und er ist doch auch nicht gefährlich." als ich das sagte wusste ich, dass ich mir jetzt was anhören konnte.
Er stieß ironisch lachend Luft aus.
„Nicht gefährlich? Honey, Der Kleine hat seinen Pflegevater erstochen, ob er nun schrecklich war hin oder her, das war keine Notwehr, das war Mord, aufgestaute Wut, Hass, die falsche Zeit, die passende Waffe, ein Mord. Ende.
Und er denkt immer noch darüber nach, nicht weil er Mitleid hat, nein, weil er es wieder machen würde ohne auch nur zu zögern."
Ich wusste nicht was ich kontern sollte, weil er recht hatte, aber ich wusste einfach, dass Alec mir niemals was tun würde.
„Du hast ihn getroffen, er ist ängstlich, er würde mir nichts tun, und das weißt du."
Aiden strich sich mit der Adrigen Hand über sein stoppliges Gesicht.
Seine blauen Augen warfen einen grüngelben Schimmer ab, als er versuchte mir seine Meinung sanft mitzuteilen.
Nie war ich von Augen so fasziniert gewesen.
„Nein, das weiß ich eben nicht. Verdammt Kätzchen! Ich habe ihn erst einmal getroffen, ich kann ihn einschätzen, aber ich könnte verflucht nochmal doch nicht sagen, ob er nochmal jemanden einfach wahllos töten könnte oder nicht."
Was er sagte versetzte mir eine Gänsehaut, nicht, weil er schrie oder böse klang, sondern weil es so echt und so wahr schien, als würde er von sich erzählen, als wäre er sich selbst nicht sicher, ob er es jemals wieder tun könnte, töten.
~_~
P. O. V. AIDEN
Zu sagen, dass ich den kleinen hasste, konnte ich nicht.
Mögen tat ich ihn jedoch auch nicht.
Irgendwo tat er mir schon leid, weil ich mich selbst in ihm sah, als würde eine Videoaufnahme von früher vor meinen Augen abgespielt werden, eine Person voller Unbehagen, und doch waren wir so verschieden.
Er hatte viel Angst, er redet über Dinge, die ich früher nie jemandem erzählt hätte.
Direkt bei der ersten Sitzung erzählte er Avery, dass er seinen Pflegevater ermordet hatte, und die Polizei anlog indem er behauptete, dass sein Bruder der Mörder war.
Scott tötete Joe.
Der junge den alten.
Absurd wenn man bedachte, dass Joe derjenige war, der Alec Misshandelte, und Scott der, der die Anweisungen gab.
Es machte keinen Sinn. Ich fragte mich, wer das hat durchgehen lassen, welche Polizisten oder Agents, eine so fahrlässige Arbeit geleistet hatten.
Zumal Alec, wie ich schon sagte, wirklich jemand ist aus dem man viel rausbekommen kann, wenn man weiß wie.
Ich blieb bei meiner Meinung, dass Avery sich lieber Liis und Tyler einladen sollte, als den kleinen Messermörder.
Ich meine, er könnte sie vielleicht für ein paar Stunden besuchen, aber mehr auch nicht.
Ich sah zu Snow und seufzte.
„Du fette Makadamisnuss kannst mein Kätzchen leider nicht verteidigen."
Ich liebte Snow wie mein leibliches Kind, aber er war echt eine Dumpfbirne.
Das einzige was er anknurrte waren Eichhörnchen und unseren blöden Nachbarn.
Nach und nach bekam ich immer mehr Bedenken ob es eine gute Idee war, Avery hier alleine zu lassen.
Ich weiß sie war ein großes Mädchen, hat in den Jahren viel dazu gelernt sich selbst zu verteidigen, dennoch gefiel mir der Gedanke nicht, sie so lange allein zu lassen.
Es klopfte an der Haustür.
Sofort fragte ich mich, warum es klopfte. Niemand klopfte an unserer Haustür, es gab einen Zaun und eine Klingel, wer auch immer vor dieser Tür stand, hielt es für selbstverständlich einfach unser Grundstück zu betreten.
„Ich mach schon!" rief ich, womit Avery zwei Sekunden später mit „ist für mich!" antwortete.
Sofort verdunkelte sich meine Mine als mir klar wurde, wer gleich vor mir stehen würde.
Schnell, schneller als Avery, rannte ich zur Haustür um sie zu öffnen, weil ich um die 0,3 Sekunden schneller war als sie, obwohl sie unten im Bad stand.
„Aiden bitte." warnte sie mich.
Ich zwinkerte ihr zu.
„Ja ja, du kannst mir heute Abend einen runterholen Honey, immer mit der Ruhe."
Wieder klopfte es, woraufhin ich die Tür schwungvoll öffnete.
Erschrocken trat Alec einen Schritt zurück und sah mich leicht verdutzt an.
„Clearwater, was ein Vergnügen."
Er sah zu Boden, dann wieder zu mir, jedoch nicht in mein Gesicht, eher an mir vorbei.
„Oh, hallo Aiden.."
Avery drängte mich zur Seite und begrüßte den Pommesverkäufer mit einem warmen Lächeln. Das mit dem Lächeln hatte sie echt drauf, so gewann sie immer sofort jeden.
„Alec! Schön sich zu sehen, komm rein, dir ist sicherlich kalt."
Meine äußere Erscheinung wirkte grade höchstwahrscheinlich kälter als alle Temperaturen die draußen herrschten.
Irgendwas sagte mir, dass mir der Typ irgendwann noch schief kommen wird.
Ich schloss die Tür hinter mir, folgte den beiden ins Wohnzimmer, lehnte mich an den großen Holztisch, der offen im Raum, Richtung Küche stand und verschränkte meine Arme vor der Brust.
Unsicher blickte er an mir vorbei.
„Und? Wie war dein Tag?" fragte Avery ihn, als würde sie mit ihrem eigenen Sohn reden.
Alec zuckte mit den Schultern.
„Eigentlich okay, ich glaube die Lehrer mögen mich nicht so sehr."
Ich lächelte matt.
„Mich mochten sie auch nie. Mach sie dir einfach zum Feind, indem du Intelligenz zeigst." wäre jetzt scheiße, wenn er dumm wie'n Baguette wäre.
Gedehnt stieß er seine Luft aus, als wäre er grade nach einer Zeit Unterwasser wieder aufgetaucht.
„Ich bin eher zurückhaltend..."
„Deswegen hast du Joe auch einfach abgestochen?" ich lachte, merkte jedoch relativ schnell, dass ich der einzige war der lachte.
„Sorry, mein Humor ist-„ Avery unterbrach mich.
„Schlecht, unlustig, und nicht immer sonderlich verständlich. Ignorier ihn."
Mit zusammengekniffenen Augen sah ich sie an.
Ich ignoriere gleich mal, dass Alec da sitzt und nehm dich einfach mitten auf dem Küchentisch durch.
Den Gedankengang behielt ich besser für mich.
„Und allgemein, wie geht es dir?" Avery's Stimme klang vorsichtig und resignativ.
Sie versuchte sich vorsichtig an sein Inneres heranzuarbeiten wie ein Chirurg, der das Skalpell vorsichtig in den Körper einführte, an dem tödlichen Tumor vorbei schnitt und versuchte keine Fehler zu machen.
„Es geht. Momentan kann ich eher weniger mitreden bei meinen Mitschülern, auch wenn du mir gesagt hast, dass ich das versuchen soll. Sie reden über ihre Ferien und ihre Eltern, dass sie verreisen und sich auf ihre Geschwister und Freunde freuen. Es ist komisch, ich fühle mich einfach ausgeschlossen."
Als er seinen Satz beendete, sah ich etwas in Avery's Augen aufblitzen, was ich sofort stoppen wollte, von jetzt auf gleich wurde mir klar, dass sie ihre Entscheidung ohne mich ein weiteres Mal zu fragen fallen würde.
„Was würdest du denn davon halten wenn du-„
„Wenn du mit mir auf einen Trainingsausflug meines Teams gehen würdest?" fiel ich ihr schnell ins Wort.
Aufgeregt, und wirklich beeindruckt sah Alec mir zum ersten Mal richtig in die Augen.
„Was? Wirklich?"
Avery sah mich fassungslos an, was ich versuchte zu ignorieren.
Ich stieß mich von dem Tisch ab und ging weiter ins Wohnzimmer, bis ich fast vor ihm stehen blieb und nickte.
„Klar, mich würdest du nicht stören, und ich glaube es wäre gar nicht so schlecht für dich zu erfahren, wie man sich selbst verteidigt, und vor allem in welchen Situationen es richtig ist selbst zu handeln oder Hilfe zu holen."
Eine kleine win win Situation würde ich sagen.
Wenn ich Alec mitnehme, wäre ich nicht der einzige auf den Dean ein Auge hätte, und zugleich könnte ich ein bisschen mehr aus mir rauskommen.
Ich will damit nicht sagen, dass ich jemandem das Herz rausreiße, sobald man mich nicht im Auge hat, aber versprechen kann ich nichts.
~_~
„Du hast doch echt den größten Knall deines Lebens! Er ist nicht in der Verfassung für sowas!" mit verschränkten Armen stampfte Avery durchs Wohnzimmer. Süß.
„Weißt du was, ich lass das nicht zu. Ich als seine Therapeutin werde einfach mein nein geben!" verfluchte kleine Zicke.
Als ich auf sie zugehen wollte, wich sie einen Schritt nach hinten, den ich jedoch schnell wieder aufholte und sie nach wenigen Sekunden schon in einem festen Griff in meinen Armen hielt.
„Ach Kätzchen..." sanft küsste ich ihre Schläfe, Wange, und anschließend ihre Lippen.
Sanft, jedoch fordernd, sodass sie ein leises Stöhnen in den Kuss hauchte.
„Mhhmm Ai-„ ich drücke meine Lippen fester auf ihre, gab ihr keine Chance zu sprechen, vor allem mir zu widersprechen.
einen Zentimeter löste ich mich von ihr, woraufhin sie mich verdutzt ansah.
„Lass es mich versuchen, ich tue deinem kleinen schon nichts, versprochen."
Sie sah zu Boden, zuckte nach einer Weile mit den Schultern und sah dann auf in meine Augen. Ihre leuchteten. Sie sorgte sich.
„Mir ist es ja schon unwohl, dich dahin zu lassen, ich weiß nicht ob das so eine gute Idee ist, Aiden."
„Du kannst mich gerne Daddy nennen."
„Was?" sie kniff die Augen zusammen.
„Was?" wiederholte ich schnippisch.
„Mal im Ernst, meinst du, das ist eine gute Idee?"
Mich Daddy zu nennen? Ich glaube ja schon.
Mir gefiel es sehr.
Sie schlug mich. „Aua, du Bauer!"
Avery lächelte, ich liebte ihr Lächeln so sehr, dass ich nicht erklären konnte was es in mir auslöste.
„Ich glaube, es wäre gut für ihn etwas Zeit mit jemanden wie mir zu verbringen, wirklich. Auch wenn man es auf dem ersten Blick nicht sehen mag, er hat so viel gestaute Angst und so viel Hass in sich, dass es gut wäre wenn er lernt, damit umzugehen, dafür ist dieses Programm da, ich weiß das würde ihm nicht schaden.
Und ich verspreche dir, ich werde nicht zulassen, dass ihm jemand schadet."
Sie hatte Angst um mich, und Angst um Alec's Gesundheit, das verstand ich.
Doch wenn ich ihr mein Versprechen gab auf ihn aufzupassen, würde ich das auch tun, solange er auf mich hörte und keine Scheiße baute.
Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an bis sie antwortete.
„Also gut...ich werde eine Empfehlung ausschreiben, dass es gut wäre, wenn er dort teilnehme."
Avery lachte leise.
„Trotzdem weiß ich, dass du ihn nur mitnimmst, damit der nicht alleine mit mir hier ist."
Das war wahr.
Wie gesagt, ich traute ihm nicht sonderlich. Aber deshalb war es vielleicht gar nicht so schlecht, jetzt eine Woche mit ihm allein zu verbringen.
Ich befürchtete jedoch, dass es nicht so laufen wird wie geplant.
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Wer mag Alec Clearwater bis jetzt und wer nicht? I wanna know 🙂♥️♥️
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