01
T A M A R A
Ich konnte es nicht.
Ich starrte den Ort an, den ich sieben Jahre lang mein Zuhause genannt hatte und der nun wieder aufgebaut wurde. Meine Angst stieg und ich krallte mich in den Unterarm meines Drillingsbruders, oder mittlerweile Zwillingsbruders, George. Tränen sammelten sich in meinen Augen und ein heftiger Schwindel erfasste mich.
Nein, ich konnte Hogwarts nicht betreten, auch wenn es schon fast so wie früher aussah. Zu tief war noch immer der Schmerz wegen dem Verlust Freds.
Ich vermisste ihn. Und wie ich das tat. Nachts stellte ich mir oft vor, er säße - wie früher - neben meinem Bett, gemeinsam mit George, und erzählte mir eine Geschichte, damit ich besser schlafen konnte. George war nie der große Erzähler gewesen und deswegen plagten heuzutage mich Albträume. Jedes verdammte Mal sah ich Freds toten Körper vor mir und tiefes Leid keimte immer in mir auf. Es tat weh, so sehr, dass ich immer, wenn ich vor dem Spiegel stand, mich selber hasste. Ich wollte mich selber verletzen. Ich wollte mich selber dafür bestrafen, mich nicht für Fred geopfert zu haben. Und dann tauchte sein totes Gesicht vor meinem inneren Auge auf. Seine Augen, die nach oben starrten, ohne zu sehen, und die Spur des Lächelns, als er dachte, Percy hätte einen Witz gemacht, als er im Zaubereiministerium kündigte.
»Alles ist gut«, gab sich George Mühe, mich zu beruhigen. Er zog mich in seine Arme und bettete meinen Kopf auf seinen Bauch. Sein Herzschlag beruhigte mich für einen Moment, bis dieses Szenario mich unverweigerlich an Fred erinnerte. Er hatte mich auch immer so umarmt. Ich war nicht so groß geworden wie meine Drillingsbrüder, sondern ungelogen zwei Köpfe kleiner. Was bei meinem Wachstum schief gelaufen war, wusste ich selber nicht, denn ich war defintiv zu klein.
»I-...Ich vermisse F-Freddie«, schluchzte ich gegen den Stoff seines Sweaters und krallte mich in diesen mit meinen Nägeln. Dieses Loch in mir, das seit Freds Tod leer war, zerfraß mich von Innen wie ein Wurm es mit einem Apfel tat. Ein grausames Gefühl.
»Ich auch, Tara, ich auch...«, hauchte George.
So verweilten wir dort vor dem Schloss auf dem Gelände Hogwarts'. Mir mangelte es an Kraft, es zu betreten. Und das teilte ich auch George mit, der daraufhin verständnisvoll nickte und mit mir nach Hause apparierte. Seit der Schlacht lebten wir nicht mehr in einer Wohnung über unserem Scherzartikelladen, sondern wieder im Fuchsbau. Ich hatte vor einer Panikattacke gestanden, als wir in der Wohnung waren, denn selbst dort hing Freds Geruch in der Luft. Eine Mischung aus Keksen und Wolle. Bei George waren es Wolle und Holz.
Mom war in der Küche und war am kochen, als wir unser Elternhaus betraten. Sie wandte sich zu uns um, als sie uns hörte, und lächelte müde. Eigentlich durfte ich mich nicht beklagen. Ich hatte einen meiner Brüder verloren, sie ihren Sohn. Und sie kannte ihn länger.
Plötzlich spielten meine Gefühle verrückt, denn Neid machte sich in meinem Körper breit. Jeder aus meiner Familie hatte Fred länger als ich gekannt und somit mehr Zeit verbringen können. Und ich? Ich hatte ihn als Erstklässlerin auf Hogwarts erst kennengelernt. Elf verlorene Jahre, die ich nicht mehr aufholen konnte. Ich vertrieb die negativen Emotionen mit Mühe und stieg die Treppe hoch. Mit jedem Schritt wurde ich langsamer, bis ich auf der obersten Stufe inne hielt. Erschöpft legte ich meinen Kopf auf das Treppengeländer und verharrte dort. Am liebsten würde ich schlafen. Für immer.
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(577 Wörter)
Wie findet ihr den Anfang und die Länge des Kapitels? Ich werde versuchen, zweimal die Woche ein Kapitel hochzuladen.
All the love as always.
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