ɱσƚԋҽɾ
Als wir das Bordell in Begleitung zahlloser minderjähriger Prostituierter und der Polizei verlassen, fällt eine unfassbare Anspannung von mir ab und ich drücke mich fest gegen Harrys Brust.
Der Lockenkopf trägt mich schniefend, um mich keiner unnötigen Belastung auszusetzen, was ich sehr aufmerksam von ihm finde, und ich habe von den Polizisten eine dicke Decke bekommen, in die ich jetzt eingewickelt bin, obwohl ich meine Kleidung am Körper trage, in der ich hergekommen bin.
Bei dem Klang von bekannten Stimmen drehe ich neugierig den Kopf und sehe Zayn und Niall direkt auf uns zulaufen, die an einem Auto gelehnt gewartet haben.
"Mein Gott, wir hatten solche Angst um dich!", entfährt es dem Pakistani und er blinzelt heftig aufsteigende Tränen weg, als Harry mich behutsam am Boden absetzt, und er mich fest an sich zieht und mich gar nicht mehr loslässt.
"Vorsichtig", lässt der Braunhaarige hinter mir leise verlauten, doch der Schwarzhaarige hat nur Augen für mich.
Niall der neben uns steht, nimmt mich ebenfalls in den Arm, sobald Zayn, der sich nun übers Gesicht wischt, mich wieder freigibt und atmet erleichtert auf.
"Du weißt gar nicht, wie froh ich bin, dass es dir gut geht", flüstert der Ire und drückt mich noch einmal, ehe er einen Schritt zurücktritt und mich verheult anlächelt.
Die blonde Taylor, die mir bis jetzt noch gar nicht aufgefallen ist, kommt nun mit kleinen Schritten auf uns zu und bleibt zögernd vor mir stehen. Sie ist ungeschminkt und ihre Haare zu einem lockeren Pferdeschwanz gebunden und auch wenn sie nicht gestylt ist, ist sie noch immer wunderschön.
"Louis, ich glaube ich muss mich wirklich bei dir entschuldigen, auch wenn das vielleicht nicht der passendste Moment ist, ich muss es loswerden", beginnt sie und verschränkt die Arme vor der Brust. "Ich war sehr gekränkt in meinem Stolz, als ich mitbekommen habe, dass Harry mir fremdgeht und es jemanden gibt, der ihm sehr viel wichtiger ist, als ich es jemals sein werde. Die ganzen Jahre dachte ich, alles wäre zumindest in Ordnung zwischen uns, aber das war es nicht. Harry hat sich ein Leben lang versteckt und nicht so gelebt, wie es richtig gewesen wäre. Ich bin mittlerweile froh, dass er in dir jemanden gefunden hat, der ihn aufrichtig liebt und den er aufrichtig lieben kann. Das hat er nämlich wirklich verdient."
Wir sehen uns einen Augenblick beide unsicher an, doch dann macht sie einen Schritt nach vorne und schließt mich für wenige Sekunden in ihre dünnen Arme, doch das ist mehr, als ich mir zwischen uns erwartet hätte, weshalb ich ihr ein schüchternes Lächeln schenke, sobald sie mich wieder losgelassen hat.
"Danke, das bedeutet mir wirklich viel", erwidere ich und erhalte nun auch von ihr ein leichtes Lächeln.
Schutzsuchend drücke ich mich dann gegen Harry, denn unter den ganzen Prostituierten und einem herumbrüllenden Dan, der von der Polizei abgeführt wird, sehe ich auch Bruno und eine handvoll Freier, die von der Polizei mitgenommen werden und mir wird vor Erleichterung ganz schwindelig,
"Louis?", ertönt es aus dem Nichts hinter uns und wir alle drehen uns überrascht um.
Auch wenn ich sie in meinem Leben noch nie gesehen habe oder ihr jemals begegnet bin, weiß ich aus irgendeinem Grund sofort, dass das meine leibliche Mutter ist, als sie in jenem Moment vor mir steht.
"Mum?", entgegne ich tonlos und ihre Mundwinkel heben sich leicht.
"Du erkennst mich?", fragt sie und ich nicke kaum merklich. In meinem Kopf dreht sich alles, denn heute ist eindeutig viel zu viel auf einmal passiert, als das ich das so einfach verarbeiten könnte und jetzt steht nach siebzehn Jahren auf einmal meine Mutter vor mir.
Kurz bin ich geneigt zu glauben, dass mir mein Verstand einen Streich spielt, doch vor mir steht sie tatsächlich in Fleisch und Blut. Ihre braunen Haare sind stumpf und strohig, ihr Körper und Gesicht gezeichnet von Alkohol, Drogen und dem harten Leben als Prostituierte auf der Straße und sie wirkt müde und antriebslos.
"Mein Kind", schluchzt sie herzzereißend, als sie auf mich zustürzt, mich fest in ihre Arme schließt und den Kopf in meiner Halsbeuge vergräbt.
Unwohl schlucke ich und erwidere die Umarmung nicht.
Ja, diese Frau ist meine Mutter, doch sie ist mir fremd und ich habe und werde nie vergessen, dass sie mich diesem elenden Schicksal übergeben hat.
❦❦❦
Der Mond steht hoch am Himmel und die kalte Nachtluft frisst sich durch meine Kleidung, als ich aus Harrys Auto steige, und ich schlinge die Arme fest um meinen zitternden Körper.
Der Lockenkopf legt einen Arm um mich und geleitet mich mit schnellen Schritten über einen Schotterweg und ein paar Treppen hinauf zur Eingangstür seines Hauses.
"Ich mache dir etwas zu essen", sagt Taylor, die an uns vorbeigeht und ihren Mantel ihm Vorzimmer aufhängt, ehe sie in einem angrenzenden Raum verschwindet, der wohl die Küche ist.
Wir sind bis vor wenigen Augenblicken noch im Krankenhaus gewesen, wo ich mich einem gründlichen Gesundheitscheck unterziehen musste und man ein paar Tests zu Geschlechtskrankheiten gemacht hat, deren Ergebnisse ich erst in ein paar Tagen erhalten werde.
Harry hat nicht sonderlich einfühlsam verkündet, dass er auch bei mir bleiben würde, wenn ich den HI-Virus oder Feigwarzen hätte, aber ich weiß, dass er es gut gemeint hat und bin um ehrlich zu sein sehr erleichtert über diese Bekundung.
Vor dem Besuch im Hospital haben wir einen kleinen Zwischenstopp bei Anne und Robin gemacht, wo zeitlich jedoch nur eine feste Umarmung von den beiden sowie eine gründliche Dusche und ein Kleiderwechsel drinnen gewesen ist, denn die Polizisten haben auf eine Anzeige gedrängt und wollten das alles so schnell wie möglich in die Wege leiten, weshalb wir auch noch auf der Polizeistation gewesen sind und ich eine Aussage gegen Dan und seine Mitstreiter getätigt habe, die ihn, gepaart mit denen seiner anderen Opfer, wohl einige Jahre hinter Gitter bringen. Ebenso seine Unterstützer und Kollegen.
Mit meiner Mutter habe ich nicht viel anfangen können und mich schnell wieder an Harry gehalten und sie in dem wilden Getummel vor dem Bordell dann schnell aus den Augen verloren, doch ich bin nicht böse darüber, denn jetzt wo ich sie zu Gesicht bekommen habe, weiß ich, dass ich mit dieser Person nichts zu tun haben kann. Ihre Taten wiegen zu schwer, als dass ich sie vergessen und sie plötzlich in mein Leben lassen könnte.
"Warte einen Moment hier", flüstert Harry mir ins Ohr, gibt mir einen Kuss auf die Wange und lässt mich etwas verloren im Flur stehen.
Ich lasse meinen Blick über die Familienfotos von ihm, Taylor und Eleanor schweifen, die im Eingangsbereich hängen und fahre erschrocken zusammen, als mich plötzlich eine hohe Stimme nervös anspricht.
"Hi, Louis." Überrascht drehe ich mich zu Harrys Stieftochter um, die sich mit roten Wangen eine Haarsträhe hinters Ohr streicht und sich gegen den Türrahmen mir gegenüber gelehnt hat.
"Hey, Eleanor", begrüße ich das Mädchen und weiß nicht recht, was ich sonst zu ihr sagen soll.
"Mum hat gesagt, dass du und Dad... dass ihr zusammen seid", erhebt sie erneut das Wort, doch in ihrer Stimme schwingen weder Zorn noch Vorwurf mit. Es ist eine simple Feststellung.
"S-So?", frage ich unsicher und verschränke nervös die Arme vor der Brust.
"Sie sagt er liebt dich und wird mit dir sein Leben teilen und nicht mehr hier wohnen", erwidert sie und legt den Kopf leicht schief. "Aber das ist okay, er wird uns besuchen kommen."
"Louis, Eleanor", tönt es plötzlich aus der Küche und wir begeben uns zu Taylor die uns mit einem leichten Lächeln empfängt. "Hier ich habe ein paar belegte Brote gemacht. Du bist sicher hungrig, Louis. Greif zu."
Sie füllt zwei Gläser mit Orangensaft und stellt mir und ihrer Tochter diese auf den Tisch. Dankbar setze ich mich, nehme ein Käsebrot und beiße vorsichtig hinein.
"War es schlimm dort?", fragt Eleanor leise und sieht mich aus großen, neugierigen Augen an.
"El! Das geht dich nichts an", rügt Harry sie, der soeben die Küche betreten hat und mir einen großen, dunkelgrauen Pullover hinhält. "Hier, zieh den an, sonst frierst du mir in deinen dünnen Sachen noch ab."
Dankbar schlüpfe ich in das Kleidungsstück und mir wird sogleich um einiges wärmer.
"Dankeschön", sage ich mit einem schüchternen Blick zu ihm und das liebevolle Lächeln, das er mir daraufhin schenkt, lässt mir das Herz bis zum Hals schlagen.
-
Da hat Louis also zum ersten Mal seine Mutter kennengelernt. Was sagt ihr zu der Begegnung?
Ich wünsche euch einen schönen Tag :)
Maybe
[1400 Wörter]
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top