teewärmer und babyrobben ও || 7
Ich sitze auf einem Barhocker, mir gegenüber Eliyas. Aus irgendeinem Grund berühren sich unsere Nasen beinahe und ich kann die kleinen goldenen Sprenkel in seinen Augen erkennen, die ihnen ein spitzbübisches Funkeln verleihen.
Um uns herum tanzen laute Musik und viele Menschen, eine wabernde Masse aus Schweiß, Haut, Haaren und Kleidung.
Wie wir in dieser Position gelandet sind, von der ich einen wunderschönen Ausblick habe, mich gleichzeitig aber auch unwohl fühle, da ich Eliyas' Wankelmütigkeit überhaupt nicht einschätzen kann und nicht mal ahnen kann, wie er sich hier herausmanövrieren will?
Nach einem turbulenten Nachmittag sind wir ein wenig durch die Straßen gezogen, bis wir einen Anruf von Adri erhielten, der uns zu dem wohl angesagtestem Club hier einlud.
Ein bisschen Kontext: das Sofa, das Noah und Eliyas vor zwei Tagen angeschleppt haben, steht jetzt übrigens.
Dafür haben wir - wenn auch erst heute - die klapprigen Stühle rausgeworfen.
Eliyas und ich sind dafür mit den Stühlen auf dem Rücken zu der Sperrmüll-Herkunft des Sofas gelatscht.
Wir mussten schon ein amüsanter Anblick gewesen sein: zwei Jungs, mit Stühlen auf den Rücken geschnallt, auf einem schmalen Fußweg laufend.
Der eine immer wieder eine Hand zwischen ihnen schwingen lassend, auf einen zufälligen Kontakt hoffend, ohne eine Ahnung, was ihn dazu geritten hat. Er wüsste ohnehin nicht, was er in dem Fall tun würde.
Der andere darauf bedacht, den anderen möglichst nicht zu berühren und deshalb mit dem einen Fuß immer mal wieder auf der Straße gehend und somit humpelnd.
Die Szene wurde wahrscheinlich nur noch besser, als ich über die viel zu langen Schnürsenkel meiner ausgelatschten Converse stolperte und wie ein Käfer mit dem Rücken auf dem Stuhl landete, doch da lachte Eliyas nur. Erst nach einem aufforderndem Blick meinerseits wurde er plötzlich augenscheinlich fahriger, reichte mir aber eine leicht zittrige Hand und half mir auf.
Doch nicht, ohne davor sichtbar nervös zu schlucken und dann schnell genervt die Augen zu verdrehen, während er sich die etwas feuchte Hand nach seiner Rettungsaktion an seiner Jeans abwischte.
Ich war stolz auf meine eigene trockene, ruhige Hand und somit ein Zeichen von Souveränit und Unaufgeregtheit, obwohl mein Herz bei dem Körperkontakt mit Eliyas doch eigenartig flatterte.
Der Rest des Weges verlief schweigend.
Nun ja, das tat der Hinweg auch. Aber das Schweigen nun war um einiges unbeholfener und unangenehmer.
Erst am nun nicht mehr existenten Möbelstapel angekommen, brach das Schweigen entzwei, denn die alte Frau bedankte sich herzlich für unsere "Lieferung" und faselte dann noch etwas von Teewärmern und Babyrobben.
Wir sahen uns lachend an, riefen ihr ein "Gern geschehen!" zu und liefen dann im Stechschritt wieder zur Wohnung. Das war's dann aber auch an Interaktion mit Eliyas.
Irgendwie.. schade. Ich hatte mir den Weg mit ihm aus einem skurrilen Grund interessant vorgestellt. Wenn es sowieso eher nicht das tiefgründige Gespräch über den Sinn des Lebens oder die Deckenmalerei geworden wäre, ich wollte ihn eigentlich subtil mit meiner Sexualität konfrontieren, um endlich herauszufinden, woran ich war.
Ich hatte zwar generell noch ein ganzes Studium lang Zeit, aber es ist schwer, erst nach längerer Zeit und nachdem man sich schon besser kennt, mit Flirtereien anzufangen.
Denn wenn ich eine Chance haben sollte - ich würde sie verdammt nochmal hundertpro nutzen.
Ich kannte Eliyas nicht gut, aber wissen, dass ich auf ihn reagierte - oh ja, das tat ich.
Seitdem er in den letzten zwei Tagen in der WG munter ein und aus ging, hat sich seine Auswirkung auf mich nur nich bemerkbarer gemacht. Bei jedem "Ciao", mit dem er mich milde lächelnd begrüßte, konnte ich nur ein uneloquentes "Hey" zurückkrächzen.
Und ich traute mich einfach nicht, irgendwie mehr mit ihm zu reden, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Er war wie eine zu leicht reizbare Katze, die mich beim ersten falschen Wort oder nur Blick anfallen und meine Augen auskratzen würde. Und so blieben wir beim oberflächlichen Smalltalk, bei dem ich zwar erfuhr, dass er eine riesige Familie hat, Kostüme für Mittelalterfeste näht, sie aber nie anzieht, dass er den Fake-Ezekiel 25:7 aus "Pulp Fiction" auswendig zitieren kann - und all das, das weiß ich jetzt schon, wird es für mich noch schwerer machen, mich von ihm fernzuhalten.
Aber wir könnten Freunde werden. Denn wenn wir quatschen, quatschen wir cool, auf "Bro-Ebene", höflich, aber nicht affektiert über Witze des anderen lachend und ein wenig neckend.
Das neue Sofa übrigens schenkt nun drei Menschen an unserem Esstisch Platz, wenn man zusammenrutscht sogar vieren.
Bei diesem Experiment wurde Henry, der endlich mal aus seinem Zimmer getapert kam und sich Wasser holen wollte, auch aufs Sofa gezerrt.
Fanny zog ihn an den Rand, um ihn unauffällig ein bisschen zu seinem Trinkgrund vor zwei Tagen auszuhorchen und somit mussten Eliyas und ich uns nebeneinanderquetschen.
Selten war eine Situation so awkward. Wir beide, komplett darauf bedacht uns nicht zu berühren, mussten uns nebeneinander in diese Polster sinken lassen.
Ich mied eine Berührung mit ihm, da ich Eliyas nicht in Verlegenheit bringen wollte. Ich hatte mehr als genug Anhaltspunkte dafür, dass er kein allzu großer Fan von mir - oder meiner Sexualität? - war, auch wenn er offen Freundlichkeit zeigte.
Weswegen Eliyas eine Berührung mit mir vermied, konnte ich nicht mit Sicherheit sagen. Dass es so war, war aber eindeutig.
Kontaktlosigkeit war letztendlich aber ohnehin nicht möglich, da die Sitzkissen so tief einsinkend sind, dass wir gegeneinander klappten. Angestrengt starrten wir den Tisch vor uns an, betrachteten die Maserung und ignorierten Fannys und Henrys Gezappel neben uns, die wohl die Federung des Sofas austesteten.
Ich glaube, nie hat jemand die Wirbel und Spiralen im Holz eines Tisches so interessant gefunden, wie Eliyas gerade. Gerne hätte ich mich auch dafür begeistern können, aber ich war zu abgelenkt.
Von Eliyas Arm, der meinen berührte. Seiner Schulter, die sich gegen meinen Bizeps schmiegte. Seinem Oberschenkel, der sich so fest gegen meinen presste, dass es eigentlich nicht ohne Absicht sein konnte und ich mich weigerte, weiter darüber nachzudenken, warum Eliyas so gemischte Signale aussendete.
Wie ein Katapult vor dem Kappen der Halteseile lag so eine gewisse Spannung zwischen uns. Ich sog scharf die Luft ein, als Eliyas' Kopf sich an meine Schulter schmiegte.
Das warme Gefühl wurde stärker, besonders mein Herz fühlte sich an, als würde es gleich abheben.
Jesus, dieser Junge machte mich fertig! Was zum verschrumpelten, haarigen linken Ei des Teufels ist seine Mission? Mich so kirre zu machen, dass ich durchdrehe und um mich dann auszulachen?
"Sorry", flüsterte da Eliyas zu mir und nahm seinen Kopf blitzschnell wieder weg. Mit rot leuchtenden Wangen - ich schwöre ich konnte spüren, dass Eliyas Hitze ausstrahlte vor Verlegenheit - drehte er sich weg zu Fanny, die gerade mit Henry die Köpfe zusammensteckte und ihm leise tuschelnd aufgeregt etwas erzählte.
Plötzlich schwankte Henry nach vorne, stieß sich vom Sofa ab und sprintete in sein Zimmer und donnerte die Tür hinter sich zu.
Wir drei verbliebenen starrten uns geschockt an.
Oh Mann, heute war wirklich der Tag der dramatischen Abgänge.
"Ich geh mal nach ihm sehen. Ihr Jungs baut mir hier keine Scheiße", befahl Fanny und deutete drohend mit dem Zeigefinger auf uns. Dann eilte sie Henry hinterher.
Eliyas und ich blieben so sitzen. Nah beieinander. Sehr nah beieinander. Ich wusste auch nicht wieso.
"Da waren's nur noch zwei", brach ich die unangenehme Stille. Ich spürte Eliyas neben mir tief einatmen, dann wandte er den Blick von der Tischplatte ab und sah mich direkt an mit seinen verdammt schönen braunen Augen.
"Ja, da waren's nur noch wir, Mio"
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