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[part zwei - E]

Am nächsten Morgen wachte June erstaunlich früh auf, weshalb sie sich auf die andere Seite drehte, um noch mal einzuschlafen. Doch etwas hielt sie wach und genervt stand sie auf. Sie blickte in den Spiegel vor sich und hätte sich am liebsten selber ausgelacht, so schlimm sah sie aus.

Seufzend zog sie die Klamotten des gestrigen Tages aus und warf sich einen in ein bauchfreies Shirt, einen Mantel und Shorts. Das änderte nichts daran, dass sie immer noch grausig aussah, doch immerhin fühlte June sich wohler in den Klamotten.

Sie schleppte sich die Treppe runter, in die vierte Etage und sah, wie ihr Onkel Tony schon in der Küche stand und Rührei machte. Gerade wollte June sich hinsetzen, als sie sich langsam zu ihren Onkel umdrehte. Dass sie es erleben durfte, wie er nach einer ziemlich heftigen Party um acht schon in der Küche stand und Essen machte, erwärmte ihr Herz ein kleines bisschen.

„Guten Morgen, June“, begrüßte Onkel Tony sie und diesmal stutzte sie noch mehr. Seit wann sagte er mir denn 'Guten Morgen'? „Ich habe hier etwas Rührei für dich, extra ohne Speck.“

Er servierte ihr einen Teller und lächelte zufrieden. Irgendwas war eindeutig faul an dieser Situation. Hatte er das Ei vergiftet oder hatte er statt Wasser Wodka beigemischt?

„Onkel Tony“, fing June langsam an und musterte ihren Onkel eingehend, „Was hast du wieder getan, dass du so freundlich bist?“

Dieser hob abwehrend seine beiden Hände. „Ich habe Shamus ganz eventuell ein Date mit dir besorgt, obwohl ich weiß, dass du ihn nicht leiden kannst“, sagte Onkel Tony so schnell, dass June erst einen Moment brauchte, bis sie verstand, was er gerade gesagt hatte.

Junes Mund klappte auf. „Okay, wir haben zwar Juni, aber kannst du bitte April April sagen, sonst lauf ich hier gleich Amok“, meinte sie und ihr Kopf sackte auf die Tischplatte. „Vielleicht sonst noch was?“

„Ähm... ich habe ihm auch vielleicht gesagt, wie sehr du dich darauf freust und dir deine Gefühle ihm gegenüber nur nie eingestehst“, gab Onkel Tony zu und June machte sie nicht mal die Mühe hoch zu gucken, als sie die Vase vom Tisch nahm und in seine Richtung warf.

So gehe ich also unter. Jetzt denkt der wahrscheinlich, dass ich ihn gestern abserviert habe, weil ich mit meinen Gefühlen nicht im Klaren bin. Wow, so weit musste es ja irgendwann kommen. Danke, Iron-Shit, danke.

„Guck doch nicht so deprimiert, in sieben Stunden kann das alles wieder vorbei sein“, meinte Onkel Tony dann und diesmal hob June tatsächlich ihren Kopf.

„Sieben Stunden?“

„Vielleicht habe ich außerdem vergessen zu erwähnen, dass ich das Date für heute angesetzt habe... Für heute um 13 Uhr“, fügte er noch hinzu und June hatte das dringende Bedürfnis noch etwas nach ihrem Onkel zu werfen.

Als sie sechs Stunden später mit Shamus in dem Restaurant saß, welches ihr Onkel vorgeschlagen hatte, konnte sie immer noch nicht glauben, dass tatsächlich gegangen war.

Sie wusste auch nicht was schlimmer war. Shamus, der sie die ganze Zeit verstohlen anlächelte, als würde er auf einen Annäherungsversuch warten oder die Kellnerin, die ihnen Pärchenspeisen anpreisen wollte.

June entschied sich für Shamus, denn nachdem er das fünfte Mal seine Hand auf ihre legte, lagen ihre Nerven blank. Sie wollte einfach nur weg von diesem bescheuerten Date, welches keinen von beiden weiterhelfen würde.

„Hey, June, ich weiß wie schwer es ist, sich Gefühle einzugestehen, aber es schadet nie, dies einfach zu tun“, sagte Shamus plötzlich und griff ein sechstes Mal nach ihrer Hand.

Genervt zog June sie schnell genug weg und warf Shamus einen wütenden Blick zu. „Danke, das weiß ich auch“, gab sie zurück, „Und du kannst dir sicher sein, wenn ich welche für dich hegen würde, wüsstest du es schon längst.“

Sie wollte gerade aufstehen, als der Andere sie festhielt. „Und was ist mit dem, das dein Onkel mit erzählt hat?“, fragte er und man konnte ihm die Enttäuschung im Gesicht ansehen.

„Er war betrunken. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest“, meinte June und warf ihm einiges an Geld auf den Tisch.

Sie lächelte der Kellnerin zu und dann öffnete die Tür des Restaurants schwungvoll. Seufzend trat sie hinaus in die Einkaufshalle und wich gleich darauf einem jungen Pärchen aus, welches leise lachte.

Die Einkaufshalle war riesig und voller unterschiedlicher Läden. Hunderte Menschen liefen gemächlich von einem Laden zu dem nächsten und nach jedem kam eine neue Tüte dazu.

June fädelte sich unauffällig in eine der vielen vorbeikommenen Massen ein und folgte ihnen. Vor ihr lief ein älterer Herr mit wenigem Haar und neben ihr zwei Frauen, die ein Kind an der Hand hatten. June bemerkte erst, dass sie lächelte, als der kleine Junge sie auch begeistert anstrahlte.

„June?“, rief eine Stimme und sofort duckte sich die Angesprochene. Scheinbar hatte Shamus noch immer nicht aufgegeben. „Wo bist du, June?“

Blitzschnell huschte June an den beiden Frauen vorbei und ging in den nächstbesten Laden. Es war ein Schmuckgeschäft, voller viel zu teueren Uhren und Ohrringen. Zu ihrer Erleichterung gab es eine Treppe nach oben und June verschwand in das oberer Geschoss.

„Da bist du aber jemanden geschickt ausgewichen“, sprach eine weitere Stimme und June zuckte zusammen. „Wer war das denn?“

Sie drehte sich zu der Person um, die gesprochen hatte und grinste schief. Vor ihr stand Captain America. Er lehnte an der Tür der Garderobe und musterte June eingehend.

„Captain“, murmelte June leise, hob dann die Stimme, als sie ihm antwortete: „Das war ziemlicher Idiot, mit dem mein Onkel mir ein Date organisiert hat - und das ohne meine Einverständnis. Der Typ hatte zwar Geld, aber kein Gehirn.“

„Natürlich“, schmunzelte der Captain, „So kennen wir unseren Tony. Er muss ganz schnell seine Nichten verheiraten, nur für mehr Geld.“

Auch June brachte ein Lächeln zu stande und warf dann einen Blick nach draußen. Shamus hatte seine Suche scheinbar noch nicht aufgegeben und suchte nun auf den Sitzbänken nach ihr.

„Das ist doch bescheuert. Ein Date mit jemanden zu haben, den man nicht mal mag“, meinte sie dann und drehte sich stürmisch wieder zu dem Captain zu, „Und warum sollte jemand ein Date haben wollen, mit jemanden, von dem er schon mehrmals einen Korb bekommen hat?“

Der Captain hob seine Hände. „Da fragst du den Falschen. Seit meiner Zeit im Eis, hatte ich noch keine Freundin mehr“, gestand er und klopfte June auf die Schulter. „Wann kommst du das nächste Mal wieder zu uns?“

„Zu dem Avenger Gebäude?“, hakte June nach und als der Captain nickte, zuckte sie mit den Schultern. „Sobald ich die Erlaubnis habe wieder zukommen.“

„Meine Erlaubnis hast du immer“, meinte der Captain und June grinste verlegen.

„Danke, Captain“, bedankte sie sich und neigte leicht ihren Kopf. Als wäre die Situation nicht schon seltsam genug, musste der Andere auch noch weiterreden.

„Außerdem sollten wir schon längst bei dem Du sein, also sag Steven zu mir“, meinte er und June klappte die Kinnlade runter. „Guck mich nicht so an, wir kennen uns schon fast zwei Jahre, da müsste das doch drin sein.“

June musste grinsen. Sie erinnerte sich noch sehr gut an ihr erstes Treffen mit dem Capt- Steven. Er war in dem Wohnzimmer von ihr Aufgetaucht und June hatte ihn ganze zehn Minuten angeschrien, bevor Onkel Tony kam und die Sache aufklärte. Sie wusste noch sehr gut, wie peinlich es ihr damals gewesen war, dass sie Steven so angebrüllt hatte. Dieser hatte ihr das jedoch nie übel genommen, sondern nur über June gelächelt.

„In Ordnung Steven“, sagte sie.

Steven blickte zufrieden auf, dann weiteten sich seine Augen plötzlich und ohne jegliche Erklärung warf er June und sich zur Seite. Keinen Moment später explodierte neben ihnen die Vitrine, welche voller Schmuck gewesen war. Flammen züngelten in dem Raum und eine weitere Explosion erschütterte das Gebäude. Schreie von den Kunden drangen in Junes Ohren und die Luft füllte sich mit dem Rauch. June blickte mit glasigen Augen auf das Feuer, ihr Gehirn schien nicht mehr zu arbeiten. Eine Welle des Entsetzten ergriff sie erst, als Steven sie hoch nahm und durch die Hintertür nach draußen brachte.

Die Einkaufshalle war kein ruhiger Ort mehr. Die Menschen liefen schreiend und weinend in alle möglichen Richtungen, eine dritte Explosion ließ alle zusammen schrecken. June zitterte am ganzen Körper, Tränen rannen ihre Wangen hinunter und sie blickte Steven verzweifelt an. Sie konnte sich nicht daran erinnern, jemals so viel Angst empfunden zu haben.

„Wir müssen gegen ihn kämpfen, er darf nicht noch mehr Schaden anrichten“, murmelte Steven und warf einen entgeisterten Blick auf seine Uhr. „Ich habe den Anderen Bescheid gesagt, sie müssten gleich da sein.“

June wischte die Tränen weg und hielt sich an Stevens Arm fest. „Wer ist der Mann?“, fragte sie mit gebrochener Stimme und versuchte einen Blick durch die Flammen auf den Angreifer zu erhaschen, doch der Rauch war zu dicht.

Steven blickte sie entschuldigend an. „Der Winter Soldier.“

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