.VII. 19 Jahre zuvor
Elijah ignorierte Jeremy nun schon seit 2 Wochen.
Jeremy konnte sich nicht erklären weshalb, doch irgendwie fehlte Elijah ihm. Seine dämlichen Witze, seine belustigte Stimme, sein arrogantes Grinsen.
Wenn er ihn doch wenigstens Beleidigen würde.
Nein, nichts davon passierte.
Und das machte Jeremy Sorgen.
In der Pause machte er sich deshalb auf den Weg zu Darvin und dem Schwimmteam. Elijah führte es zwar an, doch blieb lieber unter seinen asozialen Freunden und den mega beliebten Kids.
Darvin erkannte Jeremy schon von weitem, verabschiedete sich von seinen Freunden und lief auf den blauäugigen Jungen zu. „Hei, was gibt's?"
Jeremy war nervös. Aber er musste es einfach tun.
„Kannst du mir sagen, wie es Elijah geht? Er ist so seltsam seit der Sache in der Umkleide."
„Du machst dir Sorgen um ihn", stellte Darvin überrascht fest.
Jer seufzte. „Vielleicht etwas, ja"
Darvin lächelte, doch man sah ihm auch an, dass das Thema ihm nahe ging. „Naja, er hat seit dem auch nicht mehr richtig mit mir geredet. Er hat Angst, dass du ihn bloßstellst, das weiß ich auch ohne, dass er es mir sagt. Seine Eltern sind sehr streng und er geht nicht davon aus, dass sie mit seinen Vorlieben einverstanden wären. Außerdem ist da noch Alina, die ihn sicherlich fertig machen würde, wenn rauskäme, dass sie die ganze Zeit mit einem Schwulen zusammen war. Von seinen scheiß Freunden muss ich wohl gar nicht erst anfangen. Elijah tut immer so als sei er unzerstörbar, aber in seinem Inneren ist er schon lange unter all dem zerbrochen, weißt du?"
Jeremy trafen diese Worte hart, mitten ins Herz. „Aber wie kann er denn denken, ich würde ihm sowas antun?" Verzweifelt sah er Darvin an.
Er seufzte. „Eli hat den Glauben an das Gute im Menschen schon lange verloren. Ich wollte dir das eigentlich nicht erzählen, weil das seine eigene Aufgabe ist, aber er ist schon so oft verletzt und enttäuscht worden... Es hat seine Gründe, warum Menschen sich so verhalten wie sie es tun, weißt du? Und bei Elijah sind es keine schönen"
Jer sah über den Pausenhof zu seinem Gesprächsthema in Person und erkannte gerade noch, wie dieser seinen Kopf wegdrehte, um Alina in einen viel zu innigen Kuss zu ziehen.
Jeremy spürte ein schmerzhaftes Ziehen in seiner Brust, sah wieder zu Darvin. „Was kann ich tun, um ihm zu helfen?"
Er lächelte leicht, doch traurig. „Gar nichts. Er nimmt ja keine Hilfe an. Eigentlich kann er das auch nur selbst daraus schaffen, indem er endlich mal Eier beweist und allen die Wahrheit sagt. Dann wären all seine Probleme gelöst"
Die Jungs sahen Helen auf sie zulaufen und wechselten das Gesprächsthema bevor es auffällig wurde.
Helen umarmte ihren Bruder. „Na, wie war's mit Colben letzte Nacht?", fragte sie und wackelte wild mit den Augenbrauen.
„Toll", gab Jeremy begeistert zurück. „Wir haben es richtig wild und hemmungslos getrieben. Ja, er hat's mir besorgt wie ein Tier."
Helen stand der Mund weit offen und auch Darvin wusste nicht recht weiter, nur dass er hier mächtig Fehl am Platz war.
Jeremy konnte es nicht fassen und schüttelte seufzend den Kopf. „Nein, Leute, falscher Alarm. Wir haben nicht miteinander geschlafen oder sonstige unanständige Dinge getan. Und selbst wenn, wärst vor allem du die letzte, der ich das erzählen würde" Er zeigte auf seine Zwillingsschwester und tippte ihr dann mit dem Finger auf die Stirn.
Helen lachte leicht. „Okay, meinetwegen." Sie schien auch irgendwie erleichtert zu sein und Jeremy war sich sicher nun ganz gewiss nicht mehr von ihren neugierigen Fragen belästigt zu werden.
Er war froh, als sich das Thema von seinem nicht existierenden Sexleben zu den Mathehausaufgaben wandte, über die Helen und Darvin zu diskutieren begannen. Jeremy lachte darüber und erklärte ihnen den richtigen Rechenweg der Aufgabe, an der sie verzweifelt waren.
Für Helen war es echt ein Vorteil, dass ihr Zwillingsbruder in ihrem Kurs war, oder es könnte einer sein, wenn ihr Bruder auch mal zuhause wäre. Aber nein, er trieb sich ja lieber bei seinem Freund herum.
Nach der Pause fanden sich die Teilnehmer des Mathekurses in ihrem Raum ein.
Jeremy saß neben Helen, Elijah wie eigentlich immer ganz hinten an der Wand und Darvin mitten im Schwimmteam so dazwischen. Die Stunde verlief ganz gut, nur dass Elijahs Freunde oft ermahnt wurden. Das aber nicht von der Lehrerin, sondern von Elijah.
„Jetzt haltet endlich eure dummen Fressen!", knurrte er hörbar für alle in einer aggressiven Stimme.
Sie taten es und der Unterricht ging so ruhig weiter wie noch nie.
Hin und wieder, wenn es kein Anderer tat, meldete sich Jeremy. Er versuchte sich nicht von Elijahs Präsenz beeindrucken zu lassen. Solange das Klassenzimmer so voll war, funktionierte das auch noch ganz gut.
Anders war es aber, als die Stunde zu Ende war und Jeremy und Elijah nach vorne zur Lehrerin gebeten wurden.
Sie bekamen ihre Testergebnisse der letzten Arbeit und Jeremy freute sich über die 14 Punkte, während Elijah nur 5 vorzuweisen hatte.
„Wie stellen Sie sich das eigentlich mit Ihrem Abitur vor, Elijah?", fragte die Lehrerin seufzend.
„Hören Sie zu, ich hab gerade einfach andere Sachen im Kopf, okay? Ich bekomme das schon hin" Er unterschrieb den Test und gab ihn der Lehrerin zurück.
„Ich glaube Ihnen, dass es einen Grund für Ihre schleifenden Noten gibt, aber das ändert nichts an den Ergebnissen. Ich schlage Ihnen vor, schleunigst etwas zu ändern und dafür werden Sie sich Hilfe bei Jeremy suchen." Sie sah ihn lächelnd an und er hob überrascht die Augenbrauen.
„Was? Nein!", sagte er sofort.
Die Lehrerin sah ihn bittend an. „Sie brauchen doch eine Empfehlung für ihre gewünschte Jurauniversität oder?"
Oh jetzt schwang auch etwas Herausforderung in ihrer Stimme mit.
Jeremy nickte geschlagen.
„Na gut, dann bekommen sie diese. Vorausgesetzt, sie helfen Elijah dabei, seine Punkte wieder auf seinen Normaldurchschnitt von 12 zu heben"
Was?! Das war sein Durchschnitt?! So schlau sah er gar nicht aus...
„Ja schön", brummte Jeremy.
Das konnte was werden. Von 5 Punkten auf 12. Das klang doch nach Spaß.
Elijah stampfte aus dem Zimmer und Jeremy folgte ihm weniger aggressiv. Sobald er die Tür hinter sich schloss, drückt Elijah ihn daneben an die Wand.
„Wenn du ein Wort darüber verlierst, bist du tot", drohte er.
Jeremy seufzte. „Ich helfe dir nur beim Lernen, Elijah, das ist keine große Sache. Du musst echt mal lockerer werden. Von deinen Freunden bekommen doch auch alle Nachhilfe oder?"
Elijah dachte nach und nickte dann gezähmt.
„Also", meinte Jeremy und schob Elijah von sich weg.
Elijah schien etwas verwirrt davon zu sein, dass Jeremy sich nicht mehr so leicht einschüchtern ließ und wusste daher nicht recht, was er nun tun sollte. Ihn zu ärgern, wenn er sich nicht ärgern ließ machte 1. Keinen Spaß und ließ Elijah 2. als Idioten dastehen. Andererseits wollte er diese Aufmerksamkeit, die er von Jeremy nur bekam, wenn er ihn beleidigte oder verletzte... also was sollte Elijah jetzt tun?
„Kommst du?", fragte Jeremy, der nichts von den Gedanken des Größeren mitbekommen hatte, und deutete auffordernd zur Ausgangstür.
Ach ja, Schulschluss.
Seufzend folgte Elijah Jeremy nach draußen.
„Wirst du mich eigentlich für immer ignorieren?", wollte Jer von Elijah wissen.
Er antwortete nicht, sondern sah zähneknirschend zum Parkplatz, auf dem der große weiße BMW stand, den er kannte und hasste. Den Typ, der an der Fahrertür lehnte, hasste er aber noch mehr.
Er rauchte entspannt eine Zigarette und tippte gerade die Asche auf Boden, als er den Blick hob, neben Elijah sah und zu lächeln begann.
Elijah hörte ein Seufzen und sah zu Jeremy runter, der das gefakteste Lächeln aufsetzte, das er jemals gesehen hatte, und sich, als sie ihn erreichten, von Colben umarmten und küssen ließ.
Elijah drehte sich weg und unterdrückte seine Wut, indem er die Fingernägel in die Handflächen krallte. Der Schmerz half ihm, sich zu beruhigen.
„Ich wusste nicht, dass du mich heute abholst", hörte Elijah Jerry sagen und sah vorsichtig wieder zu dem nicht gern gesehenen Paar.
Der Kleine schob gerade die Hand des Größeren von seiner Schulter.
„Ich hatte halt Lust darauf, meinen Freund zu sehen. Was dagegen, dass ich dich vermisse, wenn du nicht bei mir bist?"
Colben wollte wohl romantisch sein, aber Elijah brachte es nur dazu, ein deutliches Würggeräusch zu machen.
Colben sah ihn genervt an. „Was willst du hier eigentlich?"
Elijah dachte sich einen Konter aus. Erst, als sein Blick auf Jeremy traf, fand er ihn.
Er zog den hübschen Jungen zu sich und legte einen Arm um ihn. „Ich will einfach nur, dass du aufhörst zu nerven. Dein Freund..." Er betonte es besonders. „...Und ich haben nämlich noch zu lernen. Nicht jeder kann es sich leisten nach der 10ten abzubrechen."
Colben schnaubte. „Ich wüsste nicht, warum Jeremy mit so jemandem wie dir lernen sollte"
„Das hat die Lehrerin so beschlossen", murmelte Jeremy kleinlaut und gab sich nicht mal die Mühe, Elijahs Arm loszuwerden, was diesen wiederum mit ungemein viel Genugtuung erfüllte.
Er grinste Colben einfach nur an und genoss es, seine Wut zu sehen. Das konnte er besonders gut. Andere provozieren.
„Na gut", brummte Colben dann. „Ruf mich an, wenn ich vorbeikommen oder dich irgendwo abholen soll." Er zog Jeremy wieder zu sich und küsste ihn innig, um Elijah zu beweisen, zu wem er gehörte.
Jeremy fühlte sich wie ein Auto. Ein Gegenstand, mit dem Männer beweisen wollen, wer den längsten hatte.
Er wolle nicht zwischen diesen beiden Alphamännchen stehen und er war erleichtert, als Colben endlich wieder ging.
Das hätte schon alles beweisen sollen.
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