8. Jaylin: Geheime Mission
Ich konnte nicht fassen, dass meine Eltern versuchten, mich für dumm zu verkaufen.
War doch klar, dass ich das nicht auf mir sitzen ließ.
An einem Abend, als sie aus waren und Chad gerade da war, um mir beim Umziehen und waschen zu helfen, nutzte ich die Gelegenheit.
Jeden Abend fragte er mich, ob ich noch etwas bräuchte, bevor er ging und heute war das erste Mal, dass ich bejahte.
Er wirkte überrascht, als ich ihn um einen Gefallen bat. „Worum geht es denn?"
Ich fuhr durch die Wohnung und er folgte mir. „Ich brauche ein paar Sachen, an die ich nicht rankomme"
Ich fuhr in das Zimmer meiner Eltern und Chad folgte mir.
Vor dem Schrank, auf dem die Kiste stand, an die ich wollte, hielt ich an.
„Holst du mir die da runter?" Ich zeigte auf die schwarze Kiste.
Chad sah mich misstrauisch an, tat es aber.
Er stellte sie auf meinem Schoß ab.
Ich entfernte den Deckel und sah hinein, doch das Album, das ich suchte, war nicht da.
„Okay doch die andere"
Er stellte die Kiste wieder hoch und gab mir die andere runter.
Ich fand das Bild, welches ich gemeint hatte im Album und grinste. Da war Stecher.
Es war ein altes Klassenfoto meiner Eltern, die beide auch darauf zu sehen waren. Daher kannte ich Stecher. Und meine Eltern kannten ihn auch, das hier war der Beweis. Doch wieso behaupteten sie dann das Gegenteil?
Ich nahm das Bild raus und ließ Chad den Karton wieder hochstellen.
„Danke, das war super hilfreich" Ich lächelte und ich meinte es sogar so.
Er fühlte sich unwohl. „Haben wir gerade in den Sachen deiner Eltern herum gewühlt?"
„Wir haben nicht gewühlt", sagte ich. „Ich wusste ja, was wir suchen. Und wenn sie nicht wollen, dass ich es sehe, dann sollen sie es wegsperren"
Ich hatte nicht den Hauch eines schlechten Gewissens. Wieso auch? Sie logen Stecher immerhin an und sie hatten versucht, mich zu verarschen, aber ich ließ mich nicht mehr verarschen. Ich war doch kein Schwächling, auf dem man herum trampeln konnte.
„Und was willst du jetzt mit dem Foto?", fragte Chad mich.
Er fühlte sich deutlich unwohl. Kein Wunder, meine Eltern bezahlten ihn immerhin, sie waren also seine Chefs, denn wenn es mach mir ging, würde ich keinen bezahlen, um mir zu helfen, selbst wenn ich wusste, dass es sinnvoll war. Immerhin brachte Chad mir auch bei, wie ich vieles trotz der Umstände selbst schaffen konnte.
„Rausfinden, wer dieser Typ ist" Ich zeigte auf Stecher, um seine Frage zu beantworten.
Chad nickte verstehend. „Dir ist aber klar, dass das Foto 20 Jahre alt ist oder?"
Ich nickte. „Schon. Deshalb wundert es mich so, dass ich ihn letztens gesehen habe und er noch genauso aussieht wie früher"
Chad zog die Augenbrauen hoch. „Genauso?"
Ich nickte. Wir kamen wieder in mein Zimmer und ich setzte mich vor den Computer.
Chad zog sich einen Stuhl heran.
Ich lachte leicht. „Bist du neugierig geworden?"
Er nickte. „Und ich kann dir helfen. Mein Dad ist Polizist, das weißt du. Ich kann mich in die Datenbank hacken und wir schauen mal, was es über diesen Typen so finden gibt"
Verdammt, seit meinem Unfall hatte ich nicht mehr so einen Nervenkitzel gehabt wie jetzt.
Ich machte Platz für Chad, der sich daran machte, auf den Tasten herum zu tippen.
„Kennst du seinen Namen?", fragte er konzentriert.
„Elijah. Weiter weiß ich nicht"
Chad seufzte. „Okay, das könnte schwer werden. Aber wir können ihn vielleicht über die Schule finden, auf der er mit deinen Eltern war." Chad wechselte auf die Schulwebside und wir sahen uns das Bild des Abschlussjahrganges meiner Eltern an.
„Das ist er doch?", meinte Chad nachdenklich und umkreiste mit der Maus sein Gesicht.
Ich nickte.
Unter dem Bild standen die Namen der darauf abgebildeten Schüler. Es gab nur einen Elijah. Elijah Cooper.
„Okay, mit dem Namen können wir schon viel mehr anfangen" Chad wechselte wieder auf die Polizeidatenbank und tippte herum.
Er gab nur ein Problem. Keiner namens Elijah Cooper war in dieser Stadt eingetragen. Dafür gab es einen anderen Bericht über ihn.
Chad klickte darauf.
Es war eine Vermisstenanzeige.
Von dem Jahr, indem meine Eltern ihren Abschluss gemacht hatten. Chad klickte darauf und wir lasen einen Bericht der Polizei.
Es ging um den Schüler Elijah Cooper, der am Abend des Abschlussballes verschwunden sein sollte. Es wurde eine Gewalttat vermutet, weil er hingegen der Akzeptanz der anderen Schüler mit seinem festen Freund Jeremy O'Cara zum Abschlussball gekommen war....
Ich schluckte hart.
Chad laß gerade dieselbe Stelle wie ich und wir schauten uns zeitgleich an.
„Das ist dein Dad oder?"
Ich nickte. „Gibt es mehr darüber?"
Chad klickte wieder weg und suchte weiter. Ich war aufgeregt und auch etwas nervös. Er klickte gerade auf einen Befund aus dem Krankenhaus, der auch etwas mit Elijah zu tun hatte, als wir die Tür zufallen hörten und dann Schritte, die immer näher kamen.
Hektisch klickte Chad die Fenster weg und schaltete den Computer ab.
Ich versteckte das Bild, das ich von Dad geklaut hatte, in meinem Schreibtisch und Chad und ich taten so, als hätten wir uns prächtig unterhalten, als die Tür plötzlich aufging und mein Dad im Zimmer stand.
„Oh ich wusste ja nicht, dass du noch hier bist", sagte er überrascht zu Chad.
Chad nickte. „Jay wollte heute Abend ein bisschen Gesellschaft. Ich rechne ihnen das natürlich nicht an, keine Sorge"
Mein Dad winkte ab. Er sah überrascht aus, aber positiv. „Ach was, ich würde dir alles Geld der Welt bezahlen, wenn es du dafür sorgst, dass Jaylin glücklich ist"
„Ich bin anwesend", brummte ich missgünstig und verschränkte die Arme.
Dad lachte leicht. „Okay, dann will ich euch mal nicht weiter stören. Aber macht nicht zu laut..."
Was dachte der denn, was wir vorhatten?!
„Ja, Dad, geh jetzt einfach", unterbrach ich ihn.
Er grinste nochmal sehr fett, bevor er ging und die Tür hinter sich schloss. Dann hörte ich ihn lachend davonlaufen.
Manchmal hasste ich ihn echt. Er war total peinlich.
Als ich zu Chad sah, begegnete ich seinem Grinsen.
„Was?!" Bissig sah ich ihn an.
„Er wird denken, wir haben etwas Unanständiges getan, so rot wie du grade bist"
Ich schlug ihm auf die Schulter, so fest ich konnte.
Mit einem „Au!", rieb er sich über die Stelle. „Kräftig bist du, das muss man dir lassen"
Ich schnaubte. „Ich bin halt nicht so ein Krüppel wie ich aussehe"
Chad sah mich warnend an.
Bevor er etwas sagte, winkte ich ab. „Du kannst jetzt gehen"
Er presste die Lippen zusammen. „Ich bin gerade als dein Freund hier und nicht als Angestellter deiner Eltern", sagte er angepisst.
Ich schnaubte „Du bist nicht mein Freund, Chad. Meine Eltern bezahlen dich, damit du mir hilfst und hätte ich die Wahl, würde ich ganz sicher keine Zeit mit dir verbringen."
Ich wusste, es war gemein und eigentlich meinte ich das gar nicht so. Ich mochte Chad echt, aber ich hasste es, was er war. Der Beweis für meine Unselbständigkeit.
„Wenn du meinst" Er stand auf und ging Richtung Tür, versuchte gar nicht seine Verletzung zu verbergen, aber hatte auch keine Lust auf weitere Diskussionen. „Ruf an, wenn du was brauchst"
Dann ging er und ich seufzte schwer.
Chad hatte Recht. Wir waren Freunde. Er war eigentlich der einzige Freund, den ich noch hatte. Aber er war auch mein Pfleger und er wusste, wie schwach ich war, deshalb wollte ich ihn nicht zu nah an mich heran lassen.
Aber irgendwie vertraute ich ihm auch, immerhin erlebte er mich in meinen schwächsten Momenten. Er war der einzige, bei dem ich das zuließ.
Vermutlich sollte ich mich bei ihm entschuldigen.
Mein Rollstuhl war keine Freikarte dafür, mich wie ein Arschloch zu benehmen, doch leider schien es genauso.
Exakt das wollte ich nicht. Ich wollte normal sein. Ein normales Leben haben. Eine normale Familie. Aber dafür musste ich rausfinden, was es mit diesem Elijah und meinen Eltern auf sich hatte.
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