5. Austin: Elijah
Ich war müde. Richtig müde.
Mein Traum letzte Nacht war so richtig seltsam gewesen. Ich hatte jemanden immer wieder Elijah schreien hören. Es war immer verzweifelter geworden und irgendwie hatte ich mich angesprochen gefühlt. Das hatte mir nicht wirklich einen friedlichen Schlaf beschert.
Nach einer ausgiebigen Dusche wurde es schon etwas besser. Ich machte mich fertig, damit ich mich bei den anderen blicken lassen konnte, und schlürfte in die Küche.
Charlie und Boris saßen schon am Esstisch und zu meiner Überraschung auch Silas.
Ich ging zu ihm rüber und wuschelte einmal durch seine Haare. „Hei, Frau Königin."
Silas schlug brummend meine Hand weg. Aua.
„Du sollst mich nicht so nennen", meinte er, ehe er aufstand und mich kurz umarmte. „Aber trotzdem schön, dich wieder zu sehen."
Ich klopfte ihm ein paar Mal auf den Rücken.
Als er mich wieder losließ und sich hinsetzte, machte ich mir in der Küche einen Blutshake, ehe ich mich zu den anderen setzte.
„Gibt's was Neues?", fragte ich Silas.
Er trank einen Schluck von seinem Kaffee und nickte währenddessen. „Raphael hat sich in den Kopf gesetzt, dass wir Kinder machen sollten"
Ich zog verwirrt die Augenbrauen zusammen. „Klär mich auf"
Er seufzte. „Er will Mara fragen, ob sie die Leihmutter gibt und sie künstlich befruchten lassen. So hätte das Kind was von ihm, aber was von mir, weil sie ja meine Schwester ist. Ich weiß nicht, was ich davon halten soll, wenn ich ehrlich bin. Außerdem ist es noch viel zu früh für Kinder. Ich bin 22 und er auch erst 24. Da schafft man sich doch keine Kinder an. Mal ganz abgesehen davon haben wir mit der andern Sache genug zu tun. Raphael will nicht so wirklich König werden, weil ihm das zu viel Verantwortung ist." Vielsagend sah er uns an.
„Aber dann Kinder?", fragte Boris verwirrt.
Silas nickte. „Genau das hab ich mir auch gedacht. Er spinnt, wenn ihr mich fragt, einfach komplett."
„Das hab ich gehört" Und schon stand er im Raum.
Ich erwartete eine Ansage, doch er sah nicht mal wütend aus oder so, sondern begrüßte uns alle der Reihe nach, ehe er sich neben mich setzte.
Toll jetzt befand ich mich im Schlachtfeld zwischen Silas und ihm. Das konnte gefährlich werden.
„Tu mir den Gefallen und besprich unsere Probleme nicht immer sofort mit allen anderen. Du kannst dich gleich an einen Nachrichtensender wenden, damit es die ganze Welt weiß" Raphael sagte das, als sei es total nebensächlich, während er sich einen von Boris' Pfannkuchen nahm und dessen empörten Blick ignorierend das Teil aß.
„Dann tu du mir den Gefallen und werde vernünftig. Du hörst mir ja nicht zu, wenn ich dir was sage. Sie schon"
Ich lehnte mich zurück, damit Kian Silas ansehen konnte und wollte am liebsten einfach unter den Tisch kriechen und flüchten.
„Dann solltest du vielleicht einen von ihnen heiraten." Er schlug mir auf die Schulter. „Wie wärs mit Austin, gefällt er dir, mh? Willst du mit ihm Kinder?"
Silas stöhnte gerenvt. „Es geht doch nicht um dich, sondern um die Tatsache, dass ich einfach zu jung für Kinder bin. Es ist nicht der richtige Zeitpunkt für sowas. Irgendwann will nicht natürlich Kinder mit dir, Raphael, aber nicht jetzt. Dich überfordert ja der Thron schon total. Wie soll denn das mit so kleinen Rackern werden? Oder erwartest du von mir, dass ich die Mami spiele? Da hast du dich geschnitten" Silas erhob sich und machte einen Abgang.
„Ach und bevor ich es vergesse:", rief er, als er schon weiter weg war. Aber wir alle hörten ihn. „Letzte Nacht warst du scheiße!"
Er knallte die Tür zu, sodass ich leicht zusammen zuckte.
„Du warst scheißer!", brüllte Raphael zurück und verschränkte dann trotzig die Arme.
Die Stimmung war angespannt. Wir alle wollten etwas sagen, doch keiner traute sich so wirklich.
Wie zu erwarten fand Charlie als erster seine Eier wieder. „Er hat Recht, Raphael. Euer Verhalten beweist doch, dass ihr noch viel zu jung für Kinder seit..."
„Du hattest mit 20 3 Kinder, Charlie, vergiss das nicht", meinte Boris hinweisend.
„Ja", seufzte Charlie. „Aber das waren andere Zeiten. Heutzutage lässt man sich für sowas Zeit. Ihr werdet doch ohnehin immer zusammenbleiben, also wieso machst du ihm so einen Druck, mh?", fragte Charlie Kian.
Er seufzte. „Weißt du, alles dreht sich nur noch um diesen scheiß Thorn und darum, dass ich bald König werden soll. Ich wollte einfach... Ich weiß nicht. Ich will auch was haben, worauf ich mich freuen kann. Wenn ich an meine Zukunft denke, habe ich Angst, Leute. Ich kann so vieles falsch machen und so viele Leute mitreinziehen, die durch meine Fehler zu schaden kommen werden. Aber eine Familie mit Silas wäre etwas, das mich nicht unter Druck setzt, sondern einfach glücklich macht. Außerdem..." Er seufzte schwer, als er auf die Tischplatte sah. „Silas hat Recht. Er ist noch viel zu jung für diesen Scheiß. Andere in seinem Alter sind noch total unbeschwert und er wird von all meinen Sorgen belastet, weil er automatisch mit mir König werden wird. Ich will ihm einen Grund geben, mich nicht zu verlassen, wenn es ihm zu viel wird."
Danach war es still.
Ich legte die Hand auf seine Schulter und drückte leicht zu, damit er wusste, dass ich immer hinter ihm stand.
„Denkst du echt, er könnte dich verlassen?" Boris klang ungläubig als er das sagte, in einem Ton, der Raphael für komplett bescheuert erklärte.
„Dieser Kerl liebt dich unglaublich, schon seit eurer ersten Begegnung. Er kann doch gar nicht ohne dich. Aber so wie du dich grade benimmst, machst du es ihm echt verdammt schwer. Versuch doch mal Silas zu verstehen. Vor 5 Jahren waren wir noch ganz normale Jungs, dann erfahren wir von unserem Jägerblut und ein Scheiß nach dem anderen passiert. Es hat sich so viel verändert und es wird immer mehr. Silas braucht mal eine Konstante, wenn auch nur für kurze Zeit. Mal ganz abgesehen davon werdet ihr noch wengier Zeit füreinander haben, wenn ihr Kinder habt, das ist dir doch klar oder?"
Wow, er konnte ja richtig vernünftig sein.
Boris war der, der sich am besten in seinen Cousin hineinversetzen konnte. Er war immerhin in einer ähnlichen Situation. Und alles, was er da sagte, ergab auch irgendwo Sinn für mich.
Raphael nickte nach einer Weile leicht. „Du hast recht"
„Natürlich hab ich das, ich bin Boris", meinte er eingebildet grinsend. „Und jetzt geh zu ihm und mach ihm klar, dass ihr mit den Kindern noch ein paar Jährchen wartet. Sag ihm, warum du es so eilig hast und er wird zurück nehmen, was er über deine Leitung gesagt hat" Dabei zwinkterte Boris und Raphael lächelte wieder leicht. „Danke"
Dann verschwand er wieder und ließ uns seufzend zurück.
„Das war ziemlich erwachsen von dir", meinte Charlie, als er die Hand auf Boris Arm legte.
„Tja, ich bin halt vielseitig. Das solltest du langsam wissen. Und nur, falls dir auch so eine bescheuerte Idee kommt wie Raphael: Ich will keine Kinder. Zumindest jetzt noch nicht."
Charlie lachte leicht, als er Boris verliebt ansah.
Und da war es wieder. Dieses Gefühl, total überflüssig zu sein...
„Du bist selbst noch ein Kind, Boris. Es wäre grob fahrlässig, dir Verantwortung zu übertragen"
Boris kniff die Augen zusammen, schien sich einen Konter auszudenken, doch er wusste genauso gut wie alle anderen, dass dieser nicht kommen würde. Schließlich ließ er den bösen Blick sein und lachte stattdessen wieder. „Da stimme ich dir vollkommen zu"
Als sie sich zueinander lehnten, um sich zu küssen, tat ich so, als würde ich an einem Husten ersticken.
„Halt die Fresse, Elijah", knurrte Boris mir nebenbei zu, während er Charlie provozierend leidenschaftlich küsste.
Zuerst war mir nicht mal bewusst, was er da gerade gesagt hatte, bis sich die Stimme von Rollis Vater in meinen Gedanken wiederholte und ich sie als die aus meinem Traum identifizierte.
„Was hast du gesagt?", hauchte ich in dem Moment.
Boris löste sich von Charlie. „Dass du die Fresse halten sollst"
Ich schüttelte den Kopf. „Du hast mich Elijah genannt"
Boris zog verwirrt die Augenbrauen zusammen und sah Charlie fragend an, der mich kurz musterte und dann wieder Boris.
„Gestern im Schlaf hast du auch Elijah gesagt", meinte er.
Wir tauschten verwirrte Blicke aus.
„Was hat das zu bedeuten?", fragte ich die Jungs.
Boris schüttelte mit dem Kopf. „Ich weiß es nicht, Austin. Ich kenne eigentlich keinen Elijah..."
Ich erzählte Charlie von der Sache mit Rolli und seinem Vater.
Er hörte aufmerksam zu und gab mir schließlich den ausschlaggebenden Tipp. „Geh nochmal dahin und frag, wieso er dich so genannt hat. Er scheint dich zu kennen"
„Aber ich kenne ihn nicht", sagte ich verwirrt.
Charlie nickte. „Ich meine auch nicht dein jetziges Ich. Vielleicht kennt er dich von Früher. Vor deinem Tod."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top