27. Austin: Tanz
Nach Jays Auftritt kamen total viele Leute zu uns hoch. Sie standen sogar Schlange, nur um mit ihm zu reden. Ein paar erkannten ihn wohl aus einer alten Band, was ich aus den Gesprächen raushörte. Er saß mittlerweile leider auch wieder in seinem Rollstuhl. Aber gerade wirkte es eher wie ein Thron.
Ich sah ihm an, wie gut er sich fühlte. So erleichtert.
Ich saß eigentlich die ganze Zeit neben ihm, auch als die anderen Tanzen oder sich mit irgendwem unterhalten gingen. Die Leute, die unbedingt mit Jay reden wollten, wurden irgendwann auch immer weniger und ich war erleichtert als keiner mehr von ihnen kam, da ich Jayjay somit ganz für mich alleine hatte.
Er atmete tief durch und sah mich lächelnd an. „Ich glaube, das ist der beste Abend meines Lebens" Als er das sagte, legte er die Hand auf meine.
Ich lächelte, doch nochmal traute ich mich nicht, meine Finger zwischen seine zu schieben, obwohl ich das echt gerne wollte. Aber vielleicht konnte ich ja anders körperliche Nähe aufbauen...
„Dann sollten wir ihn auskosten und tanzen", schlug ich vor.
Jays Glück verschwand, wandelte sich in Enttäuschung um. „Du hast keine Ahnung, wie gerne ich mit dir tanzen würde, Austin."
„Dann lass uns gehen"
Er sah mich an als sei ich komplett verblödet.
Ich seufzte. „Ich weiß schon, wie wir das machen. Du vertraust mir doch oder?"
Er musterte erst mein ganzes Gesicht, ehe er zaghaft nickte.
Ich stand glücklich auf. „Also, dann los geht's"
Ich hielt ihm die Hand hin. Verwirrt legte er seine in meine.
Mit einem Ruck zog ich ihn hoch und hielt ihn fest, sodass sein Körper an meinen gepresst wurde und ich ihn tragen konnte.
„Wie genau stellst du dir das jetzt vor?", fragte er mich misstrauisch, als wir im Lift standen und er auf die Tanzfläche sah, wo sich die Leute tummelten.
„Warte es ab", grinste ich.
Ich trug ihn durch die Menge, in mitten der Leute und dann sorgte ich dafür, dass seine Füße sich auf meinen befanden und hielt ihn am unteren Rücken fest an mich gepresst.
„Du musst dich aber etwas festhalten", meinte ich und legte seine Arme einen nach dem anderen um meinen Nacken.
Er schluckte merklich, doch tat, was ich ihm gesagt hatte.
Nun sah es einfach so aus, als hätten wir einen romantischen Tanz miteinander, wenn man mal davon absah, dass sich seine Beine nur rührten, weil meine es taten.
Ich bewegte mich nur langsam, so als würde eine total langsame Musik spielen und strich auch mal über seinen Rücken.
Ich spürte seinen schnellen Herzschlag, dort, wo seine Brust genau an meiner war und lächelte ihn an.
„Kann es sein, dass du ein bisschen aufgeregt bist?"
„Davon kannst du träumen", gab er bissig zurück und wich meinem Blick aus.
Ich lachte leicht und streichelte ihm beruhigend über das Steißbein. „Für mich ist das auch neu, Jayjay. Aber ich finde es schön, dass du uns das zusammen erleben lässt"
Er schnaubte voller ironischer Belustigung. „Was? Mit einem Behinderten zu tanzen? Sehr toll wirklich."
„Was soll das denn jetzt? Fühlst du dich unwohl?"
Irgendwie verletzte mich seine Art gerade, obwohl ich ja wusste, wie er manchmal sein konnte. Es enttäuschte mich, dass er das nicht so zu genießen schien wie ich. Dass er sich nicht so sah, wie ich es tat. Aber er beruhigte sich relativ schnell wieder, als er mir das ansah.
„Nein, das nicht. Aber ich will auch nicht, dass du dich unwohl fühlst. Hier gibt es so viele hübsche Mädchen und bei den Jungs wäre bestimmt auch was für dich dabei. Du würdest bestimmt viel lieber mit denen richtig tanzen als so mit mir"
Er murmelte das nur, so als fiel es ihm richtig schwer, das auszusprechen.
Natürlich konnte ich nachvollziehen, wie er auf diesen Punkt kam, mir ginge es in seiner Lage wahrscheinlich nicht anders, aber irgendwie verstand ich es auch nicht.
„Warum sollte ich mit irgendwem tanzen wollen, wenn ich die Möglichkeit habe, es mit dir zu tun? Ich glaube, du unterschätzt deine Wirkung auf mich, Jay"
Sein Blick war überrascht und, wenn ich ehrlich war, hätte ich selbst nicht erwartet, dass ich sowas sagen würde.
Er gab nichts mehr zurück, sondern umarmte meinen Nacken fester und legte die Wange auf meine Schulter.
Ich neigte meinen Kopf, sodass er an seinem lehnte, und hielt seinen Körper an meinem fest.
Die Leute um uns herum hüpften wild herum und rieben energisch ihre Körper aneinander, aber wie vorhin, als Jay gesungen hatte, schien uns nun eine goldene Kugel zu umgeben, die uns von den anderen abschottete und uns Wärme und Zuflucht bot.
Er seufzte leicht und drehte die Haare an meinem Hinterkopf durch seine Finger zu leichten Locken.
Am liebsten würde ich gerade mit ihm zu einer Person verschmelzen.
Warum? Keine Ahnung, irgendwie fühlte es sich so an, als würde er einfach zu mir gehören. Er musste bei mir sein. Als ein Teil von mir.
Ich bekam in meiner Kugel mit Jay gar nicht mit, wie die Zeit um uns herum verging, bis es langsam etwas leerer wurde und die Musik langsamer. So allmählich passte unser Tempo zu der Musik und um unser herum registrierte ich immer mehr Pärchen, die tanzten.
So zum Beispiel Charlie und Boris, die das aber eher nutzten, um rum zumachen, oder Raphael und Silas, sie sich im Arm hielten, beide die Augen geschlossen hatten und vor sich hin grinsten.
Chad und seine Freundin entdeckte ich nicht. Wahrscheinlich trieben sie es gerade auf der Toilette oder so. Eigentlich war es mir egal, solange ihm dabei nichts passierte.
Die Leute, die mir am Herzen lagen, schienen glücklich zu sein und jetzt war es an der Zeit, dass ich es ebenfalls werde. Sowie Jay auch. Wieso also nicht zusammen?
Ich bemerkte, wie Jay schwerer wurde und er sich immer weniger festhielt.
„Hei", ich strich ihm über den Rücken und sah besorgt zu ihm.
Was ich dann erblickte war die Verkörperung von Niedlichkeit.
Jays Kopf lag auf meiner Schulter, die Haare hingen ihm in die Stirn, sein Mund war leicht geöffnet, seine Augen geschlossen.
Er schlummerte vor sich hin, doch hielt sich noch leicht an mir fest.
Ich konnte es mir nicht verkneifen, ihm die Stirn zu küssen, ehe ich seine Beine hoch nahm und ihn wie eine Prinzessin über die Tanzfläche trug.
Ich gab einem der Security-Mitglieder bescheid, dass er Boris, wenn er mit Charlie fertig war, mitteilen sollte, dass Jay und ich zuhause waren und sie sich ruhig Zeit lassen sollten.
Dann nahm ich Jay mit zu mir Nachhause.
Er wurde mit der Zeit ziemlich schwer, weil er erstens nicht wirklich klein war, zweitens schlief und ich drittens eigentlich keine besondere übermenschliche Stärke hatte.
Charlie und Raphael ja, aber die Kraft, die ich aus meinem Blut zehrte, war die der Heilung und Schmerzlinderung, nicht der Stärke.
Daher war ich ziemlich erleichtert, als ich Jay in meinem Bett ablegen konnte.
Ich schüttelte erstmal meine Arme aus. Naja, als Training war das ziemlich gut.
Ich zog Jay die Hose runter, wobei ich mich ein bisschen wie ein Perverser fühlte, weil ich das mehr genoss als ich es sollte und vorsichtig das Shirt aus.
Er meinte ja, dass er so schlief, wenn ihm warm war und ich würde ihn auch noch zudenken, sodass er das dann selbst entscheiden konnte.
Ich selbst zog mich auch bis auf die Unterwäsche aus, ehe ich mich zu ihm legte und uns zudeckte.
Jay lächelte im Schlaf und drehte seinen Oberkörper zu mir. Seine Beine blieben liegen.
Seufzend griff ich nach einem seiner Beine und legte es über mich, sodass er auf der Seite lag und sich an mich schmiegen konnte, was er auch tat. Er wirkte dabei so zufrieden, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Ich schob meinen Arm unter seinem Kopf durch, damit ich ihm den Rücken streicheln konnte und war selbst mehr als zufriedengestellt.
Das fühlte sich alles so gut an. Schade nur, dass er das nicht bewusst machte. Ich meine, er war nicht wie ich. Er stand nicht auf Männer. Er brauchte einfach nur einen guten Freund und der wollte ich für ihn sein. Ich wollte alles für ihn sein, solange es ihm half.
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