24. Austin: Club

„Heiii!" Schon von Weitem sah ich Boris am Eingang winken. Charlie, Raphael und Silas standen neben ihm und unterhielten sich. Man sah die Schlange, die sich bis hinter eine Ecke zum richtigen Eingang erstreckte.

Als Chad, Jay und ich bei meinen Freunden ankamen, begrüßten sie sich. Boris schien es nichts auszumachen, dass ich zu Chad auch noch Jay mitgebracht hatte, im Gegenteil er freute sich. „Schön, dich wiederzusehen, Kleiner. Ich dachte schon, er hätte dich auf ewig vergrault" Er klopfte mir auf die Schulter, während er Jay anlächelte.

Dieser zuckte mit den Schultern. „Er ist plötzlich bei meinem Dad auf dem Sofa gesessen. Und er hatte ja Recht, was unseren Streit anging"

Beim letzten Satz sah er hoch zu mir, entschuldigend und mit dem Wunsch nach Versöhnung.
Ich fasste zu seiner Schulter und drückte sie leicht, lächelte und nickte bestätigend, um ihm zu signalisieren, dass ich froh darüber war, ihn nicht vertrieben zu haben.

„Okay, dann wollen wir mal" Boris klatschte in die Hände und sperrte mit seinem Schlüssel den Hintereingang auf.

Wir hörten schon die Musik von drinnen und folgten den Anderen durch die Tür. Weil wir von hinten kamen, waren wir schon auf den Erhöhungen die sich wie Tribünen an der Außenwand der Bar entlang streckten. Nach unten waren es ca. 2 Meter zur Tanzfläche, auf der sich die Leute schon tummelten. Unter dem Plateau, auf Höhe der Tanzfläche, umgab diese eine durchgehende Theke, an der ausgeschenkt wurde. Auch auf unserer Ebene konnte man etwas zu trinken bekommen und wenn man Essen wollte, musste man noch eine nach oben gehen. Es gab insgesamt 4 dieser Ebenen, von denen aus man nach unten auf die Tanzfläche sehen konnte.

Als Boris das Gebäude gekauft hatte, hatte er die Stockwerke wegsprengen lassen, um die Bar so zu bekommen, wie er es wollte. Ich war schon seit meinem ersten Mal hier fasziniert davon, obwohl damals noch gar nichts gelaufen war.

Zwar hatte Boris genügend Geld gehabt, um die Arbeiter zu bezahlen, doch er hatte auch selbst mit bauen wollen und wir hatten ihm geholfen, sodass hier das Herz und der Schweiß von uns allen drin steckte. Es hatte sich ausgezahlt, denn der Club war innerhalb von 4 Jahren zu einer der Hotspots der Stadt geworden.

Warum? Aus demselben Grund, weshalb Jay sich so geschockt umsah. Es war einfach der Wahnsinn. Jede Ebene leuchtete in einer anderen Farbe, während der Boden ganz unten alle mit sich vereinte und abwechselnd aufleuchtete. Er reagierte auf die Berührungen der Menschen, die darauf tanzten, was eine von Boris' besten Ideen gewesen war.

„Und das ist echt dein Club?", fragte Jay geschockt an Boris gewandt.

Er nickte und grinste stolz. „Eigentlich wollte ich erstmal nur etwas, in dem Vampire und Menschen zusammen feiern können, wo alle versorgt werden und sich wohlfühlen und dann hatte ich immer mehr Ideen und jetzt ist das draus geworden."

Jay nickte verstehend und sah sich weiter um.
Wir konnten gut nach unten sehen, wo einfach alles vertreten war. Menschen, Vampire, alle Arten davon. Schwarz, weiß, groß, klein, männlich, weiblich, hetero, homo, trans und so weiter.

In Boris' Club waren wir gemeinsam Außenseiter. Er machte es zu einem Trend, anders zu sein. Deshalb hatte Jay sich wegen gar nichts sorgen machen müssen. Er war wahrscheinlich noch der "normalste" hier drin.

„Also ich würde sagen, wir gehen hoch, da ist es etwas ruhiger", schlug Boris vor.

Wir folgten ihm zum Glaslift, der uns hoch auf die oberste Ebene fuhr. Hier war der Boden mit Schalldämpfern ausgestattet und es waren keine Boxen angebracht, sodass man die Musik von unten zwar hörte, aber die Lautstärke nicht vernichtend war.
Vor allem für Leute wie Charlie war das hier die angenehmste Ebene, weil er ein vielfach besseres Gehör hatte als wir und es für ihn wohl gerade so laut war wie für uns direkt neben einer Box.

„Hier, Schatz" Boris hielt seinem Freund extra angefertigte Klappen für seine Ohren hin, die dafür sorgten, dass man regeln konnte, wie viel von der Musik ans Ohr drang.

Vor allem für Vampire hatte Boris das entwickeln lassen, aber auch Menschen, die das Feiern gewohnt waren konnten so ihr Gehör schützen.

Charlie lächelte dankbar, setzte die Klappen auf und sah erleichtert aus.
Boris erklärte Jay, wozu die Klappen da waren und fragte ihn, ob er auch welche wollte.

Er schüttelte den Kopf.

Boris teilte die Klappen für den Aufenthalt in seinem Club für umsonst aus, doch wenn man sie mitnehmen wollte, musste man richtig blechen. Kein Wunder, das Zeug entwickeln zu lassen hatte ein Schweine Geld gekostet, aber Boris' Familie war nun mal steinreich und Charlie hatte in seinen über 800 Lebensjahren auch ein großes Vermögen angehäuft, obwohl er das nicht gerne zugab.

Meine Freunde und ich setzten uns an einen Tisch, von dem aus wir nach unten sehen konnten und ließen uns erst mal eine Runde Shots bringen.

Chad und Jay schwärmten miteinander über den Club und ich beobachtete den braunhaarigen Schönling lächelnd.

„Pass auf, dass du nicht sabberst", flüsterte Silas mir zu und stieß mir leicht den Ellbogen in die Seite.
Ich sah ihn an.
Er hielt Händchen mit Raphael, die beiden sahen glücklich aus, also war bei ihnen wohl alles wieder geklärt.

Ich freute mich für sie, aber es ging mir auf die Nerven, dass sie mich immer aufziehen mussten. Ich konnte ja auch nichts dafür...

„Lass mich doch", meinte ich beleidigt.
Silas kicherte, legte mir freundschaftlich den Arm um die Schultern. „Natürlich lasse ich dich. Ich meine ja nur. Und im Gegensatz zu Boris finde ich die Vorstellung von dir und dem Kleinen ganz süß. Er ist niedlich und du stehst doch auf niedlich"

Ich musste leicht lachen. „Dann kann ich mir auch einen Welpen zulegen"
Silas stimmte mit ein.

Es hatte mir gefehlt, mal wieder mit den Jungs auszugehen, als Freunde und da ich nun nicht mehr der einzige Single war, fühlte sich das schon viel besser an.

Nach kurzer Zeit würde Boris von einem der Securitymänner angetippt und es wurde ihm etwas mitgeteilt.
Boris nickte verstehend, stand auf und nahm Chad mit nach unten.

Keine Ahnung, was jetzt los war. Ich wusste nur, dass jetzt ein Platz neben Jay frei war und ich die Gelegenheit nutzte, mich zu ihm zu setzen.

Er sah interessiert nach unten, also legte ich die Hand auf seinen Oberschenkel, um seine Aufmerksamkeit zu bekommen. Aber er spürte es nicht.

Ich war so hohl manchmal!

Ich konnte froh sein, dass er es nicht mitbekommen hatte, sonst wäre die Stimmung schon wieder im Eimer.

Ich versuchte es nochmal mit seinem Oberarm.
Er drehte sich zu mir und lächelte. Er sah total begeistert aus. „Es war eine gute Entscheidung, dir zu vertrauen. Danke"

Ich lachte leicht. „Wieso bedankst du dich?"

Jetzt war es Jay, der seine Hand auf meinen Oberschenkel legte. Aber ich spürte es. Ich spürte es sehr.
Es fühlte sich an, als würde die Sonne direkt auf meinen Körper scheinen, aber nicht, um mich zu verbrennen, sondern mich in ihrer wohligen Wärme einzuhüllen und mir Sicherheit zu geben.

„Dafür, dass du mich nicht enttäuscht hast", meinte Jay.

Dieser Satz machte mich irgendwie traurig.
Wie automatisch legte sich meine Hand auf seine und ich strich leicht seinen Unterarm auf und ab.

„Das mit dem Heilen..."

Er sah schon so aus, als wollte er mich unterbrechen, aber ich wollte diesen Satz unbedingt zu Ende sprechen und bat ihn mit einem Blick, es mich tun zu lassen, bevor ich den Mut verlor.

„... Es tut mir wahnsinnig leid, dass wir da so aneinander geraten sind. Du hattest Recht, ich hab mich einfach zu wenig in deine Situation hineinversetzt. Und ich bin davon überzeugt, du hast es dir verdient, dass ich es wenigstens versuche. Die Entscheidung liegt bei dir, aber nur unter der Bedingung, dass du schwörst, mich nicht zu hassen, egal was passiert." Mein Blick war flehend, während seiner zunächst überrascht und dann erfreut war.

Er streckte sich stürmisch zu mir, sodass sein Rollstuhl fast umkippte und fiel mir um den Hals.

Zuerst überfordert, dann glücklich erwiderte ich die Umarmung und ließ mein Gesicht in seine Halsbeuge gleiten.

Scheiße, das fühlte sich viel zu gut an. Und er roch so gut!

Leider wollte er sich wieder von mir lösen und so musste ich auch ihn loslassen.

Er strahlte mich trotzdem unglaublich glücklich an. „Du hast keine Ahnung, wie viel mir das bedeutet, Austin."

Ich lächelte bloß und hoffte einfach,  diese Worte waren kein Fehler gewesen.

Mir war klar, dass ich mit seinem Vater besprochen hatte, es nicht zu tun, aber in diesem Moment war es mir einfach so richtig vorgekommen. Und wenn ich die Wahl hätte, zwischen Jeremy und Jaylin würde ich mich jederzeit für Jayjay entscheiden.

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