Ich will mich outen|| FieteGHG
Shipping: BastiGHG x Fiete Arp
Genre: Drama, Romantic, Angst (so ein ganz kleines Bisschen)
Triggerwarnungen: Alkoholkonsum, Erwähnungen von Queerfeindlichkeit
-Basti-
Ich wälzte mich unruhig in meinem Bett hin und her. Wie lange versuchte ich nun schon vergeblich, endlich einzuschlafen? Wahrscheinlich locker eine Stunde.
Ich war mir sicher, dass mittlerweile schon der nächste Tag angebrochen sein musste. Das war's dann wohl auch mal wieder mit früher schlafen gehen. Und ich hatte extra noch früher gestreamt, mit der Absicht, in Endsumme früher schlafen zu können.
Draußen prasselte ununterbrochen der Regen gegen die Jalousien. Normalerweise hätte dieses Geräusch vermutlich eine beruhigende Wirkung auf mich gehabt und mich irgendwann eingelullt, doch am heutigen Tag bewirkte auch das nichts.
Ich griff auf meinen Nachttisch. Jetzt, wo ich das Schlafen vermutlich eh vergessen konnte, konnte ich wenigstens mal wieder etwas lesen. Es machte mir wirklich Spaß zu lesen -ich liebte es schon immer, mir Personen, ihre Geschichten, ihre Gedanken und ihre ganze Welt vorzustellen- doch in den letzten Jahren war ich dank des Streamens viel zu selten dazu gekommen.
Nachdem ich erst vor ein paar Wochen ein Buch, welches ich mir schon Ewigkeiten gewünscht hatte, geschenkt bekommen hatte, beschloss ich nun, endlich ein wenig zu lesen. Möglicherweise half es mir sogar, ein wenig runter zu kommen, sodass ich besser schlafen konnte.
Ich richtete mich halb auf und schlug die erste Seite des Buches vor mir auf. Bei dem Gedanken an denjenigen, der mir das Buch geschenkt hatte, schlich sich ein Lächeln auf meine Lippen. Mein Bauch kribbelte leicht, als ich an sein warmes Lächeln, das Leuchten in seinen blauen Augen und seine etwas längeren blonden Locken dachte. Mir wurde wieder einmal mehr bewusst, wie sehr ich meinen Freund und seine Nähe eigentlich vermisste. Wir hatten zwar erst in der vorigen Nacht gemeinsam Rocket League im Stream gespielt, doch es war nicht das Selbe, wie sich persönlich zu treffen. Zuletzt hatten Fiete und ich uns vor drei Wochen für drei Tage bei ihm getroffen. Es war erst das dritte Mal, dass wir uns persönlich getroffen hatten und für uns beide viel zu kurz, aber wir führten auch erst seit vier Monaten eine Beziehung. Und Aufgrund unserer beiden Berufe fand sich nun mal selten die nötige Zeit.
Bis jetzt wusste, bis auf meine Eltern und wenige Freunde, -aus meinem Freundeskreis nur Kevin und aus seinem Freundeskreis Finn Porath und Lewis Holtby- weder aus meinem, noch aus seinem Umfeld irgendjemand von uns beiden und so schnell würde sich das vermutlich auch nicht ändern. Erstens war es nicht nötig, da es einfach niemanden, den wir nicht kannten etwas anging, was wir füreinander fühlten und zweitens, weil es vermutlich vor allem ihm in seiner Karriere extrem schaden würde. Klar, die Welt war toleranter geworden und es würde einige geben, die unsere Beziehung unterstützen würden, trotzdem gab es immer noch genug Menschen da draußen, die es genau auf Menschen wie uns abgesehen hatten und ich könnte es mir nie verzeihen können, wenn Fiete wegen mir seine Karriere an den Nagel hängen müsste. Ich wusste, wie homophob die gesamte Fußball-Branche nach wie vor war -was im Jahr 2024 schon echt traurig war- und ich wollte auf keinen Fall, dass der Mensch, den ich so sehr liebte irgendwelchen queerfeindlichen Arschlöchern zum Opfer fiel. Und er wollte nicht, dass ich am Ende in etwas mit hineingezogen wurde.
Das war noch ein Punkt- würde man über unsere Beziehung erfahren, würde ich vermutlich auch die Anonymität, welche ich mir über so viele Jahre lang erfolgreich aufrechterhalten hatte, verlieren.
Tatsächlich konnte ich mich länger als zehn Minuten auf die Handlung des Buches konzentrieren und ehrlich, bereits nach den ersten Seiten war die Geschichte wahnsinnig fesselnd. Fasziniert nahm ich jedes einzelne Wort in mir auf und in meinem Kopf bildete sich ein Bild der Welt, von der erzählt wurde. Es war faszinierend. Ich liebte es, durch auf Papier niedergeschriebe in komplett fremde Welten einzutauchen, welche ein anderer geschaffen hatte und von denen trotzdem jeder eine eigene Vorstellung hatte.
Langsam merkte ich, wie mich endlich das altbekannte Gefühl der Ruhe und der Müdigkeit überkam. Herzhaft gähnend streckte ich mich, dann knickte ich einen kleinen Teil der Seite ab und klappre das Buch zu. Ich legte es auf dem Nachttisch ab und knipste die kleine Lampe, welche darauf stand, aus.
Müde ließ ich mich in mein Kissen zurücksinken und kuschelte mich in die Bettdecke ein.
Langsam wurden meine Augenlider schwer und mein Geist driftete immer mehr in Richtung Traumwelt ab.
Bis ich den Klingelton meines Handys wahrnahm.
Schlagartig öffnete ich meine Augen wieder. Wer zur Hölle wollte jetzt, um diese Uhrzeit etwas von mir? Genervt seufzend griff ich nach meinem Handy. Ich wollte wenigstens nachsehen, wer mich so spät noch erreichen wollte. Gespannt blickte ich auf das Display. Und sah, dass mir Fietes Name angezeigt wurde.
Ich war überrascht. Ich hätte mir beim besten Willen nicht vorstellen können, dass mein Freund um diese Zeit noch wach war.
Ohne zu zögern drückte ich auf Annehmen.
»Fiete?«, fragte ich unsicher. »Warum bist du so spät noch wach?«, wollte ich wissen. Ich konnte den leichten Unterton der Sorge in meiner Stimme nicht unterdrücken.
»Basti? Ich...ich hab...alles dreht sich«, flüsterte mein Freund am anderen Ende der Leitung. Sofort schrillten in meinem Kopf die Alarmglocken. Irgendetwas stimmte nicht. »Fiete, was ist passiert?«, fragte ich besorgt. »Da...ich hab so scheiße gebaut«, schluchzte Fiete. »Es ist so schlimm, Basti. Mir ist so schlecht und alles dreht sich. Ich kann nicht klar denken...Ich fühl mich so, als würde ich sterben.« Die Stimme des jüngeren zitterte und wurde zum Ende des Satzes immer leiser.
Er hatte Alkohol getrunken. Oder er stand unter dem Einfluss irgendeines anderen Rauschmittels.
»Bist du betrunken?«, wollte ich sicher gehen. »J...ja.«
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass die Situation mich nicht komplett überforderte. Ich hatte eine derartige Situation bis dahin erst einmal miterlebt. Und damals war ich auch körperlich anwesend und konnte die Situation so besser einschätzen und voll und ganz für Kevin, welcher sich damals komplett betrunken hatte, da sein.
Doch nun, wo uns über 350 Kilometer und damit über dreieinhalb Stunden von einander trennten, konnte ich selbst kaum einen klaren Gedanken fassen und wusste nicht wirklich, was ich tun konnte.
»Okay...« Ich atmete tief durch. »Bist du zu Hause?«, wollte ich wissen.
»Ja.«
»Okay, gut. Ich helfe dir, das durchzustehen, versprochen. Ich bleib die ganze Zeit dran und rede mit dir, okay? Du schaffst das. Es wird alles gut, ja?«, sagte ich mit erstaunlich fester Stimme.
»O-okay.«
»Du musst jetzt viel Wasser trinken, hörst du? Denkst du, du schaffst das im Moment?«
»Ich...denk', das sollte gehen«, nuschelte der jüngere.
»Gut, dann versuch bitte zuerst, dir Wasser aufzufüllen oder eine Flasche zu nehmen und leg dich danach aufs Sofa oder in dein Bett«, wies ich ihn an.
»Mhm.«
Einige Sekunden lang sagte Fiete nichts, ich hörte nur leise Hintergrund-Geräusche. Darunter die Schritte auf dem Boden, das Rauschen eines Wasserhahns, dann wieder Schritte und schließlich ein Rascheln.
»Hast du schon was getrunken?«, hakte ich nach. »Ahaaa.«
»Liegst du?«
Wieder die gleiche leise, zittrige Antwort.
»Wie ist es im Moment?«
»Schlimm. Es ist so schrecklich, Basti. Ich kann nicht mehr geradeaus sehen und ich kann nicht klar denken«, schluchzte Fiete. »Ich hab so Angst.«
Ich wusste, dass mein Freund so gut wie keinen Alkohol trank. Daher war es wenig verwunderlich, dass sein Körper so reagierte, selbst, wenn er nur so viel getrunken hätte, wie für die meisten Personen normal war. Er war es nicht gewohnt, weshalb er nun vermutlich so heftig reagierte. Die Frage, welche ich mir die ganze Zeit über stellte war nur, warum er getrunken hatte. War irgendwas vorgefallen? Wurde er zu etwas gezwungen, oder hatte er es vielleicht gar nicht bemerkt?
Im Moment waren diese Dinge aber erst einmal nebensächlich. Das Einzige, worauf ich mich gerade konzentriere war, Fiete da durch zu helfen.
»Basti, ich vermisse dich«, murmelte mein Freund. Ich biss mir auf die Lippen. Es tat weh, zu wissen, dass es ihm mit unserer räumlichen Trennung genauso beschissen ging wie mir. »Ich dich auch, glaub mir«, antwortete ich in derselben Stimmlage. »Ich will, dass du bei mir bist.« »Ich liebe dich so sehr«, hauchte ich. »Ich dich auch.« »Ich bleib die ganze Nacht dran und pass auf dich auf, okay?«, flüsterte ich. »Danke.« Er klang so unfassbar erschöpft. Es tat verdammt nochmal weh. Ich schwieg. Alles in mir schrie in diesem Moment danach, auf der Stelle zu meinem Freund zu fahren. Ich wollte jeden Tag in seine strahlend blauen Augen sehen können, jeden Tag durch seine blonden, weichen Locken streicheln können, ihn jeden Tag umarmen, jeden Tag seine Lippen auf meinen spüren. Ich wollte jeden Morgen neben ihm aufwachen und jeden Abend neben ihm einschlafen. Ich wollte jederzeit seine Hand nehmen können. Doch wir wussten beide, dass das nicht möglich war.
Am anderen Ende der Leitung war es mittlerweile, bis auf die immer gleichmäßiger werdenden Atemzüge, still. »Gute Nacht«, hauchte ich.
Wie versprochen legte ich nicht auf. An Schlaf war für mich mittlerweile auch nicht mehr zu denken. Zu sehr beschäftigten mich die letzten paar Minuten. Ich sah auf die Uhr meines Handys. 00:57 Uhr.
Nachdenklich saß ich in meinem Bett. Wieder einmal mehr wurde mir bewusst, wie sehr ich mich nach den jüngeren sehnte.
Und dann kam ich auf eine Idee, von der ich normalerweise niemals gedacht hätte, sie durchzuziehen.
Ich erhob mich aus meinem Bett und lief zu meinem Kleiderschrank, wo ich mir frische Klamotten, bestehend aus einem schlichten dunkelblauen Hoodie und einer Jogginghose, herausholte und anschließend logischerweise auch anzog. Danach ging ich in die Küche, wo ich mir einen Kaffee kochte. Während das Getränk von der Kaffeemaschine in die Tasse floss eilte ich nochmal in mein Zimmer, um mein Handy zu holen. Schließlich hatte ich versprochen, die ganze Nacht indirekt bei meinem Freund zu bleiben.
Mitten in der Nacht stand ich also in der Küche meiner einsamen Wohnung und trank eine Tasse Kaffee. Wieder einmal verbrannte ich mich, doch im Moment interessierte mich das nicht sonderlich. Ich hatte etwas vor und das hatte eindeutig erste Priorität im Moment.
Als ich fertig war, stellte ich die leere Tasse an die Spüle und ging in mein Zimmer zurück. Das Handy hatte ich in die Bauchtasche meines Hoodies gesteckt.
Von meinem Kleiderschrank holte ich zwei Reisetaschen hinunter. Die eine war komplett schwarz, die andere hellgrau, mit ein paar Details in einem dunkleren Grauton.
In die eine Reisetasche stopfte ich ein paar Klamotten, welche für zwei bis drei Tage reichen sollten und einen Kulturbeutel mit meinen Zahnputzsachen und so.
Mit der anderen ging ich in mein Streamingzimmer, wo ich meinen Laptop einpackte.
Danach ging ich nochmal in die Küche und überprüfte, ob alle Herdplatten ausgeschaltet waren- eine Angewohnheit, welche ich schon seit Jahren hatte.
Dann zog ich mir im Flur eine Jacke über den Hoodie und schlüpfte in meine Turnschuhe. Mit den beiden gepackten Taschen in der Hand trat ich vor die Wohnungstür, welche ich noch von außen zusperrte.
Ich eilte die Treppe hinunter, in den Keller des Mehrfamilienhauses, wo sich der Eingang zur Tiefgarage befand. Ich lief geradewegs zu meinem Auto, wo ich die beiden Taschen im Kofferraum verstaute. Dann stieg ich vorne ein und nahm auf dem Fahrersitz Platz.
Mit war durchaus bewusst, dass es nicht gerade die klügste Idee war, mitten in der Nacht dreieinhalb Stunden am Stück -wenn es keinen Stau gab- Auto zu fahren, obwohl ich keine Minute geschlafen hatte. Doch ich war es gewohnt, lange wach zu sein und mich lange zu konzentrieren. Dazu war ich ein sicherer Autofahrer. Und ich hatte einen Kaffee getrunken, was mich hoffentlich wenigstens ein bisschen wachhielt.
Außerdem konnte ich nicht länger warten. Ich wollte jetzt sofort zu Fiete, um für meinen Freund da sein zu können.
Ich startete den Motor und fuhr aus der Tiefgarage heraus.
Bis auf die Lichter der Straßenlaternen war es relativ dunkel. Dazu regnete es. Doch ich hatte mir das vorgenommen. Und wenn ich mir etwas vorgenommen hatte, dann zog ich das auch durch.
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Drei Stunden und fünfundzwanzig Minuten später - elf Minuten früher, als Google Maps es vorhergesehen hatte- parkte ich schließlich auf der gegenüberliegenden Seite des Mehrfamilienhauses, in dem die Wohnung meines Freundes war.
Um ehrlich zu sein überraschte es mich, dass ich keinen Unfall gebaut hatte. Vor allem auf dem kleinen Bundesstraßenabschnitt, welchen ich zu fahren hatte, wäre es vermutlich gar nicht mal so unwahrscheinlich gewesen, wenn ich aufgrund des Nebels, welcher hier tief über dem Boden hing, und meiner Müdigkeit und damit auch nachlassenden Aufmerksamkeit gegen einen Baum gefahren wäre oder so.
Aber das war ich nicht. Ich war unversehrt hier, in Kiel angekommen.
Ich öffnete die Autotür und stieg nach draußen. Ein Schaudern durchzog mich. Okay, es war echt kalt. Noch kälter als in Berlin.
Schnell lief ich zum Kofferraum, wo ich meine Reisetaschen holte. Danach schlug ich die Kofferraumklappe wieder zu und überquerte mit meinen Taschen in den Händen die Straße.
Mein Herz schlug schneller als normalerweise. Ich freute mich jetzt schon wahnsinnig, meinen Freund endlich wieder richtig bei mir zu haben. Ihn wieder in die Arme schließen können, ihn küssen können, durch seine blonden Locken wuscheln können- all die Dinge, die ich viel zu selten tun konnte.
Tatsächlich war die Haustür des Hauses, in dem er wohnte nur angelehnt. Klingeln musste ich so schon mal nicht mehr, denn ich wusste, wo er den Ersatzschlüssel für seine Wohnung aufbewahrte.
Seine Wohnung...unsere Wohnung klang viel besser in meinen Ohren.
Aufgeregt lief ich die Treppen hoch. Bei der Tür seiner Wohnung angekommen machte ich schließlich Halt. Ich bückte mich runter und hob den Fußabstreifer ein wenig an. Der Ersatzschlüssel lag immer noch genau an derselben Stelle wie beim letzten Mal.
Ich steckte den Schlüssel ins Schloss und drehte ihn, bis es klackte und die Tür sich öffnen ließ. Ich zog mir meine Schuhe aus und stellte sie neben seine neben den Fußabstreifer.
Mein Herz klopfte schnell in meiner Brust.
Ich hängte meine Jacke zu den Sachen, die bereits an der Garderobe hingen. Dann lief ich noch kurz ins Bad, um mir die Hände zu waschen. Den Wasserhahn drehte ich nur leicht auf, um ihn nicht zu wecken.
Danach öffnete ich vorsichtig die angelehnte Schlafzimmertür und lugte hindurch.
Dort lag er, auf seinem Bett. Er lag zusammengerollt auf der Seite. Seine Gesichtszüge waren angespannt. Er sah so aus, als hätte er geweint.
Bedacht darauf, so leise wie möglich zu sein, tappte ich zu ihm.
Neben seinem Kopfkissen erblickte ich sein Handy. Dort wurde immer noch unser laufender Anruf angezeigt.
Richtig, vielleicht sollte ich den mal beenden, jetzt wo ich sowieso bei ihm war. Ich griff in die Tasche meines Pullovers und zog mein Handy heraus. Schnell drückte ich auf das rote Auflegen Symbol.
Meine Reisetaschen hatte ich erst einmal im Flur abgestellt.
Ich setzte mich auf die Bettkante und blickte auf das Gesicht meines Freundes hinunter. Mein Bauch begann wieder einmal zu kribbeln.
»Hey«, flüsterte ich und strich ihm wie automatisch über die Wange. Dann ließ ich meine Hand zu seinen weichen Haaren wandern und streichelte ihm über den Kopf. Der blonde Lockenschopf seufzte leise auf. Seine Augenlider zuckten.
»Alles ist gut«, flüsterte ich. »Ich bin da.«
Vorsichtig ließ ich mich neben ihm nieder. Ich hob die Decke ein wenig ab und kroch neben ihn darunter. Sofort schmiegte Fiete sich an mich und umschloss meinen Oberkörper mit seinen Armen. Ich lächelte und legte meine Arme ebenfalls um seinen Oberkörper. Die eine Hand vergrub ich wieder in seinen Haaren. Die andere ließ ich auf seinem Rücken ruhen. Zum ersten Mal in den letzten Stunden konnte ich zur Ruhe kommen. Die Wärme, die von dem Körper meines Freundes ausging breitete sich auch in mir aus. Die letzten Stunden machten sich in Form von großer Erschöpfung in meinem Körper breit. Ich konnte kaum noch die Augen offenhalten, doch das musste ich nun auch nicht mehr.
»Gute Nacht«, hauchte ich.
Und damit driftete ich endlich zum ersten Mal in dieser Nacht ins Land der Träume.
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»Basti?«, vernahm ich eine leise Stimme. Langsam schlug ich die Augen auf und blinzelte ein paar Mal. Ich sah direkt in die blauen Augen meines Freundes, dessen Gesicht von einem ziemlich überraschten Ausdruck geziert wurde. »Bist du...bist du wirklich hier?«, fragte er ungläubig. »Scheint so«, gähnte ich. Ich wusste nicht, wie lange ich geschlafen hatte, aber ich wusste, dass es nicht genug sein konnte.
Plötzlich fiel der jüngere mir um den Hals und legte seinen Kopf auf meiner Brust ab. »Scheiße...ich hab dich so vermisst«, flüsterte er. Seine Finger krallte er in meinen Pullover. Sanft lächelnd strich ich ihm durch seine blonden Locken. »Ich dich auch, Fiete. Ich dich auch.«
Ich merkte, wie mein Pullover an der Stelle, wo er sein Gesicht vergraben hatte nass wurde. Sein Körper bebte. Weinte er etwa? Mein Herz zog sich schmerzhaft zusammen. Er sollte nicht weinen müssen. Ich konnte es nicht ertragen, wenn mein Freund litt.
»Schatz, was ist los?«, fragte ich vorsichtig und legte meine Hand an seine Wange, um ihn behutsam dazu aufzufordern, seinen Kopf zu heben. Er löste sich ein wenig von mir und blickte mich an.
In den Augen des Fußballspielers glitzerten Tränen und auf seinen Wangen konnte ich Tränenspuren erkennen. Er presste die Lippen aufeinander. Die Stirn hatte er angestrengt gerunzelt. Verzweifelt sah er mir in die Augen.
»Basti, es tut mir so leid«, schluchzte er. Fragend sah ich ihn an. »Das heute Nacht...dass du dir wegen mir solche Sorgen machen musstest. Dass ich so eine Scheiße gebaut hab«, erklärte er sich. »Ich...ich hab eigentlich nicht mal viel getrunken, ich schwöre es dir! Ich wollte doch einfach nur ein wenig meine Gedanken vergessen und für ein paar Stunden keine Sorgen um Kopf haben! Ich...ich hab nur ein Glas Wein getrunken«, brachte er mit zittriger Stimme hervor.
Liebevoll nahm ich ihn in den Arm. »Schhht, beruhigt dich. Ich bin dir nicht böse«, redete ich leise auf ihn ein. »Ich hatte heute Nacht nur so eine Angst um dich. Ich will nicht, dass dir etwas zustößt«, meinte ich. Vorsichtig küsste ich ihn auf die Stirn.
»Es tut mir so leid, dass ich getrunken habe«, murmelte er erneut. »Ich halt das einfach nicht mehr aus. Ich will mich nicht mehr verstecken müssen. Ich will, dass die ganze Welt weiß, dass wir zusammengehören. Ich hasse es, jedes Mal zu lügen, wenn mich Leute fragen, ob ich in einer Beziehung bin. Und ich hasse diese scheiß Entfernung zwischen uns. Ich hab ständig Angst, dass du in Berlin jemanden besseres findest. Ich will einfach immer bei dir sein. Und ich will keine Angst mehr davor haben, dass es jemand mitbekommt, wenn wir Zeit zusammen verbringen«, sprudelte es aus Fiete heraus.
Ich sagte erst einmal nichts. Ich versuchte, das eben gesagte zu verarbeiten.
Der Lockenschopf ließ seinen Kopf wieder auf meine Brust fallen.
»Mein Kopf tut so weh«, ächzte er. »Es tut mir so leid, dass ich dich heute Nacht in so einem Zustand angerufen hab. Ich schwöre dir und mir hoch und heilig, dass ich nie wieder in meinem Leben auch nur einen Tropfen Alkohol trinken werde«, brachte Fiete hervor.
Falls das überhaupt möglich war, drückte ich ihn noch fester an mich. »Nochmal, du musst dich für nichts entschuldigen. Jeder tut mal Dinge, die er nicht tun sollte. Ja, ich hatte unfassbare Angst um dich, aber ich bin dir nicht böse«, versicherte ich ihm. Und dann legte er seine Lippen auf meine.
Ich hatte dieses Gefühl schon viel zu lange nicht mehr gespürt. Das Kribbeln in meinem Bauch breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Seine warmen, von der Kälte leicht rauen Lippen passten wie maßgeschneidert auf meine. Wir waren wie für einander geschaffen.
Als wir uns wieder von einander lösten, sahen wir uns einige Sekunden lang eindringlich in die Augen.
»Wenn ich ehrlich bin«, begann ich »geht es mir ähnlich wie dir. Ich hasse dieses ewige Versteckspiel doch genauso. Verdammt, ich will jede Sekunde meines Lebens mit dir verbringen, ohne Angst zu haben, dass du erkannt wirst! Ganz ehrlich, mir wäre es mittlerweile egal, wenn meine Zuschauer herausfinden, dass ich eine Beziehung mit einem Mann habe. Wenn ich durch dich irgendwie versehentlich geleakt werden würde, es würde mich nicht mehr interessieren. Aber ich hab so Angst, dass du den ganzen Hass ab bekommst. Ich hab Angst, dass dir gegenüber queerfeindliche Äußerungen gemacht werden. Ich will nicht, dass irgendwelche Menschen dich verletzen. Und ich will nicht für dich, dass deine Karriere wegen mir zu Bruch geht«, offenbarte ich ihm meine Gefühle und meine Gedanken.
»Ganz ehrlich, mittlerweile ist mir das so egal. Die Einstellung gegenüber queeren Fußballern soll sich endlich ändern. Ich meine, was ändert deine fucking Orientierung an deinem Talent und an deiner Erfahrung? Richtig, rein gar nichts! Irgendwann muss sich was tun. Und irgendwer muss schließlich irgendwann mal den ersten Schritt machen. Und das sollte logischerweise recht zeitnah sein, sonst ändert sich wieder nichts!«
Fiete hatte sich mittlerweile aufgesetzt. Er holte einmal tief Luft. Ich nickte nur. Ich verstand, was er meinte und ich stimmte ihm komplett zu.
»Basti...ich will mich outen. Klar, nicht sofort vor der ganzen Welt, das wäre zu viel. Wahrscheinlich erst einmal nur bei meinen Eltern, meinem Freunden und der Mannschaft. Aber irgendwann will ich der ganzen Welt zeigen, wer ich bin und dass ich glücklich mit dir bin«, sagte Fiete und sah mich dabei ernst an.
In meinen Augen hatten sich Tränen gebildet. Ich war selten so stolz auf einen Menschen gewesen. Ohne ein Wort zog ich ihn in eine Umarmung und in einen innigen Kuss. Ich hatte meine Hände mal wieder in den blonden Locken meines Freundes vergraben, während seine Hände an meinem unteren Rücken ruhten.
»Ich bin so stolz auf dich, dass du diesen Schritt gehen willst«, sagte ich mit einem ehrlichen Lächeln im Gesicht. »Und ich werde immer hinter dir stehen. Ich werde dich immer unterstützen, wenn du, oder manchmal auch wir, diese wichtigen Schritte gehst oder gehen.«
»Danke, Basti. Das bedeutet mir echt wahnsinnig viel. Ich liebe dich«, lächelte Fiete.
»Ich liebe dich auch.«
***
2665 Wörter
Ich hab's im alten Oneshotbuch auf'm anderen Account auch schon gemacht, trotzdem möchte ich mich auch hier nochmal bei drei Personen bedanken.
Einmal bei der lieben Lorely_Mystery, die mir zehn Wörter (Lichter, Regen, Datum, Buch, Handy, Freunde) gegeben hat, die in dem Oneshot vorkommen.
Und bei lonavy, ohne die dieser Oneshot wahrscheinlich niemals entstanden wäre, da ich ohne ihren Oneshot zu dem Shipping mich wahrscheinlich nicht mal getraut hätte, auch etwas dazu zu schreiben.
Und zum Schluss bei j2e5s7si (wehe du liest das nicht, du inaktive Nudel du), die sich das alles durchgelesen hat (ne glaub, ich hab's ihr sogar vorgelesen lol) und mir ihr ehrliches Feedback (FiEtBaCk) gegeben hat und mich auch dazu verdonnert hat, ne Fortsetzung anzufangen.
Tschau Kakao! :>
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