Aufnehmen|| HerrProfessorEisbär

Shipping: FuslMCShorts x Tordi
Genre: Drama, Cute
Triggerwarnungen: Erwähnungen von Transfeindlichkeit, Panikattacke

-Fusl-

Ziellos rannte ich durch die Straßen. Ich wusste nicht genau, seit wann ich rannte, aber um ehrlich zu sein machte es mir nichts aus. Ich wusste nicht mehr genau, ob mein Gesicht komplett nass war, weil es regnete oder wegen meinen Tränen, aber es war egal. Vermutlich eine Mischung aus beidem.
Meine Beine brannten mittlerweile und ich konnte kaum noch atmen, doch es war mir so scheiß egal. Ich musste hier weg.

„Was zur Hölle ist das auf deinem Kopf?", herrschte mich meine Mutter an. „Meine Haare", entgegnete ich so ruhig wie möglich. „Das sehen wir. Aber warum sehen deine Haare so aus wie die von einem Jungen?", keifte mich mein Vater an. „Weil-" Ich atmete zweimal tief ein und aus. „Weil ich ein Junge bin", flüsterte ich leise und hatte schon die Hoffnung, dass meine Eltern es nicht gehört hatten. Doch dann spürte ich den brennenden Schmerz auf meiner Wange, der vom der flachen Hand meines Vaters verursacht wurde. Erschrocken zuckte ich zusammen. „Raus hier! Sofort!", brüllte er und holte ein zweites Mal aus. Schnell riss ich die Tür erneut auf und flüchtete auf die Einfahrt unseres Hauses. Flehend sah ich meine Mutter an, und betete, dass sie irgendwie versuchen würde, meinen Vater aufzuhalten. Doch sie tat es nicht. Das einzige, was sie sagte war „Gott will das nicht für dich." Dann schlug mein Vater mir die Tür vor der Nase zu und ich hörte, wie sich das Schloss von innen drehte.

Mittlerweile lehnte ich an der Mauer eines Hauses und schnappte stoßweise nach Luft. Erst jetzt wurde mir meine Situation so richtig bewusst. Meine Eltern hatten mich rausgeworfen. Und ich hatte niemanden aus meiner Familie hier in der Nähe. Und ich hatte weder Geld, noch mein Handy dabei.
Fuck!

Die einzige Person, deren Adresse wusste, die halbwegs in der Nähe wohnte war Simon beziehungsweise Tordi. Und den habe ich erstens erst ein einziges Mal persönlich getroffen und zweitens hatten wir seit fast zwei Wochen keinen Kontakt mehr miteinander gehabt, da wir uns irgendwie gestritten haben. Ich wusste nicht einmal mehr warum. Schon lächerlich, wenn man so darüber nachdenkt.

Trotzdem war mein bester- und eigentlich auch einziger- Freund meine einzige Option, denn hier draußen bleiben konnte ich schlecht. Zum einen weil man hier auf unglaublich viele kriminelle Personen traf und zum anderen, weil es November war und Nachts bereits manchmal Minusgrade herrschten. Was ja auch völlig normal für den späten Herbst war.

Also hatte ich keine andere Wahl, als mir Tordis Adresse ins Gedächtnis zu rufen und dann anhand der Straßennamen und den Gebäuden festzustellen, in welchem Teil der Stadt ich mich befand. Wenn ich mich nicht komplett irrte, lag die Wohnung, in der Tordi und seine Eltern wohnten von hier aus nicht einmal zehn Minuten Fußweg entfernt, weshalb ich nun entschlossen durch die dunklen, nur von Straßenlaternen und ab und zu vorbei fahrenden Autos beleuchteten Straßen ging und hoffte einfach, dass Simon kein Problem damit hatte, dass ich um zweiundzwanzig Uhr Abends bei ihm klingelte und nach einem Schlafplatz fragte.

Etwa zehn Minuten später stand ich schließlich vor dem etwas älter aussehen, zweistöckigen Mehrfamilienhaus mit einer hellbraunen, von Efeu überwucherten Fassade. Suchend ließ ich meinen Blick über das Klingelfeld schweifen, bis ich schließlich das Klingelschild mit Tordis Familiennamen gefunden hatte. Ich holte noch einmal tief Luft, dann drückte ich zögerlich den Knopf, woraufhin ein kurzes Piepen ertönte.

Was war eigentlich, wenn er überhaupt nicht Zuhause war? Oder gerade streamte? Ich war so dumm.

„Ja, hallo? Wer ist da?", ertönte plötzlich eine Frauenstimme aus der Gegensprechanlage. Etwas überrascht zuckte ich zusammen, Dank räusperte ich mich und stammelte: „I-ich bin's Fusl. Ein freund von Simon."

Scheiße, wie behindert klang das denn bitte? Was zur Hölle hatte ich mir eigentlich dabei gedacht?

Ein paar Augenblicke später war jedoch wieder meiner Erwarten das Summen der Tür zu hören und ich drücke sie schnell auf, bevor sie sich wieder Automatisch verriegelte.
Nun stand ich also im Treppenhaus und hatte keinen Plan, in welchem Stockwerk und in welcher Wohnung Tordi wohnte.

„Erster Stock, links", hörte ich plötzlich jemanden sagen, als hätte er meine Gedanken gehört. Das war Tordi. Ich atmete noch einmal tief ein, dann ging ich langsam die Treppe hoch. Irgendein Teil von mir wollte sich einfach auf dem Absatz umdrehen und wegrennen, aber ich wusste, dass das vermutlich eine der dümmsten Ideen wäre, die ich je gehabt hätte. Sogar noch dümmer als die Idee, die mich überhaupt in diese Situation gebracht hatte.

Schließlich war ich auf der letzten Treppenstufe angelangt. In der Tür der linken Wohnung konnte ich tatsächlich die Unrisse meines besten Freundes sehen. „Hey", begrüßte ich ihn verlegen, während ich langsam auf ihn zuging. „Scheiße, wie siehst du denn aus? Was ist passiert?", wollte Tordi sofort wissen und ich konnte deutlich die Sorge in seiner Stimme raushören. „Sie...sie haben mich rausgeschmissen", flüsterte ich und in meinem Hals bildete sich erneut ein dicker Kloß. „Ach du- wieso das denn?", wollte Tordi schockiert wissen. „Ich hab es ihnen gesagt", erwiderte ich mit zittriger Stimme.

„K-komm erstmal rein", bat mich Simon und nahm meine Hand. Ich folgte ihm wortlos in die Wohnung, in der er mit seinen Eltern lebte. „Ich beende noch kurz den Stream, dann können wir in Ruhe reden. Wär nur nicht so geil, wenn die Zuschauer am Ende was mitbekommen", meinte Tordi und verschwand in seinem Zimmer. Kurze Zeit später öffnete er die Tür und nickte mir zu. „Du kannst reinkommen."

Etwas unsicher kam ich auf meinen besten Freund zu und betrat sein Zimmer. Direkt neben seiner Tür befand sich sein Setup, auf der gegenüberliegenden Seite befanden sich sein Hintergrund und sein Bett. „Setzt dich einfach dazu", meinte Tordi und ließ sich auf sein Bett sinken, was ich ihm gleich tat.

„Also...willst du mir noch mal genau erklären, was passiert ist?", wollte Simon wissen. Ich atmete ein paar Mal tief ein und aus, dann nickte ich langsam. "Also...du musst nicht, wenn du dich gerade noch nicht bereit fühlst" fügte Tordi schnell hinzu. „Nein, es ist schon okay. Du bist mein bester Freund und du hast das Recht, zu erfahren was passiert ist." „Okay", erwiderte Tordi und nahm meine zitternde Hand.

„Also...ich hab mir heute Nachmittag endlich die Haare schneiden lassen und als meine Eltern nach Hause gekommen sind, haben sie mich natürlich sofort dafür zusammengeschissen. Ich hab dann all meinen Mut zusammengenommen und ihnen gesagt, dass ich trans bin. Tja und dann hat mich mein Vater geschlagen und hat mich rausgeschmissen und die Tür zugesperrt. Das einzige, was meine Mutter gesagt hat, war dass Gott das nicht für mich will." Ich stockte. In meinen Augen brannten erneut die Tränen und ich hatte irgendwie das Gefühl, dass mir die Luft zum Atmen weggeschnürt wurde. Trotzdem zwang ich mich, weiter zu sprechen: „Ich hatte keine Ahnung, wo ich hin sollte, weil ich keine Verwandten in der Nähe habe und weder Geld, noch mein Handy bei mir habe. Die erste Person, die mir eingefallen ist, bist du. Ich hoffe, es ist okay, wenn ich die Nacht bei dir penne." Zum Ende wurde meine Stimme immer leiser. Mittlerweile liefen mir die Tränen über die Wangen.

Vorsichtig legte Tordi seine Arme um mich und zog sich dicht an sich heran. „Alles wird gut Fusl, alles wird gut", versuchte er mich zu beruhigen. Ich schluchzte laut auf. „Woher willst du das bitte wissen?“
„Sorry, ich weiß ich sollte das nicht einfach so sagen", murmelte er schuldbewusst. „Ich versuch nur immer positiv zu bleiben."
„Schon okay", schniefte ich und krallte mich noch fester an seinen Hoodie. Einige Minuten saßen wir einfach still schweigend da. Die ganze Zeit strich er mir beruhigend über den Rücken und durch die Haare und gab mir so wenigstens ein bisschen halt.

Nach einer Weile löste ich mich schließlich ein wenig von Tordi. „Tut mir leid, dass du wegen mir deinen Stream beenden musstest", stammelte ich schuldbewusst. Es war echt eine verdammt dumme Idee, um zweiundzwanzig Uhr Abends einfach so unangekündigt hier aufzukreuzen. „Das muss dir doch nicht leid tun, Fusl. Du bist mein bester Freund und ich will für dich da sein können. Wenn irgendjemand von meinen Zuschauern ein Problem damit haben sollte, dass ich auch noch private Angelegenheiten habe, dann soll er oder sie mich nicht mehr schauen", sagte Tordi ruhig und sah mich liebevoll an.

„Vielleicht wäre es am besten, wenn wir erstmal schlafen gehen und über alles weitere morgen zusammen mit meinen Eltern reden", schlug Simon vor. Ich nickte nur. „Vielleicht" „Okay...ich geb dir schnell T-Shirt von mir. 'Ne Hose für dich sollte ich vielleicht eher von meiner Schwester holen, meine sind dir vermutlich ein paar Nummern zu groß. Du kannst dann ins Bad gehen zum Umziehen, ich zieh mich dann einfach hier im Zimmer um." Wieder nickte ich nur. „Okay...kann ich dich dann ein paar Sekunden alleine lassen?", erkundigte Tordi sich. „Denke schon", bestätigte ich ihm.
„Alles klar, bis gleich!" damit verließ er das Zimmer. Die Tür ließ er dabei offen.

Ich ließ meinen Blick durch sein Zimmer gleiten. Es war schon echt verdammt gemütlich, auch wenn es gleichzeitig sein Arbeitszimmer war. Es passte irgendwie zu ihm. Mein Blick blieb an einem gerahmten Foto hängen. Einem Foto von uns, bei unserem ersten Treffen vor ein paar Monaten. Unwillkürlich musste ich ein wenig lächeln. Irgendwie war es ja schon süß, dass ich ihm scheinbar so viel bedeutete.

Etwa eine Minute später kam Tordi wieder durch die Tür und legte eine weite Jogginghose neben mich. Dann ging er zu seinem Kleiderschrank und holte ein T-Shirt raus. „Das Bad ist ganz hinten links", erklärte er. Ich nahm die beiden Kleidungsstücke und ging damit ins Bad. Schnell zog ich mich um und kam dann wieder zu Simon, welcher mittlerweile auch nur noch ein T-Shirt und eine Boxershort trug. „Was grinst du so?", wollte ich wissen. „Keine Ahnung, es sieht nur irgendwie ultra süß aus, wie du in meinem T-Shirt halb versinkt", schmunzelte der größere. „Ey, immerhin bin ich keine Giraffe, die sich an jedem zweiten Türrahmen fast den Kopf anstößt", kicherte ich und fragte mich, wie ich in meiner aktuellen Situation eigentlich überhaupt lachen konnte. Vermutlich lag es einfach an dem Gefühl von Geborgenheit, welches Tordis Anwesenheit mir gab.

Nachdem er das Licht ausgeschaltet hatte, saßen wir beide auf seinem Bett. „Also...ich hoffe es macht dir nichts aus, dass du mir mir in einem Bett schlafen musst", stotterte Tordi und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Schon in Ordnung. Ich glaube, aktuell könnte ich eh nicht alleine irgendwo schlafen", beruhigte ich ihn. „Okay", sagte Tordi und legte sich in sein Bett. Etwas verunsichert legte ich mich neben ihn, woraufhin er uns beide zudeckte. „Gute Nacht", sagte er leise und strich mir einmal durch die Haare. „Gute Nacht", erwiderte ich und kuschelte mich ein wenig an ihn. Kurze Zeit später driftete ich ins Land der Träume.

~Zwei Monate später~

Ich saß eng an Tordi gekuschelt auf seinem Bett und genoss die Ruhe. Er hatte mir zweieinhalb Stunden den Stoff für Mathe erklärt und ich war echt fix und fertig.

Nach dem Tag, an dem mich meine Eltern rausgeschmissen hatten, hatten Tordis Eltern sofort angeboten, dass ich erst einmal bei ihnen wohnen konnt, was ich auch dankbar angenommen hatte. Da ich immernoch ziemlich nah an meiner alten Schule wohnte, musste ich die Schule nicht wechseln und konnte mein letztes Schuljahr noch an meiner Schule fertig machen.
Meine Eltern hatte ich in der ganzen Zeit genau einmal im Supermarkt gesehen. Am Abend dieses Tages lag ich heulend in Tordis Armen, doch auch da schaffte er es, mich wieder aufzubauen.

Mittlerweile war ich mir ziemlich sicher, dass ich mich in Tori verliebt hatte. In seine blauen Augen, in sein freches Grinsen, in seine kindische und dennoch fürsorgliche Art, einfach in alles.

Als wir nun so eng aneinander gekuschelt da lagen, kam mir plötzlich eine vermutlich ziemlich bescheuerte Idee. „Du, Tordi?" „Hm?" „Würdest du eigentlich einen Jungen küssen?" Die Worte waren schneller draußen, als dass ich überhaupt darüber nachdenken konnte und sofort schoss mir die Hitze in die Wangen.
„Ich glaube schon", beantwortete mein bester Freund meine Frage. „Kann ich was ausprobieren?" „Klar." Ich wusste nicht, woher dieser plötzliche Mut kam, aber ich drehte mich ein wenig zu ihm und zog sein Gesicht zu mir herunter. Dann legte ich ohne weiter darüber nachdenken meine Lippen auf seine.

Erst da wurde mir bewusst, was ich da gerade eigentlich tat. Scheiße! Ruckartig löste ich mich von ihm und sah betreten zur Seite. „Tut mir leid. Ich...ich weiß auch nicht, was gerade in mich gefahren ist", murmelte ich und mir brannten Tränen in den Augen. War's das jetzt? Hatte ich gerade ernsthaft mit so einer dummen Aktion vermutlich unsere gesamte Freundschaft zerstört?

„Fusl?", fragte Tordi ruhig. „Hm?", flüsterte ich. „Ich glaube, ich habe mich in dich verliebt", entgegnete er eben so leise. Und damit legte er seine Lippen sanft auf meine. In meinem Bauch breitete sich ein wohliges Kribbeln aus und mein Herz raste. Tordis Lippen waren so unglaublich weich und ich liebte das Gefühl, von ihm geküsst zu werden jetzt schon.

Schließlich lösten wir uns voneinander und sahen uns tief in die Augen. „Ich glaube, ich liebe dich auch", lächelte ich und schlang meine Arme um Tordi.

***

2202 Wörter

Ich weiß nicht, was ich mittlerweile zu dem Oneshot denken soll.

Er ist halt über ein Jahr alt und mein Schreibstil dementsprechend auch auf gut deutsch grottig.

Aber hey, ich hab mich entwickelt seither.

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