2) Time for me (Zeit für mich) ~ #Rewilz + #Ardy
Schon zum dritten Mal heute klopfte es an meiner Zimmertür und ohne abwarten wurde sie geöffnet. „Rewi!? Wie oft denn noch heute, ich will einfach mal ALLEIN sein!“, seufzte ich genervt und mein Handybildschirm ging aus, bevor überhaupt etwas ertönte. Ein Kopf erschien zwischen im Spalt zwischen Tür und Rahmen. „Ehm, ich bin's Felix...“, leise, aber im Gegensatz zu Rewis Stimme beruhigend, hörte ich Ardys typische Tonlage. Ich wurde wütend. Jetzt schickte dieser blonde Blödian auch noch andere Leute hierher, damit sie ihre Zeit mit mir verschwendeten!? „Geh weg!“, knurrte ich kurz angebunden und drehte mich demonstrativ mit der Bettdecke zur anderen Seite, weg von ihm. Die Tür schloss sich und ich wollte gerade erleichtert die Schultern fallen lassen, als ich hörte, wie mein Schreibtischstuhl knarzte. „Felix, Sebi macht sich Sorgen um dich.“, flüsterte Ardy und irgendwie freute es mich, dass seine Stimme nicht so gestellt klang. Sebi hatte mit mir geredet als wäre ich sein Hund, der nicht aus seinem Karton hervorkriechen wollte. ''Och komm schon! Ich kann dir auch was backen? Wie wär's, wenn wir einen Film schauen?'' Ich war aber ein MENSCH! Und auch ich brauchte meine Auszeiten. Da war doch nichts dabei!? „Ich will doch nur EINMAL auch im Bett liegen, nichtstun, bisschen nachdenken,... ist das so verkehrt!?“, erklärte ich eben das Ardy nüchtern. Ich blickte kurz zu ihm und im abgedunkelten Zimmer war es schwer, die Geste zu erkennen, doch vermutlich nickte er: „Hab ich doch auch. Aber bei dir kam es halt selten vor- eigentlich ist es sogar das erste Mal, nicht?“
Ich setzte mich auf und legte das Handy beiseite, während ich an die kalte Wand rutschte, um mich anzulehnen: „Und? Heißt ja nicht gleich, dass ich depressiv bin.“ Taddls Mitbewohner nickte erneut: „Ja, aber nachfragen, ob alles okay ist, dürfen wir doch? Wir haben halb Vier rum. Du bist den ganzen Tag nicht aus dem Bett gekommen, die Rollos sind unten und kein Ton kommt raus. Da fragt man sich natürlich, ob du irgendwie was auf dem Herzen liegen hast!?“ Sofort wieder trotzig verschränkte ich die Arme: „Erstens: Selbst wenn, dann geht es euch nichts an! Zweitens: Nein, da liegt nix rum. Kannst du jetzt wieder gehen? Bitte?“
Ein Seufzen seinerseits flog durch den Raum. „Erstens: Wir wollen doch nur helfen. Das machen Freunde normalerweise! Zweitens: Außerdem verstärkst du den Eindruck gerade ziemlich.“ „Wer sagt, dass wir Freunde sind?“, wich ich schlecht aus. Ich wollte nicht, dass er die Wahrheit aus mir herauskitzelte, was auf jeden Fall passieren würde, wenn ich ihn nicht schleunigst rauswarf, da er unglaublich gut in solchen Sachen war. Er wusste zum Beispiel auf wen Rewi stand, nachdem er ein langes Gespräch mit ihm geführt hatte, als der eben so einen Tag wie ich gerade gehabt hatte. Das machte mir tatsächlich auch zu schaffen. Ja, ich war schwul. Und ja, ich stand auf Rewi. Ich fand es nicht schlimm, dass er auf jemanden anderen stand, dafür konnte er nichts. Niemand konnte etwas für seine Gefühle. Aber es tat einfach ein bisschen weh zu wissen, dass er trotzdem diesen ganzen Rewilz Kontent brachte, ihn aber ganz und gar, nicht im ENFTERNTESTEN, ernst nahm. Ardy musste grinsen: „Also beschäftigt dich wirklich etwas. Erzähl!“ Ich schnaubte belustigt: „Als ob ich es dir jetzt und hier einfach so erzählen würde!“ Es zu leugnen würde nichts mehr bringen. Er lachte: „Zumindest gibst du es inzwischen zu!“
Ich musste es mir verkneifen nicht mitzulachen, besonders, weil seine Lache so ehrlich und offen klang. Ich fühlte mich ein bisschen in der Zeit zurückversetzt, wo man noch vor den Eltern stand und krampfhaft versuchte nicht zu lachen, obwohl sie mit ihrem strengen Blick deine schwache Lüge schon längst durchschaut hatten. „Wie geht's deiner Familie Felix?“, fragte er plötzlich unverholen. Och neee...
Jetzt würde er über irgendeinen Trick so fragen stellen, dass ich dumm wie Stroh in eine Falle tappte.
„Ja, ganz gut.“, presste ich heraus. Ardy tat neugierig: „Bei deiner Schwester alles okay? Hält die Ehe noch, wegen der wir auf der Hochzeit waren?“
Mehrere Szenen schossen mir in den Kopf. Ein heißer Rewi im Anzug, viele Tänze, dann wieder Rewi, allerdings betrunken.
Er klammerte sich an mich, als wäre er kurz vor dem ertrinken: „Weißt du Feligz *hicks* i-ich hab dich ga-ganz d-doll liep!“ Mit einem gespielt gutmütigen Lächeln tätschelte ich ihm die Schulter. Innerlich blutete mein Herz. „Komm Sebi, fahren wir nach Hause...“, ich hatte ein Taxi bestellt und auf der Heimfahrt war Rewis Kopf auf meine Schulter gerutscht, wo er mit einem zufriedenen Schmatzer seinerseits liegen blieb und letztendlich ganz einschlief. Ardy der vorne saß drehte sich kurz zu uns um und grinste: „Wenn man betrunken ist soll man am ehrlichsten sein, heißt es!“ Dann sah er schon wieder nach vorne aus der Windschutzscheibe.
Am nächsten Morgen hatte Sebi einen Kater und leichten Filmriss gehabt. Weder Ardy noch ich hatten versucht ihm zu helfen und ihn wieder in die Erinnerungen zu führen.
„Ja...ja, denen gehts gut. Haben inzwischen eine Tochter.“, nuschelte ich und verkroch mich noch mehr in der Decke. Plötzlich wurde mir kalt. Ardy freute sich aufrichtig: „Glückwunsch! Richte den beiden ganz liebe Grüße aus, die waren echt cute zusammen!“ Ich schluckte schwer, aber nickte langsam. „Und bei deiner Mutter und deinem Dad?“, ging die Fragerei in die nächste Runde. Die Kälte verging nicht, aber dazu kam auch noch Übelkeit.
„Ardy komm zum Punkt!“, murmelte ich angespannt und presste meine Augenlieder aufeinander. Mein Magen warf sich hin und her, kleine Punkte tanzten vor meinem inneren Auge. Der Stuhl knarzte wieder: „Alles okay?“ Ardy packte mich an den Schultern und schüttelte mich leicht: „Hallo Felix!?“ Das Schütteln gab mir den Rest. Ich rollte mich auf die Füße und rannte aus dem Zimmer. Als ich die Tür aufwarf knallte sie um ein Haar direkt in Sebi, der anscheinend schon wieder mal anklopfen wollte. Er stolperte zurück, bis er mich erkannte. „Felix?!“, rief er verwundert aus, aber ich ignorierte ihn und schlitterte im Bad auf die Knie. Mit einer Bewegung hob ich Klodeckel und -brille gleichzeitig und übergab mich hingebungsvoll. Bereits nach einigen Sekunden hörte ich einen aufgebrachten Sebi Ardy anschreien. Meine Tränendrüsen drückten auf Vollgas und sofort rollte mir eine dicke Träne über die Backe. Ich hörte schnelle Schritte und dann fiel unsere Wohnungstür ins Schloss. Ich konnte nicht schluchzen, hing weiter über dem Rand der Kloschüssel, obwohl nichts mehr rauskam. Ich hatte den ganzen Tag nichts gegesseb. Dann kam jemand näher und ins Zimmer. Eine warme Hand, unter der ich zusammenzuckte, strich mir fürsorglich über den Rücken. „Shhhhh, alles gut Felix!“ Rewi, wie ich eben nicht gehofft hatte...
Zu meiner Überraschung holte er nur Tücher aus dem Hygieneschrank und stellte sie neben mir ab. Dann ging er wieder. Mit zitternden Fingern wischte ich mir den Mund ab und spülte. „Komm, ich hab dir eine Wärmflasche gemacht!“, flüsterte Sebi und wurde mir das warme plüschüberzogene Gummi in die Arme gedrückt. Ich richtete mich auf, versuchte meine Beine zu ordnen, aber es klappte nicht. Sanft legte Sebi einen Arm unter meine Kniekehlen und einen auf meinen Rücken und schon trug er mich wie eine Braut ins Wohnzimmer, als wäre ich ein Fliegengewicht. Ich weinte nicht mehr, aber zitterte immer noch, konnte kaum atmen vor Erschöpfung. Rewi legte mich auf die Couch und wickelte mich sofort in eine Decke ein. Ich wehrte mich nicht, beobachtete nur mit großen Augen, wie er einen Film aussuchte und einschmiss. Es war der erste Abschnitt über Wale meiner 5-teiligen Lieblingsdoku. Ich bevorzugte Dokus zum einschlafen, anscheinend wusste er das irgendwoher. Der Wasserkocher piepte laut, dass Wasser darin hörte auf zu brodeln. Während das Intro der Doku ablief schüttelte Rewi eine Tasse Tee ein, setzte sich dann neben mich und zog mich auf seinen Schoß. Ich seufzte einmal zufrieden, als er mir die Tasse an die Lippen setzte. Ich verbrannte mir zwar leicht die Zunge, aber sofort spürte ich, wie der Apfel-Zimt-Geschmack Wärme in mir auslöste. „Sebi?“, flüsterte ich leise. „Ja?“, raunte der Blonde mir ins Ohr. Sofort bekam ich eine angenehme Gänsehaut. „Ich liebe dich...“, sagte ich dann einfach.
Ich hatte keine Lust mehr, alles zu verstecken. Er würde mir jetzt sagen, dass er nicht das gleiche für ich empfand und gut ist. Vielleicht würde er sogar etwas angeekelt sein von dem Gedanken, mit einem Schwulen zusammenzuleben. Mir war es egal in dieser Sekunde. Plötzlich wurde mir ein Kuss in die Haare gedrückt. Und auch mit der darauffolgenden Antwort hatte ich nicht gerechnet: „Ich dich doch auch...schon sooo lange...“
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