Narzissa
18 Jahre alt
Sie wusste immer, das der Tag kommen würde. Dass eines Tages eine der reinsten Familien des Landes zum Dinner kommen würden und sie dem Sohn vorgestellt werden würde. Ein Mann, der nicht viel später ihr Mann sein würde. Sie kannte ihn nicht. Alles, was sie wusste war, dass er ein Malfoy war und dass er - wie sowohl die Familie Black, als auch die Familie Malfoy - dem Dunklen Lord sehr verbunden war.
Ihr war zwar bewusst, dass sie zusammen mit ihm in Hogwarts im Haus Slytherin war, doch er war zwei Jahre älter und sie hatte sich nie wirklich für Jungs interessiert. Sie wusste ja, dass ihr Vater ihr einen Ehemann aussuchen würde. Ihre ältere Schwester Bellatrix hatte ihr sogar verraten, dass er bereits das Todesser-Zeichen trug. Was sie nur wissen konnte, weil sie erst kürzlich dem Dunklen Lord und den Todessern beigetreten war. Im Gegensatz zu ihr kannte Bella Narzissas zukünftigen Mann.
Er war pflichtbewusst und loyal, wie Bella ihr verraten hatte, während sie ihr die Haare hochsteckte. Und als Bella ihr Kleid geschnürt hatte, hatte sie noch gutaussehend hinzugefügt und ihr grinsend zugezwinkert.
Narzissa fragte sich nur, ob ihr das genügen würde. Sie wusste, dass sie keine große Wahl hatte. Entweder sie heiratete diesen Mann und gebar ihm einen Erben oder sie besudelte die Familienehre und lies sich verstoßen wie ihre ältere Schwester Andromeda, um den Mann zu heiraten, den sie wahrhaftig liebte.
Doch Liebe war nur eine Illusion, das hatte ihre Mutter oft genug gesagt. Sie konnte es im Schlaf aufsagen. Liebe ist nicht das, was die meisten Menschen als Liebe empfinden. Liebe kann man lernen, man kann sie sogar erzwingen. Sie musste an die vielen Zauberermärchen denken, in denen Liebestränke das Hauptthema waren. Liebe war nicht so, wie ihre Schwester Andromeda es ihr zu erklären versuchte, als sie diesen Ted Tonks kennenlernte. Liebe war nicht berauschend und auch nicht das schönste Gefühl der Welt. Es war überhaupt kein Gefühl. Sondern eine Illusion.
Und mit diesem Gedanken verlies sie ihr Zimmer und ging ihrem neuen Leben entgegen.
25 Jahre alt
Inzwischen war sie sich nicht mehr sicher, dass Liebe eine Illusion war. Sie verglich sie gerne mit Freundschaft. Es gab nicht viele Unterschiede, so weit sie sagen konnte, gab es nur einen: Die Bezeichnung.
Lucius war nun seit mehr als sechs Jahren ihr Mann, es würden bald sieben werden. Und in diesen beinahe sieben Jahren waren sie zu einem guten Team geworden. Sie hatten sich angewohnt, über alles zu sprechen, was in ihren jeweiligen Leben passierte, sie wurden zum engsten Vertrauten des anderen. Narzissa genoss diese Freundschaft, diese Liebe, denn sie fühlte sich sicher und wie Zuhause.
Sie erinnerte sich nur schwach an den Abend, an dem sie Lucius vorgestellt wurde. Sie wusste, dass sie nervös war und dass die Vorstellung einer baldigen Heirat sie ängstigte, doch sie war sich in dem Moment sicher, dass sie das schaffen würde, in dem sie Lucius zum ersten Mal gesehen hatte. Er war charmant und zuvorkommend. Er besaß Manieren und bemühte sich, dass sie beide einen vielversprechenden Start hatten. Spätestens beim zweiten von ihren Vätern organisiertem Essen, bei dem sie beiden alleine waren, um sich näher kennenzulernen, hatte sie keine Angst mehr vor der Hochzeit. Lucius war ein guter Mann.
Das bewies auch die Tatsache, dass er sich weigerte während ihrer fortgeschrittenen Schwangerschaft ins Ausland zu reisen. Er war bei ihr geblieben und kümmerte sich um sie und ihren gemeinsamen Sohn, der in etwa zwei Wochen geboren werden würde.
Im Moment befand sie sich auf der Terrasse von Lucius' Elternhaus, einem großen Anwesen, in dem sie den Rest ihres Lebens verbringen würden. Er kam gerade heraus zu ihr und lächelte, als er sah, wie sie mit hochgelagerten Füßen und einem Glas Orangensaft in der Hand den Sonnenuntergang genoss. Schon seit Monaten konnte sie einfach nicht genug von dem gelb-orangenen Saft bekommen.
Es war Ende Mai und als sie ihn bat, ihr eine Decke zu holen, machte er sofort kehrt und kam mit ihrer Lieblingsbaumwolldecke zurück. Er steckte sie an beiden Seiten ihrer Hüfte fest und drückte ihr dann einen Kuss auf die Stirn. Das tat er oft, allerdings nur, wenn sie alleine waren. Lucius hob ihre Fußknöchel hoch und setzte sich dann auf den Stuhl ihr gegenüber, auf dem ihre Füße geruht hatten. Jetzt lagen sie auf seinem Schoß und er begann mit einer sehr angenehmen Fußmassage. Als hätte er gewusst, dass ihre Füße schon wieder schmerzten.
"Du wirst ein guter Vater, Lucius.", sagte sie leise. Er sah erstaunt auf und blinzelte erst einmal, ehe er antwortete:"Ich werde nie so gut sein wie du als Mutter.", er hielt einen Augenblick inne, in dem er in Richtung der untergehenden Sonne schaute, "Ich bin kein Meister in Sachen Gefühle zeigen." Fast schon verlegen blickte er auf.
Sie begegnete seinen Augen mit einem sanften Blick. "Du wirst schon sehen, unser Leben wird durch unseren Sohn nur noch besser werden. Du kannst ihm Quidditch beibringen und ich ihm Lesen und Schreiben. Und wenn er alt genug ist, bekommt er Tanz und Musikunterricht wie wir damals. Mit elf wird er nach Hogwarts gehen und wir werden ihn schrecklich vermissen. Ich habe jetzt schon Angst vor dem Moment, in dem er in den Zug steigt."
Sie legte die Hände auf ihren Bauch, als könnte sie ihren Sohn so dazu bewegen, sich nie von ihr zu entfernen. Lucius hob eine Hand und platzierte sie zwischen ihre. Er musste die stetigen Tritte auch spüren, wegen denen sie sich ursprünglich hatte hinsetzten müssen. "Er ist kräftig, stark.", sagte Lucius mit gesenkter Stimme.
Sie nickte, ihr Blick ruhte auf Lucius linken Unterarm, der ihrem Bauch und damit auch ihrem Sohn so nahe war. Mit äußerster Vorsicht schob sie den Umhangärmel nach oben, der das Dunkle Mal verborgen hatte. "Glaubst du, er wird auch einmal eines bekommen?"
Ihr Ehemann senkte den Blick und starrte auf das Mal. "Er wird sich nicht dagegen wehren können. Wenn der Dunkle Lord in siebzehn Jahren noch immer an der Macht ist, wird Draco in meine Fußstapfen treten müssen.", im ersten Moment musste sie lächeln, weil Lucius zum ersten Mal den Namen genannt hatte, den sie sich ausgesucht hatte, im nächsten wurde ihr bewusst, was seine Worte bedeuteten.
"Ich habe Angst.", sagte sie leise. Lucius sah auf und mit seinen grauen Augen direkt in ihre blauen. "Ich auch.", sie las die Worte mehr von seinen Lippen ab, als dass sie sie hörte.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top