3 - Jily

James

James war nie besonders gut im still sitzen und arbeiten. Er mochte es lieber, mitten im Geschehen zu sein. Zauber zu sprechen, Quaffel zu werfen. Im zu dieser Zeit bereits dunklen Gemeinschaftsraum der Schulsprecher zu sitzen und über einem langweiligem Protokoll der eben erst zu Ende gegangenen Vertrauensschüler- und Schulsprecherversammlung zu brüten und auf Rechtschreibfehler zu überprüfen, die er in der letzten halben Stunde gemacht haben könnte, war so gar nicht seine Lieblingsbeschäftigung. 

Er könnte jetzt mit seinen Freunden vor dem Kaminfeuer sitzen und Unfug machen. Oder auf dem Quidditchfeld mit Marlene den Quaffel hin und her passen. Es gab so unendlich viele Möglichkeiten, seinen Abend mit schöneren Dinge zu verbringen als einem seiner Meinung nach völlig überflüssigem Protokoll dieser dreistündigen Sitzung. 

War es nicht schon genug Strafe, diese lange Zeit mit streitlustigen Slytherins, oberschlauen Ravenclaws und einer Schulsprecherpartnerin, die es genoss, wie sehr er sich damit quälte, in diesem stickigem Raum festzusitzen, zu verbringen? Musste er dann wirklich auch noch danach, als er endlich dachte, es wäre vorbei, seinen Abend mit einem Protokoll für den Schulleiter verschwenden? 

Seufzend griff er nach seinem Zauberstab, der neben ihm auf seinem Schreibtisch lag. Er hatte soeben entdeckt, dass er bei Kontrollgängen das r vergessen hatte, sodass es Kontollgänge hieß. Er löschte das sinnlose Wort und schrieb es dann erneut, dieses Mal richtig. Vier Zeilen noch, sagte er sich selbst, dann bin ich fertig. Nur noch vier Zeilen. 

"Bist du fertig?" Am liebsten hätte er aufgesehen, um Lily Evans anzusehen, ihre schönen grünen Augen bewundern zu können. Doch er wusste, dass es dann mit seiner Konzentration endgültig vorbei wäre. Sie schaffte es immer, ihn aus dem Konzept zu bringen. 

Also brummte er nur und bemühte sich, die Worte, die er las, auch in seinem Gehirn zu verarbeiten. "Lass mal sehen" Er hörte einen Stuhl über den Boden scharren, dann Schritte, die auf ihn zukamen. Und dann war da nichts mehr außer Lilys Duft in seiner Nase, Lilys Haare, die seinen Hals kitzelten, als sie sich über seine Schulter beugte, und Lilys Lippen, die das Einzige von ihr waren, die er aus dem Augenwinkel von ihr sehen konnte. Die Kerzen warfen ein flackerndes Licht auf ihre roten Haare und auf ihre weiche Haut. Er fand sie wunderschön. Es gab niemanden, der ihr Konkurrenz machte und es würde auch niemals jemanden geben. 

Einen Moment lang saß er völlig erstarrt auf seinem Platz, wusste weder wie man atmete, noch wie man Worte formte. Dann hob Lily die Hand und deute auf die letzte Zeile des Protokolls. "Soll das Fletcher heißen?" Er räusperte sich. "Ja, was sonst?" "Ich wollte nur sichergehen.", antwortete sie mit einem belustigten Lächeln auf den Lippen. 

"Was ist so lustig?", wollte er wissen, hauptsächlich, um nicht weiter über die Grübchen nachzudenken, die sich in ihren Mundwinkeln gebildet hatten, und wie gerne er sie diese mit seinen Lippen erkundet hätte. "Heute habe ich dich zum ersten Mal seit mehr als sechs Jahren wirklich arbeiten gesehen. Nicht nur jetzt, auch vorhin bei der Besprechung hast du dich richtig ins Zeug gelegt. Als Remus mir erzählt hat, dass du der zweite Schulsprecher bist, hätte ich niemals damit gerechnet, dich auch etwas dafür tun zu sehen. Ich dachte eher, du würdest deine Macht nutzen, um Slytherins Punkte abzuziehen oder mit der Ausrede, Kontrollgänge zu machen, Streiche zu spielen." 

"Ich bin eben immer für Überraschungen gut.", meinte er. Er fühlte sich, als hätte sein Herz Flügel, die wie die eines Schnatzes in seiner Brust schlugen und dort einiges an Chaos verursachten. Dass er beides schon getan hatte sagte er nicht. Es war noch nie geschehen, dass Lily Evans ihm ein Kompliment gemacht hatte, und dass sie es jetzt machte, während sie alleine waren, zu später Uhrzeit und bei romantischem Licht, lies Hoffnungen in ihm aufkommen, die er in den letzten Monaten mit aller Kraft zurückdrängte. 

"Stimmt, das bist du." Lily schnappte ihm das Pergament aus den Fingern und legte es zu dem Plan, an dem sie gearbeitet hatte. Einem Plan, auf dem alle Kontrollgänge durch das Schloss des nächsten Monats aufgelistet waren. Er nahm sich vor, das Pergament zu duplizieren, ehe sie es morgen Professor Dumbledore überbringen würde. Das machte es schon das ganze Schuljahr über, eine Tatsache, die Lily besser niemals erfuhr. 

"Heißt das, mein Protokoll ist von der hochwohlgeborenen Lady Evans als genehm empfunden worden?", fragte er grinsend, als er aufstand, um endlich die verspannten Arme über den Kopf zu strecken und den steifen Nacken kreisen zu lassen. "Aber klar, ist dir gut gelungen, James. Es steht alles drin, ist aber trotzdem nicht zu lang." Er hielt mitten in seiner Bewegung inne. "Hast du mich gerade James genannt?" "Das ist dein Name, oder?", entgegnete Lily ohne zögern. 

Doch er bemerkte die Röte, die ihr in die Wangen stieg, und wusste, dass es ein Versehen war. Sie hatte ihn noch nie bei seinem Vornamen genannt, nicht ein einziges Mal. Er ging einen Schritt auf sie zu. "Gib's zu, Lily Evans, du hast gerade vollkommen vergessen, dass du mich für einen kindischen und arroganten Idioten hältst." Sie schloss die Augen als würde sie Merlin um Gnade bitten. Dann murmelte sie leise:"Möglicherweise"

Er machte noch einen Schritt. Wenn er noch einen machen würde, stünden sie Nase an Nase, doch Lily wich nicht zurück. Sie öffnete die Augen und das Grün darin traf ihn wie jedes Mal, wenn sie ihn direkt ansah. Nervös fuhr er sich durchs Haar. 

"Wie wäre es, wenn wir die Streitereien beenden? Freunde?", ihre Worte überraschten ihn so, dass er sie für einen Moment nur anstarren konnte. "Du meinst...", seine Stimme war heißer und er musste sich räuspern. Währenddessen rückte er seine Brille zurecht. "In Ordnung, Freunde." Er nahm die Hand, die sie ihm hinhielt und versuchte die Stromschläge, die diese Berührung durch seinen Körper schickte, geflissentlich zu ignorieren. Er hatte gerade einen riesigen Schritt in Richtung Lilys Herzen zurückgelegt, er durfte jetzt nicht zu weit gehen, sich idiotisch benehmen, einen blöden Spruch bringen, sie zu lange, zu intensiv anstarren... 

Die Dinge, auf die er achten musste, waren so zahlreich, dass er nicht gleich bemerkte, dass er Lilys Hand bereits viel zu lange in seiner hielt. Doch Lily entzog sie ihm nicht. Es wurde auch nicht peinlich zwischen ihnen. Im Gegenteil. Es lud sich eine Spannung zwischen ihnen auf, von der er glaubte, sie körperlich zu spüren. Lily machte einen Minischritt auf ihn zu, vorsichtig, zögerlich. Er beobachtete sie dabei und wusste zum wiederholten Mal nicht, was er tun sollte. Er wusste es nie, wenn sie in der Nähe war. Schon gar nicht, wenn sie ihm so nahe war. War sie das denn überhaupt schon einmal gewesen? 

Er legte zaghaft die freie Hand auf ihre Wange, dabei kam es ihm vor, als würde jemand anderes seinen Körper steuern. Dieser Jemand brachte ihn auch dazu, den Kopf zu senken, sodass seine Stirn fast an ihrer lag. Einen Augenblick lang schauten sie sich noch in die Augen, die Flamme der Spannung zwischen sich flackernd, dann - und er wusste nicht, wer sich als erstes bewegte - lagen ihre Münder aufeinander und sie versanken in einen innigen und leidenschaftlichen Kuss. Ihre Körper drückten sich aneinander, er spürte ihre weichen Kurven, ihre verführerischen Lippen. Jede Zelle seiner Selbst schien in Flammen zu stehen, selbst seine Haarspitzen. 

Er lies seine Hand in ihr Haar wandern, um sie noch näher an sie zu ziehen. Er wollte, dass dieser Kuss niemals endete. Er wollte für immer in diesem spärlich beleuchteten Raum stehen und Lilys Unterlippe zwischen seine Zähne ziehen. Für immer ihr kleine Seufzer entlocken, die ihn in den Wahnsinn zu treiben schienen. Für immer für eine kleine Atempause seine Stirn an ihre lehnen und sie seinen Vornamen flüstern hören. Er konnte sich nicht vorstellen, wie er sein Leben lieber verbringen würde. 

Lily hatte gerade mit ihm einen Kampf um die Oberhand gehabt, den er sie mit Freuden gewinnen lies, als sie, beide Hände an seine Wangen gelegt, erneut etwas gegen seine Lippen hauchte:"Ja" Er wich so weit zurück, wie er musste, um ihr ohne zu schielen in die Augen sehen zu können. Ihr Blick war verschleiert, ihre Wangen gerötet, ihre Lippen etwas angeschwollen. 

"Wozu ja?", fragte er, nicht sicher, worauf sich dieses ernst gesprochene Wort bezog. "Hogsmeade", sagte Lily nur. Sie lächelte, als sich seine Augen weiteten. Ihr Daumen fuhr über seine Haut und ihre Augen folgten ihm, während sie ihm einen Moment Zeit lies, das eben Geschehene zu verarbeiten. "Du und ich? Ein Date?" Lily runzelte die Stirn. Unsicherheit tritt in ihre Augen. "Das wolltest du doch die ganzen letzten Jahre über, oder? Du hast mich fast täglich gefragt.", auch ihre Stimme wurde jetzt eine Spur unsicher. Vielleicht dachte sie daran, was sie Remus einmal gesagt hatte, als er ohne ihr Wissen hinter ihr zu Zauberkunst ging, schoss es ihm durch den Kopf. Potter will mich doch nur auf seiner Eroberungen-Liste abhaken. Er meint es nie ernst mit Mädchen. 

"Lily?", er wartete bis sie ihn ansah. Er schaute ihr tief in die Augen, wollte ihr allein mit seinem Blick ein Stück Sicherheit vermitteln. "Ich würde nichts lieber tun, als dich zu Madam Puddifoot's Café auszuführen und mir mit dir eine rosa gefärbte heiße Schokolade zu teilen. Oh, und die herzförmigen Streusel drauf hätte ich- Hey!" Lily hatte ihm einen überraschend starken Schlag gegen den Oberarm verpasst. 

"Ich meine es ernst, James.", meinte sie entrüstet, aber wieder mit einem Lächeln auf den Lippen. "Glaub mir", sagte er mit sanfter Stimme, "ich würde sogar mit dir in dieses kitschigste aller Cafés gehen, wenn dir danach ist. Hauptsache, du gibst mir die Chance, dich zu einem umwerfenden Date auszuführen." Lily legt den Kopf etwas schief und sie sahen sich wieder einfach nur in die Augen. 

Nach langen, intensiven Sekunden, in denen keiner von beiden ein Wort über die Lippen brachte, breitet sich schließlich ein Lächeln auf ihren Lippen aus. "Normal macht man nicht vor dem dritten Date rum, das weißt du, oder?" Er beugte sich mit einem breiten Grinsen zu ihr hinunter, um, sobald er seine nächsten Worte gesagt hatte, Lily wieder in einen Kuss zu ziehen. "Es könnte sein, dass du es in den letzten Jahren nicht mitbekommen hast, aber ich bin ziemlich gut darin, Regeln zu ignorieren." 

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