James

Ich hätte niemals gedacht, dass ein Herz flattern kann. Dass sich in meiner Brust Flügel ausbreiten könnten, die mit meinem Herzen davonflattern. Hätte mir jemand am Anfang meiner Hogwartszeit gesagt, dass ich einmal mit Lily Evans, die sich eng an mich kuschelt, im Gemeinschaftsraum der Schulsprecher an das große, rote Sofa gelehnt dasitze, hätte ich ihn ausgelacht. Heute, unzählige gemeinsame Stunde mit ihr später, die entweder aus Schulsprecherpflichten bestanden oder aber auch mit Dates gefüllt waren, heute weiß ich, dass man selbst das Unmöglichste schaffen kann, wenn man nur dafür kämpft. Ich habe um diese rothaarige Hexe gekämpft, habe nicht aufgegeben, bis sie schließlich doch mit mir nach Hogsmeade ging und sich von mir ein Butterbier ausgeben lies.

Und jetzt, jetzt muss ich den Kopf nur um Millimeter senken, um Lily einen sanften Kuss auf die Stirn drücken zu können.

Lily Evans legt lächelnd den Kopf in den Nacken und sieht mich einen Moment lang nur an. Ich erwidere den Blick aus ihren mandelförmigen, tiefgrünen Augen und beuge mich dann ganz langsam, wie in Zeitlupe, nach vorne. Ihre Mundwinkel wandert weiter nach oben, ihre Pupillen weiten sich fast unmerklich. Ich beobachte, wie sie erst meinen Kuss erwartet und dann gespannt die Augen schließt, während sie sich mir noch ein Stückchen entgegenreckt. Ich halte inne. Ich mustere ihr schönes Gesicht. Die helle, weiche Haut, das winzige Muttermal über ihrer rechten Augenbraue, ihre rosigen Lippen. Als ich den restlichen Abstand überbrücke und meine Lippen auf ihre lege, scheint mein Herz abermals Flügel zu bekommen. Wie kann das sein? Sie hat mein Herz schon vor einer Ewigkeit gestohlen, wie kann es ihr mit jeder weiteren Berührung, jedem weiteren Kuss in die Hände fallen?

Ich halte inne und verharre mitten in unserem Kuss. Lily sagt nichts, sie wartet ab, was ich vorhabe, dabei habe ich selbst keine Ahnung, was ich gerade mache.

»James?«, flüstert sie schließlich, dabei berühren ihre Lippen immer wieder die meinen. »Was ist los? Stimmt was nicht?«

Ich lehne mich zurück, um sie noch einmal eingehend betrachten zu können. »Weißt du eigentlich, dass du wunderschön bist, Lily?«

Ihre Wangen färben sich rot, aber sie weicht meinem Blick nicht aus, mit dem ich ihr so viel mehr als nur meine gesprochenen Worte vermitteln will.

»Und das meine ich nicht nur oberflächlich.« Ich lege eine Hand auf ihr Herz, das verdächtig schnell schlägt. Sie scheint unser gemeinsamer Abend vor dem Kamin, eng aneinandergekuschelt und mit jeder Menge besonderen Momenten auch nicht kalt zu lassen. »Du bist mein Engel. Und mein Kryptonit.«

Lily schließt die Augen, ein gigantisch schönes Lächeln schleicht sich auf ihre Lippen. »Du hast den Comic gelesen, den ich dir gegeben habe!« Ich nicke, während ich ihr eine widerspenstige Haarsträhne hinters Ohr streiche. »Dann sollst du wissen, dass du mein Superman bist, James Potter.« Sie drückt meine Hand, die fest mit ihrer verschlungen ist.

»Ich möchte dir was sagen.«, beginnt sie zögernd. Etwas beunruhigendes liegt in ihrer Stimme, weswegen ich mich aufrichte und Lily ein wenig zu mir herumdrehe. Sie lächelt, als ich besorgt meine Hand an ihre Wange lege und sie fragend ansehe. »Ich muss mich entschuldigen.«

Ich runzle verwirrt die Stirn. »Wofür?«, frage ich.

»Dafür, dass ich so oft nein gesagt habe. Hätte ich früher erkannt, wer du wirklich bist, hätten wir mehr Zeit zusammen gehabt.«

Ich schlinge meine Arme fest um sie und ziehe sie wieder an meine Brust, ehe ich ihr leise ins Ohr raune:»Jeder Kuss, den ich jetzt von dir bekomme, wiegt ein nein auf. Und überhaupt, wir haben noch ein ganzes Leben zusammen vor uns. Diese zwei Monate in Hogwarts sind erst der Anfang, das versprech ich dir, Lily. Wir haben Zeit, das ist das Einzige, was wir immer haben werden.«

Mein Blick gleitet zu den flackernden Flammen im Kamin vor uns. »Ich verspreche dir, dass ich alles für dich - für uns - tun werde, das in meiner Macht steht. Für ein Leben in Freiheit und Sicherheit und mit allem, was dein wunderschönes Herz begehrt, Lily Evans.«