'' part 2
pov stegi
Um punkt neun Uhr stand ich vor der Wohnungstür und schloss diese auf. Ich besaß mittlerweile ebenfalls einen Schlüssel, damit ich ungehindert in die Wohnung kam. „Basti? Ich bin da", mache ich mich bemerkbar. Sein Schlafzimmer war noch verdunkelt. „Mmh, du bist ja pünktlich", sagte er überrascht. „Natürlich. Steht heute irgendein Termin an?" „Eigentlich nicht. Nur ein paar berufliche Telefonate" Zufrieden nickte ich und machte den Rollo hoch. Basti kniff gequält die Augen zusammen bei dem grellen Sonnenlicht.
Sein Rollstuhl stand noch immer neben dem Bett, wo ich ihn am Abend zuvor stehen ließ. „Okay, dann mach ich dir erstmal Frühstück" Ich konnte sehen, dass er versuchte zu widersprechen, aber gab auf. Ich schlug seine Bettdecke zurück und hebte ihn zurück in den Rollstuhl, als er plötzlich aufzischte. „Oh, tut mir leid. Hab ich dir wehgetan?" „Meine Taille" Sein Gesicht war schmerzverzerrt. „Dein Sturz gestern", kam mir in den Sinn. „Lass mich mal kurz schauen, ja?" Ich hob sein Oberteil ein Stück weit nach oben um auf seine Taille blicken zu können. „Hm, ist ein bisschen blau. Wir sollten wirklich ins Krankenhaus damit"
Genervt seufzte Basti auf. „Kann ich erst was essen?" „Klar. Was willst du? Beziehungsweise, was hättest du denn da?" „Esse normalerweise Joghurt mit geschnittenem Obst. Wenn dir das zu viel Arbeit ist, habe ich bestimmt auch noch Brot oder so im Angebot" „Quatsch, alles gut" Ich lenkte ihn ins Esszimmer, damit ich ungestört meine Arbeit verrichten konnte. „Das ist die letzte Packung Naturjoghurt. Wir könnten heute auch einkaufen, dann musst du die nächsten Tage nicht hungern", gab ich leicht sarkastisch von mir. „Ja, können wir ja auf dem Rückweg vom Krankenhaus machen" „Falls wir heute überhaupt noch den Rückweg antreten" Dafür kassierte ich einen Todesblick.
Trotzdem sah ich ihm noch an, dass er mehr Schmerzen hatte, als er zugab. Ich stellte ihm seine Schüssel mit dem Joghurt und Obst auf den Tisch. „Hier, wo sind denn deine Medikamente? Vielleicht könnte ich schonmal Creme auf die Stelle geben" „Küche, ganz links, mittlere Schublade" Ich folgte seiner Anweisung und fand tatsächlich haufenweise Arzneimittel. Meine Augen schweiften über die verschiedenen Packungen, bis ich die orange-weiße fand. Mit dem Voltaren Schmerzgel in der Hand lief ich zurück zum Esszimmer.
Glücklicherweise hatte er heute nicht solche Probleme mit dem Besteck wie gestern. War wohl wirklich der Schock. Geduldig wartete ich, bis er fertig war, sonst wäre das irgendwie komisch. „Willst du nichts?", fragte er mich verwundert, nachdem er die Hälfte seiner Portion bereits verschlungen hatte. „Danke, ich habe zu Hause gegessen" Er nickte und aß den Rest fertig auf.
„Könntest du dein Hemd mal etwas hochheben? Ich brauche zwei Hände zum eincremen" Er tat wie gesagt, damit ich ungestört an den Bereich seiner Rippen kam. Auf meine Fingerspitze drückte ich etwas des Schmerzgels und verrieb es dann an seinen Seiten. Schmerzvoll zischte er auf. „Tut mir leid. Hoffentlich wirkt das zumindest ein wenig" „Alles gut" Am Waschbecken in der Küche wusch ich mir meine Hände. „Schnell umziehen, und dann ins Krankenhaus?", fragte ich ihn, wobei es eher eine Anweisung war. „Wenn's sein muss" „Ja" Er seufzte.
Nach der Klamottenprozedur von gestern, nur umgekehrt, befanden wir uns erneut im Auto. „In welchem Krankenhaus wurdest du behandelt?" Berlin war eine große Stadt, weswegen es selbstverständlich mehr als nur eins gab. „St. Joseph. Beim Südkreuz" Ich tippte im Navi herum, bis ich die gesuchte Adresse fand. Immer noch hippelig durch das teure Auto lenkte ich uns durch den dichten Verkehr Berlins. Es war noch morgens, Leute fuhren zur Arbeit, wodurch wir länger brauchten als das Navi uns vorgab.
Lustlos hob Basti sich auf seinen Rollstuhl als wir ankamen. Dabei kniff er erneut die Augen zusammen. Hoffentlich war es nichts allzu ernstes. Ich könnte schlimmstenfalls gefeuert werden. An der Rezeption begrüßte uns ein großer Mann mit blauen Kleidern. „Herr Schneider, ist Ihr Termin denn schon heute? Ich dachte, erst am Wochenende?" Verwirrt blätterte er durch seinen Terminkalender. „Nein nein, ich wollte mich nur mal durchchecken lassen. Bin gestern gestürzt und seitdem habe ich Rippenschmerzen" Sein Gesichtsausdruck änderte sich sofort zu alamiert. „Oh, okay. Ich sage Doktor Gunert bescheid. Bitte warten Sie noch kurz im Wartezimmer" Er deutete auf das dazugehörige Schild.
Ich lächelte ihm kurz zu und brachte uns in den Wartebereich. Glücklicherweise besaß dieser keine Türen, wodurch wir uns nicht mit dem Rollstuhl quälen müssen. Ein Vater mit seiner Tochter saß ebenfalls dort und sagte uns freundlich hallo. „Papa, warum hat der einen fahrbaren Stuhl?", flüsterte die Kleine ihm ins Ohr, dennoch laut genug, damit ich es hören konnte. „Manche Menschen haben Probleme mit dem Laufen, oder können sogar ihre Beine nicht bewegen. Damit sie sich trotzdem fortbewegen können, nutzen sie einen Rollstuhl", flüsterte der Mann zurück. Mit großen Augen musterte das Mädchen Basti, welcher vertieft in ein Magazin über gesunde Ernährung war. „Das ist aber blöd", staunte sie. Ich musste mir ein Schmunzeln verkneifen.
Recht hatte sie allerdings. Als beeinträchtigte Person hat man es nicht leicht. Vor allem, da die meisten Orte immer mit ‚barrierefrei' werben, aber es dort trotzdem hundert Hindernisse gab. Ich stellte mir das wirklich schlimm vor, nichtmal in der Lage zu sein zu stehen, auf andere angewiesen zu sein. Seufzend wanderte mein Blick nun ebenfalls auf das Magazin von Basti.
Nach wenigen Minuten wurde er bereits aufgerufen. Wir wurden in einen großen Untersuchungsraum geführt, in dem ein etwas älterer Mann saß. „Guten Morgen Herr Schneider. Und Sie sind Herr Maier?" Ich nickte. „Also, Sie sind auf die Seite gefallen? Welche denn?" „Die Rechte" Der Arzt half ihm dabei sich auf die Liege zu legen, nachdem er sein Oberteil auszog. Kritisch warf er einige Blicke auf die bläuliche Färbung an den Rippen. Das Glänzen der Salbe sah man noch immer. „Gut, dass Sie bereits eingecremt haben", lobte er mich. Vorsichtig fuhr er die Seite entlang, wodurch sich Bastis Körper direkt verspannte. Er unterdrückte sich ein weiteres Aufzischen.
Sofort zog der Mann seinen Finger zurück. „Okay, wir machen mal ein Röntgenbild. Sie können direkt mit mir mitkommen", bestimmte er. Zusammen hoben wir Basti auf den Rollstuhl und begaben uns zu einem der Röntgenräume. Ich musste draußen warten. Gedankenverloren scrollte ich durch mein Handy, bis er wiederkam. „Bis die Bilder gedruckt sind dauert es noch kurz. Sie können schonmal zurück ins Behandlungszimmer, ich komme gleich nach"
Also versuchte ich irgendwie den Weg zurück aus dem Labyrinth zu finden. Warum sind Krankenhäuser aber auch so umständlich gebaut? Mit der Hilfe von Basti, der wohl einen guten Orientierungssinn besaß, fanden wir schlussendlich den Raum wieder. Nervös wippte mein Bein auf und ab, während wir warteten. Was wird meine Chefin sagen? Ich liebte diesen Job. Menschen zu helfen war schon als kleiner Junge mein Traum. Das wollte ich nicht verlieren.
Bevor ich mir noch weitere Gedanken machen konnte, kam auch schon der Arzt mit zwei DIN A4 Bildern in der Hand. Skeptisch betrachtete er diese. „Ich habe leider nicht so gute Neuigkeiten" Er breitete die Bilder vor Basti aus. „Sehen Sie, diese Rippe hat sich verschoben. Das war die, die wir nach Ihren Unfall operiert haben. Anscheinend war es noch nicht komplett geheilt und hat sich durch den Sturz erneut verschlechtert" Ich atmete angestrengt aus. Alles meine Schuld. Auf dem Bild konnte man deutlich erkennen, dass eine der Rippen eine starke Schieflage hatte. „Haben Sie Schmerzen beim Einatmen?" Basti nickte. Das erzählte er mir nichtmal? „Dann müssten wir Sie nochmals operieren, es tut mir leid. Wenn sie sich weiter verschieben würde, könnte sie wichtige Organe verletzen und womöglich sogar tödlich enden", erklärte er.
„Ich schau kurz nach, wann der nächste freie Termin wäre" Er tippte hektisch auf dem Computer irgendwelche Tasten. In der Spiegelung seiner Brille erkannte ich nur eine Art Tabelle. „Tatsächlich wäre in einer Stunde der OP-Saal frei. Ich würde das schnell mit dem Chefarzt absprechen" Mit einem sanften Lächeln verließ er den Raum. „Scheiße, es tut mir leid", murmelte ich in meine Handflächen. „Ist doch okay. Ich hab dir schließlich verboten mir zu helfen. Manchmal sind halt auch Anwälte dumm" „Nur weil du es mir verboten hast, heißt das nicht, dass ich mich auch daran halten muss. Ich bin hier um für deine Sicherheit zu sorgen. Und genau das Gegenteil habe ich gemacht. Ich möchte kein Mitleid von dir haben, sondern dir einfach sagen, wie leid es mir tut" Wortlos nahm er dies hin.
Nur wenig später öffnete der Sekretär die Tür. „Der OP wird gerade vorbereitet, ich soll Sie schon bereit machen" Er ging auf Basti zu. „Und Sie können so lange natürlich etwas anderes machen. Es wird ungefähr eine Stunde dauern", wandte er sich an mich. Stumm nickte ich und verließ den Raum, sowie das Gebäude. Fast als würde mein Schicksal mich hassen, rief meine Chefin an als ich auf dem Parkplatz stand. „Stegi, du weißt, dass wir Einsicht in die Krankenakte unserer Patienten haben? Herr Schneider ist im Krankenhaus? Erklär mir das" Sie wirkte nicht gerade aufgebracht, nur etwas enttäuscht. „Sorry. Er wollte sich was zu Essen machen, hat sich etwas überschätzt und ist dann gestürzt. Er wird gleich operiert, sonst könnten Organe verletzt werden und-" „Okay okay, beruhig dich", unterbrach sie meinen Redefluss.
Ich hatte gar nicht bemerkt, wie brüchig meine Stimme geworden ist. Warme Tropfen kullerten an meinen Wangen herunter. „Atme erstmal tief durch", ordnete sie mir an. Ich tat wie gesagt. „Natürlich ist das ärgerlich, bei einer anderen Chefin hättest du jetzt ernsthafte Probleme, aber sieh es mal positiv. Wärest du nicht dagewesen, würde er vielleicht noch immer auf dem Boden liegen. Er wäre nicht ins Krankenhaus gekommen um behandelt werden zu können. Und zumindest ist es ‚nur' eine Rippe. Es hätte schlimmer ausgehen können" „Du hast Recht. Trotzdem tut es mir leid" „Ja, ich muss dafür auch leider etwas von deinem Gehalt abziehen für diesen Monat. Aber du wirst nicht gefeuert. Mach dir nicht so viele Gedanken. Ich weiß, dass er kein leichter Patient ist. Du machst das bestimmt super" Ihre Worte halfen tatsächlich dabei mich zu beruhigen. „Danke" „Ruf mich bitte das nächste mal sofort an, wenn etwas passiert, ja?" „Mach ich" Sie legte auf.
Gelangweilt saß ich im Auto und überlegte, wie ich die Zeit totschlagen könnte. Erst wollte ich zum Bäcker, aber wollte dafür nicht Bastis Sprit verbrauchen. Schließlich war es nicht mein eigenes Auto. Stattdessen entschied ich mich für einen kurzen Spaziergang. Einige Züge fuhren an mir vorbei, als ich die Straße entlang lief. Eine Straße weiter fand ich tatsächlich ein Café. Brauchte ich wohl gar kein Auto. Ich betrat den niedlichen Laden und holte mir einen schwarzen Kaffee. Meine Nerven brauchten einfach viel Koffein. Da ich sowieso nichts anderes zu tun hatte blieb ich im Café sitzen. Die Barista verhielt sich gegenüber mir sehr freundlich und mein Getränk schmeckte köstlich. Ich sollte hier öfter mal herkommen.
Nach ordentlichem Trinkgeld machte ich mich wieder auf den Weg zum Krankenhaus. Die Operation müsste mittlerweile bereits vorbei sein. Gleich am Eingang stieg mir der typisch sterile Geruch in die Nase. „Sie können zu ihm, er wacht bald auf. Doktor Gunert kommt dann und gibt Ihnen bescheid", erklärte mir der Sekretär auf meine Nachfrage. Er zeigte mir den Weg zur Station und verabschiedete sich mit einem freundlichen Lächeln. Basti lag im Bett mit geschlossenen Augen. Die Narkose wirkte wohl noch. Auf dem Monitor konnte ich seine Werte sehen. Alles im Normalbereich, nur der Herzschlag etwas langsam, da er nicht bei Bewusstsein war. Erleichtert atmete ich aus.
Immer wieder lief ich den Raum auf und ab. Wäre diese Operation schief gegangen hätte ich mir niemals verzeihen können. Aufgebracht richtete ich meine leicht verschwitzten Haare. „Stegi?" Eine raue Stimme zog meine Aufmerksamkeit wieder auf das Hier und Jetzt. Basti blickte mich mit halb geöffneten Augen an. „Hey, geht's dir gut?", fragte ich ihn direkt. „Scheiße bin ich müde" Ich musste loslachen, was Basti ebenfalls ein Lächeln einbrachte. Seine Augen konnte er noch immer nicht ganz öffnen. Schnell ging ich zum Lichtschalter um die Lampe an der Decke auszuschalten. „Danke", gab er erleichtert von sich.
Ein Klopfen erschreckte uns beide. Der Arzt trat ein. „So Herr Schneider, die Operation ist wunderbar verlaufen. Es gab keine Komplikationen. Sicherheitshalber haben wir mal nachgeschaut, ob vielleicht schon Organe beschädigt sind, aber alles war in bester Ordnung. Sie werden die nächsten Tage warscheinlich noch etwas Schmerzen verspüren. Danach sollte es jedoch besser werden. Überanstrengen Sie sich nicht" „Dafür werd ich schon sorgen", meldete ich mich zu Wort. Der Arzt lächelte mir zuversichtlich zu. „Ich habe hier noch Tabletten, um die Schmerzen einzudämmen. Können Sie ruhig drei mal täglich nehmen, falls Sie denken, Sie brauchen es" Er übergab Basti eine kleine Dose.
„Sie müssten noch bis heute Abend auf Station bleiben zur Beobachtung, danach können Sie dann gerne gehen. Haben Sie noch Termine?" Fragend blickte ich den Mann neben mir an. Dieser schüttelte den Kopf. „Super, dann gute Genesung, und ich komme immer mal wieder, um nach Ihnen zu schauen"
ey ich war diese woche im krankenhaus und da waren wirklich alle so krass unfreundlich das unnormal 🥲
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