'' part 2

Vor Schreck zuckte ich etwas zurück. Doch Lex schien kein wirkliches Problem mit der Situation zu haben. Mit Leichtigkeit zerriss er die Schnüre des Netzes und befreite sich. Seine zuvor wütenden Augen wurden plötzlich komplett leuchtend weiß. Er schnellte auf Veni zu und stürzte ihn zu Boden. Ich traute mich kaum noch zu atmen. Seine Flügel waren demonstrativ ausgebreitet. Er kniete auf Venis Oberkörper, während seine linke Hand ihn am Hals würgt. Seine rechte war zu einer Faust geformt und aus dem Zeigefingerknöchel kam auf einmal eine Klinge. Wie bei einem Superheld. Erst jetzt realisierte ich, was das heißt. Nein, ich wollte keinen Mord mit ansehen müssen.

Gerade wollte ich mich wegdrehen, da traf ein Pfeil Lex direkt am Hals. Eine Betäubungsspritze. Aus dem Wald traten nun noch mehr Soldaten raus. Der Seraph musterte sie wütend, versuchte sichtlich sich gegen die Substanz zu wehren, doch es half alles nichts. Er kippte zur Seite und rollte, mit geschlossenen Augen und schlaffen Gliedern, neben Venis Körper. Mein Atmen fand langsam seinen Weg zurück. Genauso wie eine unbeschreibliche Wut. Veni rappelte sich auf und klopte sich den Schnee vom Hintern. Er machte einen auf stark, doch seine Beine zitterten immernoch vor Angst. Sofort fingen die Männer an Lex zu fesseln. Hilfe suchend blickte ich zu Fabo und Stegi, die jedoch genauso keine Worte zu finden schienen. Sie fesselten seine Hände, Beine, Füße und sogar seine Flügel. Oh, seine armen, göttlichen Flügel.

„Veni, bitte lass es bleiben" Endlich bekam ich wieder Worte aus meinem Mund. „Wüsste nicht warum" „Das ist kein Tier. Es gehört nicht in Gefangenschaft" „Weißt du eigentlich wie viel Geld ich damit machen kann?", antwortete er trotzig. Genau das war der Veni, den jeder so verabscheute. Warum er überhaupt General wurde, wusste niemand. „Es wird dich umbringen", gab ich als Argument. Am liebsten hätte ich ihn umgebracht. Er lachte nur abwertend, bevor er die angebrachten Fesseln nochmal fester zog. Alles in mir zerbrach, als dabei ein Knochenknacken zu hören war. Wie gern ich Veni jetzt den Hals umgedreht hätte. „Ihr kommt mit in die Stadt", ordnete er uns dreien an. „Nein, nicht für soetwas" „Das ist ein Befehl!", schrie er. Als Mitglieder der Armee mussten wir Befehle des Generals natürlich befolgen. Uns blieb keine Wahl.

Wir setzten also unsere Rucksäcke auf und folgten den anderen zur Stadt. Der Fußmarsch erstrecke sich schier ewig. Zwei Männer trugen Lex an Händen und Füßen, wodurch seine Flügel am Boden schliffen und ich mit Mordgedanken kämpfen musste. Warum merkte denn niemand wie falsch das war? Ein gottgleicher Engel. Selbst wenn es keiner wäre, ein normaler Mensch, wäre es immernoch nicht gerechtfertigt. Er wollte ihn verkaufen, als Haustier. Als Schoßhündchen. Etwas, was er offensichtlich nicht war. Was er gar nicht sein könnte. Auf dem Weg dachten wir alle drei an ihn, der da so hilflos an Händen und Füßen geschleppt wurde. Wir sahen uns gegenseitig an, versuchten uns ein Lächeln abzuringen, doch das erwies sich als nicht möglich. Wir wussten alle, wie viel Leid Lex erlitt. Und der Schmerz über diese Ungerechtigkeit fühlte sich wie eine riesige Betonmauer an, die sich in unseren Bauch wuchs.

Wir marschierten durch den Schnee bis wir das Ende der Waldfläche erreicht hatten. Mittlerweile war es bereits früher Morgen; einzelne Sonnenstrahlen bahnten sich ihren Weg auf die Erde. Lex wurden inzwischen noch zwei weitere Spritzen gegeben, damit er auf dem Weg ja nicht aufwacht. Wir betraten die Arena, welche mit Metallstäben umringt war. Der einzige Weg hinaus war das Tor. Zu meiner Überraschung begrüßte uns das ganze Volk und wartete sehnsüchtig. „Habe schon etwas vorraus geplant", murmelte Veni auf meinen verwunderten Gesichtsausdruck. Dieses Arschloch.

Kaum betraten wir die Arena, flackerten Lex' Augenlider. Er wurde in die Mitte des Platzes abgestellt. Es schien immernoch benebelt zu sein, denn es machte keine Anstalten sich zu bewegen. Seine Augen bekam er nicht richtig auf und er lag nur schlaff am Boden. „Meine verehrten Mitmenschen, hört mich an" Venis Stimme hallte durch die Arena und sorgte für Ruhe. Das Volk stand hinter den Metallstäben. „Ich darf euch heute einen Seraph präsentieren. Eine Mythe, wie man meinte. Wie ihr sehen könnt, ist diese Annahme falsch. Es sind mächtige Geschöpfe, wer weiß, wozu sie alles fähig sind. Im Sport... im Kampf, als Waffe. Auch einfach als edles Haustier. Oder als Trophäe bei euch daheim. Es ist vielseitig einsetzbar" Sofort kamen laute Rufe vom Volk. Geldsummen. Summen, in einer derartigen Höhe, dass ich sie mir nichtmal vorstellen konnte. Alle schrien wild durcheinander. Jeder wollte es haben.

Auf einmal zuckte Lex. Seine Lider öffneten sich und er schien sich der Situation bewusst zu werden. Die Augen des Engels wurden groß, sein Knurren noch verzweifelter, als er an seinen Fesseln zerrte. Seine Flügel spannten sich gegen die Seile an und ich konnte die Angst förmlich spüren. Es war noch immer nicht bei vollen Kräften. Zu stark war die dreifache Betäubung. Der Geflügelte wurde still als Veni neben ihm in die Hocke ging. „Weißt du, du würdest eine gute Summe abgeben", summte er, sodass die Menschenmasse ihn nicht hören konnte, nur wir Soldaten unten bei ihm. Veni tippte auf eine ekelhafte Weise auf Lex' Wange, wodurch sich mein Magen umdrehte.

Lex wandte seinen Kopf von ihm ab, Abscheu war taghell auf seinem blassen Gesicht zu sehen. „Hübsche Flügel an dir. Würden sich bestimmt auch alleine gut verkaufen, wenn du keine Ruhe gibst" Am liebsten hätte ich mich übergeben. Lex stoppte sofort alle Bewegungen. Im gesunden Zustand hätte Veni keien Chance gegen Lex. Doch es war nun geschwächt. Nicht mehr voll kampffähig. Venis Hand strich durch die weichen Federn. Fabo meldete sich hinter mir zu Wort: „Die Flügel berühren zu dürfen ist eine Ehre. Es sind göttliche Federn. Sie berühren zu dürfen, bedeutet, dass er für dich sein Leben geben würde. Selbst nur einen Blick auf sie zu werfen ist eine Ehre" Er fuhr mit seinen schmutzigen Fingern durch das Gefieder.

Veni richtete sich wieder auf und wandte sich an die Menge. „Man sollte es nicht meinen, aber diese Kreatur kann sogar sprechen. Die gleiche Sprache wie wir" Er machte eine kurze Pause. „Komm, sprich mit uns", forderte er Lex hochnäsig auf. „Ich hab dich im Wald gehört, ich weiß, dass du reden kannst" Lex blieb still. „Naja, gerade eben ist er nicht so gesprächig, aber er kann es auf jeden Fall", rief er nun wieder mit seiner lauten Stimme.

„Wie ihr sehen könnt macht er nichts. Er gibt ein gutes Haustier ab. Ist ganz brav" Plötzlich funkelten Lex' Augen wieder wütend, bevor sie sich erneut komplett leuchtend weiß färbten. Mit einem Ruck zerriss er die Fesseln und warf Veni um. Dem Volk entwich lautes Entsetzen. Doch Lex ließ von Veni ab und flog an die Kuppel der Arena. Ebenfalls mit Metallstäben ausgestattet, war hier kein Ausweg zu erkennen. Egal, wie sehr es sich anstrengte, Metall blieb stärker. Veni unten schrie ihn an, er sollte gefälligst gehorchen. Was ein Dummkopf.

Ich war so fokussiert auf Lex, dass ich den Rest gar nicht mehr mitbekam. Auf einmal flog ein Speer, welcher ihn am Flügel traf. Mehrere Federn lösten sich und Lex fiel zu Boden. Wie gerne ich jeder einzelnen anwesenden Person ein Messer in die Brust rammen wollte. Unsanft kam es auf dem Steinboden auf. Ging dann aber sofort auf Veni los, der schutzlos da stand. Er besaß nur ein Schwert, welches in seiner zitternden Hand ruhte. Lex schnellte von vorne auf ihn los. Veni bereitete sich vor zuzuschlagen, doch schlug ins Leere. Wie in Fabos Buch erwähnt, teleportierte es sich förmlich hinter Veni und schubste ihn somit zu Boden.

Ein paar mutige Männer rannten in die Arena, um scheinbar zu helfen. Allerdings schüttelte Lex sie ohne Probleme einfach ab. Verletzte sie, aber tötete sie nicht. Anders hingegen bei Veni. Genauso wie im Wald kniete es auf ihm und würgte ihn. Aus seiner rechten Hand kam erneut die scharfe silberne Klinge. Es schnitt ihm knapp übers Auge, wodurch sich wenig später Blut über dieses vergoss. Lex wollte gerade zum weiteren Schlag ansetzen, da flogen von der einen Sekunde auf die nächste unzählige Speere durch die Luft. Die meisten verfehlten, doch manche trafen es. Lex unterdrückte Schmerzschreie. 'Trotzdem sind sie genauso verletzlich wie Sterbliche', erinnerte ich mich an Fabos Worte von vorletzter Nacht. Blut floss von seinem Bauch, seinen Beinen und Armen. Auch seinen einen Flügel traf es erneut.

Etwas in mir schnappte. „Fabo", machte ich meinen Freund auf mich aufmerksam und nickte in Richtung der Wachen am Tor. Er verstand. Seite an Seite verprügelten wir alle vier Soldaten, bis sie bewusstlos am Boden lagen. Ohne zu zögern legte ich den Hebel um. „Hey!", schrie ich in das Schlachtfeld. Ich wollte nicht seinen Namen verraten. Nicht diesen Schweinen. Lex reagierte ruckartig und stürmte aus dem Tor. Er versuchte zu fliegen, was leider kläglich scheiterte. „Lasst ihn nicht enkommen!" Ich hörte Venis aufgebrachte Stimme und wollte ihm direkt eine reinschlagen.

Alle Soldaten begaben sich auf uns zu. „Wohin?" „Wasser", antwortete der Seraph schwach. Eindeutig war er zu verletzt. Stegi und ich stützten ihn, damit wir gemeinsam rennen können. Fabo blieb hinter uns und kümmerte sich um die Männer, die uns zu Nahe kamen. Einige Male klappten Lex' Beine unter ihm weg, doch wir halfen ihm so gut wie es ging. Außer Atem kamen wir am Fluss an. Lex stürzte sich direkt auf die Knie und berührte das trübe Wasser. Erst jetzt fiel mir sein Kristall in der Kette auf. Er leuchtete schwächer als zuvor. Seine Lebensenergie ist gesunken. Nur wegen uns Menschen. Wegen einem Menschen wie Veni verlor ein Seraph einen Teil seiner Lebensenergie.

Die Fingerspitzen berührten die Wasseroberfläche und das Wasser floss seinen Arm hoch. Noch nie zuvor hatte ich soetwas gesehen. Alle Schnittwunden waren sofort geheilt. Zugewachsen, als wäre nie etwas gewesen. Das Wasser floss weiter, Oberkörper, Beine, Flügel. Alles wurde geheilt. Hinter uns näherten sich die Soldaten. „Ich danke euch. Ihr verdient meinen höchsten Respekt. Ich kehre nie wieder, hoffentlich versteht ihr das", sagte es sanft zu uns. Mit einem Flügelschlag erhob es sich in die Lüfte, bis es über den Wolken war. Ich wandte meinen Blick nicht vom Himmel ab. So gerne hätte ich noch über seine Spezies gelernt. Jetzt war es vorbei. Ich spürte wie mir hinter meinem Rücken Handschellen angelegt wurden. Unsanft nahm mich jemand an der Schulter und führte mich den Weg hoch zur Stadt.

mein jahresabschluss an euch peepohappy habs mir bisschen besser vorgestellt aber egal ig
hoffe ihr habt einen schönen abend <3

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