Einbruch mit Folgen - Currbi

Tobi

Betrübt lief ich durch die Gassen von Darmstadt und hielt nach etwas essbaren ausschau. Schmerzend hielt ich mir meinen Bauch während ich im Hinterhof eines Restaurants nach weggeworfenen Resten suchte. Heute war kein besonders guter Tag für mich gewesen, obwohl nicht nur der Tag heute am schlimmsten war, von denen die ich in den letzten Monaten erlebt hatte. Das einzige, was ich bei meinem Rausschmiss noch mitgehen lassen konnte, war ein wenig Geld, welches nach ein paar Tagen leider aufgebraucht war, meine warme Jacke die ich Mal zu meinem 17. Geburtstag bekommen hatte, dennoch wurde mir auch diese vor ein paar Stunden abgenommen, und mein Handy. Ich hatte es vor ein paar Wochen verkauft um mich mit dem Geld ein bisschen über Wasser zu halten.
Völlig ausgenockt setzte ich mich an eine der Mülltonnen die hier herum standen. Mein Magen knurrte, schreite nach Essen, welches ich ihm nicht geben konnte und ich wettete wenn mein Leben jetzt ein Film wäre, würde es nun überdramatisiert anfangen zu regnen. Mein gesamter Körper schmerzte und ich war mir sicher dass sich schon blaue Flecken gebildet haben. Ich wusste nicht wie spät es war, doch da es wegen der kalten Jahreszeit sowieso schnell dunkel wurde und es jetzt schon anfing zu dämmern, schätzte ich das es noch früh am Abend war. Da ich meine Jacke an einer Straßengang verloren hatte und ich sonst nichts weiter als einen dünnen Pullover drunter trug merkte ich nach kurzer Zeit wie mich die Kälte immer mehr einnahm.

Ich wusste nicht wie lange ich einfach nur verzweifelt an diesen Mülltonnen saß und versuchte mich in irgendeiner Weise aufzuwärmen. Es war schon lange stockdunkel und ich befürchtete dass, wenn ich nicht bald einen Unterschlupf oder etwas zu Essen fand, ich nicht mehr lange durchhalten würde. Das Restaurant hatte anscheinend auch schon geschlossen und ich beobachtete wie ein Mitarbeiter durch die Hintertür hinaus trat und den Müll raus brachte. Ich sah ihn hoffnungsvoll an, vielleicht hätte er Mitleid mit mir und würde mir etwas von den Resten abgeben. Jedoch drehte er sich einfach weg ohne mich auch nur eines Blickes zu würdigen. Betrübt ließ ich den Kopf hängen. Aufgewühlt, hoffnungslos und trauernd sah ich der Tür hinterher die sich langsam schloss. Dennoch weiteten sich meine Augen als ich bemerkte das sie immer noch einen kleinen Spalt offen war und von einem kleinen Karton gehalten wurde. Ohne groß darüber nachzudenken erhob ich mich ächzend und lief vorsichtig auf die Tür zu. Doch kurz davor blieb ich stehen. War das richtig? Wollte ich wirklich noch weiter sinken als ich es jetzt schon bin? Obwohl man sich da die Frage stellen müsste ob man denn noch weiter sinken kann. Ich schüttelte meinen Kopf als würde ich versuchen diese Zweifel dadurch zu vernichten. Die eisigen Winde  die mich umgaben und mich bis auf die Knochen erzittern ließen, machten diese Entscheidung einfacher. Zögernd hob ich meine Hand, um an den Griff zu gelangen und zog sie wieder ganz auf. Schnell huschte ich hinein und ich musste feststellen das es nicht wirklich wärmer war als draußen und ich hoffte inständig das niemand mich hier finden wird, sodass ich ungestört diese Nacht hier verbringen kann. Es war komplett dunkel also suchte ich, mit meiner rechten Hand, die Wand nach einem Lichtschalter ab, den ich auch schnell fand und der Raum wurde von einer hellen Deckenlampe erleuchtet. Kurz nahm ich mir die Zeit mich umzusehen. Der Raum war ziemlich groß und ausgefüllt mit Reihen von Regalen in denen jede erdenkliche Zutat, die ein Restaurant brauchte, schlummerten. Das meiste war sorgfältig verpackt, es würde also sofort auffallen wenn ich etwas herausnehmen würde. Doch ein paar Regale weiter entdeckte ich großzügig ausgebreitete Obstsorten. Ich konnte nicht anders. Mein Magen knurrte so laut wie noch nie, also überlegte ich nicht lange und nahm mir ein paar Äpfel und Bananen, um sie dann innerhalb von ein paar Minuten zu verputzen. Ich war zwar nicht wirklich satt, jedoch würde es erstens auffallen wenn zu viel fehlt und zweitens reichte es erstmal um meinen Magen zu beruhigen. Ich lief weiter durch die Reihen, bestaunte die Vielfalt an Lebensmitteln und würde am liebsten alles sofort hinunter schlingen. Ganz hinten kam ich zu zwei weiteren Tür. Ich legte meine Hand an die Klinke von der linken Tür und versuchte sie zu öffnen. Vergebens. Sie war abgeschlossen. Also trat ich an die etwas weiter rechts liegende Tür. Ich legte sanft mein Ohr an das kalte Material und lauschte ob sich irgendwo noch einer darin befindet. Als ich nichts hörte, stellte ich mich wieder gerade hin und versuchte diese Tür nun zu öffnen. Sie war nicht abgeschlossen. Leicht quietschend öffnete sich die Tür und für einen kurzen Moment musste ich schmunzeln bei dem Gedanken daran das diese Situation gerade einem schlechten Horrorfilm ähnelte.
Fehlte nur noch das aus der nächsten dunklen Ecke ein Killer hervorspringt.
Der Raum der sich vor mir erstreckte glich einem kleinen Gemeinschaftsraum. Ein Recht gemütlich aussehendes graues Sofa stand in der Mitte des Raumes, davor ein Tisch wo rechts und links noch jeweils ein Stuhl stand. Kurz lauschte ich ob sich nicht doch jemand in der der Nähe aufhielt. Als ich niemanden hörte setzte ich mich vorsichtig auf das Sofa. Und jetzt?
Mein Leben war ein einziger Scherbenhaufen. Noch schlimmer konnte es vermutlich nicht mehr werden.
Total geschafft, schwach und ausgenockt legte ich mich also nun komplett hin, schloss langsam meine Augen und ohne auch nur im entferntesten an mögliche Konsequenzen zu denken fiel ich in einen unruhigen und doch wenigstens etwas erholsamen Schlaf.

Ein lautes Geräusch riss mich aus meinen halbschlaf. Benommen und mit pochendem Kopf öffnete ich meine Augen. Im Nebenraum, wo ich gestern Abend das Obst gegessen hatte, schien etwas heruntergefallen zu sein und ich hörte eine Person fluchen. Meine Augen weiteten sich als ich bemerkte wo ich ja eigentlich bin. Hecktisch suchte ich nach einem Fluchtweg, was das dröhnen in meinem Kopf noch etwas verstärkt, doch bevor ich auch nur richtig aufstehen konnte öffnete sich schon quietschend die recht schwere Tür. Ein großer junger Mann mit blonden und etwas wuscheligen Haaren trat in den Raum und blieb verwirrt stehen als er mich da so sitzen sah.
"Ehm- Hallo? Was tun Sie hier? Normalerweise sollte hier niemand reinkommen!" Seinen Stimme nahm zum Ende hin einen strengen Ton an und ich senkte leicht meinen Blick. "T-tut mir leid. Die Hintertür war offen und ich-" Ja 'was ich?' Hatte Hunger? Wollte nicht erfrieren? Es war mir peinlich...so verdammt peinlich es zuzugeben. Ich wollte das nicht so vor ihm sagen. Ich möchte nicht für einen Penner gehalten werden, der ich ja eigentlich sogar war.
Er wollte wieder ansetzen etwas zu sagen doch schloss den Mund wieder und sein Gesicht nahm einen besorgten Ausdruck an. "Mister? Geht's Ihnen gut? Sie sehen etwas blass aus." Nein, nein mir ging es überhaupt nicht gut. Die letzten Tage kam ich nicht dazu etwas zu trinken und trotz der wenigen Dingen welche ich gestern zu mir genommen habe geht es mir nicht viel besser als vorher. Die Welt verschwamm kurz vor meinen Augen und begann sich leicht zu drehen. Ich konnte nichts sagen, ich war viel zu sehr darauf konzentriert nicht schlapp zu machen. Ich hatte nicht bemerkt wie der Fremde plötzlich etwas panisch irgendwohin gerannt ist, nach ein paar Sekunden mit einem Glas Wasser wiederkam und es mir in die Hand drückte. Gierig trank ich aus. Das kühle Wasser fühlte sich angenehm in meinem kratzigen Hals an und mir ging es wieder etwas besser. Ein paar Minuten saß ich regungslos vor ihm. Mittlerweile kniete er sogar vor mir und schaute mich sanft an. Ich erwiderte, mit glasigen Augen, seinen Blick zurückhaltend und hoffte er würde mich nicht gleich wieder hinaus werfen. "Danke...", sagte ich leise und brachte ihn so dazu mir ein wunderschönes kleines grinsen zu schenken. "Gern. Geht's wieder etwas?" Ich nickte. Trotzdem fühlte ich mich seltsam benommen und drohte jeden Moment einfach einzuschlafen. Eine kühle Hand berührte meine erhitze Stirn und ich schloss die Augen bei dieser angenehmen Berührung. "Sie haben Fieber. Ich hab noch etwas Zeit bis meine Schicht anfängt also könnte ich Sie noch nach Hause schaffen. Wo wohnen Sie denn?" Ich wollte das nicht, doch konnte ich es nicht verhindern das bei diesen Worten meine Augen sich mit Tränen füllten. Ich wollte nicht so schwach sein. Mein Körper erzitterte unter meinen unterdrückten schluchzern. Ich schaute ihm immer noch in seine so treu erscheinenden Augen. Ich sah flehend aus, obwohl ich mir nicht einmal klar war, was ich von ihm wollte. "Wollen Sie nicht nach Hause?", fragte er leise nach. "D-Das ist es nicht.", brachte ich gequält heraus. Es schien bei ihm klick gemacht zu haben, denn er sah etwas erschrocken aus. Er zögerte etwas bevor er wieder ansetzte etwas zu sagen. "Haben...Sie kein zu hause...mehr?" Beschämt senkte ich meinen Kopf wieder und nickte zögerlich. Eine Weile herrschte komplette Stille im Raum, die meinen Kopf nur noch stärker Schmerzen ließ. "Ich sollte dann wohl gehen. Tut mir leid das ich einfach so hier übernachtet habe und ich hoffe das Sie mir es nicht übel nehmen oder mich anzeigen deswegen. Denn ich hätte nichts um Schulden zu bezahlen." Diese Worte verließen leise und langsam meine Lippen. Meine Tränen waren bereits wieder versiegt und ich versuchte mich aufzurappeln damit ich aufstehen konnte. Doch kaum stand ich richtig begann sich wieder alles zu drehen und ich konnte gerade so noch von dem Mann halb aufgefangen werden, ehe ich Bekanntschaft mit dem Boden gemacht hätte. "Nein ich glaube so wird das nichts. Ich würde Sie gerne ersteinmal mit zu mir nehmen, bis Sie sich wieder besser fühlen und dann sehen wir weiter." Ich wollte gerade den Kopf schütteln als seine strenge stimme mich davon abhielt. "Keine widerrede. Ich mag es nicht wenn es Menschen schlecht geht."

So kam es das ich mich in einer wildfremden Wohnung wieder fand, in dem Bett von dem Mann, der sich als Kevin vorgestellt hat. Er tat wirklich sein bestes das es mir bald wieder gut ging und päppelte mich nach und nach wieder auf. Er hatte sich extra ein paar Tage frei genommen, hatte seine Zeit für mich geopfert und es gab nichts was ich ihm zurück geben könnte.
Ich hatte ihn schon öfters darauf angesprochen und ihn gefragt wie ich das wieder gut machen konnte, doch er winkte jedesmal mit einem "Es freut mich schon allein bei dir zu sein. So auf Dauer fühlt man sich, so allein in seiner Wohnung, einsam." 
Tage, Wochen und Monaten vergingen und Kevin und ich wurden wie unzertrennlich. Er hatte ein gutes Wort für mich bei seinem Chef eingelegt und so habe ich einen neuen Job bekommen. Vorerst zwar nur auf Probezeit aber immernoch besser als gar nichts. Ich könnte mir eventuell schon eine eigene Wohnung leisten, jedoch hat Kevin, oder Curry wie ich ihn auch gerne nannte, mich gebeten doch hier zu bleiben, also blieb ich. Es dauert wahrscheinlich noch ein Weilchen bis ich mich komplett in den Job eingearbeitet habe aber ich gebe mein bestes.

Müde ging ich vom Bad in mein Schlafzimmer, was vorher Mal ein Gästezimmer gewesen war, und kuschelte mich glücklich unter die Bettdecke. Der Regen prasselte mit einem angenehmen Geräusch gegen die Scheibe und langsam verfiel ich dem reich der Träume.
Durch lautes Donnergrollen würde ich geweckt und ich schaute genervt auf meine Uhr. 3:47 Uhr. Zum Glück hatte ich morgen frei denn schlafen könnte ich gerade eh nicht mehr. Eine Weile lag ich einfach nur da und starrte an das Fenster und beobachtete die Blitze die elegant den Himmel erleuchteten. Ich hörte leise Schritte auf dem Flur, die sich meiner Tür näherten und wusste sofort was los war. Curry hatte angst vor Gewittern und gerade diese Nacht schien es sehr heftig zu sein. Zögernd öffnete sich die Tür und Kevin schaute leicht unsicher ins Zimmer. "Tobi?", sagte er leise durch das Zimmer, "Bist du wach?" Ich drehte meinen Kopf zu ihm und schaute ihn leicht lächelnd an. Als ein weiterer Blick das Zimmer beleuchtete und kurz darauf ein heftiger Knall folgte, zuckte Kevin wimmernd und erschrocken zusammen. "Tobi, k-kann ich-", setzte er an, doch ich unterbrach ihn. "Komm her." Ich setzte mich nun auf und streckte ihm meinem Arm entgegen, den er sofort ergriff und sich mit aufs Bett ziehen lässt. Sonst war er eher der frechere, lebenslustigere und euphorischere Mensch von uns beiden und ihn so ängstlich zu sehen ließ mein Herz ein wenig schmerzen. Ich zog ihn also in meine Arme und er vergrub sein Gesicht in meinem Shirt. Es war normal für uns so nah bei dem anderen zu sein und ich hatte ehrlich gesagt auch kein Problem damit. Ich fuhr ihm sanft durch seine blonden Haare als er erneut zusammenzuckte. Ich versuchte ihn durch Worte und Streicheleinheiten zu beruhigen, was nicht so ganz funktionieren wollte wie sonst immer. Sein schnell schlagenden Herz spürte ich selbst durch das Shirt hindurch und langsam machte ich mir wirklich sorgen. "Hey, Curry schau mich an." Ich hob  seinen Kopf etwas an sodass er mir in die Augen schauen konnte. Sie waren leicht gerötet aber es schien so als hätte er aufgehört zu weinen. "Es ist alles ok. Ich bin da, Kevin.", versuchte ich sanft auf ihn einzureden.  Er nickte Wand aber seinen Blick nicht von meinen Augen ab. Leicht hob er seine Hand und fuhr mir sanft über meinen kleinen Bart. Mein Herz schlug immer schneller und mir wurde auf einmal so warm. "Danke Tobi. Für alles. Danke das du einfach da bist." Mit diesen Worten drückte er mir einen federleichten Kuss auf die Stirn. Seine Wangen würden etwas rot und er versteckte sein Kopf wieder in meinem Shirt während ich noch sacken lassen musste was er gerade gemacht hatte. Ich hatte das Gefühl seiner Lippen immer noch auf meiner Haus und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Herzen aus. Wenn mich das schon so aus der Bahn wirft wie würde es sich anfühlen wenn... Ich wollte es wissen. So dringend wissen wie es sich anfühlte, sodass ich Currys Kopf wieder sanft anhob und ehe er irgendwie reagieren konnte, hatte ich meine Lippen ganz leicht auf seine legte. Mein Herz schlug noch schneller als sonst schon, ein wohliges Kribbeln durchflutete meinen Körper und als Curry den Kuss auch noch zärtlich erwiderte hatte ich das Gefühl zu explodieren. Seine Angst schien wie weggeblasen und als wir uns wieder lösten schauten wir uns leicht lächelnd in die Augen. Ab hier bedarf keine weiteren Worte mehr und wir schliefen glücklich in den Armen des anderen ein.

Vielleicht etwas unspektakulär aber tadaaa 😅

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