Wiedersehen bei Friendly Fire •Dennis Brammen•

Auch dieses Jahr zum Stream gibt es einen OneShot

Es war eine dieser Aufgaben, die ich lieber jemand anderem überlassen hätte. Maxi war immer diejenige, die zu Friendly Fire ging. Sie liebte diese Events, diese aufgedrehte, leicht chaotische Atmosphäre, die unweigerlich entsteht, wenn ein Haufen Gamer stundenlang streamt, um Spenden zu sammeln. Aber Maxi war krank. Und ich? Ich war der Notnagel. "Es ist nur ein Abend", hatte sie gesagt, ihre Stimme kratzig durch den Hörer. "Du kennst die Szene, du kannst das locker übernehmen." Was sie nicht wusste – oder vielleicht doch, aber sie war zu sehr mit ihrem Fieber beschäftigt, um es zu bedenken – war, dass ich an diesem Abend mit ihm konfrontiert werden würde. Dennis Brammen. Mein Ex. Es war Jahre her, dass wir uns getrennt hatten. Eigentlich hatten wir kaum mehr miteinander gesprochen, seit ich meinen Job bei Xbox angenommen hatte und weggezogen war. Aber selbst jetzt, nachdem so viel Zeit vergangen war, zog sich mein Magen bei dem Gedanken an ihn zusammen. Nicht vor Angst, sondern... vor irgendwas anderem. Ich stieg aus dem Auto aus, den kleinen Xbox-Geschenkbeutel in der Hand, und bemühte mich, möglichst professionell zu wirken. Der Veranstaltungsort war voll. Die ganze Crew war schon da. Lächeln, Hände schütteln, Smalltalk – all das konnte ich im Schlaf, aber ich wusste, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis ich ihm gegenüberstehen würde. Und dann war er da.

Dennis stand in der Nähe des Mischpults, das typische schelmische Lächeln auf dem Gesicht, während er mit Chris plauderte. Seine Schultern waren breiter geworden, das Haar ein bisschen kürzer, aber sonst sah er genauso aus wie damals. Mein Herz setzte einen Schlag aus. "Nia?" Seine Stimme war tief, ein bisschen überrascht, aber nicht unangenehm. Seine Augen trafen meine, und für einen Moment fühlte ich mich wieder wie die 24-jährige Studentin, die sich in den witzigen Typen verknallt hatte. "Hey, Dennis." Ich zwang mich zu einem Lächeln, das hoffentlich entspannter wirkte, als ich mich fühlte. Er schob die Hände in die Taschen und musterte mich mit diesem Blick, den ich so gut kannte – als würde er versuchen, mich zu durchschauen. "Ich hätte nicht gedacht, dich hier zu sehen." "Maxi ist krank. Ich bin nur der Ersatz", erklärte ich, meine Stimme so gleichgültig wie möglich. Er nickte langsam. "Nun, willkommen zurück in unserer kleinen Welt. Lange her, hm?" "Ja, ziemlich." Ein Moment der Stille. Hinter uns lachte irgendwer laut, und jemand rief nach Dennis, aber er blieb stehen, die Augen auf mich gerichtet. "Wie läuft's bei Xbox?" fragte er schließlich. "Gut", antwortete ich knapp. "Und bei dir?" "Nicht schlecht." Er grinste leicht. "Wir sind immer noch die gleichen Chaoten wie früher." Ich wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. Die Erinnerung an unsere gemeinsamen Abende – Filme, Spiele, stundenlange Gespräche über alles und nichts – drängte sich in meinen Kopf. Ich wollte sie wegschieben, aber sie war hartnäckig. "Es ist wirklich lange her", sagte er schließlich, leiser. "Ja", stimmte ich zu. Mein Herz pochte schneller. Er schien etwas sagen zu wollen, doch bevor er den Mund öffnen konnte, rief jemand nach ihm. "Dennis, kommst du? Wir fangen an!" Er drehte sich kurz um, hob die Hand, bevor er mich wieder ansah. "Wir reden später, okay?" Ich nickte. "Klar." Und dann war er weg, und ich stand allein inmitten des Trubels, das Xbox-Geschenk in der Hand und einem Chaos in meinem Kopf. Es sollte ein einfacher Job sein. Ein Abend, mehr nicht. Aber jetzt wusste ich, dass es das nicht bleiben würde.

Der Abend bei Friendly Fire war eine Achterbahn gewesen. Alte Erinnerungen, unerwartete Gespräche und ein Wiedersehen, das ich nicht kommen sah. Trotzdem hatte ich es geschafft, professionell zu bleiben. Bis ich in den frühen Morgenstunden auf dem Heimweg war, konnte ich Dennis aus meinen Gedanken verdrängen – oder es mir zumindest einreden. Aber es nagte an mir. Seine Blicke, seine Worte. Dieses leise "Wir reden später". Ein paar Tage später, als ich wieder Beruflich in Berlin war, trag ich mich mit Peter auf einen Kaffee. Peter war immer der Lockerste der Truppe gewesen, und unser Gespräch driftete schnell in Richtung "Wie geht's dir eigentlich so wirklich?" ab "Weißt du", begann ich, während ich an meinem Kaffee nippte, "ich hab in letzter Zeit oft darüber nachgedacht, was ich wirklich will. Der Job bei Xbox ist großartig, keine Frage, aber... ich überlege, ob ich nicht zurück nach Berlin ziehen soll." Peter hob eine Augenbraue. "Ach echt? Willst du weg von Xbox?" Ich zuckte mit den Schultern, versuchte, es beiläufig klingen zu lassen. "Nicht unbedingt weg, aber ich vermisse Berlin. Die Leute, das Gefühl, einfach... näher an allem zu sein." "Und näher an uns?" Er grinste verschmitzt, und ich schüttelte lachend den Kopf. "Vielleicht." Das Gespräch verlief locker, und ich dachte nicht weiter darüber nach. Aber Wochen später bekam ich eine Nachricht von Peter, die alles veränderte.

"Hey Nia, hättest du Lust auf ein Gespräch? Jules könnte Unterstützung gebrauchen, und ich dachte an dich. Lass uns reden."

Ich las die Nachricht mehrmals, als würde ich dabei entdecken, dass sie nicht echt war. Aber sie war echt. Und bevor ich wusste, wie mir geschah, saß ich in Discord, gegenüber von Peter, Jules – und Dennis. Dennis hatte kein Wort gesagt, seit das Gespräch begonnen hatte. Er hatte die Arme verschränkt, beobachtete mich aufmerksam, während Peter die Vorteile des Jobs aufzählte. "Jules wird langsam von den ganzen Social-Media-Anfragen erschlagen", erklärte Peter. "Und da wir immer mehr Projekte haben, suchen wir jemanden, der ihn unterstützen kann. Du kennst die Branche, du kennst uns, und ganz ehrlich, du wärst perfekt dafür." Ich blickte kurz zu Jules, der lächelnd nickte. "Wir sind so ein chaotischer Haufen", sagte er. "Ich könnte echt Hilfe gebrauchen." Mein Blick wanderte zurück zu Dennis, der mich immer noch schweigend ansah. Als sich unsere Blicke trafen, glaubte ich, einen Hauch von Nervosität in seinem Gesicht zu erkennen. "Und was denkst du?" fragte Peter schließlich. Ich zögerte. Der Gedanke, wieder nach Berlin zu ziehen, wieder in ihrer Nähe zu sein – in seiner Nähe zu sein – war überwältigend. Aber gleichzeitig war da ein Teil von mir, der sich nach genau dieser Veränderung sehnte. "Das ist eine große Entscheidung", sagte ich langsam. "Aber... ich bin interessiert." Ein Lächeln breitete sich auf Peters Gesicht aus. "Das ist alles, was wir hören wollten." Neben ihm entspannte sich Dennis sichtbar, sein Körper lehnte sich leicht nach vorn, und zum ersten Mal während des Gesprächs sprach er. "Ich hoffe, du sagst ja", schrieb er mir später, fast wie eine Bitte. Mein Herz machte einen Sprung, aber ich hielt meine Fassade. "Ich werde darüber nachdenken." Und während das Gespräch weiterging, konnte ich nicht anders, als mir vorzustellen, wie es sein würde, wieder hier zu sein. Vielleicht war das hier genau das, wonach ich gesucht hatte – eine neue Chance, in mehr als nur beruflicher Hinsicht.

Es fühlte sich an wie ein Neuanfang. Die Entscheidung, den Job bei PietSmiet anzunehmen, war nicht leicht gewesen, aber letztendlich hatte mein Bauchgefühl den Ausschlag gegeben. Berlin hatte mich zurückgerufen – und die Möglichkeit, mit einem so vertrauten Team zu arbeiten, war einfach zu gut, um sie auszuschlagen. Peter hatte recht: Ich kannte die Branche, ich kannte die Leute, und tief in mir wusste ich, dass es Zeit war, etwas Neues zu wagen. Der Umzug war hektisch gewesen, aber ich hatte mich erstaunlich schnell eingelebt. Die Arbeit mit Jules lief gut, die anderen im Team hatten mich herzlich aufgenommen, und ich fühlte mich fast so, als hätte ich nie woanders hingehört. Und Dennis? Dennis hielt Abstand. Zumindest am Anfang. Er war bei Meetings professionell, freundlich, manchmal ein bisschen zurückhaltend, aber nie unfreundlich. Es war fast so, als würde er darauf warten, dass ich den ersten Schritt machte – oder vielleicht wollte er mir einfach Raum geben. Deshalb überraschte es mich umso mehr, als er mich an einem späten Freitagabend anrief. "Dennis?" fragte ich, als ich seinen Namen auf dem Display sah. "Hey." Seine Stimme war warm, aber ein bisschen unsicher. "Störe ich dich gerade?" "Nein, gar nicht. Was gibt's?" "Ich wollte... dich fragen, ob wir uns mal treffen könnten. Privat. Nicht wegen der Arbeit." Seine Worte hingen für einen Moment in der Luft, und ich brauchte einen Augenblick, um zu antworten. "Oh", sagte ich schließlich, ein bisschen überrascht. "Ähm... ja, klar. Wann denn?" Er lachte leise, fast erleichtert. "Ich dachte, vielleicht morgen? Ich kenne ein kleines Café hier in der Nähe, das dir gefallen könnte." "Okay", stimmte ich zu, und obwohl ich versuchte, meine Stimme neutral zu halten, spürte ich, wie mein Herz schneller schlug. "Schick mir einfach die Adresse." "Mach ich. Danke, Nia." "Für was?" fragte ich, und ich konnte fast sehen, wie er auf der anderen Seite der Leitung lächelte. "Dass du ja gesagt hast." Der Anruf endete, und ich saß noch eine Weile mit meinem Handy in der Hand da, den Kopf voller Gedanken. Was wollte er? War das ein Versuch, alte Wunden zu heilen? Oder war es etwas mehr? Ich wusste es nicht, aber als ich am nächsten Tag vor dem kleinen Café stand, spürte ich eine Mischung aus Nervosität und Vorfreude, die ich lange nicht mehr gespürt hatte.

Das Café war gemütlich und ruhig, mit warmem Licht und nur ein paar verstreuten Gästen. Dennis führte mich zu einem Tisch in der Ecke, weit weg vom Trubel. Es war offensichtlich, dass er sich Mühe gegeben hatte, einen Ort zu wählen, an dem wir ungestört reden konnten. Wir bestellten Kaffee, und für einen Moment sprachen wir über alltägliche Dinge – die Arbeit, Berlin, alte Erinnerungen. Es fühlte sich seltsam vertraut an, mit ihm zu reden, fast so, als hätten wir nie aufgehört. Aber irgendwann ließ sich der Elefant im Raum nicht länger ignorieren. Dennis atmete tief ein, seine Finger spielten nervös mit der Kaffeetasse, bevor er mich ansah. "Nia, ich muss dir was sagen." Ich lehnte mich ein wenig zurück, überrascht von seinem ernsten Tonfall. "Okay. Was ist los?" Er hielt meinem Blick stand, obwohl ich sehen konnte, dass es ihn Überwindung kostete. "Ich... ich hab viel darüber nachgedacht, seit du wieder hier bist. Und ich weiß, dass wir damals nicht im Guten auseinandergegangen sind. Ich weiß, dass ich Fehler gemacht habe." Ich wollte etwas sagen, ihn unterbrechen, aber er hob die Hand, als würde er mich bitten, ihn ausreden zu lassen. "Aber ich hab nie aufgehört, an dich zu denken", fuhr er fort. "Nie aufgehört, dich zu vermissen. Und jetzt, wo du wieder hier bist, kann ich nicht so tun, als wäre da nichts. Ich liebe dich, Nia. Ich hab dich immer geliebt." Seine Worte trafen mich mit einer Intensität, die ich nicht erwartet hatte. Mein Herz schlug schneller, meine Gedanken rasten. Er sah mich an, und ich konnte sehen, wie verletzlich er in diesem Moment war. "Ich will von vorne anfangen", sagte er leise. "Langsam, mit allem, was dazugehört – Dates, Gespräche, all das. Aber ich will eine zweite Chance. Wenn du das auch willst." Für einen Moment konnte ich nichts sagen. Ich spürte die Wärme seiner Worte, die Ehrlichkeit in seiner Stimme. Es war alles, was ich mir insgeheim gewünscht hatte, ohne es mir je einzugestehen. "Dennis..." Meine Stimme war leise, ein bisschen brüchig, aber ich hielt seinem Blick stand. "Ich hab auch viel nachgedacht. Über uns. Und über das, was wir hatten." Ich machte eine Pause, ließ meine Worte sacken, bevor ich weitersprach. "Ich hab dich auch vermisst. Mehr, als ich zugeben wollte. Und ja... ich will dir eine zweite Chance geben. Uns eine zweite Chance geben." Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus, ein echtes, erleichtertes Lächeln. "Wirklich?" fragte er, als könnte er es kaum glauben. Ich nickte, ein kleines Lächeln auf meinen Lippen. "Ja. Aber wir machen es richtig, okay? Keine halben Sachen." "Keine halben Sachen", wiederholte er, und in seinen Augen lag eine Mischung aus Freude und Entschlossenheit. In diesem Moment fühlte sich alles richtig an. Wir hatten Fehler gemacht, ja, aber wir hatten auch gelernt. Und vielleicht war das alles, was zählte – die Bereitschaft, es noch einmal zu versuchen, zusammen. Dennis streckte die Hand über den Tisch aus, und ich legte meine hinein. Seine Finger umschlossen meine, warm und vertraut. Es war kein perfekter Anfang, aber es war ein echter. "Wie wär's mit einem ersten Date nächste Woche?" fragte er, ein schelmisches Lächeln auf den Lippen. Ich lachte leise. "Klingt nach einem Plan." Und so begann unsere zweite Chance – Schritt für Schritt, mit offenen Herzen und der Hoffnung, dass dieses Mal alles anders sein würde.

~2068 Wörter~

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