Peaky Blinders 1/2

Es war ein regnerischer Tag im Winter 1919, ich stand mit einem Koffer, der alles beinhaltete was ich besaß, am Bahnhof von Birmingham. Dieses Loch, Small Heath, dass meine neue Heimat werden sollte, war noch einige Meilen entfernt und machte mich mit einem gequälten Stöhnen auf den Weg.
Mit ein paar Pfund, die ich mir in den letzten Monaten vom Mund abgespart hatte, mietete ich ein kleines, kaltes und vor Moder stinkendes Zimmer.

„Brauchen Sie zufällig noch eine Barfrau?" wie oft hatte ich diesen Satz gesagt? Wie oft war die Antwort die gleiche? „Nein. Wir stellen keine Frauen ein"
Wütend stapfte ich aus der Tür eines weiteren Pubs und rempelte versehentlich eine junge Frau an.
„Entschuldigen Sie bitte, Miss." sagte ich.
Die Brünette mit den Kinnlangen Haaren schaute mich freundlich an. „Kein Problem, Miss. Geht es ihnen gut?" Ihr Blick wurde sorgenvoll, als sie meine abgenutzte Kleidung und die eingefallenen Wangen, gepaart mit fahler Haut, bemerkte. Ihr Auftreten hingegen wirkte schon fast nobel.
„Sie wissen doch wie man sagt, schlechten Menschen geht es immer gut" antwortete ich, versucht so glücklich wie es ging zu antworten.
In meinem inneren schrie ich allerdings, dass gar nichts gut war. Seit zwei Tagen hatte ich nichts mehr gegessen und mein Kreislauf war so im Keller, wie noch nie.
„Von schlechten Menschen brauchen sie mir nichts erzählen und sie sind sicher keiner davon." lachte sie.
„Mein Name ist übrigens Ada. Ada Shelby" sie reichte mir ihre Hand zur Begrüßung.
„Emilia. Nett sie kennenzulernen, Miss Shelby" entgegnete ich, und ergriff ihre zarte Hand, die aber, ganz entgegengesetzt zu ihrer Erscheinung, einen festen Griff hatte.
„Lass das Miss, bitte. Du siehst aus, als könntest du etwas zu essen gebrauchen. Komm mit. Bei uns gibt es reichlich" Ohne auf meine Antwort zu warten, zog Ada mich die Straße entlang, bis zu einem Haus aus dem lautes Kindergeschrei drang.
„Dass sind die Kinder meines Bruders, sie sind im Moment etwas schwierig." Ada hatte meinen Blick bemerkt.
„Seit wann bist du in Small Heath? Sei mir nicht böse, aber du siehst nicht so aus als würdest du hier her passen." die junge Frau stellte einen Teller Suppe und ein Stück Brot vor mir auf den Tisch und setzte sich mir gegenüber.
„Letzte Woche bin ich angekommen. Eigentlich komme ich aus London, aber da hat mich nichts mehr gehalten" antwortete ich und zog unweigerlich meine Ärmel weiter über die Handgelenke.
„Ich bin auf der Suche nach Arbeit. Aber keiner der Pubs will mich einstellen"
„Warst du schon im „Garrisons"? Geh da hin und sag, dass ich dich geschickt habe. Mein Nachname öffnet dir in diesem Sumpf Tür und Tor" Ada räumte das Geschirr ab. Sie hatte wohl bemerkt, dass in London etwas vorgefallen sein musste, stellte aber keine weiteren Fragen.
Ich verabschiedete mich, nach ein paar Minuten weiteren Smalltalks von ihr. Für abends verabredeten wir uns im „Garrisons"

Ada sollte recht behalten, sobald ich den Namen Shelby genannt hatte, reichte der Wirt mir eine Schürze und ein Geschirrtuch.
Der restliche Tag verlief ziemlich gut. Ich schenkte Whiskey und Bier aus und kümmerte mich wenigstens um ein wenig Sauberkeit in dem Laden. Kurz vor Sieben öffnete sich die Tür, wie schon unzählige Male zuvor. Doch etwas war anders.
Eine Gruppe Männer, alle gut gekleidet und mit Schiebermützen betrat die Bar und die Stimmung änderte sich schlagartig.
Die Gruppe strahlte Verbundenheit aus und alle anderen Gäste schienen Angst oder zumindest Ehrfurcht vor ihnen zu verspüren.
„Egal was diese Männer wollen, das geht aufs Haus. Damit meine ich wirklich alles" der Barkeeper ließ seinen Blick einmal an meinem Körper herunter wandern und ich verstand.
„Ich bin keine Hure" stellte ich geschockt klar.
„Wenn die Peaky Blinders wollen dass du eine bist, dann bist du eine Hure. Wenn sie wollen, dass du fliegst, dann breitestes du deine verdammten Flügel aus und fragst wie hoch. Sonst kannst du bald nach London zurück und zwar mit dem Bauch nach oben wie ein scheiss Toter Fisch im Kanal!" raunte er mir zu und begrüßte die Männer wortlos mit einem Nicken.
So schnell wie sie kamen, so schnell waren sie in dem kleinen Séparée neben der Bar verschwunden. Nur einer von ihnen trat an den Tresen und winkte den Barkeeper zu sich.
Er war nicht sonderlich groß, aber sein Auftreten wirkte mehr als selbstbewusst. Seine Augen hatten das strahlendste Eisblau, dass ich je gesehen hatte und sein Kiefer war so markant, dass man damit Granit schneiden konnte. Ich schaute zu den beiden Männern, die sich wohl über mich unterhielten, denn ihre Blicke fielen immer mal wieder in meine Richtung.
Der Mann mit der Schiebermütze steckte sich eine Zigarette an. Dieser Anblick lenkte mich so ab, dass ich erst von dem plätschernden Bier, dass aus dem Glas überlief in die Realität zurück geholt wurde. „Zapfen und starren passt nicht so gut zusammen, nicht wahr, Emila?" Der Mann stand nun mir gegenüber am Tresen und reichte mir ein Taschentuch, dass er aus der Innentasche seines Mantels gezogen hatte.
„Danke, Sir" sagte ich peinlich berührt, während ich meine Hände mit seinem Einstecktuch trocknete. „Mein Name ist Thomas Shelby, Adas Bruder. Aber nennen sie mich gerne Thommy" er lächelte und gesellte sich zu den anderen.
Noch immer irritiert von seinem Auftreten stand ich hinter dem Tresen und starrte ihm hinterher.
Eine halbe Stunde später öffnete sich das kleine Fenster und einer der Männer schaute heraus und forderte eine Flasche Whisky, irischen. „Du hast Recht, Thommy. Die kleine ist wirklich hübsch" lachte der Mann mit dem Schnauzer, zwinkerte mir zu und schloss das Fenster wieder.

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