Die glorreichen Sieben

Teredem nahm seine Rüstung und sein Schwert vom Tisch. Hastig befestigte er beides an seinem Körper. Dann nahm er den großen Stab und wollte hinaus gehen.
Doch es war zu spät!
Ein seltsames Surren erfüllte den Raum. Nahe bei der Tür schien das Zimmer sich irgendwie zu verziehen, dann zischte es und im nächsten Augenblick stand dort jemand.

'Garalak!', dachte Teredem verbittert. Er hatte es also hierher geschafft. "Verschwinde Elender!", brüllte Teredem, schwang seinen Stab und versuchte, einen Feuerzauber zu entfachen.

"Träum weiter, Wurm!", rief Garalak überheblich, streckte seine Hände aus und rief "Zarazal-Araarzam!"
Im nächsten Augenblick zischte es und zahlreiche Blitze sausten aus seinen Händen auf Teredem zu. Der Getroffene zuckte wild, als ihn die mächtigen Zauberstrahlen trafen. Unkontrolliert zappelten seine Glieder umher, Funken schlugen ihm aus den Zähnen und den Fingerspitzen. Wild zuckend brabbelte er noch irgendwas drauf los, konnte aber keinen richtigen Satz mehr formulieren.
Schließlich sackte sein gerösteter Körper hilflos zusammen. Der Zauber endete.

Garalak grinste, als er den zusammengesackten Körper des Verhassten sah, der immer noch etwas schwelte.
Dann eilte er an den großen Tisch des Raumes, suchte das besondere Artefakt. Doch es war nicht da! 'Diese Verfluchten...', kam es Garalak in den Sinn.

Abrupt wandte er sich um, wobei sein pechschwarzer Zaubermantel einen Windhauch entfachte. Stürmisch eilte er nach draußen.

Das helle Tageslicht verunsicherte ihn. Vor dem Raumsprung war er noch im Dunkeln gewesen, doch jetzt? Er schirmte das helle Licht mit erhobener Hand ab, versuchte irgendwelche Umrisse auszumachen. Er stand inmitten des Burgplatzes, wie ihm auffiel.

"Jetzt bist du verloren, Elender!", ertönte plötzlich eine Stimme von rechts.
"Jetzt wirst du bezahlen, Verräter!", ergänzte eine weitere Stimme von links.
"Jetzt ist dein Ende gekommen, Missratener!", sagte schließlich eine wohlbekannte Stimme irgendwo vor ihm.

Wild sah Garalak um sich. Dann konnte er die Verfluchten neben und vor sich ausmachen. Er hatte schon geahnt, dass sie auch hier sein würden, aber gleich alle?

Rechts auf dem Platz stand Simzarar, der ihn zuerst angesprochen hatte. Links von ihm aus, stand Delberim, der Zauberer, den er als Zweites gehört hatte. Und vor ihm natürlich der Anführer des Clans - Scarlom! Zur Linken und Rechten flankiert wurde er von den beiden Zauberinnen des Ordens - Elberuna und Belsina.

"Was nun, Garalak?! Dachtest du, du könntest uns alle täuschen?", fragte Scarlom siegessicher.

Garalak war nur kurz irritiert. Dann fasste er sich und knurrte: "Wenn du wüsstest..."

Elberuna, die links neben Scarlom stand, schloss kurz die Augen und fasste sich an die Stirn. Es schien, als überprüfe sie irgendetwas, das sie in Gedanken vor sich sah.
"Er hat Teredem getötet", meinte sie dann mit geschlossenen Augen und ausdrucksloser Miene.

Scarloms Miene verfinsterte sich. "So hat es also begonnen...", knurrte er ungnädig. "Du Elender hast die glorreichen Sieben verraten!"
Kaum hatte er das gesagt, schwenkte er seinen weißen Zauberstab rasch in Richtung Garalak. Schon trat ein gleißender Strahl aus dem Stab und traf den Verräter an der Brust.
Garalak zuckte umher, blieb aber stolz stehen.

"Ich bin das Licht, das die Sonne birgt!", rief Scarlom und bündelte seinen Strahl auf den Gegner. Sein Ruf bestärkte die Anderen darin, ebenfalls  anzugreifen.
"Ich bin das Meer, das das Leben schützt!", rief nun Simzarar und richtete einen hellen Wasserstrahl auf Garalak, der aus seinem blauen Zauberstab herausströmte. Der Getroffene taumelte weiter rückwärts, blieb aber stehen.
"Ich bin die Erde, die Welten erschafft!", rief nun Delberim von links und richtete einen Strahl  aus feinstem Sand auf Garalak. Dieser fluchte auf, taumelte rückwärts, doch blieb er weiterhin stehen.

"Ich bin die Wahrheit, die alles sieht!", rief nun Elberuna und richtete einen hellen Zauberstrahl aus milchigem Rauch auf Garalak. Man konnte sehen, wie dieser direkt in den Angegriffenen hineinging. Garalak stöhnte schmerzvoll auf, taumelte und verlor erstmals die Bodenhaftung,  schwankte und sank auf ein Knie nieder. 'Verdammt, diese vielen Strahlen tun weh!', dachte er verbittert. Bereits vier verschiedene Zauberstrahlen wirkten zugleich mit Getöse und hellem Licht auf ihn ein und beraubten ihn seiner Kräfte.

Doch da war ja noch jemand!
Die blondgelockte Belsina trat einen Schritt vor und rief mit engelsgleicher Stimme:
"Ich bin die Liebe, die alles Böse besiegt!" Sogleich hielt sie einen rosaroten Zauberstab mit einer großen Rose vor sich, aus dem gleich darauf ein roter Strahl herausschoss.

Garalak schrie auf, als ihn dieser fünfte Strahl auch noch traf und sich scheinbar in sein Herz fraß. Er war kurz davor, zusammen zu brechen.

Der anführende Zauberer Scarlom triumphierte. "Garalak, gib auf!", rief er dem halb am Boden liegenden Magier zu, der sich für den Weg des Bösen entschieden hatte.

Garalak stöhnte und wand sich umher. Gleich, gleich würde er zusammen brechen! Dann würde die Welt von ihm befreit sein!
Doch was war das???
Mit einem Mal stemmte sich Garalak mit einer Hand vom Boden hoch und brachte sich, zwar langsam aber unübersehbar, in eine aufrechte Position. Weiterhin wurde er von den fünf mächtigen Zauberstrahlen getroffen, doch schien er sie irgendwie abzufangen. Das konnte doch nicht sein!

"Und ich bin Garalak, der Herr des Donners!", brüllte er plötzlich, streckte seine Arme mühsam aus, richtete seinen Körper so weit wie möglich auf.

"Das, das kann nicht sein!", ließ sich Scarlom hinreißen.
Garalak grinste und meinte mit gefährlichem Unterton: "Ach ja? Kennst du etwa den Schild des Caldemonion nicht mehr? Hast du seine Wirkung vergessen???"

"Den Schild...des...des...", stammelte Elberuna und taumelte erschrocken rückwärts. Wie um alles in der Welt konnte der dämonische Garalak an dieses Schmuckstück kommen?

"Zugegeben, mit der Schriftrolle des Peregal wäre ich noch besser ausgestattet", spottete Garalak selbstsicher. "Aber dies hier genügt vollkommen."
Er bäumte sich auf. Gleißendes Licht hüllte plötzlich seinen Körper ein. Die gefährlichen Zauberstrahlen, die ihn eben noch fast vernichtet hatten, wurden mit voller Wucht zurückgestoßen. Die Wucht des Rückstoßes traf die anderen fünf Zauberer und warf sie zu Boden.

Garalak stand hingegen wieder völlig unversehrt da. "Jetzt werde ich euch meine Macht zeigen!", rief er siegessicher und setzte dazu an, seinen gefährlichen Blitzzauber auf Scarlom loszulassen.

Doch dazu kam er nicht. Plötzlich bebte die Erde. Die Menschen, die in der Burg waren, schrien vor Schreck und warfen sich angsterfüllt zu Boden. Auch die Zauberer erschraken sich, blieben vor Schreck in den Sand geduckt liegen. Was ging hier vor?

Schließlich öffnete sich der Himmel ein Stück. Helles Licht erschien in einer übergroßen Öffnung des Himmels. Die Erde hörte zu beben auf. Dafür erschien ein riesiges Gesicht einer dunkelhaarigen Frau in der Himmelsöffnung.
"Es ist jetzt genug angerichtet!", rief diese Frauengestalt herunter. Ihre Stimme war hell, dennoch dröhnte sie sehr laut und gefährlich in den Ohren.

Garalak, der längst seine Zauberei eingestellt hatte, erfasste die Situation als Erster. "Oh nein - Gaia!", rief er erschrocken mit entsetzter Miene hervor.

"Ja, ich bin es, Garalak", antwortete die Frauengestalt im Himmel mit laut tönender Stimme. "Du bist zu weit gegangen."
Kaum hatte sie das gesagt, streckte sie eine bis dahin verborgene Hand aus der Himmelsöffnung Richtung Garalak.

"Nein! Nicht doch!", rief dieser verzweifelt, doch es gab kein Erbarmen. Auf unerklärliche Weise schwebte er plötzlich von der Erde aus nach oben - geradewegs auf die Öffnung im Himmel zu.
Scarlom, Simzarar, Delberim, Elberuna und Belsina konnten nichts dazu sagen. Fassungslos rappelten sie sich langsam auf, starrten verblüfft auf das Geschehen. Schließlich sah man nicht jeden Tag seine Göttin leibhaftig vor sich.

Garalak flog fluchend auf die Öffnung zu. Im nächsten Moment landete er in der Hand von Gaia, die ihn daraufhin in die Öffnung hinein holte. Damit war der elende Bösewicht verschwunden.

Sobald das geschehen war, blickte Gaia die verbliebenen Zauberer lange an. Dann meinte sie: "Garalak hat das Banner der Sieben verraten und wird sich nun vor dem hohen Gericht verantworten. Da er zudem Teredem getötet hat, müsst ihr für die nächste Zeit nur zu fünft bleiben."

Keiner der Angesprochenen wagte etwas dazu zu sagen. Einzig Scarlom nickte einmal kurz - wenn auch sehr zaghaft.

Daraufhin sagte Gaia: "Ich werde mich nun aufmachen, um neue Auserwählte zu finden, auf dass der Rat der Sieben wieder voll wird."
Kaum hatte sie das gesagt, verschwand ihre riesige Frauengestalt aus der Himmelsöffnung. Kurz darauf bebte die Erde erneut, während sich die Öffnung im Himmel unter lautem Getöse schloss.

Gleich darauf sah es auf dem Burghof wieder völlig normal aus. Scarlom sah zu den Anderen.
"Geht es euch gut?", meinte er mit ehrlicher Besorgnis. Die Angesprochenen nickten langsam.
"War das wirklich Gaia?", meinte Elberuna schließlich zaghaft. Simzarar lächelte auf und meinte: "Wenn sie es nicht war, weiß ich auch nicht mehr weiter!"
Scarlom schmunzelte vor sich hin. Besser hätte er die Ungewöhnlichkeit dieser Situation nicht ausdrücken können.

Schließlich trat Belsina vor und meinte: "Lasst uns hoffen, dass die nächsten Auserwählten reinen Herzens sind. Damit nicht noch mal so etwas geschieht, wie mit Garalak."

Delberim nickte, trat zu den Anderen und meinte: "Ja, das stimmt! Lasst uns hoffen, dass Gaia diesmal nur wirklich aufrichtige Menschen als Zauberer erwählt!"

Scarlom nickte zustimmend und sagte dann mit zuversichtlicher Stimme: "Ja, daran sollten wir unsere Hoffnung knüpfen. Denn nur dann werden wir die glorreichen Sieben sein, die es vermögen, unsere Welt mit der Magie Macht zu schützen."...


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