Weinachtsessen|BxB|tw
Triggerwarnung: Homophobie und dementsprechende Beleidigungen
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Hektisch versuchte ich die Küche aufzuräumen. Nie lief etwas nach Plan. Es war der vierundzwanzigste und bereits heute Morgen war alles schief gelaufen. Als ich das Weinachtsessen vorbereiten wollte, musste ich feststellen, dass mein Ehemann die Lebensmittel für das Essen bereits in den letzten Tagen, in denen ich nicht zu Hause gewesen war, verbraucht hatte. Wie sollte ich denn jetzt ein angemessenes Weinachtsessen für die Eltern meines Mannes zubereiten, das sie auch noch zufrieden stellen konnte. Zum Glück waren die Maronen, die als Füllung für die Gans dienen sollten, und die Gans selber unberührt geblieben. Doch die Preiselbeeren für die Soße, so wie die Kroketten und die Zutaten für den Nachtisch waren leer. Keine Eier, kein Mehl, keine Milch. Nicht einmal einen Kuchen konnte ich backen. Ich hörte wie die Haustür ins Schloss fiel. "Bin wieder da!" Das war mein Ehemann. Ich hatte ihn losgeschickt neue Zutaten zu kaufen. "Und hast du alles bekommen?", brüllte ich aus der Küche zurück. Er war meine einige Hoffnung, auch wenn er überhaupt erst der Grund für dieses Desaster war. Mein Mann kam in die Küche. Der Stoffbeutel, in dem die Lebensmittel sein sollten, wirkte auf mich kaum gefüllt. Zweifelnd blickte ich zu meinem Ehemann auf. "Nein. Ich bin von Laden zu Laden gelaufen. Entweder hatten sie schon zu oder die Lebensmittel nicht." Meine Verzweiflung stieg weiter. "Gib her." Ich riss meinem Gegenüber den Stoffbeutel aus der Hand. Mit schlechter Vorahnung öffnete ich den Beutel. Ich seufzte. Das konnte nichts werden. Nach und nach holte ich die Lebensmittel hervor. Mehl, Zucker, Butter und fertige Soße. Ich seufzte. "Noch nicht einmal Kartoffeln?" Der Größere von uns beiden schüttelte den Kopf. "Nur Gans ohne Beilage können wir deinen Eltern nicht servieren." Ich blickte auf die restlichen Zutaten. "Vielleicht kann ich ja noch einen veganen Kuchen backen." Ich wendete mich der Küchenzeile zu. "Aber meine Eltern lehnen Veganismus ab." Ich wirbelte wieder zu meinem Mann herum. "Wessen Schuld ist es denn das wir nichts Gescheites mehr haben?!" Der großgewachsene Mann zog seinen Kopf ein. "Wer hat denn alle Zutaten verbraucht?!" Mein Mann versuchte sich weiter kleiner zu machen. "Wer hat mir denn nicht zugehört, als ich ihm erklärt habe welche Lebensmittel ich für das Weinachtsessen brauche?!" Tränen der Wut und Verzweiflung rannen meine Wangen herab. "Baby-"
"Komm mir jetzt nicht mit 'Baby'! Ich hatte mich so gefreut, als du mir erzählt hast, dass deine Eltern dieses Jahr Weihnachten endlich vorbei kommen! Ich habe es als Chance gesehen endlich ihr Ansehen und ihren Segen zu gewinnen! Weißt du überhaupt wie schmerzhaft es jedes verdammte Mal ist, wenn deine Familie dich einlädt und dabei betont, dass sie mich nicht dabei haben wollen?! Weißt du überhaupt wie schmerzhaft es war, als dein Vater am Tag unserer Hochzeit zu mir kam und mir ins Gesicht gesagt hat: 'du Schw*chtel hast meinen Sohn zu so etwas widerlichen gezwungen'!" Ich weinte hemmungslos. "Baby-"
"Raus! Einfach nur raus!" Mein Ehemann gehorchte. Die Tür fiel ins Schloss. Ich brach zusammen. Über zwei Jahre war unsere Hochzeit bereits her und doch konnte ich noch immer nicht das Gefühl von damals loswerden. Es tat weh, noch immer. Alle Hoffnung, dass die Eltern meines Mannes mich endlich akzeptieren konnten, dass sie erkennen konnten, dass die Liebe zwischen ihrem einzigen Sohn und mir echt war, dass diese Liebe nicht abscheulich war, dass sie wundervoll war. Der Ofen piepte. Ich rappelte mich wieder auf. Vielleicht konnte ich doch noch alles retten. Dass sich die Familie meines Mannes mich besuchte war bereits ein gutes Zeichen für eine Versöhnung. Vielleicht hatten sie bereits erkannt, dass sie mir Unrecht angetan hatten. Ich öffnete den Ofen und wendete die Gans. Ich hatte noch Zeit aus den vorhandenen Lebensmittel etwas essbares herzustellen. In einer Schüssel begann ich die ersten Zutaten zusammen zu mischen. Plötzlich ging die Küchentür auf. Mein Ehemann stand in der Tür. Sein Gesichtsausdruck verriet nichts gutes. "Sie kommen nicht." Mir fiel die Schüssel runter. "Was?!"
"Meine Eltern haben mich gerade angerufen. Sie haben es sich anders überlegt. Sie wollen lieber Weinachten bei meiner Schwester und ihrer Familie feiern."
"Was?", wiederholte ich mich. "Es tut mir leid." Mein Geliebter verließ die Küche mit hängenden Schultern. Ich schaute auf die Sauerei auf dem Boden. Überall war Mehl verteilt. Ich sollte aufräumen. Ich befeuchtete ein Tuch. Ich bückte mich. Ich streckte meine Hand aus. Ich wollte das Mehl wegwischen. Plötzlich verschwamm meine Sicht. Dicke Tränen tropften herab. Verzweifelt versuchte ich sie weg zu wischen. Ich durfte jetzt nicht auch noch weinen. Ich schluchzte. Alles war verloren. Ich fühlte mich so einsam wie noch nie. Die Welt hatte sich gegen mich verschworen. Alle ließen mich alleine. Niemand glaubte an mich. Niemand mochte mich. Niemand liebte mich. In diesem Moment schlug die Tür wieder auf. Zwei starke Arme schlungen sich fest um meinen Körper. "Alles ist gut. Ich bin für dich da. Ich liebe dich bedingungslos." Alle Last fiel auf einmal von mir ab. Hemmungslos weinte ich, während ich mich an meinen geliebten Ehemann klammerte. Immer wieder flüsterte er mir beruhigend ins Ohr. Irgendwann schlief ich erschöpft ein.
Als ich wieder aufwachte, befand ich mich in unserem Schlafzimmer. Langsam schlich ich zur Küche. Kälte und ein leichter Brandgeruch kamen mir entgegen. Das schlimmste erwartend trat ich in die Küche. Doch zu meiner Überraschung war alles sauber und aufgeräumt, nur die Fenster standen offen. "Tut mir leid, der Vogel ist mir verbrannt." Ich drehte mich zu der Stimme um. Mein Mann stand resigniert in der Küchentür. "Kochen war noch nie deine Stärke." Stellte ich trocken fest. Mein Magen knurrte laut. "Döner?", fragte mein Gegenüber. Ich nickte. "Du zahlst."
"Das ist das mindeste was ich tun kann, nachdem ich dir so viele Sorgen und Probleme bereitet habe." Schnell zogen wir uns an und liefen los zum nächsten Dönerladen. Döner mit meinem Liebsten war eindeutig das bessere Weinachtsessen als irgendeine überteuerte Gans mit einer schrecklichen Familie, die unsere Liebe nicht anerkennen wollte.
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