Weinachten|BoyxBoy
Es war kalt draußen, verdammt kalt. Ich schlang meine Arme fester um meinen Körper. Ich zitterte am ganzen Leibe wie verrückt. Meine Finger waren bereits blau vor Kälte. Es war so Kalt. Die Tatsache, dass ich hier im Park nur im T-Shirt und ohne Schuhe stand, machte es nicht gerade besser. Plötzlich spürte ich etwas Nasses, was mich kitzelte, auf meiner Nasenspitze. Ich nieste. Ich spürte noch mehr Nasses auf meiner Haut. Ein Blick Richtung Himmel verriet mir, dass es begonnen hatte zu Schneien. Ich lachte bitter. Immerhin gab es dieses Jahr wohl weiße Weinachten. Weinachten. Meine Laune wurde abrupt noch schlechter, als sie ohnehin schon war. Ja, Weinachten, das Fest der Liebe. Ich lief über die kalten Steine zur nächstgelegenen Bank und setzte mich auf diese. Ich zog meine Beine nah an meinen Körper heran. Es war so unglaublich kalt. Ein Niesen verließ meine Lippen. Ich zitterte. Immer mehr Schnee viel herab. Ab und zu liefern ein paar Menschen an mit vorbei. Sie alle waren dick eingepackt und lächelten glücklich. Junge und alte Pärchen, mache alleine, manche mit Kindern, manche mit befreundeten Pärchen oder mit ihren Eltern. Alle Menschen waren in Begleitung, sie alle waren nicht alleine, jeder hatte wen, nur ich nicht, ich war allein. Ich schniefte. Wie sehr hatte ich mir einen gemeinsamen Spaziergang im Schnee gewünscht und was hatte ich bekommen? Keinen Spaziergang, keine besinnliche Weihnachten, nur den Schnee bekam ich. Und so leicht bekleidet, da war ich mir auch nicht mehr sicher, ob ich den Schnee überhaupt noch wollte.
Weiter hinten sah ich eine junge Familie. Das Kind tobte im Schnee herum. Ich lächelte bitter. Jedes mal wenn es Schnee gab, war ich auch so herum getollt, nur Heute nicht. Der kleine Junge erblickte mich, weshalb er stehen blieb. "Schau mal Mama, da hinten sitzt ein Mann auf der Bank, was macht der denn da, will er denn gar nicht zu seiner Familie? Heute ist Weinachten." Lächelte wieder bitter. Weinachten bei der Familie? Welche Familie denn? Du Mutter eilte besorgt zu ihrem Kind und berührte es an der Schulter. "Starre diesen nicht an, es ist ein Obdachloser und pädophil bestimmt auch." Mich nicht aus den Augen lassend schob sie ihren Jungen zum Vater. Dieser ließ mich ebenfalls nicht aus den Augen, während sie zusammen mit ihrem Kind weggingen. Ich ließ meinen Kopf sinken. Sehe ich wirklich schon wie ein Obdachloser aus? Tränen rollten meine Wangen hinab. Im Grunde genommen war ich ja ein Obdachloser. Meine Eltern hatten mich verstoßen, weil ich mit einem Mann zusammen war und meinen Geschwistern deshalb den Kontakt zu mir verboten, meine Großeltern waren tot oder lebten weit weg und mein Wohnung teilte ich mir mit meinem Freund, bzw. Ex-Freund. Ich schniefte. Wie hatte ich damals auch nur glauben können, dass er mich je aufrichtig und ehrlich lieben könnte? Ich zog meine Beine noch näher an meinen Körper heran. Ich verschwand in meinen Kopf, wo sich unser ganzes gemeinsames Leben abspielte.
Unser erstes Treffen war in der Schule in der 12. Klasse gewesen. Ich war mitten im Schuljahr auf seine Schule gewechselt. Mir wurde erzählt, ich solle mich von ihm verhalten, da er gerne Gewalt gegenüber anderen anwende oder sie unterdrücke. Auch solle er jedes Mädchen nehmen, das ihm über den Weg liefe. Durch meinen stark ausgeprägten Gerechtigkeitssinn, suchte ich ihn, er war gerade auf der Männertoilette und wollte ein Mädchen nehmen, auf und hielt ihn eine Standpauke. Danach weißte ich ihn immer wieder zu recht, wodurch wir uns immer näher kamen und wir, wohl doch eher nur ich, uns ineinander verliebten. Zwei Jahre später hatte ich mich bereits als Schwul geoutet, wurde von meinen Eltern verstoßen und zog mit meinem Freund zusammen in eine Wohnung. Nun, zwei weitere Jahre später, hatte ich ihn an Heiligabend erwischt, wie er mich betrogen hatte, mit einer Frau.
Ich schluchzte stärker. Was sollte ich denn jetzt nur tun? Und noch wichtiger, wo sollte ich jetzt hin? Durch die Aufregung, die Kälte und dem vielen Weinen, bekam ich Kopfschmerzen. Ich schloss meine Augen, in der Hoffnung, dass der Schmerz dadurch etwas gelindert wurde. Es half nicht, aber meine Augenlider waren so unglaublich schwer und ich war so müde. Sollte ich meine Augen wirklich wieder öffnen? Ich entscheid mich dagegen. Ich bemerkte, wie die Müdigkeit langsam die Überhand gewann und alle anderen Gefühle und Emotionen in den Hintergrund rückte. Ich ließ es zu, ich ließ die Müdigkeit meine Sinne benebel und somit gewinnen.
Verschlafen öffnete ich meine Augen. Ich hob meinen Kopf, dabei knackte mein Nacken. Ich brummte vor Schmerzen. Ich wollte mich erheben, bzw. meine Gliedmaßen bewegen, scheiterte aber kläglich. Als ich an mir herunter sah, stellte ich fest, dass ich dicht in eine dicke Decke eingehüllt war und zwei Arme fest um mich langen. Langsam wurde ich richtig wach, weshalb auch mein Verstand zurück kehre. Ich schaute mich um. Ich befand mich auf dem Sofa in dem Wohnzimmer unserer gemeinsamen Wohnung. Und der Körper hinter mir gehörte meinem schlafenden Ex-Freund. Ich versuchte mich aus der Decke oder zumindest aus den Arm des Mannes hinter mir zu lösen, doch vergebens, sein Griff war im Schlaf schon immer sehr fest gewesen. Ich verschnaufte kurz, dann zappelte ich weiter, vielleicht wachte er dadurch ja auf. Endlich, nach einer gefühlten Ewigkeit, brummte er. "Zappel doch nicht so, ich will noch weiter schlafen, Ba-..."
"Wage es jetzt ja nicht, mich mit falschem Namen anzusprechen.", zischte ich. "Du hast schon genug angerichtet." Er brummte wieder, setzte sich aufrecht hin und zog mich näher in seine Arme. "Was hast du denn?" Ungläubig drehte ich mich, so gut es ging, zu ihm um. "Was ich habe? Was ICH habe? DU hast MICH betrogen!" Er runzelte die Stirn. "Wann soll ich denn das gemacht haben und mit wem?"
"Na mit dieser Schlampe (Sorry für den Ausdruck, mag so welche Wörter nicht sagen/schreiben) von heute Vormittag." Er zog seine Stirn noch krauser. "Von wem redest du?"
"Von wem wohl? Von der Frau mit den langen schwarzen Haaren, die neben dir nackt im Bett lag!" Plötzlich begann der Mann hinter mir herzhaft zu lachen. "Ach die, mach dir keine Sorgen." Er wuschelte mir durch die Haare, was ich mit einem unzufriedenen Brummen kommentierte. "Sie war erstens nicht nackt und zweitens würde ich mein Baby niemals betrügen und schon gar nicht mit einer Frau, dafür liebe ich dich viel zu sehr und bin deutlich zu schwul, als dass sich bei mir irgendetwas regt bei einer Frau." Nachdem er mich näher zu sich heran gezogen hatte, küsste er meinen Haaransatz. "Dann erkläre mir das alles genau."
"Die Frau war meine Schwester, sie hatte ihren Trainingsanzug an."
"Oh", entwich es meinen Lippen. Ich wurde rot. Die Situation war mir einfach nur unangenehm in dem Moment. Seine Schwester hatte nur enge, hautfarbende Trainingsanzüge und immer vor dem Sport kam sie bei uns vorbei, zumal die Geschwister ein sehr gutes Verhältnis zu einander hatten und häufiger, aus Spaß, mit einander ragelten. Dabei hatte ich sie anscheinend erwischt. Mein Freund streichelte durch mein Haar. "Du gehst immer gleich von dem schlimmsten aus."
"Du doch auch", nuschelte ich. "Da hast du wohl recht", seufzte er. Nun besser gelaunt, schälte ich mich aus der Decke und knieten mich über den größeren. "Du hast bestimmt gedacht, ich sei von der Brücke gesprungen oder sonst was." Ertappt lachte er. "Ich war so glücklich, als ich dich unter der dicken Schneeschicht im Park gefunden habe, ich dachte, du wärst erfroren. Was rennst du auch im T-Shirt nach draußen?" Diesmal lachte ich ertappt. "Ich überstürze nunmal alles."
"Dann überstürzen wir beide jetzt etwas." Verwirrt schaute ich ihn an. "Ziehe dir was warmes an, wir bauen mit dem bisschen Schnee, der draußen liegt, einen Schneemann." Grinsend sprang ich auf. "Ich werde als erstes draußen sein."
"Nein, ich." Lachend rannten wir durch die Wohnung. Ich war so glücklich, dass nun wieder alles gut war.
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Einen Tag zu spät, aber ein Weinachts OS. (Vielleicht schreibe ich noch was kurzes mit smut)
In dem Sinne, noch schöne Feiertage 🕯🕯🕯🕯🎁🎁🎁🎁🎄🎄🎄🎄
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