London-Eye Massacre

PoV John:

Als ich am nächsten Morgen wieder den Müllhaufen, den ein gewisser Detektiv gerne als Wohnzimmer bezeichnete, betrat, fand ich Sherlock genauso wie am Abend vor.
Er lag auf der Seite, mit angewinkelten Beinen und war in die Decke, die ich ihm übergelegt hatte, gewickelt. Sein Mund war leicht geöffnet und seine Haare standen in alle Richtungen ab.
Es erstaunte mich ihn so zu sehen. Er wirkte... menschlich.
Ich ließ einen Blick über die Uhr wandern: 11:25.
Er schlief jetzt schon sehr lang. Für gewöhnlich war er schon ab 06:00 anzutreffen. Ob ich ihn wecken sollte?
Ich beschloss es nicht zu tun. Sherlock sollte mal ausschlafen können. Das täte ihm sicherlich gut.
Also ging ich in das Labor/die Küche und machte mir einen Tee.

12:00 Uhr:
Da Sherlock immernoch wie ein Baby schlief und keine Anstalten machte aufzuwachen setzte ich mich mit meinem Laptop auf den Sessel, der Couch gegenüber, und fuhr ihn hoch.

13:00 Uhr:
Ich hatte bereits unseren letzten Fall aufgeschrieben und eine Email an Mike Stamford gesendet. Ich wollte gerade damit anfangen nach einem neuen Stuhl, als Ersatz für den alten, den Sherlock zerschlagen hatte, zu suchen, als ich ein Rascheln wahrnahm. Ich klappte den Laptop zu und schaute den Mann, der so verschlafen aussah, amüsiert an.
"Wie spät ist es, John?", er schien etwas neben der Spur zu sein.
"13:00 Uhr", sagte ich "Ich wollte gerade damit anfangen eine Todesanzeige zu schreiben: unzerstörbarer Detektiv stirbt im Schlaf" Sherlock schien kurz fassungslos zu sein, er hatte sich allerdings schnell im Griff und konterte:
"Meine Güte, Was haben Sie in das Essen gemixt? Hypnotikum?"
Ich lachte und sah ihn mit einem belehrenden Blick an. "Nein. Nichts der Gleichen. Es tat Ihnen einfach nur gut, mal wieder etwas Essen im Magen zu haben. Als Ihr Arzt muss ich Ihnen sagen, dass das, was Sie da tun nicht gut für Ihren Körper ist, aber Sie müssen schon selbst wissen"
Er stöhnte genervt auf und ging ins Bad, um sich fertig zu machen und umzuziehen.
Eine halbe Stunde später kam er wieder in den Müllhaufen getreten. Ich gab ihm eine Tasse des Tees, den ich gerade für ihn gemacht hatte, denn der alte war bereits kalt geworden.
"Heute schon etwas vor, John?"
Ich dachte kurz nach. "Nein, nicht unbedingt", antwortete ich. "Warum?"
Sherlocks Augen blitzten auf:
"Mord!"
"Es gab wieder einen?"
"Es gibt immer Morde. Die Frage ist nur, ob sie sich lohnen. Und dieser hier lohnt sich ganz gewiss, John."
"Oh. Haben Sie schon verdaut oder könnte dies Ihre Kompetenz schwächen?", fragte ich sarkastisch.
"Keine Sorge, John." Mit diesen Worten trat er hinaus in den Flur, wo er sich seinen Mantel schnappte und im Gehen überzog.
Ich folgte ihm schnell und zog ebenfalls meine Jacke an.
"Wo geht es hin?", fragte ich etwas außer Atem, da Sherlock keine Anstalten machte auf mich zu warten.
"Zum London-Eye", rief er über seine Schultern hinweg.
"Wollen Sie damit sagen, dass... dass im London Eye eine Leiche -", "Besser, als das. Heute ist mehr als nur Weihnachten! Heute ist Weihnachten und Geburtstag an einem Tag, mit doppelt so vielen Geschenken!", unterbrach mich Sherlock. Ich konnte seiner Stimme deutlich anhören, dass er sich freute.
Wir erwischten schnell ein Taxi und waren nur 20 Minuten später am Tatort. Der Anblick der sich dort bot, schockierte uns. Okay, er schockierte nur mich, denn Sherlock schien sich mehr zu freuen, als ein Kind, das seinen größten Wunsch erfüllt bekam.
An jeder Gondel des Londen-Eyes hing eine Leiche.
Ich hatte das Gefühl, alle Polizisten Londons schienen anwesend zu sein, denn es standen mindestens 30 Streifen- & Leichenwagen in einer Schlange, deren Ende man kaum sehen konnte.
Lestrade tauchte neben uns auf.
"Wir gehen davon aus, dass es kein Massenselbstmord war, da die Leichen Abwehrverletzungen und Seilabdrücke um ihre Hände aufweisen. Wer tut nur so etwas?"
"Ja, sehr tragisch.", Sherlock hatte nie etwas wie Mitgefühl oder Trauer empfunden. Mittlerweile erwartete ich es auch nicht mehr von ihm. "Los, John, lassen Sie uns mit der Arbeit beginnen", sagte er erfreut.
"Es ist wirklich sehr grausam, dass Sie das Ganze so kalt lässt. Diese Menschen haben Familie und Freunde. Sie hätten eine Zukunft verdient, anstatt hier aufgehangen zu sein und von allen angestarrt zu werden!" Ich zeigte auf die Menschen hinter den Absperrungen. Einige schrieen, andere waren in einen Schockzustand verfallen und konnten weder etwas sagen, noch sich bewegen. Wieder andere weinten. Es waren viele Polizisten und Psychiater am Gange, welche versuchten die Massen an Menschen zu beruhigen und zum Gehen zu bewegen.
Sherlock sah mich an. Ich spürte es. Jetzt würde es kommen. Der große Tag, an dem ich eine Entschuldigung von ihm zu hören bekam...
Sherlock öffnete den Mund und ich setzte einen strengen Blick auf, um ihm zu zeigen, dass es so nicht ging. Er hatte sich anders zu benehmen.
"Eine Schweigesekunde... So und um. An die Arbeit!" Er klatschte in die Hände und bevor ich wusste, was ich tat, spürte ich, wie mein Fuß die wohl schmerzhafteste Stelle traf. Sherlock zuckte vor Schmerz zusammen und schrie auf.
"Mein Gott, Sherlock! Schlucken Sie Ihren Stolz runter! Warum können Sie es nicht zulassen, Gefühle zu zeigen?! Sie sind ein grausamer, gefühlloser Mensch!"
Mit dieses Worten drehte ich mich um und stieg wieder in's Taxi...

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