Mommy dearest
Sie konnte der Zimmerpflanze geradezu beim Wachsen zuhören. Außerdem war die Uhr im Wohnzimmer nervtötend. Hatte sie schon immer so laut getickt? Es war kaum zum Aushalten!
Sowohl ihre Mutter als auch Billy schauten sie erwartungsvoll an, nachdem sie ihre Beine überschlug und die Gewichtsverlagerung den Stuhl unter ihrem Hintern zum quietschen brachte. Vielleicht war es doch nicht die beste Idee gewesen, die beiden in einen Raum zu bringen?
Nachdem Jamie nach den letzten Tagen schlichtweg keine Ideen mehr hatte, wie sie aus der immer verquerer werdenen Situation wieder unbeschadet herauskommen sollte ohne einen Fehler zu begehen, hatte sie sich schlussendlich an die einzige Person gewandt, die es schon einmal mit einer solch verdrehten Persönlichkeit wie Billy zu tun gehabt hatte. Ihre Mutter - mit ihrem Vater.
Jamie schluckte. Sie hatte angenommen, das ihre Mutter ihn augenblicklich durchschauen würde. Was auch immer Jamie zu einer solch guten Menschenkennerin gemacht hatte, war ihr irgendwie von ihrer Mutter vererbt worden.
Es war erstaunlich einfach gewesen, Billy dazu zu bewegen, mit ihr nach Hause zu laufen. Wieder etwas, das ihre Erwartungen an ihn komplett auf den Kopf gestellt hatte. Sie war fest von einem Widerstand ausgegangen, hatte sich im Kopf bereits Argumentationen zurecht gelegt, wieso sie bei ihr einen wichtigen Zwischenstopp einlegen mussten, hatte überlegt was sie ihm zur Bestechung hätte anbieten können, doch nachdem sie ihm „Es wird Zeit, dass du meine Mutter kennenlernst" vor die Füße geworfen hatte, hatte er lediglich mit den breiten Schultern gezuckt und „Klar, Mütter stehen auf mich.", gesagt.
Vor Jamie's innerem Auge spielte sich die Szene von Billy und Nancys Mutter am Pool ab und seine Worte bekamen nochmal eine andere Bedeutung.
„Halt dich zurück!", hatte sie nur geknurrt was Billy ein anzügliches Lächeln auf die Lippen gezaubert hatte.
Der Weg zum Haus war kurz und sie hatten ihn schweigend zurück gebracht, musste Jamie doch überlegen, wie sie nun weiter vorgehen solle. Außerdem hatte sie noch immer an Billys geradezu manischen Stimmungsschwankungen zu knabbern. Schlussendlich stand sie mit halb zerkauter Unterlippe und ihrem Schlüssel am Schloss rumnestelnd an der Tür, als ihre Mutter diese aufriss.
„Jamie, ich befürchte ich muss mit dir-„
Jamie sprang einen Schritt zurück vor Schreck und stolperte über die kleine Stufe vor der Tür, als Billy sie auffing und wieder gerade hinstellte. Schon wieder. Sie hatte anscheinend verlernt auf ihren eigenen zwei Beinen stehen zu bleiben und benahm sich wie eine von den dummen Puten aus ihren Büchern, die immer als erstes von den Serienmördern (zurecht) zerstückelt wurden. Sie räusperte sich und strich ihre Klamotten glatt während ihre Mutter sie erst irritiert ansah, über ihre Schulter zu Billy blickte, ihre Augenbrauen hochzog und dann wieder zu Jamie sah. Jamie hatte keine Ahnung was ihr Gesicht aussagte, doch irgendwo fühlte sie sich ertappt.
"Oje.", seufzte ihre Mutter nur und machte einen Schritt zur Seite um die beiden ins Haus zu lassen. "Kommt rein."
So weit, so merkwürdig.
"Setzt euch schon mal ins Wohnzimmer, ich mach uns Tee.", rief sie über die Schulter und verschwand aus dem Blickfeld, bevor sie den Satz beendet hatte. Jamie drehte sich zu Billy um, welcher ihrer Mutter hinterher sah. Und zwar nicht auf Höhe ihres Kopfes. Sie schlug ihm vor die Brust.
"Verdammt Billy, wir hatten das doch besprochen!", grummelte sie und bemühte sich nicht zu laut zu sein. Sie konnte nicht glauben, dass sie ihn wirklich zurück halten musste nicht ihre Mutter anzugraben. Was war nur falsch mit ihm... nein wirklich! Wieder dieses dämliche, unverschämte, doch auch irgendwo charmante Grinsen, dass sie so in den Wahnsinn trieb.
"Meine Hände sind bei mir, siehst du?"
Wie zum Beweis hielt er seine Hände in die Luft und drehte sie, ehe er sie wieder in seiner Jeanshose vergrub. Jamies Blick folgte gedankenverloren seinen Händen und erst als Billy sich räusperte und sie ihm wieder in sein herausfordernd grinsendes wissendes Gesicht sah viel ihr auf, dass sie ihm die ganze Zeit in den Schritt gestarrt hatte. Einfach wunderbar.
"Halt die Klappe und setz dich aufs Sofa.", grummelte sie und ließ einen amüsierten Billy hinter sich zurück als sie ihrer Mutter in der Küche zur Hilfe eilte.
"Kann ich dir noch irgendwie helfen?", fragte sie um einfach irgendwas zu sagen zu haben und die komische Stimmung aufbrechen zu können. Ihr Hals begann bereits sich zuzuschnüren. Die nächste halbe Stunde würde unangenehm werden, so viel stand wohl fest.
Ihre Mutter drehte sich um, lehnte sich gegen die Anrichte und sah Jamie mit einem sehr merkwürdig eindringlichem Blick an ehe sie hervor schoss: "Ihr sagt mir nicht gleich, dass du schwanger bist und ich Oma werde, oder?"
Okay, das kam ohne Vorwarnung.
"Was?!"
Ihre Mutter sah sie nur herausfordernd an, sagte aber nichts weiter.
"Was?! Oh Gott. Nein."
"Nein?"
"Nein!!"
Ein Shotglas, dass sie wohl schon in Vorbereitung auf diese Frage gefüllt und auf die Anrichte gestellt hatte, leerte sie in einem Zug.
"Puh.", stöhnte sie und stellte es dann in die Spüle. "Okay, dann lass uns ins Wohnzimmer gehen."
Sie goss das heiße Wasser aus dem pfeifendem Wasserkocher in die Kanne und stellte alles auf ein Tablet, bevor Jamie ihre Gedanken zu Ende sortiert hatte. Jamie konnte sich nicht erinnern ihre Mutter schon mal Shots getrunken haben zu sehen. Oder das sie generell so neben sich stand. Irgendwas stimmte hier nicht. Schnell eilte sie ihrer Mutter hinterher.
"Danke Mrs. McNeill, das ist sehr freundlich von Ihnen.", sagte Billy gerade, als sie ihm den Tee einschenkte und warf ihr dabei ein kokettes Grinsen zu. Vielleicht konnte er ja gar nicht anders Lächeln? Ihre Mutter hielt in ihrer Bewegung inne. Nur ganz kurz, doch Jamie kannte sie gut genug, um zu wissen, dass auch sie sein charmantes Lächeln bemerkt hatte. Sie strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr während sie sich setzte und räusperte sich.
Jamie schüttelte den Kopf, atmete tief durch, und tat das Gleiche. Dann legte sich ein peinliches Schweigen über sie alle und beide sahen Jamie erwartungsvoll an. Immerhin hatte sie diese Krisensitzung einberufen. Sie wusste nicht wo sie anfangen sollte, während die Stille immer drückender und lauter wurde und sich ihr Hals mehr und mehr zuschnürte.
"Um Himmels Willen Jamie, nun spuck's einfach aus!", stöhnte ihre Mutter schlussendlich. Billys Kopf drehte sich amüsiert zu ihrer Mutter.
"Oh ja, Verwandtschaft ist eindeutig vorhanden!" Er sah sie mit schief gelegtem Kopf an "Wobei ich nicht glauben kann, dass sie Jamies Mutter sein sollen. Schwester vielleicht..."
Würg. Jamie unterbrach die beiden, bevor ihre Mutter, welche geschmeichelt und zugleich verwirrt wirkte, antworten konnte.
"Mama, alles in Ordnung?", sie sah ihre Mutter genauer an. Sie wirkte blass. Zerstreut. Ihre Hand, die ihre Teetasse hielt, zitterte leicht. Verwirrt sah sie Jamie an.
"Sicher Schätzchen. Wieso sollte auch nicht alles in Ordnung sein?". Sie lächelte Jamie aufmunternd zu. Zumindest sollte es wohl aufmunternd wirken. Alles was Jamie sah war, dass es nicht ihre Augen erreichte. Wie zuvor bei Billy. Sämtliche Alarmglocken in ihrem Kopf begannen laut zu schrillen. Sie sah zu Billy, ihr Herz raste und ihre Hände wurden klamm. Er sah sie ebenfalls an. Sein Blick war offen und als er ihren bemerkte, besorgt. Ihr Herz zog sich für einen Herzschlag zusammen. Ein warmes Gefühl durchströmte sie als sie geradezu erleichtert aufatmete. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen.
"Jamie glaubt ich habe einen Dachschaden und manipuliere sie.", platzte Billy unerwartet heraus und löste dann seinen Blick von ihrem, ein schelmisches Grinsen auf den Lippen. Jamie blieb vor Überraschung die Luft weg. "Dabei hält sie mich damit mit der Ansicht nur auf Abstand, damit sie sich nicht weiter unsterblich in mich verliebt."
Und mit dem Nachsatz nahm er ihr nun endgültig die Fähigkeit, etwas sagen zu können und nippte unbekümmert an seinem Tee. „Der ist sehr lecker, danke Mrs. McNeill."
Jamie saß ungläubig und ertappt da. Für den Moment hatte sie sogar vergessen, dass sie sich um ihre Mutter sorgte. Die riss die Augen vor Überraschung so weit auf, dass ihr Haaransatz bestimmt 5 Zentimeter nach hinten rutschte. Sie wartete das Jamie was sagte. Vielleicht war es unter normalen Umständen nicht merkwürdig, das eine Junge sich so verhielt, wenn er die Mutter eines Mädchens traf das er... datete? Nur gingen sie nicht miteinander aus und Jamie hatte auch sonst keine Jungs mit nach Hause gebracht. Sie hatte keinen Exfreund, keine Vergleichspunkte. Und anhand des Blickes ihrer Mutter hatte sie mit so einer Aussage wohl auch nicht gerechnet.
"Siehst du? Dachschaden!", quickte sie. Schien, als habe sie die Kontrolle über ihre Stimmenbänder verloren. Sie räusperte sich. Billy wirkte amüsiert, ihre Mutter irritiert. Sie hob eine Augenbraue und sah Billy an, ihren Kopf schief gelegt.
"Hast du vor meiner Tochter das Herz zu brechen?", fragte sie direkt heraus und sah ihn herausfordernd an. Jamie wäre am liebsten in der Sofagarnitur verschwunden.
"Das ist nicht vorrangig mein Plan 'mam.", antwortete er wie ein gut erzogener Junge aus den Südstaaten. Sein Verhalten bildete einen starken Kontrast zu seiner Erscheinung, wie er dasaß mit seiner verschmutzten engen Jeans und seinem weit aufgeknöpften Hemd. Nach wie vor hing ihm diese verdammte Locke ins Gesicht, als habe er sie mit einem Kilo Haarspray an Ort und Stelle gekleistert. Sein Ohrring baumelte an der Seite seines Gesichts als er den Kopf schief legte und mi seinen perlweißen Zähnen charmant grinste. Dabei wurde die Platzwunde an seinem Kopf sichtbar. Er sah aus wie alles, wovor Mütter ihre Töchter warnen würden. Gefährlich, ungepflegt und überheblich. Ihre Mutter musterte ihn genauer, lehnte sich leicht vor, überlegte einen Moment, zuckte dann mit den Schultern und drehte sich wieder Jamie zu.
"Okay."
Wie jetzt?
"Okay?"
Ihre Mutter stand auf und war dabei das Geschirr wieder zusammen zu räumen.
"Klar. Okay. Macht was ihr wollt. Zieht los. Habt Spaß. Seid jung!", flötete sie und reichte Billy die Hand. "Hat mich gefreut dich kennen zu lernen."
Hatte sie gerade einen Schlaganfall erlitten? Jamie fasste sich an ihr Gesicht um zu überprüfen ob ihre Gesichtshälften noch symmetrisch waren. Dann kniff sie sich in den Oberarm. Okay, träumen tat sie auch nicht. Ihre Mutter riss ihr geradezu die noch warme Tasse Tee aus der Hand und scheuchte sie und Billy auf, um sie aus dem Wohnzimmer zu bekommen. Als sie gegen Billy stolperte, grinste dieser anzüglich.
"Hast du gehört? Wir sollen losziehen, Spaß haben und jung sein! Anordnung deiner Mutter!", raunte er ihr mit tiefer Stimme zu und lachte kehlig als sie sich mit großen Augen zu ihm umdrehte und ihn von sich schob.
"Billy, irgendwas stimmt hier nicht!", raunte sie und sah ihm fest in die Augen. Das amüsierte Glitzern in seinen Augen und die leichten Lachfältchen die sie so niedlich fand, verschwanden. Er sah sie eindringlich an und erkannte das es ihr ernst war. Er legte den Kopf in den Nacken und ließ ihn Kreisen, dass es knackte. Als er sie erneut ansah, war sein Blick resigniert.
"Nur, weil sie mich mag? Tatsächlich ist das die natürliche Reaktion auf mein Erscheinen! Nur du scheinst irgendwie falsch verkabelt zu sein." Sein Tonfall war entspannt, dennoch hatte sie das Gefühl ihn mit ihrer Aussage verletzt zu haben.
Gerne würde sie ihn schütteln, doch sie bezweifelte, dass sie damit irgendwas erreichen würde. Wahrscheinlich würde er sie eher einfach festhalten und sie so lange nieder starren, bis sie entweder nachgeben oder etwas dummes tun würde. Sie biss sich auf die Lippe und sah ihrer Mutter zu, wie sie mit leerem Blick in die Küche lief und den Wasserhahn anstellte.
"Billy, einfach...ich weiß es, okay? Vertrau mir.", versuchte sie es weiter.
"Du meinst nicht, du übertreibst?"
Er strich ihr eine lose Haarsträhne hinters Ohr, folgte ihr mit seinem Blick und strich über die Seite ihrer Wange, selber tief in Gedanken. Seine Stimme war zweifelnd, beinahe genervt, doch er sah sie mit wachem Blick an. Er nahm sie ernst. Sie nahm seine kalte Hand und schloss ihr warmen Finger um seine, drückte zu.
Er seufzte. "Du bist echt ein Haufen Arbeit McNeill" und ließ sie dann zu ihrer Mutter gehen.
Sie stand mit dem Rücken zu ihr Gewand vor dem Waschbecken und spülte die Tassen aus. Als Jamie sich räusperte zuckte sie zusammen und riss ihre Hände aus dem Waschbecken, wobei eine der Tassen im hohen Bogen durch die Küche flog und die Wände mit Seifenwasser besprüht wurden. Rein instinktiv fing Jamie die Tasse aus die Luft auf und sah ihre Mutter dann mit großen Augen an.
"Ma!"
Erschrocken griff sie sich an ihre Brust und atmete tief durch. "Wow. Guter Fang.", sie beugte sich über "Hilfe, hast du mich erschreckt."
Jamie legte den Kopf schief und platzierte die Tasse vorsichtig neben ihrer Mutter auf der Anrichte. Wie sie so neben ihr stand, legte sie ihrer Mutter eine Hand auf den Rücken, was aufgrund ihrer übergebeugten Position nicht weiter schwierig war. Sie sah aus, als könne sie sich kaum noch auf den Beinen halten.
"Mama, langsam machst du mir Angst.", flüsterte Jamie als ihre Mutter sie unerwartet mit weit aufgerissenen Augen ansah. Getrocknete Tränen hatten weiße Spuren in ihrem Make-Up gelassen. Hatte sie sich zuvor Sorgen gemacht, wuchsen diese jetzt nur noch mehr. Sie hatte es gewusst. Irgendwas stimmte nicht. Irgendwas war ganz und gar nicht richitg. Irgendwas hatte sie übersehen seit sie zurück war.
"Mama, was wolltest du mir sagen, als ich zur Tür herein gekommen war?", fragte sie mit einer bösen Vermutung. Sie hatte ihre Mutter nicht oft die Kontrolle verlieren sehen. Ganz im Gegenteil, in der Regel war ihr Leben zwar ein Chaos, doch sie hatte alles unter Kontrolle. Hatte ihre Gefühle unter Kontrolle. Der einzige, der sie in so kurzer Zeit so aus der Bahn werfen konnte, war...
"Oh Jamie, du hättest mit Billy gehen sollen, als ich es euch gesagt hatte. Es tut mir so Leid!", flüsterte sie, während die Tränen ihre Augen erneut zu überschwemmen drohten. Jamie wurde kalt. Wie Eiswasser floss ihr Blut durch ihre Venen, erfüllte ihren Brustkorb und ließ ihre Finger erfrieren.
"Ma, was ist los!", versuchte sie es erneut. Wieso antwortete sie nicht. Wieso sagte sie nicht ihre üblichen Floskeln:
Das alles okay sei, dass sie nur einen schlechten Tag habe und sich früh hinlegen würde.
Das sie sich von Billy würde fernhalten sollten, weil er nur Gefahr und Schmerz für sie bedeuten würde und sie nicht ihre Fehler wiederholen solle. Fehler, wie sie sie bei ihrem Vater gemacht hatte...
Sie hatte nie ganz verstanden, was damals wirklich zwischen ihren Eltern vorgefallen war. Nur vage Erinnerungen, das Gefühl von Angst und Trauer wenn sie sich zurück zu erinnern versuchte - was sie nicht konnte. Schwarz hüllt sich der Mantel des Vergessens über diese Zei und mmer wenn sie glaubte eine Erinnerung zu fassen zu bekommen, war sie Jamie wieder entgliten. Zunächst hatte sie noch nach Antworten gesucht, sich psychatrsche Hilfe holen wollen, doch das half nichts. Von ihrer Mutter hatte sie stoisch nie eine Antwort erhalten.
Eines Tages war er da, den Nächsten weg. Ihre Mutter hatte geschwiegen wie ein Grab und sich mit Witz und Charm durchgebissen bis es besser wurde. Aus Tagen wurden Monate und Jahre und sie hatten ein neues Leben gegonnen wo die Tage freundlicher und die Erinnerungen nur noch dunkle Schatten wurden. Jamie wusste, das ihre Mutter nicht einfältig war und trotzdem suchte sie sich bewusst immer Berufe, die sonst übergangsweise von Studenten oder Schulabbrechern belegt wurden. Sie hatte sie nie nach dem Grund gefragt und ihre Mutter hatte ihr nie das Gefühl gegeben, es hinterfragen zu müssen. Sie waren vielleicht nicht wohlhabend - aber sie waren zufrieden. Bis zum heutigen Tag, wo sie ihre Mutter so verändert vorfand.
Statt vor Leben zu sprühen und ihr zu versichern das alles gut werden würde, sah ihre Mutter sie nur an, ihr Oberkörper in sich zusammen gesackt, ihr Gesicht Tränen verschmiert und ihr Blick verängstigt und resigniert. Obwohl ihr Blick in ihre Richtung gerichtet war, sah sie Jamie nicht an. Stattdessen blickte sie an ihr vorbei, als schwere Schritte über die Fliesen hinter ihr traten.
"Hi Schätzchen.", sagte die klare Stimme und durchschnitt die Stille wie ein Messer. Ihre Eigeweide zogen sich beim klang seiner Stimme zusammen. Sie würde die Stimme überall erkennen und doch klang sie zugleich so fremd und unbekannt.
Nur langsam war Jamie dazu in der Lage sich umzudrehen. Ihr Körper versagte ihr seinen Dienst. Mit schief gelegtem Kopf sah der ergraute Mann sie an und musterte sie aus wachen, intelligenten Augen. Sein teures Aftershave wabberte bereits aus seinem maßgeschneidertem, gestärktem Anzug und erfüllte die Küche. Sie hatte noch versucht ihn als Hirngespinst abzustempeln, ein Produkt ihrer überspannten Nerven. Doch als sein Geruch in ihre Nase kroch, drehte sich ihr Magen um und sie gefror geschockt an Ort und Stelle und konnte ihn nur anstarren.
"Was denn, bekommt dein Daddy keine Umarmung?"
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