Acting (Louis)
2014
Meine Füße konnten mich mittlerweile nicht mehr tragen. Zu lange schon war ich auf den Beinen. Sie schmerzten ebenso wie mein Rücken unter den ständigen Strapazen.
Erschöpft viel ich zu Boden und der harte Beton empfing mich, nur meine Arme stützten mich noch.
,,Get up!" Das war er. Er lies uns niemals zu Ruhe kommen, egal ob es etwas zu tun gab oder nicht. ,,Slut.", schob er abfällig hinterher.
Schon seit 4 Monaten, 26 Tagen und ungefähr 13 Stunden war ich in diesem schäbigen Lager gefangen gehalten. Die Hoffnung auf Rettung war mittlerweile so verblasst wie Chancen auf sauberes Wasser. Sie hatten unseren allen Willen gebrochen und das obwohl keiner es jemals so weit hatte kommen lassen wollen. So viele kämpften, aber schafften es nicht.
,,Get the fuck up!", brüllte mich aufeinmal eine raue Stimme von hinten an.
Ich stützte mich immer nur noch auf meine Arme und war körperlich, sowie seelisch völlig am Ende. ,,I- I'm... I can't." Ich wollte es nicht sagen dennoch war es das einzige was nun noch in meinem Kopf war.
,,Oh really?", fragte er. Ich konnte bereits ahnen wie er nun seine Faust ballte und ausholen wollte. ,,No..." Doch da war es schon zu spät. Der Schlag traf mich direkt in die Magengegend und erschrocken musste ich aufkeuchen. Keiner kam auch nur auf die Idee mir zu helfen. Warum auch, es wäre der sichere Selbstmord gewesen. Ich hatte damit anfangs schwierige Erfahrungen machen müssen...
Der zweite Schlag traf mein Gesicht. ,,No, please...", murmelte ich während ich mir meine blutende Nase hielt.,, Next time, you will keep standing!" Ich konnte bereits spüren wie er zum dritten Schlag ausholte, als plötzlich eine leise Stimme von etwas weiter hinten erklang. ,,Hey!" Oh nein. Ein Neuling. Das letzte was ich wollte, war dass ein Neuling sich für mich einsetzte. ,,Leave her alone." Das wars. Er war so gut wie tot.
Sofort lies er von mir ab und drehte sich zu ihm um. ,,Oh what was that?" Ich konnte hören wie mein Verteidiger schluckte.
,,And cut!", rief Marc durchs Studio.
Sofort löste sich meine Anspannung und Normalität kehrte in uns allen zurück. Jeder kam wieder so langsam aus seiner Rolle heraus und wurde er selbst.
,,You guys were great. Thank you everybody. That scene is a wrap!" Allgemeines Jubeln war unter meinen Kollegen zu hören.
Ich klatschte natürlich auch. Ich war verdammt stolz auf die Leistung die mein ganzes Team Tag für Tag erbrachte und den ganzen Stress den sie aushielten.
,,Well played Tomlinson.", rief ich lachend meinem besten Freund entgegen. ,,You were amazing! I didn't know you can act that great!" Sofort spürte ich wie ich erötete. ,,Thanks." Louis hatte eine kleine Gastrolle in dem Film bekommen. Er spielte einen Mann welcher mit mir gefangen war. Wie in der Szene, die wir eben abgedreht hatten, würde er mich verteidigen, nachdem ich von einem Offizier zusammen geschlagen wurde.
Danach gäbe es noch eine kurze Szene in den Aufenthaltsräumen, doch das wäre es leider an gemeinsamen Szenen, da er später im Film sterben würde. Schade eigentlich, da ich mich wirklich gefreut hatte zusammen mit ihm zu spielen. Schon seit meiner Kindheit war die Schauspielerei ein Teil von mir, doch Louis konnte leider nur selten daran teilnehmen. Oft hatten wir verschiedene Termine und waren den ganzen Tag unterwegs. Wenn er auf Tour war, sah ich ihn Monate lang nicht. Wir waren beste Freunde seit der fünften Klasse und ich bin unglaublich dankbar, dass es so bleiben konnte.
,,Wanna grab some lunch Tommo?" ,,Sure whatever you want me Lady.", sagte er und machte dabei eine übertriebene Verbeugung. Ich lachte auf und machte ebenfalls einen Knicks. ,,You're such a weirdo.", lachte er. ,,Aw thanks! You too!" Da wir heute mehr draußen drehten, war das Catering in einem Zelt aufgebaut, welches wir gerade betraten. ,,Hey Mads!", rief mir Mike, einer der Kameramänner entgegen, welcher etwas weiter hinten an einer der Bänke saß. Ich will nicht angeben, aber am Set kannte mich so gut wie jeder, was nicht unbedingt ein Vorteil war. Sobald ich und Louis auch nur ein bisschen Scheiße anstellten, wurden wir normalerweise direkt beim Producer verpetzt.
Louis und ich liefen gemeinsam zum Buffet und schnappten uns jeweils einen Teller. ,,What you're taking?" ,,I think imma go with the fish. What about you?" ,,Pizza of course.", lachte er.
Nachdem wir beide unser Essen hatten, setzten wir uns zu ein paar Crewmitgliedern, welche bereits hier waren. Immer wenn jemand neues herein kam, wurde dieser jemand sofort begrüßt. Hier am Set waren wir alle wie eine große Familie. Jeder kannte jeden und mit den meisten konnte man jeden Scheiß machen.
Während ich nebenbei immer wieder ein bisschen von meinem Fisch aß, lernte ich hauptsächlich meinen Text für die nächste Szene. Ich hatte ihn noch nicht ganz im Kopf und vergaß immer wieder kleinere Wörtchen. ,,Learning your lines Miss Pine?" ,,Yes I do...", antwortete ich genervt. ,,I've got so much text in that scene and you only have to say like a few sentences." ,,But maybe I can do some improvising." ,,That would be fun." ,,Hey. I'm serious.", rief er gespielt empört woraufhin wir beide lachen mussten.
Nach dem Essen verbrachten wir noch kurze Zeit in meinem Wohnwagen. Zusammen gingen wir noch ein letztes Mal unseren Text durch und versuchten uns auf den jeweils anderen abzustimmen. Unsere Kostüme hatten wir bereits an, nur das Make-Up musste nochmal nachgebessert werden. Ich bekam ein paar blaue Flecken mehr und Louis ebenfalls. Nach der Szene, welche wir eben abgedreht hatten, hätte er nämlich noch eine kleine "Auseinandersetzung,, mit dem Offizier, da er mich verteidigen wollte.
,,Madison? Louis? Your turn with the Make-Up." Ein Crewmitglied brachte uns zum Trailer der Make-Up Crew. ,,Good Mornin'!", rief ich gutgelaunt einmal durch den ganzen Raum, als ich die Tür geöffnet hatte. ,,Morning Mads. Take a seat and let's make you look awful." ,,Aw that's what I always wanted.", scherzte ich. ,,I don't think you'll have to put much Make-Up on her.", meinte Louis. ,,Hey! I've heard that!" Daraufhin kicherte er.
Als ich fertig war konnte ich mich endlich wieder bewegen und schaute rüber zu Lou. ,,Hey Tommo, you look horrible." ,,Aw thanks darling. You look terrible!" ,,Thanks!" ,,Their conversations are getting weirder and weirder...", murmelte Liv, welche für mein Make-Up zuständig war.
Schließlich wurden wir zum Set geschickt, an dem wir die jetzige Szene drehen würden. Es war eine Art Aufenthaltsraum und Kantine mit Tischen und Bänken. Louis und ich würden eine kurze Konversation haben, mehr wahrscheinlich nicht.
Zusammen mit Marc, unserem Regisseur, gingen wir alles nochmal haargenau durch. Wir machten eine Stellprobe, Kameraproben, Textproben und so weiter. Es dauerte immer ewig bis wir endlich anfangen konnten, die richtige Szene zu drehen.
Doch jetzt war es endlich soweit. Louis und ich saßen, beziehungsweise standen auf unseren Plätzen, hatten den Text im Kopf und die Kameras waren richtig eingestellt. ,,Everybody quiet please!", rief jemand. ,,3,2,1 and Action!" Nun war ich vollkommen in meiner Rolle. Die Außenwelt nahm ich kaum noch war.
Nach dem dieser Neuling sich doch tatsächlich versucht hatte für mich einzusetzen, hatte ich nichts mehr von ihm gehört. Doch dank ihm konnte ich meinem sicheren Tod entgehen. Ob das nun gut war oder nicht sei mal dahingestellt. Nun saß ich hier mit furchtbaren Schmerzen, so wie eigentlich jeden Tag und versuchte sie zu unterdrücken. Meine Arme waren voller Blutergüsse und Flecken, alt und frisch. In meinem Gesicht sah es vermutlich nicht besser aus.
Hier saß ich nun, am einzigen Platz des gesamten Lagers an dem ich mich noch alleine aufhalten durfte und stocherte in meiner Brühe herum. Das war das einzige, was es jeden Tag gab und doch hatte ich keinen Appetit. Der Neuling ging mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich musste wissen was mit ihm passiert war. Er hatte sich für mich eingesetzt und war damit auch bis jetzt der erste gewesen.
In diesem Moment hörte ich wie die rostige Tür aufging und jemand den Raum betrat. Ich schaute gar nicht erst hoch. Egal wer es war, ich unterhielt mich besser nicht mit ihm. Bindungen aufzubauen ist hier keine allzu gut Idee. Zu meinem Pech allerdings, setzte sich die Person, die gerade reingekommen war, direkt an meinen Tisch schräg gegenüber von mir. Ich wollte nicht hoch schauen, doch irgendwann wurde auch meine Brühe zu langweilig. Unauffällig hob ich den Kopf ein wenig, doch als ich sah wer da saß, konnte ich nicht anders. ,,What are you doing here?", fragte ich in kaltem Ton. ,,The same as you I think." Nach dieser kläglich gescheiterten Konversation herrschte erstmal Stille. Ich konnte nicht glauben, dass er immer noch am Leben war. Normalerweise ist man nach so einer Aktion schnell weg vom Fenster.
,,Why did you do that?", wollte ich nach langer Stille wissen. ,,What?" ,,You know exactly what.", gab ich mies gelaunt zurück. ,,I don't know. I...Just wanted to help you. Isn't that normal?",,Listen. If you wanna survive this, which is actually not a really good thought, you better stop this right now. You're just killing yourself. And as I can see, you already made some expierences with that.", sagte ich und deutete auf sein Gesicht. ,,Sorry that I just wanted to help...",,In this place we don't help, you understand that? Here everybody is surviving on their own...", murmelte ich. ,,I'm Greg." ,,And I don't care."
,,Why the hell are you like this? You keep being so cold to me, but I haven't done anything.", fuhr er mich aufgebracht an. Wow der Neuling konnte sich also auch durchsetzen. ,,Because I am longer here than you are and I have seen worse things than you have. I know what they are doing to people who don't follow the rules, believe me!" ,,But why do you do this to me then?" ,,Because I want to protect you! Not everyone gets the chance to survive here. And as long as you don't have to go through this, I want to protect you from it!" ,,And cut!"
,,Mads, great emotions, but I want you to be a little more annoyed when he's coming in. Like you had a hard day, you just wanna be alone and then there's someone disturbing you. Louis, I want you to be more innocent you know what I mean? You're like why are you doing this to me, I don't understand this, alright?"
Wir drehten die selbe Szene noch oft immer und immer wieder. Manchmal hatte jemand seinen Text vergessen, ein anderes Mal bekam jemand einen Lachanfall und einmal stand die Kamera nicht richtig. Doch so oft wir die Szene auch drehten, nie war Marc wirklich zufrieden mit unserer Leistung. Beim 64. Take zog er Louis auf einmal bei Seite. ,,Okay just listen to me. I just feel like there's something missing in this scene. So I'd like you to improvise at the end like whatever comes to your mind, what would you do in that situation?" Louis verstand ihn anscheinend, denn danach ging er motiviert wieder an seine Startposition, von welcher er nun zum 65. Mal heraus kommen würde. ,,And Action!"
Die Szene verlief zum Glück ziemlich gut. Keiner hatte einen Texthänger und wir konnten sie komplett durchspielen. Am Ende war ich ziemlich unsicher, da ich keine Ahnung hatte, ob oder was Louis improvisieren würde, jedoch vertraute ich ihm blind. Auch wenn er weniger Erfahrung im Schauspiel hatte als ich, vertraute ich ihm, dass er das hinbekommen würde.
,,And as long as you don't have to go through this, I want to protect you from it!" Das war mein letzter Satz. Ich war ein wenig außer Atem, da ich ziemlich aufgebracht in der Szene war und dementsprechend natürlich auch reden musste. Nun starrte ich konzentriert in Louis Augen. Ich musste vorbereitet sein auf alles was er nun tun könnte. Er fixierte meine Augen ebenfalls mit seinen und so schauten wir uns sekundenlang einfach nur in die Augen. Waren sie grün? Oder doch grau-blau? Nie hatte ich wirklich darauf geachtet, doch nun fiel es mir erstmals wirklich auf. Es war eine Mischung aus allen drei Farben. Louis musterte mein Gesicht und schaute mich an, als wolle er mir etwas sagen.
Als Schauspielerin und Profi hätte ich auf alles vorbereitet sein müssen, was nun passiert, doch auf das was gerade geschah war ich kein winziges Stückchen vorbereitet. Langsam beugte er sich vor und als hätte irgendetwas unerklärliches mich dazu veranlasst, tat ich es ebenfalls. Ich wusste überhaupt nicht mehr was mit mir los war. Wir kamen uns immer näher bis unsere Lippen aufeinander trafen. Es war ein unbeschreibliches und doch komisches Gefühl. Als wir uns von einander lösten schauten wir uns schüchtern in die Augen. Was war das denn? ,,And cut!"
Wie als wäre ich gerade aus einer Trance erwacht, schaute ich mich um. Was war gerade passiert? ,,Great work you two. Reallistic, for a moment I thought it was real. That's a wrap everybody!", rief er und klatschte in die Hände. Die ganze Crew jubelte und klatschte und meine Bemerkung ging in der Lautstärke unter: ,,I actually don't really know what it was..." Auch Louis sah verwirrt aus. War das wirklich nur gespielt?
,,Okay you guys, you had a long day. Get your costumes and your Make-Up off and then you've got some freetime.", sagte Marc an uns gewandt. Mechanisch nickten wir beide gleichzeitig und machten uns auf den Weg zu den Stylisten. Keiner von uns sagte auch nur ein Wort. Nicht während wir nebeneinander herliefen, nicht als wir nebeneinander in der Maske saßen und auch nicht als wir zusammen zu unseren Wohnwägen liefen.
Ich war erleichtert, als ich endlich die Tür hinter mir schließen konnte. Heilige Scheiße... Ich hatte gerade meinen besten Freund geküsst und wusste noch nicht mal ob es ein echter Kuss gewesen war. Wenn ich an den Moment zurück dachte spürte ich ein leichtes Kribbeln im Bauch und meine Wangen hatten inzwischen bestimmt einen anderen Ton angenommen. Er kann mich doch nicht einfach so küssen, oder? Ich meine es war doch sicher nur gespielt, oder?
Oh Gott. Mein Schädel brummte und bei meinen Gefühlen ging es auf und ab. Ich musste es wissen!
Obwohl ich meine Tür gerade erst hinter mir geschlossen hatte, riss ich sie jetzt wieder auf und rannte hinaus. Die Sonne strahlte mir entgegen und blendete mich, so dass ich Louis, welcher mir gerade entgegen kam, nicht rechtzeitig ausweichen konnte. ,,Ah!", zischte ich auf. ,,Dammit, I'm so sorry." ,,Sorry I wasn't looking were I was going." ,,Did you want to... go to me ?", fragte er.,,I actually did." ,,Well... I wanted to see you." ,,To my house or to your place?'', lachte ich, woraufhin mein bester Freund ebenfallsanfing zu lachen. ,,Yours.", lachte er dann kopschüttelnd.
,,So... I guess we wanna talk about the same thing?", begann ich. ,,Yeah probably." ,,Ehm... So the kiss... It was just..." ,,Just acting?" Mittlerweile hatte ich mich auf die schmale Küchenzeile gesetzt und war fast auf Augenhöhe mit Louis. ,,Yes right it wasn't real... Right? I mean..." ,,Yeah it wasn't." ,,So just acting? We're normal?" ,,I guess..."
Louis war mir mittlerweile immer näher gekommen und schaute mich schon wieder mit diesem Blick an. Es war der selbe Blick wie eben. Ich konnte mich nur auf seine wunderschönen Augen konzentrieren, welche mich anfunkelten. Er kam mir immer näher, bis sich unsere Lippen trafen. Diesmal war das Kribbeln im Bauch viel stärker. Ich konnte es wirklich fühlen.
Schüchtern sah ich auf den Boden, als ich bemerkte wie er mich ansah. Er war immer noch ein wenig größer als ich, obwohl ich mich mit Absicht sogar schon höher gesetzt hatte und schaute so natürlich auf mich herab. Meine Neugier gewann aber, denn nun hob ich meinen Kopf an und schaute direkt in seine Augen. Er schmunzelte als er meinen Blick sah und murmelte: ,,I guess it's more than just acting."
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top