Zarry (1/2)
Harry P.o.v
«Mein Prinz?», hörte ich die Stimme meines Dieners und hob leicht den Kopf aus den Kissen. Er steckte nur seinen Kopf durch die grosse Flügeltür. «Ihr werdet erwartet.», fuhr er fort. Ich seufzte. Es war mir schon klar, dass ich zu spät dran war. Das war gewollt. Mir war nicht danach, nach unten zu gehen. Der Gedanke daran, was mir bevorstand, gefiel mir nicht. In einer Woche war der grosse Rosenball. Ein Anlass, welcher seit Generationen traditionell um den 18. Geburtstag des Thronfolgers stattfand. Das wäre dann ich. Als erstgeborener Sohn, war ich dafür bestimmt, einmal König zu werden. Und am Rosenball würde ich zum ersten Mal Seite an Seite mit meiner zukünftigen Königin tanzen. Das Problem war nur, dass ich bislang nicht die Richtige gefunden hatte. Zwar hatte ich viele junge Damen kennengelernt, ich mochte auch einige von ihnen. Jedoch nicht auf eine Art und Weise, wie ein König seine Königin mögen soll. Ich liebte sie nicht. Keine von ihnen. Wir waren einfach nur Freunde. «Ist alles in Ordnung, mein Prinz?», riss Zayn mich erneut aus meinen Gedanken. Mittlerweile war er in mein Zimmer eingetreten und hatte die Tür hinter sich geschlossen.
«Wie viele?», stellte ich eine Gegenfrage, wissend, dass er vermutlich nicht wusste, was ich meinte.
«Pardon?», kam auch gleich von Zayn die Antwort. Seufzend rappelte ich mich auf und legte eines der Kissen in meinen Schoss, um mit den Fransen daran zu spielen.
«Wie viele Damen?», fragte ich diesmal präziser. Zayn nickte verstehend, schwieg aber einen Moment, während er mein Gesicht abscannte. Vermutlich wusste er mittlerweile, dass ich keine der Damen in meinem Leben je geliebt hatte und es vermutlich auch nicht würde. Zayn war mir von allen Menschen hier im Schloss am nächsten. Als mein persönlicher Diener war er für mich 24 Stunden am Tag abrufbar. Natürlich versuchte ich, ihm immer mal wieder seine Pausen zu geben und rief ihn nicht wegen absolutem Schwachsinn zu mir. Manchmal jedoch merkte ich, dass ich einfach seine Gegenwart sehr genoss und dass er jemand war, mit dem ich über alles sprechen konnte. Er war mir sehr vertraut. Womöglich mehr als meine eigenen Eltern.
«Zwanzig.», beantwortete er meine Frage. Mein Herz rutschte mir beinahe in die Hose. Zwanzig Damen. Alle hier für mich. «Fühlt ihr euch nicht gut, mein Prinz?», hakte Zayn erneut nach. Ich schüttelte jedoch den Kopf und winkte ab, als ich mich endlich aus meinem Bett kämpfte. Ich hatte keine andere Wahl. Dies war mein Schicksal, meine Pflicht. Ich musste eine dieser zwanzig Damen aussuchen und mit ihr den Rest meines Lebens verbringen.
Bringen wir es hinter uns.
Ich folgte Zayn die grossen Treppen hinunter und hinaus aus dem Schloss. Der heutige Anlass fand im Gästehaus statt, im kleinen Saal. Klein konnte man ihn jedoch kaum nennen. Er fasste fast 300 Personen für ein Fest. Es war allerdings der kleine Saal, weil der andere fast doppelt so gross war. Dort würde in einer Woche der Rosenball stattfinden. Zayn öffnete die Tür für mich und trat zur Seite, so dass ich den Saal betreten konnte. Sofort kehrte Stille ein. Die jungen Damen, eilten, um sich in eine Reihe zu stellen. Ich schenkte ihnen fürs Erste keine Beachtung, sondern lief hinüber zu meinen Eltern. Für meinen Vater ein kräftiges Händeschütteln, für meine Mutter einen Kuss auf die Wange. Erst dann drehte ich mich zu den Damen, welche sich alle Mühe gaben, so aufrecht wie nur möglich zu stehen. Sie alle hatten ein breites Lächeln aufgesetzt. Ich musste zugeben, sie alle waren wunderschön. Jede einzelne von ihnen, hatte etwas an sich, jedoch nichts, das mich umwarf. Ich wollte keine Zeit verschwenden, also stellte ich mich vor eine der Damen und streckte meine Hand nach ihr aus. Ich gab ein leichtes Nicken von mir, woraufhin sie einen Knicks vor mir machte, ehe sie ihre Hand in meine legte. Einige Schritte ging ich zurück und schon fing die Musik an zu spielen. Wir tanzten einen Moment, jedoch merkte ich ziemlich schnell, dass es nicht harmonierte. Sie liess sich nicht von mir führen, trat mir immer wieder auf die Füsse. Ziemlich bald bedankte ich mich bei ihr und bat die nächste um einen Tanz. Ein nicht enden wollender Nachmittag begann. Es war, als hätte ich schon mit hunderten Damen getanzt und gesprochen, als ich auch die letzte wieder abgab und mir mit einem Taschentuch über die verschwitzte Stirn tupfte. Ich war müde und erschöpft. Ausserdem war ich genau so weit, wie noch vor einigen Stunden. So leid es mir tat, keine der Damen war die eine. Sie alle waren wunderschön, gebildet und von guter Familie.
«Nun mein Sohn,» ergriff mein Vater das Wort «welche soll es sein?»
Ein weiteres Mal sah ich mir jede einzelne an, jedoch klopfte mein Herz für keine schneller. Wie hätte ich mich auch allein nach einem Tanz verlieben sollen? Meine Eltern hatten da mehr glück. Sie hatten einander schon im Kindesalter kennengelernt. Für beide Familien und auch für sie selbst war schon früh klar, dass sie einmal heiraten würden. Für meinen Vater brauchte es daher diesen Wettbewerb nicht. Er war beim Rosenball mit meiner Mutter zusammen aufgetreten und hatte ihr die Rose geschenkt. Das war für niemanden eine Überraschung.
«Keine.», gab ich leise von mir und senkte den Kopf. Getuschel hallte durch den Saal und meine Eltern sahen einander empört an.
«Mein Sohn, der Rosenball ist in einer Woche.», versuchte mein Vater mir den Ernst der Situation klarzumachen. Das war mir allerdings bewusst. Ich wusste, dass ich die Tradition unseres Königreichs und unserer Familie gefährdete. Doch so leid es mir tat, ich konnte mit keiner dieser Damen ein Leben verbringen. Zumindest kein glückliches. Ich antwortete nicht, sondern hielt meinen Kopf gesenkt. Den Blick meines Vaters konnte ich stark auf mir spüren. Es brannte fast schon.
«Nun, der Prinz wird sich zurückziehen und sich in Ruhe besinnen. Ich möchte mich bedanken für euer Kommen, meine Damen. Unsere Diener werden euch in den kommenden Tagen über den Entscheid des Prinzen berichten.», brach meine Mutter irgendwann das Schweigen. Damit wurden die Damen aus dem Saal geführt. Erst als die Tür ins Schloss fiel, hörte ich meinen Vater schnauben.
«Harold, das ist nicht das Benehmen eines Königs!», schimpfte er. Seine Stimme hallte durch den Saal, was ihm nur noch mehr Macht zu geben schien. «So behandelt man keine Damen! Du hattest die Auswahl zwischen zwanzig wunderschönen jungen Damen, alle willig, sich dir herzugeben. Und du lehnst sie alle ab. Als wäre keine von ihnen gut genug für dich. So haben wir dich nicht erzogen, Harold. Ich schäme mich für dein Verhalten!», unter seinen Worten fühlte ich mich immer kleiner. Es tat mir ja leid, dass ich keine der Damen ansprechend fand. Keine von ihnen perfekt für die Ewigkeit schien. Doch ich wollte nun mal nicht die nächstbeste nehmen. Ich wollte die Beste. Die eine für mich. Bisher hatte ich sie jedoch noch nicht gefunden.
«Es tut mir leid, Vater.», entschuldigte ich mich. Erneut erhielt ich ein Schnauben von ihm.
«Geh in deine Kammer. Morgen früh erwarte ich deinen Entscheid.», befahl er mir. Hilfesuchend sah ich zu meiner Mutter, doch sie sagte nichts. Also nickte ich geschlagen, auch wenn ich jetzt schon wusste, dass ich morgen nicht anders fühlen würde. Keine dieser Frauen hatte mein Herz gestohlen und keine würde es über Nacht schaffen. «Zayn, ich möchte, dass du sein Zimmer bewachst. Dem Prinzen ist es nicht erlaubt herauszukommen, bis er seine Entscheidung gefällt hat.», sprach mein Vater nun meinen Diener an. Empört sah ich ihn an. Er wollte mich einsperren, bis ich mich entschieden hatte? Dann würde ich nie wieder aus meinem Zimmer kommen. «Geh.»
Erneut liess ich den Kopf hängen und lief Zayn hinterher, zurück zum Schloss und hinauf zu meiner Kammer. Dort angekommen liess ich mich auf mein Bett fallen und vergrub das Gesicht in den Kissen.
«Mein Prinz, kann ich etwas für euch tun?», fragte Zayn und ich spürte seine Hand auf meiner Schulter. Ich schüttelte den Kopf und versuchte, meine Gefühle runterzuschlucken. Ich wollte nicht weinen. Nicht vor ihm. Doch je länger ich darüber nachdachte, dass ich mich innert der nächsten sieben Tage für eine der Damen entscheiden musste, um mein restliches Leben mit ihr zu verbringen, umso grösser wurde der Druck auf meiner Brust. Ich verspannte mich, hielt den Atem an, um dem Druck standzuhalten, jedoch überkam er mich irgendwann, bis ich ein Schluchzen nicht zurückhalten konnte. Zayns Hand an meiner Schulter drückte etwas fester zu. «Nicht weinen, mein Prinz.», sagte er sanft. Mein Prinz. Wie ich es hasste, so genannt zu werden. Für alle war ich immer nur der Prinz. War das alles, was ich war? Alles, was ich sein sollte?
«Zayn, wie oft habe ich dir schon gesagt, du sollst mich Harry nennen?», murmelte ich ins Kissen, erhielt jedoch keine Antwort von ihm. Also schluchzte ich weiter ins Kissen hinein und liess mir von ihm beruhigend über den Rücken streicheln. Zugegeben, er hatte schon eine besänftigende Wirkung auf mich. Seine Hand strahlte wärme aus und sorgte für ein sanftes Kribbeln in meiner Haut. Langsam beruhigte sich mein Herzschlag und mein Schluchzen flachte ab.
«Ihr wisst, dass ich das nicht darf.», antwortete Zayn erst nach einigen Minuten. Schniefend richtete ich mich auf und setzte mich im Schneidersitz auf mein Bett. Zayn blieb an der Bettkante sitzen und knabberte auf seiner Lippe herum. Seine warmen Augen musterten mich, als ich mir die Tränen wegwischte.
«Es sind doch nur wir beide hier. Ausserdem hast du meine Befehle zu befolgen.», argumentierte ich, woraufhin Zayn ein kurzes Lachen entkam.
«Da hast du wohl recht... Harry.», mein Herz setzte einen Schlag aus, als er meinen Namen aussprach. Endlich jemand, der mich beim Namen nannte. Abgesehen von meinen Eltern, wenn sie wütend auf mich waren. Dann war ich allerdings nicht mehr Harry, sondern Harold. In ganz schlimmen Fällen sogar Harold Edward. So weit liess ich es jedoch ungern kommen.
«Ich möchte keine dieser Damen heiraten.», murmelte ich und griff einmal mehr nach dem Zottelkissen und spielte damit.
«Ich weiss.»
«Ich liebe sie nicht. Keine von ihnen. Keine lässt mich warm fühlen, lässt mein Herz rasen oder meine Haut kribbeln. Keine bringt mich zum Lachen oder... schafft es, mir nicht auf den Fuss zu stehen.», schüttete ich Zayn mein Herz aus und er kicherte leise. Er hatte leicht lachen. Schliesslich war es nicht er, welchem gerade drei Stunden lang auf den Zehen herumgetreten wurde.
«Deine Füsse müssen wehtun.», kicherte er.
«Das tun sie.», stimmte ich ihm zu. Zayn legte seine Hände an meine Knöchel und löste meine Beine aus dem Knoten, ehe er mir meine unbequemen Schuhe auszog. Er legte ein Bein über seinen Schoss und fing an, meinen Fuss zu massieren. «Zayn, das musst du nicht.», meinte ich und wollte ihm meinen Fuss entziehen.
«Ich bin dein Diener. Ich tue alles, um dich glücklich zu machen und dich gutfühlen zu lassen.», widersprach er mir. Er drückte etwas fester zu, was sich wirklich gut anfühlte. Entspannt liess ich mich in den Haufen Kissen zurückfallen und schloss meine Augen. Ganz langsam merkte ich, wie sich die Wärme seiner Hände in meinem Bein ausbreitete und schliesslich in meinen ganzen Körper strahlte. Es verwandelte sich in ein angenehmes Kribbeln und liess mich so leicht fühlen. Nach einer Weile widmete sich Zayn meinem anderen Fuss. Mein Herzschlag ging immer schneller, obwohl ich so entspannt war, wie schon lange nicht mehr.
«Kann ich sonst noch was tun, um dich glücklich zu machen?», fragte Zayn, als er von meinen Füssen abliess und sie in die warme Bettdecke einpackte. Ich öffnete meine Augen wieder und sah hinab zu ihm. Sanft lächelte er mich an, wobei seine Augen leicht aufblitzten. Mir war nie aufgefallen, wie schön sie waren.
«Da wäre etwas...»
Fortsetzung folgt...
Sorry, mir fallen die Augen zu, ich muss echt ins Bett 🙈 Verzeiht mir den Cliffhanger, ich hoffe, ich komme bald dazu, den nächsten Teil zu schreiben.
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