Rettungsschwimmer
Es war ein schöner Sommertag in Florida. Nicht zu heiß und nicht zu kalt, obwohl letzteres hier im Sommer eher unwahrscheinlich war. Der strahlend blaue Himmel wurde nur hier und da von Schäfchenwolken durchbrochen, die sich immer mal wieder vor die Sonne schoben und so alles in einen angenehmen Schatten tauchten. Es war also der perfekte Tag zum Surfen. Heute würde ein Surfwettkampf am New Smyrna Beach stattfinden und so wie es diesmal aussah, würde der Wettkampf gute Bedingungen haben.
Ja, dieser Wettkampf war nicht Louis' erster, an dem er teilgenommen hatte, aber wohl der mit den schönsten Wetterverhältnissen.
Er hatte vor wenigen Jahren mit dem Surfen angefangen. Wenn man schon einen Surfstrand praktisch vor der Haustür hat - oder zumindest nicht allzu weit von seinem Haus entfernt - dann musst man das schließlich ausnutzen.
Außerdem war es ein unglaublich schönes Gefühl, den Wind in den Haaren zu spüren, während man eine Welle reitet.
Es war befreiend. Man konnte sich vom Rauschen des Meeres, dem Salzgeruch in der Nase und dem Wind in den Haaren in eine andere Welt transportieren lassen und sich wortwörtlich einfach treiben lassen. Wenn Louis auf dem Wasser war, konnte er all den Stress von der Arbeit vergessen und sich einfach nur aufs Surfen konzentrieren.
Das Wasser war erfrischend. Und Louis hatte schon öfter das Gefühl gehabt, dass es seine wirren Gedanken und seine schlechten Erinnerungen einfach wegspülte und sein Kopf danach viel klarer war. Kurz gesagt: Er liebte das Surfen. Seiner Meinung nach war es das Beste, was er vor 5 Jahren hatte tun können. Die Beste Entscheidung in seinem Leben und davon gab es leider nicht so viele. Ja, er hatte einige dumme Fehler gemacht, aber wer denn nicht? Es war immerhin menschlich Fehler zu machen. Menschen waren nicht perfekt und das hatte er auf die harte Tour lernen müssen.
Wie dem auch sei. Louis war gerade auf dem Weg zu dem Zelt, welches für den Wettkampf am Strand aufgestellt wurde, Surfbrett unter den Arm geklemmt. Vielleicht sah es komisch aus, Louis, der nicht besonders groß war, mit einem riesigen Surfbrett unterm Arm, aber es kümmere ihn nicht. Er surfte schließlich, weil es ihm Spaß machte und nicht für irgendjemanden sonst.
Als er dem Zelt immer näher kam, entdeckte er immer mehr Leute, die, wie er selbst auch, in einem Neoprenanzug steckten und somit wahrscheinlich auch an dem Wettkampf teilnahmen. Natürlich kannte er ihre Beweggründe nicht, woher denn auch, immerhin kannte er diese Menschen nicht, aber er war sich sicher, dass nicht alle nur zum Spaß mitmachten. Es waren bestimmt Profis dabei, die den Pokal oder was auch immer es zu gewinnen gab, bekommen wollten. Er hatte nicht auf den Gewinn geachtet. Er wollte nur zum Spaß mitmachen und hätte gegen die Profis wahrscheinlich sowieso keine Chance, also versuchte er es erst gar nicht. Er stellte sich an der kleinen Schlange an, die sich vor dem Zelt befand und wartete darauf, dass er seine Startnummer bekam und registriert wurde.
Er bekam die Nummer 28 und wow, es waren doch viel mehr Teilnehmer dabei, als Louis gedacht hätte. Es würde also ein langer Tag werden.
Und ein langer Tag wurde es. Mit viel rumsitzen und warten, während sich ein Teilnehmer nach dem anderen in die Wellen schlug. Alles wurde von einem Moderator mit Mikrofon in der Hand moderiert, der neben dem Tisch der Juroren am Strand stand. Und ganz ehrlich. So langsam gingen Louis seine Kommentare auf den Geist. Der Moderator war nicht lustig, obwohl er selbst der festen Überzeugung davon war.
Gegen Mittag wurden dann zusätzlich zu dem Zelt, in dem die Anmeldungen stattgefunden hatten und das nun eine Art Erste Hilfe Zelt war, Sonnenschirme aufgestellt. Damit weder die Juroren noch die Teilnehmer einen Hitzeschlag bekamen oder man sich generell einfach in den Schatten hocken konnte, wenn es in der Sonne zu heiß wurde. Denn auch wenn heute eine angenehme Temperatur herrschte, war es die letzten Tage doch ziemlich heiß gewesen und die Luft dadurch nicht wirklich herunter gekühlt. Davon abgesehen empfand man die Sonne am oder im Meer immer weniger stechend als in der Stadt oder ähnliches. Da passierte es schonmal häufiger, dass man einen Hitzeschlag bekam.
Die Wartezeit war im Endeffekt doch nicht so langweilig wie zuerst gedacht. Das lag an dem sexy Rettungsschwimmer, den Louis entdeckt hatte, als dieser seinem Job nachgegangen ist und sich in die Wellen gestürzt hatte. Einer der Teilnehmer war nach dem Sturz vom Board nicht sofort wieder aufgetaucht, allerdings musste der Rettungsschwimmer nichts machen, da der Teilnehmer genau dann aufgetaucht ist, als er bei ihm ankam.
Louis hatte das ganze Schauspiel natürlich beobachtet. Wie die langen, braunen Locken dem Mann im Gesicht hingen und Tropfen über dessen Körper laufen ließen, als er zusammen mit dem Teilnehmer wieder an den Strand kam. Die Sonne, die auf der nassen Haut etwas reflektierte. Die Tattoos, die seinen trainierten Körper schmückten und die strahlend grünen Augen. Und er war groß, locker einen Kopf größer als Louis selbst. Die neongelben Shorts sahen auch richtig gut an ihm aus, wahrscheinlich war er der einzige Mensch auf Erden, der so eine Short tragen kann. Louis war sich sicher, dass er jeden ausgelacht hätte, der sich so am Strand blicken gelassen hätte, aber dieser Mann sah einfach nur heiß darin aus. Louis musste sich vom sabbern abhalten. Er war definitiv sein Typ. Schade nur, dass er ihn nach diesem Wettbewerb nie wieder sehen würde.
Die restliche Wartezeit überbrückte er damit, den Lockenkopf zu beobachten. Auch wenn dieser nach seiner Rettungsaktion nichts mehr zu tun hatte und eigentlich einfach nur den Teilnehmern zusah. Und sich immer mal wieder mit seinen Händen durch die Haare fuhr. Und sich ab und zu über die Lippen leckte, bevor er nach einer Wasserflasche griff und etwas daraus trank. Ein paar mal guckte der Lockenkopf sogar in Louis' Richtung, der dann schnell seinen Blick abwandte. Er wollte ja nicht beim starren erwischt werden.
Und ehe Louis sich versah, wurde sein Name aufgerufen und er war an der Reihe. Er schnappte sich also sein Board und lief in die Wellen. Das kühle Wasser umspülte seine Füße und ließ einen wohligen Schauer durch seinen Körper fahren. Bis zur Hüfte lief er in die Wellen, bevor er sein Board auf die Wasseroberfläche legte, sich mit dem Bauch drauflegte und anfing weiter raus zu paddeln. Als er der Meinung war, dass er weit genug draußen war, hörte er auf zu paddeln und wartete auf eine gute Welle. Genau diese zeigte sich auch schon hinter Louis am Horizont und der Wuschelkopf machte sich dafür bereit sie zu reiten.
Alles lief super, die Welle war von der Größe her perfekt und Louis hatte keine Probleme sich auf dem Brett zu halten. Alles verlief komplett reibungslos, bis ein gewisser Lockenkopf sich in Louis' Blickfeld gesellte und mit einem Mal seine ganze Aufmerksamkeit hatte.
Und ab da ging alles ganz schnell. Louis verlor die Kontrolle über das Brett und fiel ins Wasser. Das Fußband, welches ihn eigentlich mit seinem Board verband, löste sich und die Welle wirbelte Louis einfach nur durch das Wasser. Er war so schnell im Wasser, dass er keine Zeit hatte Luft zu holen und durch das herumwirbeln hatte er die Orientierung verloren, wusste nicht mehr wo oben oder unten war. Zudem hatte sein Gehirn die Situation noch nicht wirklich verstanden, zu sehr war es mit der Tatsache beschäftigt, dass ihm die Luft ausging. Unbeholfen schlug Louis mit seinen Armen und Beinen um sich. Gerade meinte er den Weg zur Oberfläche gefunden zu haben, als eine weitere Welle über ihn hinweg rollte und erneut mit sich zog. Das war Louis noch nie passiert und langsam machte sich immer mehr Panik in ihm breit, auch wenn er tief in sich wusste, dass er ruhig bleiben musste. Er konnte aber nicht atmen verdammt! Die angeschnittene Sauerstoffzufuhr ließ schwarze Flecken in Louis Blickfeld erscheinen. Aus Reflex öffnete Louis seinen Mund, um seinen Körper den dringend benötigten Sauerstoff zu geben, doch alles was seine Lungen füllte war salziges Meerwasser. Er versuchte es auszuhusten, doch seine Sicht verschwamm immer mehr, bis schließlich die Dunkelheit überhand gewann.
»Harrys Pov«
Harry beobachtete die Teilnehmer. Es waren viele gute dabei, doch sein Blick blieb nicht dauerhaft an ihnen hängen. Nicht so wie bei dem Wuschelkopf, der aktuell auf seinem Board raus paddelte.
Er hielt sich gut. Machte keine Fehler. Harry war gerade dabei zum Sanitätszelt zu laufen, um nach dem Teilnehmer zu gucken, der von Harry gerettet werden musste. Mehr oder weniger zumindest, er war zwar zu ihm hingeschwommen, doch tauchte der Teilnehmer dann wieder auf, als Harry ihn erreicht hatte. Dennoch hatte er ihn vorsichtshalber zu den Sanitätern geschickt und wollte sich gerade nach ihm erkundigen, als erschrockene Ausrufe seine Aufmerksamkeit erlangten.
Sofort sah hinaus aufs Meer, an dem gerade eben noch ein Surfer eine Welle ritt, doch es war nur noch das Surfbrett zu sehen. Sein eigentliches Vorhaben war schnell vergessen, als er Richtung Wasser sprintete und sich in die Wellen stürzte.
Seine Muskeln zogen sich bei der plötzlichen Kälte kurz zusammen, aber Harry kannte das schon und schwamm weiter zu dem Brett. Wahrscheinlich hatte sich dieses schon gute zwei Meter, wenn nicht sogar mehr, von der Stelle bewegt, an dem der Wuschelkopf ins Wasser gefallen war und wenn sich das Fußband gelöst hatte, könnte er noch weiter weg sein. Am Board angekommen, griff Harry nach dem Band und weil sich dieses viel zu leicht anfühlte, hielt er sich nicht länger damit auf, sondern suchte sofort weiter.
Sekunden später entdeckte er einen Schatten im Wasser und schwamm sofort darauf zu. In Momenten wie diesen war er froh, dass er so oft ins Fitnessstudio ging, denn seine Kollegen mit dem Rettungsboot brauchten wohl noch eine Minute. Er holte also tief Luft und tauchte ab. Unterwasser öffnete er die Augen und blinzelte etwas um klarer sehen zu können. Dann erkannte er den Wuschelkopf, war mit einem kräftigen Zug an seiner Seite und zog ihn mit sich an die Oberfläche.
Als Harry mit ihm durch die Wasseroberfläche brach, waren sofort die Hände seiner Kollegen da, die halfen, erst den Wuschelkopf und dann Harry selbst an Board des Schlauchbootes zu ziehen. Sofort ließ sich Harry neben dem Teilnehmer auf die Knie fallen und fing ohne länger zu zögern mit einer Herzdruckmassage an. Er wusste, dass er eine Mund zu Mund Beatmung durchführen musste, wenn die Massage nichts brachte. Seine Bewegungen waren geübt. Es war Routine, weswegen er sich ganz auf das Gesicht des Wuschelkopfs konzentrierte. Nach 29 Druckbewegungen gab es noch immer keine Regung, weshalb er sich innerlich schon darauf vorbereitete nach dem 30. Mal zu beatmen.
Mit seiner linken Hand ergriff er das Kinn, an welchem die kurzen Stoppeln eines Bartes zu erfühlen waren, und kippte den Kopf etwas nach hinten. Mit dem Daumen der Hand drückte er leicht gegen das Kinn damit sich der Mund öffnet, während er seine andere Hand auf die Stirn des Wuschelkopfes legte und mit Daumen und Zeigefinger dessen Nase zuhielt. Auch diese Bewegungen waren Routine und er war so in dieser gefangen, dass er nicht bemerkte, dass das Boot mittlerweile wieder an Land war.
Harry holte also Luft und verband seine Lippen mit denen des Mannes unter ihm. Dieses Vorgehen wiederholte er nochmal, bevor er mit der Druckmassage weiter machte. „Kommen sie schon! Atmen sie, sie schaffen das!", betete er in Gedanken.
Dreißig Druckbewegungen später und es hatte sich nichts getan, also fing Harry wieder mit der Mund zu Mund Beatmung an. Er wiederholt das Prozedere, schließt dabei aber seine Augen. Er musste seine Tränen zurückhalten, schließlich war er am arbeiten und Tränen zeigten nur Unprofessionalität.
Der Lockenkopf war gerade dabei seine Lippen von denen des Mannes zu trennen, um ein zweites Mal zu beatmen, als er Gegendruck spürte. Verwirrt öffnete er die Augen, nur um direkt in die blauen Augen seines Gegenübers zu gucken. Dieser schloss jedoch seine Augen wieder und verstärkte den Druck auf Harrys Lippen. Harry rührte sich nicht. Er war geschockt. Doch gerade, als de Druck sich verminderte, erwachte er aus seiner Starre und erwiderte den Kuss. Seine Augen flatterten zu bei diesem wohligen Gefühl. Ihre Lippen bewegten sich synchron und es war der schönste Kuss, den Harry je hatte. Schweren Herzens zog er sich allerdings zurück und unterbrach somit den Kuss. Er öffnete seine Augen wieder und starrte erneut in dieses tiefe Blau. Grün traf auf Blau und Harry rettete Louis das Leben. Das Leben, welches sie fortan zusammen lebten.
Der Oneshot sollte eigentlich nicht so lang werden. Oops.
Gefällt euch die Länge oder sollen die Oneshots kürzer/länger sein? :)
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