Larry ||Ich gehöre ihm|| Teil 3

Es ist bereits hell, als ich die Augen öffne. Das erste, was mir auffällt, ist Harry. Seine Arme drücken mich an seine Brust und mir ist so warm wie lange nicht mehr. Mein ganzer Körper kribbelt, mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Der Atem des Lockenkopfes streicht sanft über meine Haare. Ängstlich hebe ich den Blick, wo ich direkt in das schlafende Gesicht meines Entführers sehe. Seine Augen sind geschlossen, seine gesichtszüge sind völlig entspannt. Er wirkt einfach friedlich. Eine merkwürdige Ruhe überkommt mich. Wie hypnotisiert starre ich ihn an, bis mir bewusst wird, was ich gerade tue. Schnell senke ich den Blick.
Was soll ich denn jetzt machen? Hat er mir gestern irgendetwas gesagt? Nervös beiße ich mit auf die Lippe. Nein, alles was ich tun sollte war hier zu schlafen. Aber was macht Harry, wenn er aufwacht? Vielleicht soll ich wieder in den Keller und er hat nur vergessen, mir das zu sagen...




Mit einem Scheppern fliegt die Gittertür ins Schloss. Kaum sind Harrys Schritte verklungen, sacke ich kraftlos auf dem Boden zusammen.

Wimmernd drücke ich mein Gesicht gegen meine Knie. Wieso? Wieso musst du das machen, Harry? Dieser Schmerz bringt mich noch um. Ein Zittern durchfährt mein Körper, es ist eisig kalt. Eine Träne tropft auf den Boden, gefolgt von weiteren. Harrys Gefühlsausbruch ist jetzt schon mehrere Tage her und seitdem ist er, wenn das überhaupt geht, noch brutaler geworden. Keine einzige Minute vergeht, in der ich keine Schmerzen habe. Und noch etwas hat sich verändert... Vor dem Vorfall habe ich die Verletzungen etwas verdrängen können, es war nicht schwer gewesen, keine Emotionen zu zeigen. Aber seit ich bei Harry geschlafen habe, ist es anders... Und ich weiß nicht wie lange ich das noch aushalten kann...

Ich schreie leise auf. Zu mehr habe ich keine Kraft, als Harry immer und immer wieder auf mich einschlägt. Das einzige, was ich spüre ist Schmerz. Ich weine nicht, selbst dazu fehlt mir die Kraft. Noch einmal spüre ich Harrys Faust in meinem Magen, bevor er von mir ablässt. Ich bleibe reglos liegen, mein Atem geht stockend. "Ich lasse dich hier oben, sonst verreckst du mir noch im Keller. Außerdem kommt Besuch, also wenn du nur einen einzigen Muks von dir gibst, dann..." ich wimmere erschöpft, als ich seine Hand auf mein Gesicht zufliegen sehe.
"Verstanden?" "Ja" hauche ich nur und mit einem letzten Blick verlässt Harry das Zimmer.

Es schmerzt. Nur mit größter Anstrengung schaffe ich es, still zu bleiben, als mich eine erneute Schmerzenswelle überrollt. Das leise Tapsen kleiner Füße lässt mich erstarren. Harry? Nein, seine Schritte klingen anders. Ein anderer Mensch... Mein Herz beginnt zu rasen.
Die Zimmertür öffnet sich und ein kleiner Kopf lugt hindurch. Große, braune Augen schauen mich an. Ich starre zurück.

"Bist du ein Weihnachtself?" Das Mädchen lispelt und spricht mit einer neugierigen, kindlichen Stimme, was mir eine Gänsehaut über den Rücken läuft. Ein Jahr lang war die einzige Stimme, die mit mir geredet hat Harry gewesen... "Ähm..." Verdammt, ich darf sie nicht sehen. "Ja", antworte ich einfach schnell in der Hoffnung, sie würde wieder gehen, aber stattdessen ertönt ein freudiges quietschen von der Tür. Das fremde Mädchen ist in schnellen, kleinen Schritten zu Harrys Bett gekommen und klettert umständlich darauf, sieht mich mit einem breiten lächeln und riesigen Augen an. Ich schlucke.

Sie hat mir erzählt dass sie Amy heißt, mit ihrem Vater hier ist und gerade fünf Jahre alt geworden ist. Jetzt ist sie eingeschlafen, mit ihrem Kopf auf meinem Schoß und ich sehe mit noch immer pochendem Herzen auf das kleine Mädchen hinab. Amy hat mich nicht mit Ekel, Wut oder Spott angesehen sondern gelächelt, wirklich gelächelt. Ich fühle eine Wärme in mir und streiche langsam über ihren Kopf, als plötzlich die Tür aufgerissen wird. "Amy? Bist d-" Ich hebe den Kopf und direkt in Harrys aufgerissene Augen. Panik wallt in mir auf und ich schiebe Amy vorsichtig, damit sie nicht aufwacht von meinem Schoß und klettere mit zitterndem Körper vom Bett. Harry wird mich bestrafen... Auf einmal verliere ich komplett die Kontrolle über meinen Körper, alles schmerzt und ich falle in mich zusammen, komme stumpf auf dem Boden auf. Ich kann nicht mehr, es tut mir leid...

Als ich erwache, ist es ungewöhnlich dunkel und eng, nach kurzem überlegen wird mir klar, dass ich unter Harrys Bett liegen muss. Kaum einen Moment später sehe ich zwei Paar Füße vor meinem Versteck, mein Körper versteift sich. "Aber da war wirklich Weihnachtself!" Amy's weinerliche Stimme erkenne ich sofort. "Natürlich mein Schatz, aber er musste doch bestimmt wieder zurück zum Weihnachtsmann und ihm helfen, nicht?" Harrys Stimme klingt so unglaublich sanft und lieb, als er mit dem kleinen Mädchen redet. Eine weitere Stimme mischt sich ein, sie klingt belustigt. "Außerdem warten unten Geschenke auf dich." Ich sehe wie Amy vom Bett hüpft und, plötzlich wieder fröhlich kichert, aus dem Zimmer rennt. Die beiden erwachsenen folgen dem Mädchen etwas langsamer, als sich endlich die Tür schließt kann ich ein wimmern nicht mehr zurückhalten. Ich hätte den fremden auf mich aufmerksam machen können, also wieso habe ich es nicht? Ich hätte frei sein können... Weg von hier, weg von... Harry...

Harrys Schlafzimmertür fliegt schwungvoll auf, ich zuckte schreckhaft zusammen und rolle mich zusammen. "Louis, komm raus da." Mein schmerzender Körper protestiert lautstark, als ich mich zitternd unter dem Bett hervorziehe, zusammengekauert bleibe ich vor Harrys Füßen auf dem harten Holzboden knien und schlinge meine Arme um meinen verletzten Körper. "Was hast du ihr erzählt?" Kälte erfasst mich, Harrys Stimme lässt mich zittern.
"S-sie dachte, ich wäre ein Weihnachtself, i-ch ha-habe nichts gesagt" hauche ich, die Tränen rollen bei dem Gedanken an das breite Zahnlückenlächeln des Mädchens über meine Wangen.

Harrys Tritt trifft mich hart am Hinterkopf, sodass mein Gesicht auf den Boden knallt, ich schreie auf. "LÜGE NICHT!" "D-das ist keine Lüge" weine ich, eine Hand greift in meine Haare und erbarmungslos werde ich auf die Beine gezerrt. Prüfend starrt der Lockenkopf mir in die Augen, ich wimmere verzweifelt. "Und warum hast du ihr nichts gesagt?" Ich schluchzte auf, wieso fragt er mich das? "I-ich gehöre doch d-dir"

Und schon wieder sitze ich in der Zelle im Keller, Harrys große Schritte lassen mich zurück in dem kalten Raum und ich schaffe es gerade noch so, zu dem harten Bett in der Ecke zu wanken und breche darauf zusammen. Bitte, lass diese Schmerzen enden... Nicht einmal die Hände kann ich heben, um die dünne, ausgefranste Decke über mich zu ziehen, selbst das weinen schmerzt. Ich kann nicht mehr...

Stunden, Tage vergehen, woher ich das weiß? Anscheinend wohnt Harry in der Nähe einer Kirche, die Glocken höre ich selbst hier im Keller. Kein einziges Mal ist Harry hier aufgetaucht, kein Essen, ich musste die Ecke als Klo benutzen... Einzig und alleine eine, nun leere Wasserflasche hat er mir im Raum gelassen, als er mich hiergelassen hat, ich starre die leere Plastikhülle verzweifelt an. Mein Bauch schmerzt, meinem Hals geht es nicht besser und das Bett, auf dem ich liege scheint immer kälter zu werden. Ich tue nichts außer schlafen und still hier liegen, erschöpft schließe ich meine Augen. Harry hat mich nicht vergessen, oder? Will er, dass ich hier sterbe? Erschöpft schließe ich wieder meine Augen, ich bin müde von nichts.

Ein krachen lässt meinen schmerzenden Körper zusammenschrecken, mit aller Kraft öffne ich meine Augen, das Licht im Kellerflur brennt und sticht schmerzhaft in meinen Augen. Harry steht hinter dem Gitter, der Schlüssel liegt neben ihm reglos auf dem Boden, seine Hände sind in das Gitter gekrallt. Der Anblick macht mir Angst, ich sollte aufstehen... Grüne, geweitete Augen starren in meine, unendliche Müdigkeit überkommt mich. Wolltest du, dass ist hier sterbe, Harry? Dann... Hoffe ich, dass ich deinen Wunsch erfüllen kann. Mein gesamter Körper scheint in Flammen zu stehen, trotzdem fühle ich mich unglaublich leblos. Ein unbestimmtes Geräusch kommt von Harry, doch im Moment interessiert mich das nicht mehr, als meine Augen müde zufallen.
Wenigstens hat er mich nicht hier unten vergessen.

Wow, für dieses Kapitel hab ich fast ein ganzes Jahr gebraucht... Ist ein bisschen zu dramatisch geworden, oder?

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