-April 2015-

•Taehyungs Sicht•
14 years old

Am Spind gestanden, ohne etwas rauszunehmen, schweifte mein Blick beiseite. Eine Gruppe lachender Mädchen erweckte meine Aufmerksamkeit, weshalb ich in meinen Bewegungen inne hielt. Mit einem erdrückenden Gefühl in der Brust und monotonem Gesichtsausdruck beobachtete ich, wie sich die Mädchen über etwas lustig machten, das sich auf dem Handybildschirm abspielte.

Unter ihnen stand Y/N. Sie hatte lauthals den Kopf in den Nacken geworfen, wobei ihr Yuna das Handy weiter ins Gesicht drückte. Ryujin, Yeji und Lia hielten sich ihre Bäuche. Chaeryoung schubste Yeji beiseite, weil sie sich kaum beruhigen konnte.

Y/Ns Freundinnen - seit einigen Jahren. Sie hing mit den beliebtesten Mädchen der Schule ab, genoss die Aufmerksamkeit, die ihr geschenkt wurde und machte sich vermutlich keine Gedanken mehr um andere, außer sich selber. Sie hatte sehr stark abgenommen, fiel mir auf, schminkte sich mittlerweile mehr und zog sich immer knappere Klamotten an.

Die Y/N, die ich einst kannte, hielt nichts von solchen Sachen: von Typen, Make-Up und Anerkennung.

Aber manchmal schien es mir, als hätte ich sie nie richtig gekannt.

Hart geschluckt, spürte ich, wie das erdrückende Gefühl nicht nachließ. Ein Gefühl, welches mich immer dann überkam, wenn ich in der Nähe von Y/N stand. Ich vermutete, das es davon kam, dass wir uns bereits jahrelang mieden. Es war nicht so, als würden wir kein Wort mehr miteinander sprechen, denn das taten wir. Dadurch, dass sich unsere Familien kannten und wir beide dieselbe Schule bzw. Klasse besuchten, kamen wir nicht drum herum.

Dennoch... Fühlte es sich fremd an. Distanziert. Kalt...

Y/N war nicht mehr die Freundin, über die ich einst froh sein konnte. Sie war nicht einmal mehr der Mensch, den ich zu kennen dachte.

Vorsichtig den Kopf weggedreht, schloss ich den Spind, aus dem ich im Endeffekt nichts rausnahm. Im nächsten Augenblick wurde ich jedoch grob angerempelt, weshalb es mir doch zu Gute kam, dass ich ihn schloss.

Zwei lachende Typen warfen sich an meinen Rücken, wodurch ich mich zurück drehte. Anschließend schaute ich in das Gesicht meiner guten Freunde; Jimin und Hoseok. Als ich aufsah, erkannte ich, wie die anderen vier hinter ihnen herkamen - Namjoon, Jin, Jungkook und Suga.

Durfte ich vorstellen? Das halbe Basketball-Team unserer Schule und meine Freunde.

Ich hatte mich vor zwei Jahren freiwillig im Team gemeldet, weil ich jemandem mal versprach, dass ich Basketballspielen lernen würde. Mittlerweile war ich ein ziemlich guter Spieler, was ich wirklich nicht kommen sah.

Aber vieles hatte sich geändert, nicht? Meine Interessen veränderten sich. Mein Verhältnis zu meinen Mitschülern veränderte sich. Ich veränderte mich...

„Taehyung!", schaute Jimin mit einem breiten Lächeln zu mir auf.

Das Lächeln, wofür einige Mädchen ihn anhimmelten. Er war nun mal sehr charmant gewesen und machte keinen Rückzieher, wenn es darum ging, das andere Geschlecht zu beeindrucken. Manchmal glaubte ich, dass Y/N zu denjenigen gehörte, die über ihn sprachen.

„Hast du heute gegessen, mein Freund?", hob er eine Augenbraue.

„Wir haben was zu Essen dabei.", fügte Hoseok hinzu, der bereits seine Schultasche hervor holte.

Ich fasste nach meiner Brust, als ich dankend ablehnte.

„Ich habe gegessen, ja."

Jimin und Hoseok waren mir besondere Menschen geworden. Sie fingen an mir etwas zu bedeuten. Ich glaubte, dass das an ihrer aufmerksamen Art lag. Sie kümmerten sich gerne um mich, wenn es mir schlecht ging, ähnlich wie jetzt. Das geschah oft unterschwellig. Obwohl sie wussten, dass es mir nicht gut ging, sprachen sie mich nicht drauf an, doch boten mir immer was an, um mich entweder abzulenken oder eben, um mich gesund zu halten.

Vor allem Jimin. Ihm war es sehr wichtig, dass ich ausreichend schlief, aß und trank.

Ich verstand schon, weshalb man ihn so gerne hatte... Ich konnte es niemandem verübeln. Man konnte ihn bloß mögen.

„Sicher? Wir haben im Anschluss Training. Ich möchte nicht, dass du am Ende am Boden liegst, nur weil dir nicht nach Essen war.", hob Jimin warnend einen Finger.

Zu seiner Aussage stieß ich lachend die Luft aus. Ich griff nach seiner Hand, die ich von mir drückte.

Er musste mich auch immer aufziehen. Aber manchmal tat mir das gut, gab ich zu. Er und auch die anderen, erinnerten mich regelmäßig daran, dass ich meine (ehemalige) beste Freundin nicht brauchte, um lachen zu können.

Die anderen Jungs kamen dazu, worauf ein heiteres Gespräch zustande kam. 

„Haare pink gefärbt, Taehyung. Gefällt mir.", zwinkerte Jin, der mich immer aufgrund meiner neuen Haarfarben komplimentierte.

„Deine armen Haare gehen zwar irgendwann kaputt, aber mir gefallen sie auch.", schmatzte Hoseok, der mittlerweile von seinem Brot gegessen hatte.

Er reichte davon ein Stück an Suga weiter, wobei er ein ganzes Brötchen sogar Jungkook in die Hand drückte. Dieser teile sich das aber mit Namjoon.

Ja... Jimin und Hoseok ernährten uns regelrecht.

Ich lächelte knapp.

„Danke."

Die Jungs unterhielten sich daraufhin herzlich über Haarfarben, die sie wegen mir ausprobieren wollten.

Nur erwischte ich mich dabei, wie ich mir in einigen Momenten wünschte, dass meine beste Freundin auch an dem Gespräch teilnahm... Das passierte mir öfter als ich beabsichtigte.

Mein Blick wanderte wieder zu der Gruppe der Mädchen, die sich mittlerweile beruhigte. Meine Augen trafen dabei direkt auf die von Yeji, die zu mir rübersah. Einer der Freundinnen von Y/N, die des Öfteren versuchte sich an mich ranzumachen.

Ich wusste nicht ganz recht, warum... Nur ging ich nie drauf ein. Ich hatte kein Interesse.

Ich hatte nie Interesse, würde Jimin jetzt sagen. Sondern nur, wenn es um Y/N ging.

Vielleicht hatte er recht. Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht wurde ich einfach nur vorsichtig...

Schließlich wäre es gelogen, wenn ich nicht zugab, dass mich der damalige Streit mit Y/N verletzte. Sie hatte mir unendlich doll weh getan. Sie jeden Tag auf's Neue zu sehen, machte den Schmerz nicht besser. Ich erkannte dadurch täglich, wen ich mal verlor.

Nichtsdestotrotz gewöhnte ich mich an den Schmerz. Ähnlich, wie ich mich als Kind daran gewöhnte, dass ich ständig geschubst, geschlagen und bespuckt wurde. Ich nahm unseren Streit einfach hin.

Sie tat es ja auch - ohne je versucht zu haben, das Missverständnis zwischen uns mit mir zu klären. Sie wollte sich nie mit mir zusammensetzen.

Ich war es ihr nie wert gewesen.

Dabei hatte ich einige Male versucht mich mit ihr zu unterhalten. Nach der dritten Abweisung beließ ich es aber auch.

Ich wollte keine Menschen in meinem Leben, die sich zu schade für mich waren.

Den Blick von Yeji genommen, sah ich zu Y/N, die sich gerade aktiv mit Boemgyu unterhielt. Er war ebenfalls im Basketballteam, genauso wie seine Freunde.

Bloß konnte ich sie nicht leiden. Sie waren Typen, mit denen ich persönlich nichts zutun haben wollte. Dafür waren sie mir zu problematisch, laut, unvorsichtig und respektlos. Zumal Boemgyu einer derjenigen war, die mir meine Kindheit nicht unbedingt einfach machten...

Die Zähne aufeinander gebissen, konnte ich beobachten, wie sie mit ihm lachte. Y/N... Hinter ihr erschienen Kai und Yeonjun, die immer mal wieder mit den anderen lachten, aber größtenteils mit Y/N alberten.

Natürlich taten sie das. Sie war witzig, im Vergleich zu den anderen Mädchen sehr intelligent, hübsch, frech und lächelte immer. Y/N besaß ein Strahlen. Ein Licht, welches jeden an sie binden wollte.

Ich verstand schon, weshalb jeder nach ihrer Aufmerksamkeit lechzte...

„Lass das!", lachte sie, als sie Boemgyu von sich stieß.

Dieser entfernte sich jedoch nicht von ihr. Stattdessen griff er ihre Hand, um sie wieder an sich zu ziehen.

Der Anblick kotzte mich an. Am liebsten hätte ich mich wieder beiseite gedreht. Nur konnte ich nicht. Ich musste mir das Szenario ansehen.

Dabei war mir egal, dass mir Jimin einen Seitenblick zuwarf.

Es war, als wollte ich mich mit dem Szenario selber quälen.

Meine eine Hand geballt, sah ich weiter dabei zu, wie sich Boemgyu zu Y/N runter beugte. Hatte ich etwa verpasst, dass sich die beiden näher kamen? Waren sie zusammen...?

Wenn ich mir Y/Ns Gesicht so ansah, dann würde ich das Gegenteil behaupten. Ihr gefiel nicht, was ihr Gegenüber tat. Bloß sagte sie nichts dazu.

Und warum nicht? Vermutlich, weil sie nicht diejenige sein wollte, die einen „attraktiven" Jungen von sich stoßen wollte. 

Das war doch total bescheuert. Oder?

Meine Kieferpartie angespannt, spürte ich, wie jemand nach meinem Unterarm fasste. Ohne hinsehen zu müssen, wusste ich, dass es Jimin war.

Doch es war bereits zu spät.

Sobald ich sah, wie Boemgyu, derjenige, der mich jahrelang zu mobben meinte, Y/N an den Hintern zu gehen meinte, explodierte ich regelrecht. Mich aus der Gruppe gerissen, bei der ich stand, steuerte ich direkt auf die Mädchen zu. Dabei sah ich, wie Y/N Boemgyu von sich stieß.

„Geht's noch?", fauchte sie.

Daraufhin hob sie den Blick, weil ich plötzlich bei ihr stand. Ohne meine Aufmerksamkeit ihr zu schenken, hob ich die Hände, um Boemgyu einmal kräftig beiseite zu schubsen. Dieser stolperte dabei mehrere Schritte zurück.

„Hey!", wollte Soobin, einer seiner Freunde, hervortreten.

Ich ignorierte ihn jedoch und fokussierte mich nur auf Boemgyu. Ich konzentrierte mich auf den Jungen mit schwarzem Haar, in diese er blonde Strähnen hinein färbte. Sie waren ihm länger geworden... Die Mädchen liebten seine Friseur, während ich sie verabscheute.

Ich hasste ihn. Ich hasste ihn so sehr.

„Was soll das, hm?", fragte ich grob, als ich ihn erneut schubste.

An der Stelle breitete er bloß die Arme.

„Taehyung", musste er lachen. „Was gibt's, huh? Hast du etwa ein Problem?", neigte er den Kopf.

Ich ballte meine Hände zu Fäusten. Genickt, zeigte ich in Y/Ns Richtung.

„Gibt es! Was legst du Hand an ihr an?!"

Da hoben sich Boemgyus Augenbrauen überrascht, wobei ich wahrnahm, wie um mich herum getuschelt wurde. Nur ging mir das am Arsch vorbei. Wenn es nämlich um Y/N ging, waren mir die anderen immer egal gewesen.

Ich hasste es, dass sie mir noch so wichtig war...

„Was geht dich das denn an? Sie hat doch nichts dagegen?", sprach Boemgyu provokant. Er beugte sich leicht beiseite, sodass er zu Y/N sehen konnte. „Nicht?"

Ungeduldig schubste ich ihn nur wieder. Dieses Mal stieß er mit den Rücken gegen die Wand. Da ich mich nicht wirklich im Griff hatte, baute ich mich vor ihm auf.

Nach fast fünf Jahren war ich viel mutiger geworden. Ich wurde stärker und gehörte mittlerweile zu den Typen, die beliebt genug waren, um gegen an zu reden.

Boemgyu machte mir keine Angst mehr. Wenn ich ehrlich war, wollte ich ihm einfach nur eine verpassen.

Ich glaubte, dass ich das auch getan hätte. Vielleicht nicht einmal direkt für Y/N, sondern für mich. Für mich, weil ich Vergeltung wollte.

Aber mein vernünftiger Freund, Jimin, hielt mich davon ab.

„Hey, Taehyung. Hör auf", griff er mich am Oberarm. „Lass das", zog er mich leicht zurück. „Er ist es nicht wert...", redete er auf mich ein.

Ohne den Blick von Boemgyu genommen zu haben, ließ ich mich von Jimin zurückziehen.

Manchmal... Konnte ich meine Vernunft nicht ab. Ich konnte es nicht ab, dass ich in den meisten Situationen nur darauf wartete, dass mich jemand aufhielt, damit ich keinen Blödsinn veranstaltete.

Meine Eltern hatten mich nun mal vernünftig erzogen.

Dennoch... Konnte ich es manchmal nicht leiden.

Mich aus Jimins Griff gelöst, reckte ich das Kinn. Boemgyu und ich sahen uns noch immer an.

„Fernhalten", deutete ich auf die Gruppe der Mädchen. „Kapiert."

Das Arschloch stieß sich bloß von der Wand ab, als er beiseite sah. Einen kurzen Blick zu Y/N geworfen, die ihn aus wütenden Augen ansah, machte er Kehrt. Seine ADHS Freunde dackelten ihm hinterher, wobei mir Taehyun noch einen unfreundlichen Blick zuwarf.

Als würde dieser in mir irgendwelche Unsicherheiten auslösen.

Ich schnaubte daraufhin auf. Zu Jimin gesehen, der aufmunternd nickte, ließ ich die Schultern sacken. Dieser deutete stumm zu den Jungs rüber, die mich bereits erwarteten.

Doch eine zarte Stimme ließ mich für einen Augenblick zögern direkt mit ihm mitzugehen.

„Tae?"

Tae...

Mein Kopf benebelte.

Den Spitznamen hatte ich ewig nicht mehr gehört. Schon gar nicht aus ihrem Munde... Y/N und ich hatten lange nicht mehr miteinander geredet. Meinen Namen plötzlich zu hören, verpasste mir eine Gänsehaut. Eine angenehme Gänsehaut...

Zur gleichen Zeit zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Meinen Namen nach so einer langen Zeit zu hören, erinnerte mich nur wieder daran, was zwischen uns beiden vorfiel.

Den Kopf gesenkt, schloss ich die Augen.

Ohne einen Ton von mir gegeben zu haben oder mich zu ihr zu drehen, ging ich voraus. Jimin schaute zögerlich zurück, als er mir das gleich tat.

Ich ließ Y/N da stehen.

Ähnlich, wie sie mich einige Male einfach stehen ließ. Ohne jegliches Mitleid mit mir zu empfinden.

Das hatte ich von ihr abgesehen. Diese kalte Art.

Denn, ja. Mein Herz war eiskalt geworden...


Sometimes quite ist violent...
~Twenty one Pilots - Car Radio


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Heeeeyyyyooou ✌🏼

Ach, ach. Unser armer Taehyung...

Könnt ihr ihn eigentlich verstehen? Weshalb er so drauf ist und reagiert, wie er es eben tut? Wie sieht ihr die Situation? Findet ihr, dass er überreagiert?

Was ist eigentlich mit Y/N...? Könnt ihr ihre Situation nachempfinden? Denn irgendwie... Bis zu einem bestimmten Grad... Verstehe ich auch sie 🤔.

Scheint, als würden meine Charaktere anscheinend nur nicht verstehen. Oder wollen es nicht...

Wie auch immer...

Mal sehen, was das nächste Kapitel uns bereit hält. Bis daaaaahin...

Stay healthy!

In love, N ❤️..

Ps. Die Besetzung, die verkram: Itzy und Txt 😇

Itzy:



Txt:

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