🎅 6 🎅

Meine Lieben, ich wünsche euch einen schönen Nikolaus und einen schönen zweiten Advent. Trinkt einen leckeren Kakao, gönnt euch ein paar Weihnachtsplätzchen und zieht euch das Kapitel rein :p Ich widme das Nikolaus-Kapitel Liselottchen14

Nika strich sich die langen blonden Haare nach hinten und ließ ihren Blick über den festlich gedeckten Kaffeetisch schweifen. In der Mitte stand eine selbstgemachte Sahnetorte, viel zu groß für drei Personen, darum herum schickes Meißner Porzellan-Gedeck, verziert mit kunstvoll gefalteten, roten Stoffservietten, und eine klassische Vase mit einem bunt-gemischten Strauß Blumen. Auch, wenn Nika es nur ungern zugab - ihre Mutter hatte sich wieder einmal selbst übertroffen.

Dennoch würde sie ihr gleich die schlechte Nachricht überbringen müssen, ganz egal, wie oberflächlich harmonisch die Stimmung zwischen ihnen war. Doris, die am Kopf des Esstisches saß, schaute zwischen ihren beiden Kindern hin und her. Sie hatte den beiden bereits Kaffee eingeschenkt und griff nun nach dem Tortenheber, um ihnen den Kuchen zu reichen.

„Das sieht wirklich toll aus", lobte Josh anerkennend, der seiner jüngeren Schwester gegenübersaß.

„Ja, das stimmt", pflichtete Nika ihm bei, in weiser Voraussicht, ihre Mutter milde zu stimmen für das, was sie erwartete. Doris lächelte zufrieden.

„Das freut mich", sagte sie, während sie ein großes Stück Torte auf Nikas Teller abstellte. Anschließend drehte sie sich Josh zu und reichte ihm das seine. Der Blonde strich vorfreudig mit der flachen Hand über seinen teuren Sweat-Pullover und griff sich ungeduldig die Gabel. Nika rührte unterdessen in ihrer Kaffeetasse herum und überlegte, wie sie ihrer Mutter am schonendsten beibringen konnte, dass sie Weihnachten wohl oder übel auf sie verzichten musste.

„Dann lasst es euch mal schmecken", lächelte Doris, die sich gerade ebenfalls ein Stück Kuchen auf den Teller gelegt hatte. Josh ließ sich das nicht zweimal sagen, sondern teilte ein riesiges Stück seiner Torte ab und schob es sich in den Mund.

„Sieht aus, als hättest du endlich deinen Appetit wiedergefunden", stichelte Nika amüsiert, ehe auch sie probierte. Sie musste zugeben, dass die Torte köstlich nach frischen Mandarinen und fruchtiger Sahnecreme schmeckte.

„Der ist super", überging er den Kommentar seiner Schwester an seine Mutter gewandt.

„Hmm", machte Nika zustimmend. „Ehrlich."

„Ich finde es schön, dass wir zu unserem traditionellen Nikolaus-Kaffee zusammengekommen sind", trällerte Doris zufrieden. „Erzählt doch mal, was es so Neues gibt."

Nika nippte an ihrem Kaffee, um Josh zunächst den Vorzug zu geben. Wie so oft war ihr das Heißgetränk zu stark, also kippte sie noch etwas mehr Milch und einen Löffel Zucker hinein.

„Nichts", antwortete Josh zu ihrer Enttäuschung. „Ich arbeite viel und gehe viel zum Sport."

„Same", nuschelte Nika und stellte die Tasse wieder auf der Untertasse ab.

„Das ist ja nicht sonderlich viel", kommentierte Doris enttäuscht und aß ein Stück von ihrem Kuchen.

„Ich erlebe halt nichts, seit ich von Jackie getrennt bin", erwiderte Josh schulterzuckend. Doris musterte ihn mitleidig.

„Vielleicht solltest du anfangen, wieder rauszugehen und dich nach anderen Mädchen umzuschauen", sagte sie so ungewohnt sanft, dass selbst Nika verwundert eine Augenbraue hochzog, doch sie verkniff sich einen Kommentar. Schließlich bemühte Doris sich in letzter Zeit sehr um ein gutes Verhältnis, zumindest zu ihren Kindern.

„Jackie will sich nochmal treffen und reden", offenbarte Josh überraschend. Automatisch schnellte auch Nikas zweite Augenbraue nach oben.

„Okay, wow", machte sie trocken, ehe sie wieder auf ihren Teller schaute, um sich noch ein Stück der Torte abzuteilen. Sie hoffte inständig, so, wie die Beziehung der beiden verlaufen war, dass Josh nicht ernsthaft mit dem Gedanken spielte, auf Jackies Wunsch einzugehen. Das konnte nicht gut enden, für niemanden. Aus Nikas Sicht war Jackie pures Gift für Josh – und ihr Vater hatte durch seine Enthüllungen bewusst dazu beigetragen, dass die Ehe ihrer Eltern in die Brüche gegangen war. Für Nika gab es nichts, was all das so sehr in den Hintergrund drängte, dass die beiden Familien einen Neuanfang wagen konnten.

„Ich weiß, wie bescheuert sich das anhört", räumte Josh ein und legte seine Gabel auf den leeren Teller. „Aber sie klang am Telefon wirklich so, als würde es ihr am Herzen liegen."

Nika atmete tief durch und biss sich auf die Zunge, um den Kommentar, der ihr auf der selbigen lag, nicht vom Stapel zu lassen.

„Ich halte das für keine gute Idee", stellte Doris unmissverständlich klar. Nika konnte es ihr nicht verübeln. Schließlich waren Jackie und ihre Familie auch für sie ein rotes Tuch, leider genau wie Marten. Josh seufzte schwer.

„Eigentlich möchte ich sie nur nochmal sehen, um endgültig mit dem Thema abzuschließen. Aber momentan sind so viele Dinge noch ungeklärt und spuken mir im Kopf herum", wagte Nikas Bruder einen Versuch, sich zu erklären.

„Manchmal ist es besser, Sachen nicht wieder aufzuwärmen", kommentierte Doris nüchtern. Nika seufzte lautlos. Die Voraussetzungen für ein Gespräch über Weihnachten wurden zunehmend schlechter. „Noch Kuchen?", fügte ihre Mutter hinzu und beendete somit das für sie leidige Thema, welches sie immer wieder schmerzlich an ihre Trennung von Hajo erinnerte. Wenn Nika ehrlich war, tat ihre Mutter ihr sogar ein kleines bisschen leid.

„Ja. Gerne", antwortete Josh und Doris reichte ihm ein weiteres Stück.

„Und jetzt erzählt mal... Habt ihr schon alle Geschenke?", leitete sie dann gekonnt zur Weihnachtsplanung über. Josh lachte.

„Wann hatte ich jemals ein Geschenk vor dem vierundzwanzigsten?", fragte er amüsiert und schaufelte sich etwas Torte in den Mund. Nika grinste.

„Es gibt eben Dinge, die ändern sich nie", kommentierte sie Joshs Weihnachtstradition, jedes Jahr an Heiligabend morgens loszuziehen und auf den letzten Drücker die Geschenke zu besorgen.

„Als ob du jetzt schon alles zusammenhast", konterte ihr Bruder überlegen und warf ihr einen herausfordernden Blick zu. Nika lächelte überlegen.

„Wenn du es genau wissen willst – ich habe tatsächlich schon das meiste."

Josh zog die Augenbrauen hoch.

„Was fehlt dir denn noch?", wollte er wissen. Nikas Mutter schaute neugierig zwischen den beiden hin und her.

„Eine Kleinigkeit für Oma."

„Und was hast du für Marten?", hakte Josh interessiert nach. Bei der Erwähnung seines Namens versteifte ihre Mutter sich automatisch auf ihrem Stuhl.

„Das geht dich gar nichts an", antwortete Nika grinsend.

„Sag schon."

„Nö."

„Er erzählt es mir sowieso."

„Ja – nach Weihnachten", schmunzelte sie zufrieden.

„Wieso vertraust du mir nicht?", fragte Josh beleidigt.

„Weil du superschlecht dichthalten kannst", lachte Nika.

„Überhaupt nicht wahr", protestierte Josh entschieden.

„Wohl wahr."

„Dafür weiß ich, was du von ihm kriegst", probierte Josh, sie aus der Reserve zu locken. Nika zuckte betont unbeeindruckt mit den Schultern.

„Mir egal."

„Als ob", lachte Josh.

„Ist mir wirklich egal. Alles, was mir dieses Jahr wichtig ist, ist die Gewissheit, dass er bei mir bleiben kann."

Joshs Gesichtszüge wurden ernst. Er nickte verständnisvoll.

„Kann ich verstehen."

Erst jetzt bemerkte Nika, dass ihre Mutter sich nicht mehr an der Unterhaltung beteiligte. Sie seufzte lautlos, wusste nicht, wie sie Marten und sie wieder einander näherbringen sollte, solang Doris ihm feindselig gegenüberstand. Die Tatsache, dass ihr Freund sie nicht zu einem Weihnachtsfest begleiten wollen würde, lastete schwer auf Nika, auch, wenn sie sein Motiv nachvollziehen konnte. Dennoch tat es ihr weh, denn Doris und er hatten gerade angefangen, sich einander anzunähern. Je bewusster ihr das wurde, desto wütender wurde sie auf Jackie und ihren Vater. Doch bevor sie den beiden zu viel Raum schenken konnte, schob sie die schlechten Gedanken beiseite. Es half schließlich nichts. Viel wichtiger war es, sich auf die Zukunft zu konzentrieren. Also schenkte sie ihrer Mutter ein entwaffnendes Lächeln. „Hast du noch Kaffee?"

Doris lächelte.

„Aber sicher."

Sie schenkte ihr nochmal ein, bevor sie auch ihre eigene Tasse ein weiteres Mal füllte.

„Oma wird sich sicher über eine Kleinigkeit freuen. Wenn du möchtest, können wir ja mal zusammen überlegen, was du ihr schenken kannst", schlug Doris aufmerksam vor und drehte Nika ihren Kopf zu.

„Klar, gerne", sagte sie und kippte Milch in ihre Tasse.

„Wir können ja eine Runde über den Weihnachtsmarkt gehen und schauen, ob wir etwas finden", machte Doris einen weiteren Vorschlag. Nika lächelte.

„Klar. Das geht auch", erwiderte sie, wissend, dass ihre Mutter sich über jede Ablenkung in der Vorweihnachtszeit freute, die sie finden konnte. Ob ihr danach noch immer der Sinn stand, wenn sie erfuhr, dass Nika Heiligabend fehlen würde?

„Wisst ihr, inzwischen glaube ich, dass das Weihnachtsfest ohne euren Vater gar nicht so schlimm wird", sagte Doris betont tapfer und triggerte damit nur weiter Nikas schlechtes Gewissen. 

Und, was glaubt ihr? Sagt sie ihrer Mutter, dass sie Weihnachten nicht mit ihr verbringen wird, oder hat sie es nicht übers Herz gebracht? Wie würde es euch damit gehen? Und wie würdet ihr damit umgehen? Könntet ihr es ihr sagen oder würde es euch auch schwerfallen? 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top