❄ 20 ❄
Ich kann es kaum glauben, aber es ist schon das 20. Türchen. Ich möchte es gern waterspla widmen :)
Je länger sie durch den Schnee stapften, desto beschwerlicher fühlte der Fußmarsch sich für Willow an. Sie glaubte, immer tiefer einzusinken, aber möglicherweise bildete sie sich das auch bloß ein. Das Zeitgefühl hatte sie inzwischen komplett verloren. Ihre Hände musste sie tief in den Taschen ihres Mantels vergraben, weil sie bitterkalt waren.
„Meinst du, es ist noch weit?", fragte sie, drehte Carlos den Kopf zu und sah ihm hoffnungsvoll ins Gesicht.
„Wahrscheinlich nicht. Hier müsste gleich irgendwo die Abzweigung sein", antwortete er. Willow sah in die Dunkelheit hinaus, konnte jedoch nichts als Bäume ausmachen. Nicht ein Auto war seitdem vorbeigekommen, die Straße war mittlerweile komplett eingeschneit.
„Eigentlich müsste doch ein Räumfahrzeug kommen, oder? Ich meine, das können die doch nicht einfach so lassen", sprach sie ihre Gedanken laut aus. Carlos zuckte mit den Schultern.
„Normalerweise nicht, aber vielleicht ticken die Leute hier anders und sind solche Zustände gewöhnt... Ich meine, du hast ja gesehen, dass hier praktisch nichts ist, außer ein paar einsame Häuser oder Bauernhöfe. Kann ja sein, dass sie hier einfach ein paar Gäule vor einen Schlitten spannen..."
Abermals zog Willow hoffnungsvoll ihr Smartphone aus der Tasche.
„Immer noch nichts?", hakte Carlos nach und schielte auf das Display. Sie schüttelte seufzend den Kopf. „Nee... Ich hoffe, wir finden gleich so etwas wie Zivilisation."
„Entspann dich, okay? Wir sind bald da."
„Wie kann dir das alles so wenig ausmachen?", fragte Willow verständnislos, schüttelte den Kopf und steckte das Handy wieder weg.
„Ich versuche einfach, das Beste aus der Situation zu machen. Es ändert doch nichts, wenn wir uns jetzt darüber aufregen. Wir müssen einen kühlen Kopf bewahren, damit wir nicht an der Abzweigung vorbeilaufen."
„So lang, wie wir schon unterwegs sind, könnte man glatt meinen, diese sagenumwobene Straße, die du gesehen hast, gibt es gar nicht", erwiderte sie frustriert. Carlos seufzte schwer.
„Was?", fragte sie und warf ihm einen frostigen Blick zu.
„Hör auf, die ganze Zeit rumzunörgeln."
Es war das erste Mal, seit sie losgelaufen waren, dass er einen genervten Kommentar abließ.
„Wir sind schon zwanzig Minuten unterwegs. Wir hätten die Straße längst erreichen müssen."
„Vielleicht habe ich mich auch verguckt und die Entfernung falsch eingeschätzt", räumte er ein.
„Oh man", nuschelte sie.
„Andere Mädchen würden sich über einen romantischen Schneespaziergang freuen", sagte er unbeeindruckt.
„Erstens bin ich nicht andere Mädchen und zweitens ist nichts daran romantisch. Wir sehen ja nicht mal die eigene Hand vor Augen. Das ist eher wie in einem schlechten Horrorfilm. Fehlt nur noch, dass wir uns im Dunkeln im Wald verlaufen", kommentierte sie bissig. Carlos schmunzelte.
„Unter anderen Umständen würden wir sowas nie machen. Genieß es einfach", kommentierte er gelassen und legte seinen Arm wieder um ihre Schultern. Sie atmete tief durch, ließ seine Worte auf sich wirken und bemühte sich wie er, der Situation etwas Positives abzugewinnen. Vielleicht hatte er Recht und diese Reise würde ihnen in besonderer Erinnerung bleiben.
Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander her. Nur das Knirschen des Schnees unter ihren Füßen war zu hören. Willow schmiegte sich dichter an ihn, um sich an ihm zu wärmen. Ein sanftes Schmunzeln schlich sich auf ihre Lippen als sie realisierte, wie wohl sie sich mit ihm fühlte.
„Ich bin froh, dass du bei mir bist", nuschelte sie leise und entlockte ihm ein Lächeln.
„Obwohl ich so schlecht schätzen kann?", hakte er amüsiert nach. Sie grinste.
„Ja."
„Ich glaube, da vorne ist die Abbiegung", sagte Carlos und deutete in die Ferne. Willow runzelte die Stirn.
„Wie kommt es, dass du bei Dunkelheit so gut siehst, während ich mich wie ein Maulwurf fühle?", fragte sie kopfschüttelnd.
„Weil du einer bist", feixte er. Sie warf ihm einen düsteren Seitenblick zu, dann kniff sie die Augen zusammen und versuchte, den Punkt zu erkennen, auf den er gedeutet hatte. Als sie ihn schließlich erreichten, sah auch sie das Straßenschild. Es deutete jedoch nicht auf einen Weg, sondern geradewegs in den Wald hinein. „Zur Schlucht", stand darauf. Ihre Augen weiteten sich entsetzt, während ihr Magen sich ängstlich zusammenzog.
„Da geh ich ganz sicher nicht lang", protestierte sie. Carlos, der neben ihr stehengeblieben war, zog die Stirn kraus. Das matte Mondlicht spendete gerade genug Licht, um zu erkennen, dass es sich nicht um eine vermeintliche Straße, sondern eine Schneise durchs Dickicht handelte.
„Ich war mir echt sicher, dass es hier weitergeht."
Willow seufzte frustriert.
„Vielleicht sind wir ja längst dran vorbeigelaufen", sagte sie.
„Glaub ich nicht. Da hätte doch ein Schild gestanden", erwiderte er.
„Woher willst du das wissen?"
„Weil hier auch eins steht?", beantwortete er ihre Frage mit einer bissigen Gegenfrage.
„Ja. Zur Schlucht", las sie mürrisch vor. „Klingt nicht besonders einladend, wenn du mich fragst."
„Niemand sagt, dass wir dort langgehen."
Sie raufte sich die Haare unter der dicken Wollmütze.
„Aber das kann doch niemals so weit sein bis zu der Abzweigung, die du gesehen hast. Selbst, wenn wir uns im Schneckentempo fortbewegt hätten, hätten wir sie längst finden müssen."
Carlos nickte, legte nachdenklich die Stirn in Falten und schaute sich ratlos um.
„Du hast Recht. Vielleicht haben wir was übersehen. Wir können ja ein Stück zurückgehen und die Augen offenhalten", schlug er vor. Sie atmete tief durch. „Okay", sagte sie, dann drehte sie sich wieder in die Richtung, aus der sie gekommen waren. Zum Glück wiesen ihre Fußabdrücke ihnen den Weg. Willow war Carlos dankbar dafür, dass er sie in ein Gespräch verwickelte, um sie von ihrer schlechten Laune abzulenken. Gemeinsam begannen sie, Pläne für die kommenden Tage zu schmieden. Einen Schneespaziergang schlossen beide kategorisch aus.
„So sehr ich das hier mit dir gerade auch genieße – davon habe ich wirklich vorerst die Schnauze voll", kommentierte Willow ernst und entlockte Carlos ein Lachen.
„Aber John meinte, es gibt einen Kamin. Dort werden wir es uns gemütlich machen", schlug er vor. Die Vorstellung brachte sie zum Lächeln. „Das klingt wirklich gut", sagte sie und ließ ihren Blick auf der Suche nach der lang ersehnten Abzweigung aufmerksam durch den Wald schweifen. Irritiert blieb sie stehen.
„Was ist?", fragte Carlos und fuhr zu ihr herum. Sie zog die Stirn kraus.
„Fällt dir was auf?"
Sie deutete auf den Weg, den sie gerade entlanggelaufen waren. Er zog die Augenbrauen hoch. Irgendwie sah auf einmal alles um sie herum gleich aus; die Bäume, das Dickicht, der Weg, auf dem sie liefen. Alles schien ineinander überzufließen. Auch er drehte sich um die eigene Achse. Willows Hals schnürte sich zu, während heißkalte Schauer sie schüttelten.
„Oh mein Gott...", entfuhr es ihr verängstigt, als sie begriff, dass sie sich nicht mehr auf der Straße befanden.
„Denkst du dasselbe wie ich?", hakte Carlos nach.
„Der Weg verläuft nicht so geradlinig wie der, auf dem wir losgelaufen sind, sondern schlängelt sich durch die Bäume hindurch. Scheiße, Carlos. Wir sind von der Straße abgekommen."
Ich weiß, ich hab's einfach mit diesen ätzenden Cuts, aber ich hoffe, das Kapitel hat euch trotzdem gefallen. Ich kann immer noch nicht glauben, dass es nur noch ein paaar Tage bis Weihnachten sind. Feiert ihr Weinachten? Und wenn ja, freut ihr euch darauf? Wie feiert ihr in diesem komischen Jahr? Bin gespannt auf eure Antworten...
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