»WAS IST DAS WIEDER FÜR EINE NEUE TEUFELEI?«
WIR DREHTEN UNS IN alle Richtungen, schauten unter jede Vampirleiche nach, aber Stefan war verschwunden. Keiner von uns hatte gesehen, wohin er verschwunden war. Wir waren zu sehr mit uns selbst und unseren Kämpfen beschäftigt. Ein unverzeihlicher aber nicht mehr rückgängig zu machender Fehler.
In Damons Gesicht waren Wut und Verzweiflung geschrieben, als mein Handy vibrierte und die erlösende Nachricht überbrachte, dass Stefan am Leben war.
»Er schreibt, dass er einem Vampir gefolgt ist, der die Truppe noch vor dem Kampf verlassen hat. Er gibt uns Bescheid, wenn er weiß, wohin der Kerl gegangen ist.«
»Dann wollen wir mal hoffen, dass uns diese Spur zu Walther oder besser noch zu Freya führt«, sagte Klaus, während er den Leichnam des großen Blonden auf den Scheiterhaufen packte.
»Wir sollten nicht warten, bis er sich meldet. Wir sind hier fertig. Folgen wir ihm sofort«, meinte Damon, als er den letzten toten Vampir auf den Stapel geschmissen hatte.
Ich stimmte ihm zu.
»Elijah? Du bleibst hier, verbrennst die Leichen und passt auf Rodríguez auf«, befahl ich.
Elijah war zwar nicht sonderlich erfreut darüber, aber er fügte sich.
»Ich bin es gewohnt, hinter meinen Geschwistern aufzuräumen«, sagte er und schaute seinen Bruder Klaus vielsagend an.
Dieser grinste mal wieder nur zur Antwort.
»Und nun zu dir, Amigo«, wendete ich mich an Rod. »Hast du uns also doch in eine Falle gelockt, hm? Was hatten wir vereinbart?«
»Ich – ich wusste nichts davon! Die haben mich alle verarscht, die ganze Zeit. Das musst du mir glauben, bitte«, flehte er mich an.
Doch ich blieb hart und fixierte ihn mit einem langen dünnen Ast durch die Schulter an einen Baum.
»Jetzt kannst du erst mal keine Dummheiten mehr machen, bis mir etwas für dich eingefallen ist.« Ich erntete mal wieder verblüffte Blicke.
Aber ich musste schließlich meinem Ruf gerecht werden. Werwolfskönigin, Hybridenschlampe. Was hatte ich mir die letzten Stunden nicht alles sagen lassen müssen?
»Geh Elijah nicht auf die Nerven, Rod. Andernfalls wird er sich etwas für dich überlegen. Wir anderen verfolgen Stefans Spur. Auf, auf!«
Ich schritt voraus, gefolgt von zwei Vampiren, die mir an Alter und Kraft weit überlegen waren. Ich konnte nicht behaupten, dass sich das schlecht angefühlt hatte, aber auch nicht gut. Es ist schwer, zu erklären. Einerseits genoss ich dieses Gefühl der Macht. Auf der anderen Seite wollte das alles überhaupt nicht zu mir passen.
Nach einer straffen Wanderung durch die hügeligen Wälder im Eichenstedter Forst wurde die Spur, die Stefan und der unbekannte Vampir hinterlassen hatten, immer undeutlicher. Wir kamen schließlich an einem Aussichtspunkt an, von dem aus man ins Tal blicken konnte.
»Das ist aber romantisch hier«, stellte Damon fest. »Jetzt weiß ich deinen Ausflugstipp von damals wirklich zu schätzen. Ich hätte auf dich hören sollen.«
»Hast du aber nicht, weil du gar nicht wandern gehen wolltest, du Eumel. Ich war als Kind oft mit meinen Großeltern hier. Da unten kann man irgendwo das Freibad sehen«, erklärte ich, als ich sah, dass Damon irgendetwas unterhalb dieses Hügels entdeckt hatte.
»Kann man da schon ab 4 Uhr morgens schwimmen gehen?«, fragte er und deutete auf ein Leuchten beim Freibad.
»Für gewöhnlich ist es um diese Jahreszeit noch geschlossen, also nein.«
»Ich gebe Elijah Bescheid, dass wir vermutlich eine Spur haben«, sagte Klaus und zückte sein Handy.
Nach einer Weile kam Elijah zu uns rauf. Rodríguez hatte er mit Handschellen an seiner rechten Hand festgebunden und zog ihn widerwillig hinter sich her. Ein urkomischer Anblick.
»Ich konnte diesen Tunichtgut doch nicht da hängen lassen. Obwohl es wohl keine bessere Vogelscheuche geben könnte«, erklärte Elijah diese skurrile Szenerie mit einem Lächeln.
»Rod, hast du eine Ahnung, ob da unten Leute von dir sein könnten?«, fragte ich und deutete auf das Verwaltungsgebäude des Freibades.
Rod schüttelte ängstlich mit dem Kopf.
»Vielleicht feiert der Hausmeister eine schmutzige Privatparty?«, meinte Damon.
Zum Glück reagierte erneut niemand auf sein Geschwurbel.
»Wir schauen uns da mal um, kommt mit«, schlug ich schließlich vor, um der ganzen Spekulation ein Ende zu bereiten.
Dazu mussten wir aber erst mal einen Weg nach unten finden. Springen war bei der Neigung des Hügels und der zahlreichen kahlen Bäume und Sträucher schlicht unmöglich. Da hätten wir uns alle selbst erdolcht. Also blieb uns nur der mühselige Abstieg per pedes. Aber selbst für wendige Vampire war es ein schwieriger Talmarsch und wir konnten ein paar Stolperer nicht vermeiden.
Am Freibad angekommen konnten wir niemanden sehen oder hören. Aber es brannte Licht, was uns hoffen lies, doch noch jemanden anzutreffen.
»Und jetzt?«, fragte Damon und ging langsam in Richtung des Gebäudes. »Ich schau mich mal hier um. Vielleicht kann man ja durch die Fenster mehr sehen.« Damon verschwand kurze Zeit später hinter dem Gebäude.
Als er nach einer gefühlten Ewigkeit noch nicht wieder da war, fingen wir an, uns Sorgen zu machen.
»Wo zur Hölle bleibt er denn?«, fragte Klaus und wurde langsam mürrisch.
»Damon?!«, rief ich vorsichtig, doch bekam keine Antwort.
Es war alles still wie zuvor.
»Lasst uns mal nachsehen, da stimmt doch was nicht. Wir können doch nicht zwei Salvatores auf einmal verbummelt haben«, befahl ich und wir vier schlichen langsam näher.
Elijah schrieb Hayley eine SMS, dass wir uns derzeit am Freibad befänden. »Für alle Fälle«, sagte er und dann folgte er uns, mit Rod wie einen räudigen Köter im Schlepptau.
»Hört ihr das auch?«, fragte ich, als ich plötzlich ein komisches Brummen vernahm. »Ist das ein Verteilerkasten oder so was?«
Das Brummen schien von hinter dem Gebäude zu kommen. Wir konnten aber nichts erkennen, was es ausgelöst haben könnte.
»Es klingt wie ein elektromagnetisches Feld«, stellte Elijah fest.
»Kann es sein, dass da irgendwie die Luft flimmert? Ist da eine Heizung?«, ergänzte ich unsere Beobachtungen.
Klaus und Elijah erschraken gleichzeitig bei diesem Anblick.
»Kein elektromagnetisches Feld. Ein magisches Feld«, sagte Klaus entgeistert.
»Ein was?« Ich wusste mal wieder nicht, wovon die beiden sprachen.
»Das ist Hexenwerk. Vermutlich ein Portal«, erklärte Elijah.
»Und sag jetzt bitte nicht, dass Stefan und Damon darin verschwunden sind«, fragte ich entsetzt.
Die beiden Ur-Brüder nickten vorsichtig.
»Elijah. Schreib Hayley, dass es länger dauert. Wir haben das Stargate gefunden«, sagte ich und Elijah tippte abermals einen Text in sein Handy.
»Was ist dahinter?«, fragte ich Klaus.
»Das kann man vorher nie genau wissen«, antwortete er.
»Nun, denn, Gentlemen. Finden wir es heraus.« Ich henkelte nun die Mikaelson-Brüder ein, so wie ich es sonst immer mit den Salvatore-Brüdern getan habe, und wir gingen in Richtung des Hexenportals. Unser Appendix vampiriformes Rodríguez war gezwungen, uns zu folgen.
Nachdem wir durch das Portal gegangen waren, sahen wir kurzzeitig nur ein grelles Licht und ein irrsinnig lautes Brummen quälte unsere empfindlichen Vampirohren. Dann hatten wir endlich wieder festen Boden unter den Füßen.
»Wo sind wir hier?«, fragten Klaus und Elijah gleichzeitig.
Ich sah sofort, wo uns die magische Reise hingeführt hatte.
»Wir sind in Ermsleben. Was um Himmelswillen haben wir hier verloren?«
Wir vier Portalreisenden standen auf dem Gelände der Konradsburg, einem beliebten Ausflugsziel hier in der Region.
»Diese Burg wurde schon seit der Bronzezeit von Menschen besiedelt, die dort ihren Göttern huldigten. Nicht verwunderlich also, dass Edith uns geradewegs hierher geschickt hat«, gab ich mein Einheimischenwissen preis. »Später war hier dann ein Kloster, bevor das Areal landwirtschaftlich genutzt wurde. Aber sagt mal ...« Etwas machte mich stutzig an der ganzen Umgebung. »... Kommt es mir nur so vor oder flimmert die Luft hier? Mitten im März finde ich das etwas seltsam.«
Wir schauten nun alle vier wie die Deppen zum Himmel und versuchten, uns einen Reim aus der flirrend Atmosphäre zu bilden.
»Du hast recht, Maria«, antwortete Elijah. »Das alles hier ist ein Hexengefängnis. Wir können zwar alles sehen, sind jedoch für andere Menschen unsichtbar.«
Klaus' Miene verfinsterte sich, während sein Bruder sprach.
»Dann lasst uns keine Zeit verlieren. Wir müssen Stefan und Damon finden und dann so schnell wie möglich wieder weg von hier!«, sagte er.
Wir teilten uns in zwei Gruppen auf. Elijah ging mit seinem unfreiwilligen Anhang in die eine Richtung, während ich mit Klaus in die Entgegengesetzte stiefelte.
Wir gingen auf unserer Suche auch in das kleine Brunnenhaus auf dem Gelände der Konradsburg. Darin befand sich ein uraltes Eselsrad. Doch auch dort fanden wir niemanden. Nicht mal im Brunnen selbst saßen irgendwelche Gefangenen. Allerdings kam ich bei diesem ganzen mittelalterlichen Kram plötzlich ins Grübeln.
»Du, Klaus? Du bist über tausend Jahre alt. Du musst das alles hier ja noch aus deinem Alltag kennen. Brunnen, Eselsräder, Ritterburgen, Plumpsklos.« Vielleicht war meine Frage mal wieder etwas vollhorstig, aber Klaus schmunzelte vor sich hin.
»Allerdings«, antwortete er schließlich.
»Du musst mir unbedingt mal davon erzählen, wie das damals alles so war. Du weißt schließlich besser darüber Bescheid, als jeder Archäologe.«
Klaus schien sich leicht geschmeichelt zu fühlen, obwohl ich ihn gerade quasi als uralten Sack bezeichnet hatte.
»Von mir aus. Ich erzähle dir von diesen Zeiten«, sagte er dann, als wir das kleine Brunnenhaus wieder verließen. »Aber fürs Erste müssen wir das Hier und Jetzt abarbeiten.«
Elijah und Rod kamen auf uns zu und scheinen ebenfalls kein Glück bei der Suche gehabt zu haben. Außerdem sahen beide ziemlich unglücklich mit der Situation, aneinandergekettet zu sein, aus.
»Ich will wissen, was Cäsar und Kleopatra dazu zu sagen haben«, protestiere Rodríguez und zeigte dabei auf Klaus und mich.
»Meint der uns?«, fragte ich Klaus.
»Offensichtlich«, antwortete er und schien über diesen abwegigen Vergleich durchaus amüsiert zu sein.
»Worum gehts denn, Rod?«, wollte ich wissen.
»Ich will nicht länger an diesem mürrischen Urvampir gekettet sein«, protestierte unsere Geisel lautstark, während Elijah die Augen verdrehte und beipflichtend nickte.
»Ich muss zugeben, dass ich selbst auch nicht begeistert von diesem Umstand bin«, jammerte er nun ebenfalls.
»Ich laufe auch ganz bestimmt nicht weg. Aber bitte – bitte macht diese Handschellen los«, flehte Rod uns weiter an.
»Sollen wir das glauben, Freundchen? Nachdem du uns in eine Falle hast rennen lassen?«, antwortete Klaus streng.
Rod nickte aufgeregt, ging auf die Knie und faltete seine Hände vor die Brust, ohne dabei Rücksicht auf Elijah zu nehmen, der dadurch nach vorn gebeugt stehen musste, wie ein Sägebock. Rodríguez schaute seltsamerweise wieder nur mich an. Ich fühlte mich nun wahrhaftig ins Mittelalter versetzt. Fehlten nur noch antike Floskeln, wie holde Maid und Ähnliches.
»Ihr habt es doch von Dennis gehört. Ich war nie wirklich ein Teil dieser Truppe gewesen. Sie haben mich die ganze Zeit nur verspottet!«, klagte Rod weiter seinen Weltschmerz. »Walther und die anderen haben mich nur benutzt. Ich war als Mensch schon nichts Wert und als Vampir ebenso wenig. Ich werde ganz sicher niemals zu diesen Tyrannen zurückgehen. Glaubt mir!« Rod war den Tränen nah und Klaus schien langsam die Geduld zu verlieren.
»Elijah, bitte. Erlöse diesen Wurm von seinem Elend«, sagte er schließlich zu seinem Bruder und wollte offenbar, dass dieser den armen Rodríguez tötet.
Gerade als Elijah der Bitte seines Bruders nachkommen wollte, ging ich dazwischen.
»Stopp! Elijah, lass ihn einfach frei«, rief ich.
»Bist du von allen guten Geistern verlassen?«, pflaumte mich Klaus von der Seite an.
So viel zum Thema andere Autoritäten akzeptieren.
»Was wollen wir uns denn mit diesem nutzlosen Jammerlappen beladen? Wir hätten ihn gar nicht erst mitnehmen, sondern an Ort und Stelle pfählen sollen.« Meister Isegrim hatte zu seiner grimmigen Form zurückgefunden.
Aber ich ignorierte ihn einfach.
»Irgendjemanden wird es schon geben, der diesen Dummkopf lieb hat. Ich hab euch zwei Uridioten ja schließlich auch lieb. Also lassen wir ihn einfach frei und geben ihm eine Chance«, sagte ich und lächelte die beiden verlegenen Urvampire breit an.
Ich hatte schließlich meinen Ruf zu wahren. Die immer freundliche Vampirin hatte wieder ihr nettes Gemüt unter Beweis gestellt. Das hatte Freya immer so an mir geschätzt.
Freya. Hoffentlich ging es ihr gut.
»Los, nimm ihm die Handschellen ab, Elijah. Und wenn er etwas Dummes anstellt, dann werde ich ihn höchstpersönlich um ein lebenswichtiges Organ erleichtern«, fügte ich meinem Befehl noch eine kleine Drohung hinzu, um Rod nicht allzu sehr in Sicherheit zu wiegen.
Er soll ja nicht denken, dass er hier mit uns machen kann, was er will.
Widerwillig löste Elijah die Handschellen und Rod sprang mir voller Freude um den Hals. In dem Moment bekam ich eine Ahnung davon, wie sich Klaus damals gefühlt haben musste.
»Vielen, vielen Dank! ¡Muchas Grazias! Du wirst das nicht bereuen«, beteuerte Rodríguez. »Du bist eine sehr gute und gerechte Anführerin, Maria. Dürfte ich eurem Team beitreten?«
»Team? Wovon redest du denn da?« Ich war leicht verwirrt von seinem Gebrabbel.
»Ich will in eurem Team gegen Walther kämpfen. Er soll seine gerechte Strafe dafür bekommen, dass er mich jahrzehntelang so mies behandelt hat. Er und seine Handlanger. Bitte, nimm meine Dienste an.« Rodríguez machte eine tiefe Verbeugung vor mir.
Was war das nur für eine abstruse Szene?
Klaus grummelte immer noch vor sich hin und Elijah guckte genervt in der Gegend rum.
»Das kommt gar nicht infrage!«, schrie Klaus den erschrockenen Rodríguez mit erhobenem Zeigefinger an. »Du denkst wohl, wir sind blöd? Du willst dich nur als Maulwurf in unsere Mitte drängen und dann wieder einen auf Nachrichtenübermittler machen.« Klaus zeigte sich mal wieder von seiner paranoiden Seite.
»Nein, das wird er bestimmt nicht machen. Klaus, hatte ich dir nicht einmal etwas von Vertrauen erzählt? Komm, Rodrigo Martínez. Steh auf. Herzlich willkommen in unserem Team, wie du es nennst.« Ich reichte ihm die Hand und half Rod, aus seiner demütigen Haltung aufzustehen. Während Elijah seine Handschellen entfernte, klopfte ich ihm auf die Schultern.
»Vermassele es nicht, Rod. Man bekommt nicht immer eine zweite Chance, auch wenn man sie verdient hat.«
Klaus machte zwar immer noch dicke Backen, aber er hat schließlich selbst gesagt, dass ich die Harzer Werwolfskönigin sei. Er selbst ist hier nur Gast, ein König aus einem fernen Reich, der um meine Hilfe bat. Oder will er mein Reich erobern? Sind wir doch Cäsar und Kleopatra? Ich hoffe nicht.
»Also dann, meine Freunde. Lasst uns zusehen, dass wir einen Weg hier raus finden. Und du hörst jetzt auf, einen Flunsch zu ziehen, Klaus Mikaelson, Schmollwolf«, sagte ich und drückte dem alten Grummelkopf beim Vorbeigehen ein flüchtiges Küsschen auf die Wange.
Der Hybrid schien gezähmt und folgte mir schließlich, ohne weiter zu murren.
Unsere Wanderung hörte bereits am Eingangstor zum Burghof wieder auf. Denn gerade als wir es durchschreiten wollten, prallten wir gegen eine unsichtbare Wand.
»Was ist das wieder für eine neue Teufelei?«, fragte ich, nun auch langsam genervt von dieser Gefängniswelt.
Wir tasteten uns an diese unsichtbare Barriere entlang, doch wir fanden kein Schlupfloch.
»Ein Begrenzungszauber. Wir sind unter einer Hexenkuppel gefangen«, stellte Elijah enttäuscht fest.
»Verdammt noch einer!«, tat auch Klaus seinen Unmut kund und trat voller Wut gegen einen Blumentopf.
Dieser flog durch die leicht flimmernde Begrenzung, um dann wie durch Zauberei wieder an seinem Platz zu stehen. Verflixtes Hexenzeug.
»Wir müssen überlegen, ob wir nicht noch irgendwas übersehen haben«, sagte ich und schaute mich noch mal auf dem Burghof um.
Aus Respekt hatten wir bislang nicht versucht, in die Wohnhäuser auf dem Gelände zu gehen. Aber in unserer Not mussten wir auch diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Doch wir waren nicht einmal in der Lage die Türklinken der Gebäude zu berühren. Die Wohnungen waren also ebenfalls durch einen Zauber geschützt.
Dann wurde es richtig gruselig.
Eine der Türen öffnete sich und ein Mann kam heraus. Er konnte uns, wie bereits vermutet, nicht sehen, und ging einfach auf uns zu. Ich wollte noch zur Seite gehen, aber es war zu spät und der Mann ging einfach so durch mich hindurch! Ich fühlte mich wie ein Geist.
»Igitt! Das war das Widerlichste, was ich je erlebt habe!«, sagte ich und schüttelte mich nach diesem Vorfall vor Ekel.
Der Mann stiegt ganz normal in sein Auto ein und für vom Hof. Ihm blieb eine Erfahrung der dritten Art glücklicherweise erspart.
Um uns von dem Vorfall zu erholen und ein paar klare Gedanken fassen zu können, gingen wir in die kleine Kapelle der Konradsburg. Klaus grummelte weiterhin in sich hinein, Elijah dachte stumm nach und Rodríguez beklagte sich über den vorherrschenden Blutmangel in dieser Hexenparallelwelt.
Ich stand derweil vor der alten Jesus-Am-Kreuz-Altarfigur und dachte über mein Leben nach.
»Tja, oh Herr, nun bin ich keines deiner Schäfchen mehr. Sondern ein Wolf. Ein Wolf, der sich vom Blute unschuldiger Menschen nähren muss und die grausamsten Leute auf diesem Planeten seine Freunde nennt. Ich hoffe, dass du siehst und weißt, dass ich das alles nie gewollt habe und bestrebt bin, das Beste aus dieser unveränderlichen Situation zu machen. Immerhin will ich die Menschen in meiner Stadt beschützen. Nächstenliebe und so, du weißt schon. Also vielleicht hättest du ja die Güte, mir bei der Suche nach einem Ausweg zu helfen? Im Namen des Vaters, der Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.« Ich bekreuzte mich stilecht, obwohl ich wusste, dass meine plötzlich aufkommende Frömmigkeit mir nicht helfen würde, und wollte gerade zu den anderen gehen, als ich überraschend ein Geräusch hörte.
»Hört ihr das? Da ist doch wieder so ein Brummen oder werde ich langsam verrückt?«, fragte ich in die Runde.
»Du hast recht, Maria. Hier scheint doch noch irgendwo ein Portal zu sein«, antwortete Elijah.
»Ich bin so blöd! Die Krypta! Ich habe die Krypta unter der Kapelle total vergessen. Los, folgt mir!«, rief ich und rannte los.
Unter der Kapelle der Konradsburg befindet sich eine alte Krypta und dort hatten wir bislang nicht nachgesehen. Als hätte mich Jesus Christus wahrhaftig erhört, so standen wir vor einem weiteren Hexenportal. Wir nahmen uns erneut alle an den Händen. Rodríguez klammerte sich ganz fest an Elijah, welcher zwar die Augen verdrehte, aber den armen Kerl gewähren ließ.
»Also dann, meine Lieben. Mal sehen, wohin wir dieses Mal gebeamt werden«, sagte ich und schon schritten wir durch das zweite Portal.
Wir fanden uns in völliger Dunkelheit wieder.
»Wo sind wir denn jetzt gelandet?«, fragte ich, während ich mein Handy herauskramte, um etwas Licht ins Dunkel zu bringen.
Doch das brachte uns nicht weiter. Wir waren in einem großen, nahezu leeren Raum ohne Fenster und Türen gefangen. Lediglich ein paar Kisten stapelten sich hier und da.
Plötzlich hörten wir ein Geräusch. Kein Brummen, sondern eher ein leises Wimmern. Als wir in die Richtung des Geräusches gingen, entdeckten wir den armen Stefan. Gefesselt und geknebelt zwischen ein paar Kisten liegend.
»Du meine Güte, Stefan! Was haben die mit dir gemacht?«, rief ich entsetzt und fing sofort an seine Fesseln zu lösen.
Doch diese waren komplett in Eisenkraut getränkt. Der arme Stefan hatte überall am Körper fürchterliche Wunden. Ich wollte die Zähne zusammenbeißen, aber Klaus schubste mich zur Seite und übernahm die Befreiung seines ehemals besten Freundes.
Als Stefan endlich frei war, hustete er ein paarmal und begann nach einer Weile zu erzählen, was ihm passiert war.
»Ich weiß nicht, was geschehen ist. Ich habe diesen Kerl bis zum Freibad verfolgt. Dann war er plötzlich verschwunden. Ich habe ihn gesucht und fand mich auf einmal hier drinnen wieder. Dann haben mich ein paar Hände gegriffen und ich roch Eisenkraut. Dann wurde ich ohnmächtig. A-aber, aber wo ist Damon? Wo ist mein Bruder?« Stefan schaute sich ängstlich um, auf der Suche nach seinem großen Bruder.
Doch der war nicht da.
Ich erzählte ihm unsere bisherige Geschichte und, dass wir Damon auf der Konradsburg nicht finden konnten. Währenddessen leuchtete Klaus und Elijah die Wände, die Decke und den Boden dieses sonderbaren Raumes ab. Doch es war nirgendwo eine Tür oder Ähnliches.
Wir waren in der Falle.
»Maria, könntest du uns wieder mit einem Gebet oder weiteren Geistesblitz behilflich sein?«, fragte Elijah.
Verdammt, er hatte meinen kleinen göttlichen Monolog mitangehört.
»Vielleicht müssen wir irgendeine Challenge meistern und dann finden wir das nächste Portal. Wie in einem Computerspiel, wisst ihr?«, schlug Rodríguez voller Überzeugung vor.
»Auf der Konradsburg haben wir auch keine Challenge gemeistert, Rodríguez. Es sei denn, es geht dabei um Gebete und flüchtige Küsse«, antwortete Elijah genervt und ich hoffte, dass Stefan diesen letzten Halbsatz nicht gehört hatte.
So langsam wussten wir nicht mehr weiter.
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