»VIELLEICHT WÜRDE SIE DIE TAUBEN IHRES MANNES IN FRÖSCHE VERWANDELN«

~ 17. Februar 2018 ~

LIEBES TAGEBUCH,

heute habe ich versucht, diesen Werewolf in Disguise, namens Christian Wagener ausfindig zu machen. Doch als ich an seiner Haustür klingelte, öffnete mir niemand. Was hatte ich auch erwartet? Dass er mich zu Kaffee und Kuchen einlädt und mir erzählt, dass da so eine schrullige alte Brockenhexe war, die ihn in ihr Pfefferkuchenhaus gelockt hat und ab da an wusste er von nichts mehr? Eben! So einfach sind all diese Dinge nun mal nicht.

Da meine Zwillingsschwester Luisa begann, sich erneut Sorgen um mich und meine geheimen Unternehmungen zu machen, beschloss ich, morgen einfach mal ganz normal zu Hause zu bleiben und mich um keinerlei Vampirkram zu kümmern. Drück mir die Daumen, dass nicht wieder was dazwischen funkt.

Aber irgendwann musste der Tag X kommen, an dem ich Luisa alles erzähle, so viel stand fest. Doch dieser Tag war nicht heute und nicht morgen und ich hoffte, dass ich ihre Existenz noch möglichst lange vor Klaus und seiner Familie geheim halten konnte, falls er es nicht schon längst wusste. Zwar ist auch das ein Verstoß gegen meine eigenen Regeln des Vertrauens und der Ehrlichkeit, aber in diesem Fall kann ich nicht anders handeln. Die Familie geht nun einmal vor. Das wissen die Mikaelsons wohl am allerbesten.

̴ ̴ ̴

~18. Februar 2018 ~

Elijah entschloss ebenfalls, sich auf die Suche nach den vermeintlichen Werwölfen zu begeben. Er war der Meinung, mit seinem diplomatischen Verhandlungsgeschick mehr Erfolg zu haben bei der Recherche. Also ging auch er zu der von Freya genannten Adresse, um das Gespräch mit Christian Wagener zu suchen.

Allerdings konnte auch Elijah ihn nicht antreffen. Stattdessen sprach er mit einem seiner Nachbarn und erfuhr, dass Christian ein eher zurückgezogenes Leben führe und niemand wisse, wo er sich derzeit aufhält.

Vermutlich dachte der Nachbar, Elijah sei ein Gerichtsvollzieher, wie er da in seinem eleganten Anzug vor ihm stand.

»Ich habe schon immer geahnt, dass mit dem Kerl etwas nicht stimmt. ‚Der hat bestimmt Dreck am Stecken', hat meine Frau immer gesagt«, erzählte der Nachbar dem Urvampir voller Überzeugung.

Elijah gab darauf nicht viel, verabschiedete sich freundlich und ging wieder.

In der Villa Mikaelson war aber auch Klaus, der schmollende Urhybrid, nicht untätig gewesen, wie mir Elijah ebenfalls berichtete. Er tapste demnach zu der Vampirleiche in seinem Keller – die mich zu Lebzeiten angegriffen hatte – und nahm diese mehr oder weniger komplett auseinander. Zur großen Verwunderung seines Bruders, der gerade von seiner Werwolfs-Erkundungstour zurückkam.

»Niklaus, was für ein morbides neues Hobby hast du da für dich entdeckt? Ein Puzzle aus Vampirleichenteilen? Das ist selbst für dich ungewöhnlich pervers«, merkte Elijah naserümpfend an.

»Er ist aber genau das, mein Bruder. Ein Puzzle«, antwortete Klaus, der plötzlich etwas in der Hosentasche des unbekannten Vampirs gefunden hatte. »Sie erfüllt weiterhin ihren Teil der Abmachung, also erfülle ich den meinen.«

»Sprichst du von Maria, Niklaus?«, fragte Elijah. »Es freut mich, dass du offenbar deine Schmollphase überwunden hast und wieder zu Unternehmungen außerhalb deines Ateliers fähig bist. Aber sag mir, Bruder, was genau wird das, wenn es fertig ist?«

Doch Klaus ignorierte Elijahs Frage und flitzte mit dem eben gefundenen Zettel in der Hand schnurstracks an diesen vorbei und verließ wortlos die Villa.

Was es mit diesem Zettel auf sich hatte, sollten weder Elijah noch ich an diesem Tag erfahren.

̴ ̴ ̴ ̴

~19. Februar 2018 ~

LIEBES TAGEBUCH,

heute hatte ich frei. Ich liebte es sehr an meinem Job, dass ich zwar auch an Wochenenden und Feiertagen arbeiten musste, aber dafür ganz oft in der Woche freibekam. Während alle anderen arbeiten mussten, konnte ich mir eine schöne Zeit machen. An solchen Tagen lohnte sich für mich zum Beispiel ein Tiergarten-Besuch. Dieser war dann nicht so überfüllt mit nervigen Menschen, wie an den Wochenenden.

Unglaublich, so sehr mich Menschen auch manchmal auf den Keks gingen, so sehr setzte ich mich doch in den vergangenen Wochen immer wieder für deren Sicherheit ein. Aber heute stand zum Glück wieder etwas Abwechslung vom Vampirwahnsinn auf dem Programm – Alarics dritter von insgesamt vier Okkultismuskursen in der Kreisvolkshochschule.

Diesmal sollte es um Harzer Sagen und ihre Quellen gehen. Das wäre eigentlich das Richtige für meinen Kollegen Franz, aber er kann sich nach wie vor nicht dazu überreden lassen, diesen Kurs einmal selbst zu besuchen.

Erstaunlicherweise konnten sich meine beiden Vampirfreunde Stefan und Damon jedoch tatsächlich dazu durchringen, diese Kurse durchzuhalten. Na ja, immerhin leitete ihr alter Freund Alaric Saltzman das Ganze. Ob die zwei nun wirklich ein großes Interesse am Harz haben? Wer weiß?

Als ich die Brüder, vor deren Haustür abholte, freuten wir uns sehr, uns wieder zusehen. Das kam in letzter Zeit leider etwas zu kurz. Den Grund dafür kann ich ihnen nicht sagen, aber ich versuchte, meinen guten Willen zu zeigen, indem ich vorschlug, mal wieder öfter etwas zusammen zu unternehmen.

»Ich vermisse unsere Salvatore-Sandwich-Formation«, sagte ich mit einem Augenzwinkern und henkelte mich wie in guten alten Zeiten bei den beiden ein.

Unglaublich, wie viel Geheimnisse es mittlerweile zwischen uns gab. Damon und Stefan wussten rein gar nichts über den Werwolfsfluch, meine Verhandlungen mit den Mikaelsons und erst recht nicht, dass ich selbst ein Werwolf war und vermutlich dem Tode geweiht, wenn Freya nicht bald etwas einfällt. Und ich war nach wie vor der Meinung, dass es auch besser so ist, die Salvatores in Unwissenheit zu lassen.

An der Kreisvolkshochschule wartete Linda bereits auf uns. Freya wollte dieses Mal nicht am Kurs teilnehmen. Die Mikaelsons verlassen sich ab sofort ganz auf mich, dass ich fein aufpasse und ihnen alles sage, was wichtig sein könnte.

Als wir im Klassenraum saßen, erfuhr ich dann jedoch von Linda etwas, das mich sehr beunruhigte und meine gute Stimmung schlagartig in den Keller schnellen ließ.

»Kurz, nachdem wir am Dienstag weg gewesen sind, hat meine Großmutter einen Anruf von ihrer Schwester bekommen«, berichtete die Rothaarige mit erhobenem Zeigefinger. »Meine Großtante Edith! Und stell dir vor, was sie wollte! Sie wollte die Hexenbücher haben. Ist das nicht seltsam, dass plötzlich alle Welt sich für diese Bücher interessiert?«, Linda grinste ungläubig.

Ich wusste zunächst nichts darauf zu antworten. Zu sehr war ich von dieser Information verunsichert.

»Ist diese Großtante nicht die Einzige in eurer Familie, die an Hexerei glaubt?«, fragte ich schließlich vorsichtig nach.

»Richtig. Aber meine Großmutter will ihr die Bücher trotzdem nicht geben. Oder gerade deshalb nicht. Wer weiß, was Tante Edith damit anstellen würde? Vielleicht die Tauben ihres Mannes in Frösche verwandeln oder so was«, erzählte Linda und musste herzhaft lachen, bei dem Gedanken.

Mir jedoch gefror das Vampirblut in den Adern.

»Tauben?«, fragte ich fast schon flüsternd, als ob ich selbst meine Nachfrage und die darauffolgende Antwort nicht hören wollte.

»Ja, ihr Mann Reinhard züchtet Brieftauben«, antwortete Linda ganz unbedarft.

Ist ja auch etwas ganz Normales. Eigentlich. Ich allerdings wurde innerlich immer nervöser. Sollte es tatsächlich einen Zusammenhang zwischen den mysteriösen Taubensichtungen der letzten Tage und dieser Hexentante geben?

War das schon zu viel Zufall, um wahr zu sein?

»Wo wohnt denn deine Tante? Hier in der Nähe?« Ich versuchte, die Frage möglichst beiläufig zu stellen.

»Nein, die beiden sind kurz nach der Wende in den Westharz gezogen. Natürlich mit Blick auf den Blocksberg. Die wohnen da mitten im Wald. In der Nähe von Torfhaus. Man könnte wirklich denken, Tante Edith wäre eine Hexe.« Linda lachte wieder und hatte keine Ahnung, dass das alles ganz und gar nicht amüsant war.

Ich zumindest fand es mehr als verdächtig, dass sich die einzige Person in dieser Familie, die an Hexerei glaubt, sich ausgerechnet jetzt für diese alten Hexenbücher interessierte.

Zum Glück holte mich das Erscheinen unseres Kursleiters Alaric aus diesen Gedanken. Linda stürmte sofort zu ihm hin, um ihn die Fotos zu zeigen, die sie von den Hexenbüchern gemacht hatte. Ric war begeistert von all den Hinweisen, die auf die Himmelsscheibe von Nebra und das Ringheiligtum in Pömmelte hindeuteten. Nur die uralte Hexenschrift konnte er nicht entziffern. Vielleicht auch besser so.

Nach dem anschließenden Kurs über Zwerge, Drachen, dem Teufel und andere Sagen- und Märchengestalten, die einst auch im Harz ansässig waren, beschlossen Linda und ich noch einen Kaffee zusammen zu trinken. Wir machten uns auf den Weg zum Eiscafé Bianchi auf dem Marktplatz von Eichenstedt.

Das war auch das erste Mal, dass ich nach Alarics Kurs keine geheimen Treffen mit einem Mikaelson hatte. Dachte ich jedenfalls.

Denn als Linda noch kurz zur Toilette ging und ich nichts ahnend in die Dunkelheit hinausschaute und voller Argwohn die Stadttauben beobachtete, tauchte hinter mir unerwartet jemand auf, woraufhin ich mich unheimlich erschrak.

»Elijah! Warum schleichst du dich denn so an mich heran?« Hinter mir stand also doch wieder einer der Urfamilie und schaute mit ernstem Gesicht ebenfalls zu den Tauben.

Vermutlich fragte Elijah sich, warum ich diese harmlosen Tiere so angestrengt fixiert hatte.

»Ich wollte dir nur von Niklaus' derzeitigen Aktivitäten berichten, die er in Richtung der unbekannten Vampire unternimmt«, sagte Elijah, ohne mich dabei anzusehen.

»Aha. Schön. Ich meine, das freut mich, dass er anscheinend doch nicht so untätig ist, wie ich dachte. Aber warum erzählt er mir nicht selbst davon?« Ich tat es Elijah gleich und sprach mehr zu der Getränkekarte, die ich in der Hand hielt, als zu ihm.

Das hatte schon wieder irgendwas Geheimagentenmäßiges. Und wenn das alles nicht so ernst wäre, hätte ich es recht amüsant gefunden.

»Mein Bruder ist dafür vermutlich wieder einmal zu stolz. Aber ich wollte nicht, dass du das Gefühl bekommst, wir Mikaelsons würden unseren Teil der Vereinbarung nicht einhalten, Maria. Das würde mir nicht richtig erscheinen.« Elijah holte dann einen Zettel mit einer Adresse aus seinem Anzug und reichte ihn mir beiläufig.

»Kaufmannstraße?«, las ich fragend vor, da ich keine Ahnung hatte, was es damit auf sich hatte.

»Geh dort hin. Morgen Abend gegen 22 Uhr. Aber sag Klaus nicht, dass du diesen Hinweis von mir hast.« Nun schenkte mir Elijah doch noch ein Augenzwinkern und verschwand im selben Augenblick.

Ich blieb zurück, wartete auf Lindas Rückkehr und wusste nicht, was mich morgen dort in der Kaufmannstraße erwarten würde.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top