»UND JETZT SITZT DU DA, INMITTEN DER MIKAELSONS«

~ 24. Februar 2018 ~

LIEBES TAGEBUCH,

heute war es also so weit. Heute sollten Damon und Stefan endlich alles erfahren. Mein geheimes Abkommen mit den Mikaelsons war aufgeflogen. Mir fiel ein Stein vom Herzen und dennoch hatte ich Angst, dass ich die beiden für immer verlieren könnte. Aber ich musste es riskieren. Es war für uns alle das Beste.

Als ich am Abend an der Villa Mikaelson eintraf, stiegen die Salvatore-Brüder gerade aus dem Auto und würdigten mir nur einen flüchtigen Gruß. Ich konnte es ihnen nicht verübeln. Dennoch blieb ich standhaft und ging mit festem Schritt an den beiden vorbei, die eigentlich meine besten Freunde waren, meine große Stütze in meiner schwersten Stunde. Ich werde nicht einknicken und einen Rückzieher machen, nur, weil sie ein Problem mit meiner Entscheidung hatten. Für mich gab es aus verschiedenen Gründen keine Umkehr aus dieser Sache. Ich hoffte, dass sie das verstehen konnten.

Als ich die Villa betrat, erwartete mich in der Eingangshalle bereits die ganze Urvampir-Sippe, bis auf den Oberindianer und dessen Tochter. Ich begrüßte jeden einzelnen herzlich mit einer Umarmung und bekam freundliche Grüße zurück. Nur mit Hayley wurde ich auch an diesem Abend nicht so richtig warm. Vielleicht ist das normal bei zwei Wölfen aus unterschiedlichen Rudeln?

Die Wiedersehensfreude blieb den Salvatores natürlich nicht verborgen. Ihre Gesichter sprachen Bände, als sie nach mir das Hotel betraten. Eine Mischung aus Verwunderung, Verärgerung und Verachtung und unendlicher Enttäuschung traf mich genau ins Herz. Aber so sah die Realität aus. Meine Realität, in der die Mikaelsons eben nicht die Oberfieslinge, sondern meine Freunde waren.

»Wo hat sich Klaus denn versteckt?«, fragte ich Rebekah.

Doch meine Frage erübrigte sich schneller als gedacht.

»Wie schön zu hören, dass ich bereits schmerzlichst vermisst werde«, tönte es durch die Halle, als Klaus mit Hope die Treppe herunterkam.

Dann wurde es beinahe schon peinlich, als Klaus mich mit einem fast schon überfreundlichen »Hallo, Liebes!« und einer flüchtigen Umarmung begrüßte.

Falls er damit Stefan und Damon provozieren wollte, hatte er Erfolg. Ihre angewiderten Blicke waren nicht zu übersehen und der Rest der Anwesenden musste sich ein Kichern verkneifen. Und ich hatte das Gefühl, mitten drin zu stecken, in diesem Ränkespiel.

Dann ging Klaus wortlos voraus und wir folgten ihm in einen Raum mit einem großen, reichlich gedeckten Tisch. Als schlechter Gastgeber wollte er vermutlich nicht dastehen. Und das musste man neidlos anerkennen, verhungert ist bei ihm bislang noch niemand, weder Mensch noch Vampir. Neben dem Tisch standen einige seiner manipulierten Dienstmädchen und boten willig – oder besser gesagt, willenlos – ihre Handgelenke an.

Klaus wirkte fast schon euphorisch. Zu allem Überfluss sollte ich auch noch direkt neben ihm Platz nehmen. Vor nicht allzu langer Zeit bemühte ich mich darum, so viel Abstand wie möglich zwischen ihm und mir zu halten. Diesen Part übernahmen an diesem Abend die Salvatores, die nach wie vor säuerlich aus der Wäsche guckten und sich an die gegenüberliegenden Seite des Tisches setzten.

Besonders übellaunig wurden sie, als Klaus und ich auch noch anfingen, zu tuscheln und zu kichern. Es ging dabei zwar lediglich um Hopes Bemühungen, Dinosaurier zu malen und deren Namen korrekt auszusprechen, aber das reichte offenbar, um einen Brechreiz bei den Brüdern hervorzurufen.

Als Hayley dazukam, die zuvor Hope ins Bett gebracht hatte und die Gesprächsrunde durch Elijah feierlich eröffnet wurde, schenkten uns Damon und Stefan zum Glück aber dennoch ihre Aufmerksamkeit.

Wir legten nachfolgend alle Karten auf den Tisch. Von Anfang an.

Klaus berichtete über seine Pläne eine Werwolfarmee aufzubauen, um New Orleans aus der Macht seiner Feinde zurückzuerobern. Ich erläuterte unseren Deal, keinen dieser Leute zu zwingen, für die Mikaelsons zu arbeiten. Außerdem erzählte ich darüber, dass einige der Wölfe als Schutztruppe vor unerwünschten Blutsaugern in Eichenstedt bleiben durften, wenn sie das wollten.

»Und wenn er seine Wölfe hat, dann verlässt Klaus mit seiner Familie Eichenstedt. Ihr seht also, am Ende führt alles dazu, dass er verschwindet und die Stadt sicher ist. Genau das war und ist mein Plan. Es gibt keinen Grund, stinkig zu sein«, sagte ich zu den Salvatores.

»Doch, den gibt es«, sagte Damon ungewohnt grimmig. »Du hättest uns das alles sagen müssen.«

»Sie muss gar nichts«, unterbrach ihn Klaus, doch ich machte ihm klar, diese Unterhaltung allein führen zu wollen.

»Ihr hättet versucht, mich davon abzuhalten«, sagte ich.

»Natürlich hätten wir das! Wir sind deine Freunde, Maria und es ist unsere Pflicht, dich vor miesen Entscheidungen zu bewahren«, erwiderte Damon.

»Das verstehe ich. Aber dennoch bedeutet Freundschaft nicht, dass ihr Entscheidungen für mich trefft. Das muss ich immer noch alleine tun und das habe ich. Ich bin kein kleines Kind, für dessen Erziehung ihr verantwortlich seid, und ich bin auch kein Projekt, um irgendwelche Fehler eurer Vergangenheit reinzuwaschen. Ich muss meine eigenen Erfahrungen machen.«

»Das gelingt dir fabelhaft, wie du da jetzt sitzt, inmitten der Mikaelsons.«

»Inmitten meiner Freunde. Ja. Die Mikaelsons sind auch meine Freunde. Daran könnt ihr nichts ändern, Damon.«

Damon lachte höhnisch. »Freunde? Du kennst sie doch gar nicht. Du weißt nicht, wer sie wirklich sind. Sie benutzen dich doch nur.«

»Ich kenne euch genauso lange wie sie. Vielleicht sollte ich das Recht haben, selbst herauszufinden, wer wer ist und nicht nur einer Seite blind vertrauen. Ihr wisst, dass ich euch auf ewig dankbar bin, für eure Hilfe und Unterstützung. Aber ich bin kein kleines Kind, das an die Hand genommen werden muss. Falls sich das alles hier als Fehler entpuppt, kann ich nur mir allein daran die Schuld geben und ich werde damit umgehen können«, machte ich meinen Standpunkt lautstark klar.

»Wenn du das alles überhaupt überlebst« Damon trank einen großen Schluck Bourbon.

»Ich überlebe es unter Umständen so oder so nicht.«

Als ich das sagte, veränderten sich die verärgerten Gesichter der Salvatores schlagartig.

»Wovon sprichst du?«, fragte Stefan besorgt und verwirrt zugleich.

Jetzt musste sie ausgesprochen werden, die bittere Wahrheit.

»Ich bin kein einfacher Vampir. Ich bin eine Werwölfin. Auch ich bin durch diesen Fluch, den die Mikaelsons brechen wollen, daran gehindert, meine Wolfsform anzunehmen. Das ist auch der Grund, warum ich mich oft krank fühle und Schwächeanfälle habe. Die Werwolfseite in mir kämpft gegen die Verwandlung in einen Vampir an. Möglicherweise werde ich aus diesem Grund früher oder später endgültig sterben. Ob wir den Fluch nun brechen oder nicht und das ist nicht die Schuld der Mikaelsons.«

Nach einem kurzen bestürzten Schweigen fand Damon als Erster seine Worte wieder. »Aber wenn der Fluch gebrochen wird, dann stirbst du mit Gewissheit. Ohne das Blut der Doppelgängerin kann deine Verwandlung in einen Hybriden nicht abgeschlossen werden. Warum um alles in der Welt hilfst du dabei, diesen Fluch zu brechen? Du wirst sterben, Maria. Die Mikaelsons bekommen ihren Willen auf Kosten deines Lebens. Bis du denn völlig wahnsinnig!?«

Damon stand auf und Stefan gelang es gerade noch, ihn am Gehen zu hindern.

»Ob ich ihnen nun helfe oder nicht. Sie würden den Fluch so oder so brechen«, antwortete ich. »Ich bin nicht in der Lage, sie daran zu hindern. Ihr wisst das, da ihr sie ja so gut kennt.«

»Ja, sie werden alle Hebel in Gang setzten, um ihr Ziel zu erreichen, und dich damit umbringen! Einfach, weil es ihnen egal ist, was mit dir passiert. Wie kannst du diese Leute als deine Freunde bezeichnen? Ich versteh dich einfach nicht.« Damons Stimme klang brüchig. Er und Stefan sahen wirklich verzweifelt aus und sie taten mir unendlich leid.

Freya übernahm nun glücklicherweise das Wort und ich konnte einen Moment durchatmen. »Maria entstammt einer völlig anderen Werwolfslinie als Klaus und die anderen Wölfe, die ihr kennt. Ihre Linie – wir nennen sie die Harzer Werwölfe oder europäischen Werwölfe – geht sehr viel weiter zurück und wurde auf einer anderen Art erschaffen. Es ist nahezu ausgeschlossen, dass ihre Verwandlung auf irgendeine Weise mit dem Blut der Doppelgängerinnen verknüpft ist. Ich bin derzeit auf der Suche nach einer Möglichkeit, ihre Verwandlung abzuschließen, nachdem der Fluch gebrochen wurde«, erklärte sie. »Wir opfern sie nicht, geben sie nicht auf.«

»Das ist mir alles zu schwammig«, unterbrach Stefan Freya. »Das könnte alles und nichts bedeuten. Es könnte heißen, dass es ein anderes Mittel gibt, um Maria zu retten. Es könnte aber auch heißen, dass es kein Mittel gibt und sie entweder auf natürlichem Wege zur Hybridin wird oder sterben muss. Liege ich damit richtig?«

Freya nickte traurig. »Ich gebe nicht auf einen Weg zu finden, sie zu retten. Wir sind alle nicht glücklich mit dieser Entwicklung. Aber was geschehen ist, ist geschehen. Sie wurde bereits in einen Vampir verwandelt, bevor sie oder wir von ihrer Werwolfsidentität wussten. Ihr Schicksal wurde möglicherweise bereits am Tag ihrer Verwandlung besiegelt.«

Ich war überrascht von Freyas ehrlichen Worten und den Salvatores verschlug es die Sprache. Also übernahm ich wieder das Sprechen und lenkte das Gespräch einem anderen Thema zu.

»Egal, was mit mir sein wird. Im Moment wissen wir von mehreren Dutzend Menschen, die sich in Gefangenschaft einer Hexe befinden, deren Komplizen vor keiner Untat zurückschrecken. Sie ist unser gemeinsamer Feind, den wir gemeinsam bekämpfen müssen. Diese Leute sind Wölfe, genau wie ich. Ich kann sie ihrem Schicksal nicht einfach so überlassen.«

Dann sprach Klaus über unsere Vampirleichen im Keller und was wir über Walther und seine Crew erfahren haben. Wir erklärten, was es mit Lindas Großtante Edith auf sich hat und den Tauben, die uns beobachteten. Und wir sprachen letztlich auch über den Werwolfsgürtel, den wir zum Brechen des Fluches benötigten. Ich entschied mich allerdings dagegen, ihnen von den Plänen zu erzählen, Linda und ihre Großmutter als Geiseln zu nehmen, um Edith zu drohen und den Gürtel zu bekommen.

Stefan und Damon sagten während der ganzen Zeit nichts mehr.

Gar nichts.

Nachdem endlich alles gesagt worden war, verließen sie wortlos die Villa.

Darüber, ob dies ein gutes oder schlechtes Zeichen war, konnte ich nur mutmaßen. Vermutlich mussten sie all das erst einmal verdauen. Was ich nur allzu gut nachvollziehen konnte.

Kurz, nachdem die Brüder gegangen waren, ging auch ich nach Hause. Ich war traurig und erleichtert zugleich, dass Stefan und Damon endlich alles wussten. Die nächste Person, der ich das Herz auf diese Weise brechen musste, war meine Schwester Luisa. Aber das schob ich noch eine Weile auf.

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