»SIE WIRD'S NICHT MEHR LANGE MACHEN«
~15. März 2018 ~
LIEBES TAGEBUCH,
dieser Tag sollte ein wirklich entscheidender in meinem bisherigen Vampirleben werden. Die Ereignisse überschlugen sich, nachdem wir mitten in der Nacht aufgebrochen sind, um zu dem angeblichen Nachrichtentreffpunkt der Untergrund-Vampire zu gehen. Aber von vorn:
Es war sehr kalt in dieser Nacht. Viel lieber wäre ich zu dieser unchristlichen Zeit in meinem warmen weichen Bettchen gewesen. Stattdessen zog ich mit einem Haufen Vampire in ein Himmelfahrtskommando. Und ich hatte das ungute Gefühl, dass alle Anwesenden sich auf mich verlassen würden. Als wäre ich es, die hier die Entscheidungen treffen würde. Verdammt noch mal! So tief wollte ich nie in die ganze Sache hineingezogen werden.
Neben mir ging Elijah, der gerade etwas aus seiner Manteltasche zog. Holzpflöcke.
»Wir sollten auf alles vorbereitet sein, hast du gesagt«, sagte er, während er mir einige dieser vampirtötenden Waffen in die Hand drückte.
»Denkst du auch, dass es eine Falle ist?«, fragte ich ihn, während ich mir vorstellte, wie es sich wohl anfühlen musste, ein solches Ding direkt ins Herz gerammt zu bekommen.
»Es würde mich wundern, wenn es keine Falle wäre«, antwortete Elijah. »Seien wir doch einmal ehrlich, Maria. Ein handgeschriebener Zettel an einem geheimen Versteck, in Zeiten der mobilen und digitalen Kommunikation? Das erscheint mir doch recht weit hergeholt.«
Ich musste schmunzeln.
»Vielleicht hat Walther Angst vor der Handystrahlung?«
Nun mussten wir beide lachen.
»Sag ehrlich, Elijah. Ihr alle wisst, dass es eine Falle ist, habe ich recht?« Elijah hob vielsagend die Schultern. »Und dennoch kommt ihr alle mit. Nur, weil ich diese dämliche Idee hatte? Das erscheint mir weit hergeholt. Wieso hatte keiner von euch einen Einwand oder eine bessere Idee? Ihr habt doch allesamt viel mehr Erfahrung in solchen Sachen.«
»Eine andere Spur haben wir noch nicht. Wir greifen lieber jetzt an, als auf eine Nachricht von Rebekah und Kol zu warten«, antwortete der Urvampir im Maßanzug.
»Was ist mit Klaus? Ich habe das Gefühl, dass er seinem Ruf überhaupt nicht gerecht wird. Er ist so passiv. Aber was mich wirklich beängstigt ist, dass er mir so viel Verantwortung überlässt. Es ist doch seine Mission. Er kam hier her, um diese Werwölfe zu finden.«
Klaus ging mit Stefan und Damon ein paar Meter vor uns. Rodríguez führte unseren kleinen Trupp an.
»Du bist einer dieser Wölfe, Maria. Du bist hier die Werwolfkönigin.«
»Ach, hört doch alle mit diesem Unsinn auf! Ich bin gar nichts. Ich wollte nur verhindern, dass Klaus in Eichenstedt irgendeinen Blödsinn anstellt«, protestierte ich.
»Und das hast du überzeugend getan und ohne uns dabei den Krieg zu erklären. Du hast stets auf Vertrauen und Respekt gepocht und nicht auf Weißeiche.« Elijah musste wieder schmunzeln. »Mein Bruder akzeptiert nur selten, ach, sagen wir so gut wie nie eine andere Autorität neben sich selbst. Aber er ist schon seit einer Weile nicht mehr der, der er noch vor ein paar Jahren war. Er scheint in dir ein Potenzial zu sehen und schickt dich durch die harte Ausbildung zur Anführerin. Eine Lektion hast du bereits bei der Sache mit Freya gelernt und du hast ein Resümee daraus gezogen. Sonst würden wir jetzt nicht bewaffnet und auf alles vorbereitet in diese Falle laufen.«
Diese Worte musste ich erst mal verarbeiten. Ich? Eine Anführerin? Was für ein geschwurbelter Schwachfug!
»Das alles habe ich nie gewollt«, sagte ich traurig. »Ich wünschte manchmal, dass der Baum mich entweder gar nicht oder richtig erschlagen hätte.«
»Sag so was nicht. Ich kann dir versichern, es gibt auch genauso viele, die letztlich an solch einer Situation zerbrechen. Vor allem, wenn mein Bruder darin involviert ist. Du jedoch behältst dein fröhliches Gemüt und deinen Glauben an das Gute. Ich bin mir sicher, dass du noch über dich hinauswachsen wirst.«
Ich war ganz ergriffen von so viel Zuspruch von einem Tausend Jahre alten Urvampir. Gleichzeitig musste ich an Stefans Worte denken. Vielleicht lief ich wirklich in eine Falle? Nicht nur heute, sondern die ganze Zeit? Waren diese Schwüre am Ende nichts als Taktik, um mich bei Laune zu halten? Habe ich mir mit den Mikaelsons wirklich die richtigen Verbündeten ausgesucht? Die richtigen Freunde? Beschwor ich am Ende vielleicht das Unheil, dass ich verhindern wollte erst herauf?
Nach einer Weile erreichten wir die Hexenwarte und ich konnte endlich aufhören zu grübeln.
»Ich war hier sehr oft als Kind. Ich hätte nie gedacht, dass ich mal auf einer Vampirmission mitten in der Nacht herkommen würde«, sagte ich mehr zu mir selbst.
Wir suchten die gesamte Gegend ab, ob sich bereits jemand auf die Lauer gelegt hatte. In der Tat lagen dort ein paar Vampire herum. Oder zumindest Teile von ihnen.
»Wen haben wir denn hier?«, fragte Damon, als er einen abgetrennten Kopf in die Höhe hielt.
»Jakob!«, rief Rodríguez entsetzt. »Er war hier zur Wache eingeteilt und sollte auf die beiden Hexen im Turm aufpassen.«
»Also ist das alles hier Kols Werk?«, fragte ich wenig überrascht.
Damon legte den Vampirkopf zurück ins Gebüsch.
»In der Tat. Das sieht unserem kleinen Bruder ähnlich. Und wir müssen wieder hinter ihm aufräumen«, gab mir Klaus recht und grinste.
»Ich finde das gar nicht lustig! Hier gehen Familien spazieren. Wenn jemand die Leichen gefunden hätte!« Ich war enttäuscht von dieser Nachlässigkeit.
»Ganz ruhig, Liebes. Wir werden die Vampire angemessen bestatten.« Klaus schien sich über mich zu amüsieren.
»Lach du nur. Dir kann es ja egal sein«, fauchte ich ihn an.
»Glaub es oder nicht. Es ist mir nicht egal, denn am Ende schiebt es jemand wieder mir in die Schuhe«, rechtfertigte sich Klaus.
»Dann fang an, dich etwas mehr um diese Sache zu bemühen. Um deine Sache, by the way. Warum bin ich diejenige, die sich hier um alles und jeden Sorgen macht und die Sache in die Hand nimmt?«
»Du machst das doch ganz gut bis jetzt. Du scheinst jedoch eine Vorliebe für Fallen zu haben.« Klaus grinste sein Klausgrinsen und bracht mich damit beinahe zur Weißglut.
Von wegen Werwolfskönigin. Er behandelte mich eher wie einen Welpen, der so tut, als wäre er schon ein großer Wolf.
»Dann lasst uns keine Zeit mehr verlieren. Verstecken wir diese verfluchte Nachricht und warten, wer uns gleich besuchen kommt.« Noch während ich das sagte, hörte ich ein Geräusch aus dem Wald.
»Und was machen wir dann? Ein nächtliches Picknick?«, fragte Klaus provozierend.
So langsam hatte ich das Gefühl, er hat Freude daran, wenn ich mich aufrege.
Blödian.
»Lass dich überraschen. Ich lerne doch vom Besten, nicht wahr?«, antwortete ich tough und versuchte, sein Grinsen zu imitieren.
Gerade als er etwas entgegnen wollte, sah ich einen Schatten hinter ihm auftauchen und schleuderte in Rekordgeschwindigkeit einen der Holzpfähle los. Der Wurf saß. Vor uns stand ein unbekannter Vampir, der uns offenbar belauscht hatte. Nun wurde er grau und schrumpelig im Gesicht und fiel in sich zusammen.
»Und du lernst gut«, sagte Klaus verblüfft.
»Leute, bereit machen! Wir bekommen Besuch!«, wies ich die restliche Truppe an und zog einen weiteren Pfahl hervor.
Es dauerte nicht lange, bis weitere Vampire aus den Büschen gekrochen kamen.
»Rod, du Nasenbär! Du hast uns doch in eine Falle gelockt«, keifte Damon sofort unsere spanische Geisel an.
Diese guckte dumm aus der Wäsche. »Nein. Nein, ich habe euch in keine Falle gelockt«, sagte Rod und klang glaubhaft.
»Hast du doch, Rody-Boy. Du warst schon immer der Schwachkopf unter uns.« Einer der fremden Vampire trat hervor. »Hast du diesen Quatsch mit der geheimen Nachrichtenübergabe wirklich geglaubt? Wie dumm bist du eigentlich? Wir alle haben jeweils mindestens ein Handy und Internetverbindung. Ich bitte dich, Rod.«
Elijah und ich tauschten amüsierte Blicke aus, als wir das hörten und an unser vorausgegangenes Gespräch dachten. Rod jedoch sah aus, als wäre er auf einem fremden Planeten gelandet.
»Willst du damit sagen, dass ich tagelang umsonst mitten in der Nacht hierhergekommen bin, Dennis? War ich der Einzige, der das gemacht hat?«
Die Vampire um uns herum fingen alle an, laut zu lachen.
»Wow, er hat es gerafft. Besser spät, als nie, was Rody-Boy? Ich wusste sofort, dass unser Plan aufgegangen ist, als wir dich am Abend nicht in deinem Stammchinesen gesehen haben«, tönte dieser Dennis.
»Chinese? Ich dachte, er wäre Spanier?« Damons dämlicher Kommentar blieb zum Glück unbeachtet.
»Rod, mein Junge. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie dich Dumpfbacke einfangen würden. Walter wusste das.« Der große blonde Vampir mit den schwarzen Schuhen spottete weiter über Rodríguez. »Du würdest ihnen diesen Unsinn so glaubhaft verklickern, dass sie genau in unsere Falle laufen. So gesehen hat deine Hohlköpfigkeit doch etwas Nützliches.« Lachend wendete sich der Unsympath an seine Leute. »Los, liefern wir Walther ein paar Urvampirköpfe!«
Die scheinen wirklich zu denken, dass sie eine Chance hätten. Es hatte fast schon etwas Tragikomisches.
»Dann versucht doch euer Glück!«, rief Klaus und lies seine goldgelben Werwolfsaugen aufblitzen.
Der Kampf begann.
Aus allen Winkeln sprangen weitere Vampire herbei, um sich an unsere morgendliche Prügelei an der Eichenstedter Hexenwarte zu beteiligen. Ein Gewimmel war das! Es flogen Holzpfähle, Äste und Zweige durch die Gegend. Als alle hölzernen Waffen verbraucht waren, musste man mit den von der Natur gegebenen vorliebnehmen. Am besten schlugen sich die Urvampire, allen voran natürlich mein werter Herr Erschaffer, der seine Werwolfsseite voll auslebte und einen Vampir nach dem anderen zur Strecke brachte. Doch auch Damon schlug sich wacker durch die grimmige Masse.
Nur ich hatte so meine Probleme. Ich war die Jüngste und nach wie vor plagten mich gesundheitliche Einschränkungen. Immer wieder wurde mir für einen Augenblick schwarz vor Augen und ich bekam höllische Kopfschmerzen. Noch nie hatte ich mir so sehr gewünscht, bereits ein Hybrid zu sein. Aber auch Hemmungen hielten mich zurück. Töten war und blieb etwas Schreckliches, auch, wenn es sich hierbei um fiese Vampire handelte, die streng genommen bereits tot waren. Klaus' Darbietung schindete allerdings durchaus Eindruck bei mir. Ihn zu beobachten war fast so, als würde man nur einen Sportwettkampf ansehen, so leicht ging ihm dieses Gemetzel von der Hand. Nur mit mehr Blut und widerlichen Geräuschen, versteht sich. Zu allem Überfluss kam nun der große semmelblonde Obervampir ausgerechnet auf mich zu und lenkte mich von meinem Meuchelvoyeurismus ab.
»Ihr werdet uns sofort sagen, wo Freya ist!«, schrie ich ihn sofort an und betete, dass er mich nicht angreifen würde, wenn ich ihn erst mal in ein Gespräch verwickelt hätte.
Er schaute nur herablassend.
»Wer? Ach so, die kleine Hexe. Zierliches Ding. Sie wird's nicht mehr lange machen«, entgegnete er mir schließlich arrogant und schnalzte mit der Zunge.
Ich fühlte einen Stich im Herzen.
»Was habt ihr Freya angetan?!«, schrie ich weiter und malte mir die schlimmsten Szenarien aus, in der die arme Freya gerade stecken könnte.
»Halt endlich die Klappe, Hybridenschlampe«, brüllte er mich an und schleuderte mich mit voller Wucht gegen einen Baum.
Als ich gerade wieder etwas zur Besinnung kam, stand er auch schon über mich gebeugt und holte zum Schlag aus. Ich hörte schon die Englein singen, da brach er plötzlich keuchend in sich zusammen und seine Haut verfärbte sich grau. Erneut war es Klaus, der das Schlimmste verhinderte und das herausgerissene Herz des Lulatschs in der Hand hielt.
»Das nächste Mal gibst du einen aus«, sagte er mit einem Augenzwinkern.
»Mach ich. Danke, Klaus«, antwortete ich erleichtert lächelnd.
Mein Retter half mir auf, während um uns herum die letzten Angreifer zu Boden gingen. Wir alle sahen furchtbar aus. Unsere Sachen und Gesichter waren blutgetränkt. Und zum ersten Mal war ich froh, dass ich kein Engelchen mehr unter den Vampiren war. Hätte ich nicht diese gewissen dunklen Vibes und ein wenig Training in der Disziplin Herzextraktion, hätte ich bei diesem Kampf deutlich schlechter abgeschnitten.
Diese erste kleine Schlacht schien ein gutes Ende genommen zu haben, bis ...
»Verdammt, wo ist mein kleiner Bruder?«, ... sich Damon panisch umsah.
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