»DU WOLLTEST DEINE STADT VOR IHNEN BESCHÜTZEN!«

»FREYA HAT MIR BEREITS von dieser Cami erzählt«, sagte ich zu Rebekah, als wir die Hexenküche verließen. »Sie war auch eine Freundin von Klaus. Und er hat sie auf tragische Weise verloren. So schlecht kann er doch nicht sein, wenn ihn das so mitgenommen hat damals«, sagte ich und blickte betrübt zu Boden.

Rebekah schaute mich mitleidig an. »Das ist so süß, dass du versuchst, selbst in solch verdammten Geschöpfen, wie wir es sind, etwas Gutes zu sehen. Freya hat mir schon erzählt, dass du so drauf bist«, erfuhr ich von der Urvampirin. »Cami hat damals auch versucht, das Schlechte auszublenden. Wiederum war es genau das, was sie angezogen hat. Weißt du, sie war nicht nur eine Freundin von Nik. Sie war seine Freundin«, erzählte Rebekah und schien auch traurig über ihren Tod zu sein.

»Oh, das wusste ich nicht. Das ist ja noch schlimmer«, sagte ich betroffen.

»Zuvor haben wir unseren ältesten Bruder Finn durch dasselbe Übel verloren«, berichtete Rebekah weiter. »Wir galten als die mächtigsten und unbesiegbarsten Kreaturen auf diesem Planeten. Es hat uns damals ganz schön aus der Bahn geworfen, einmal selbst wehrlos einem Feind gegenüberzustehen. Das hat jeden von uns verändert, denke ich. Und wie du weißt, müssen wir jetzt nicht nur unsere eigene Haut retten, sondern auch die kleine Hope beschützen. Sie ist unser aller Liebling.« Rebekah lächelte sanft.

Ich nickte stumm.

»Nik will stets über alles die Kontrolle haben. Es macht ihn wahnsinnig, wenn sich etwas seinem Einfluss entzieht.«

»Ich weiß, Rebekah«, sagte ich schließlich. »Deshalb musste ich ja diesen Kompromiss mit ihm und eurer Familie eingehen. So haben wir beide die Kontrolle. Er über diesen ganzen Werwolfskram und ich über das, was ihr Vampire hier in meiner Heimatstadt anstellt.«

»Und schon bist du mitten drin im Mikaelson-Universum. Ich glaube nicht, dass man dich dazu beglückwünschen kann, Maria.« Rebekah lachte und klopfte mir auf die Schulter.

»Ach, bis jetzt kann ich mich eigentlich nicht beklagen«, sagte ich grinsend.

Unsere Unterhaltung wurde von Hayley unterbrochen, die ausrichten ließ, dass Hope gerne mit mir malen möchte. Als ich in Klaus' Atelier kam, bot sich mir ein sehr putziges Bild.

Papa-Urhybrid saß friedlich mit seiner kleinen Tochter am Tisch und malte gemeinsam mit dem Kind bunte Bilder.

Das glaubt mir doch niemand!

»Tante Maria!«, begrüßte mich die kleine Hope freudestrahlend. »Setz dich her und mal mit uns!«

Diesem breiten Kindergrinsen konnte ich wohl schlecht einen Wunsch ausschlagen.

»Was malst du denn am liebsten?«, wollte Hope von mir wissen.

»Also eigentlich male ich am liebsten Dinosaurier. Kennst du einen Dino?«, antwortete ich.

»Ja! Einen mit 'nem langen Hals und einen mit scharfen Zähnen. Papa hat auch scharfe Zähne. Aber nur manchmal.« Hope grinste ihren Papa an, der verlegen auf sein Blatt Papier schmunzelte.

Dann fingen wir drei an, Dinosaurier zu malen. Am Ende mussten sich die beiden Mikaelsons eingestehen, dass ich Dino-Nerd den besten Saurier gezeichnet hatte.

»Dein Dino ist aber auch sehr schön geworden«, munterte ich die kleine Hope auf.

»Papa ist so alt, der hat bestimmt noch echte Dinos gesehen«, sagte Hope trocken und nickte voller Gewissheit.

»Ich glaube, ganz so alt ist dein Papa dann doch nicht«, antwortete ich ihr und musste mir das Lachen verkneifen.

Mir schossen sofort Bilder in den Kopf, die Klaus als Urzeitmenschen zeigten. Mit Fell bekleidet und einer Keule in der Hand. Er rettet sich in eine Höhle, um mit Hope und Hayley darin Schutz zu suchen, doch der Dinosaurier kommt immer näher und so muss sich Klaus in einen riesigen Werwolf verwandeln und das Biest vertreiben.

»Dinosaurier gab es lange vor den ersten Menschen«, klärte Klaus seine fünfjährige Tochter auf und holte mich aus meinen wirren Tagträumen zurück.

»Erzählst du mir trotzdem was über Dinos, Papa?«

»Aber erst, wenn du dir die Zähne geputzt hast und brav ins Bettchen gehst.«

Hope flitzte sofort los und freute sich auf eine dinomäßige Gutenachtgeschichte. Wie rührend. Klaus als Muster-Vater!

»Ich schätze, ich muss bei dir Dinosaurier-Nachhilfe nehmen«, flüsterte Klaus mir zu, als Hope gerade aus dem Zimmer was und schaute sich meine Zeichnung etwas neidisch an.

»Nichts leichter als das! Soll ich beim nächsten Mal ein paar meiner Bücher mitbringen?«, fragte ich und fühlte mich voll in meinem Element und vergaß glatt, dass ich nicht einen meiner jugendlichen Kollegen vor mir hatte.

Klaus nickte zwar, aber er schien in Gedanken bereits wieder bei unserem Hexen-Werwolf-Problem zu sein. Wie konnte ich nur denken, dass ich an diesem Tag nicht mehr damit konfrontiert wurde?

Resigniert schloss ich mich diesem leidigen Thema ebenfalls an und wartete mit unerwartet finsteren Plänen auf.

»Wenn diese Edith tatsächlich so gut über uns und unsere Pläne Bescheid weiß und vielleicht sogar im Besitz dieses Gürtels ist, den Freya zum Brechen des Fluches benötigt, dann brauchen wir etwas, um sie aus der Reserve zu locken.«

Klaus schaute aufmerksam auf.

»Ein Druckmittel«, sagte ich abschließend.

»Und an was denkst du da konkret?«

»Glaubst du, Edith hängt mehr an diesem Werwolfsgürtel oder an ihre eigene Familie?«, fragte ich und hob erwartungsvoll die Augenbrauen.

Klaus schaute mich verwirrt an. »Du willst Linda und ihre Großmutter als Druckmittel benutzen?«, fragte er erstaunt.

»Ich weiß, so was passt eigentlich nicht zu mir. Aber es ist immer gut, zu wissen, wo die Schwachstellen des Feindes liegen, und in diesem Fall haben wir etwas gegen sie in der Hand. Sie bedrohen uns, also drohen wir zurück. Sie denken, dass sie uns einen Schritt voraus wären. Aber wir haben längst aufgeholt ohne, dass sie es bemerkt haben«, erklärte ich.

Ein fieses Funkeln blitzte in den Augen des Urhybriden auf.

»So etwas Gemeines hätte ich dir ja gar nicht zugetraut, Maria. Ich dachte, Linda wäre deine Freundin?«, fragte Klaus und grinste dabei gemein.

»Flüchtige Bekannte trifft es schon eher. Wir wollen sie ja nicht gleich töten. Eine schicke altmodische Geiselnahme hat doch auch ihren Reiz«, sagte ich mit einem Augenzwinkern.

So langsam war es wohl nicht mehr abzustreiten. Ich befand mich im Sog zur dunklen Seite der Macht. Darth Niklaus schien jedenfalls ganz begeistert von dieser Transformation zu sein.

»Ich hätte nie gedacht, dass wir tatsächlich einmal so gut zusammenarbeiten würden. Entschuldige, dass ich je an dir gezweifelt habe.«

»Ich hab ja selbst gezweifelt«, gestand ich. »Ich wusste von Anfang an nicht, was das Richtige ist. Auch heute noch nicht, wenn ihr ehrlich bin. Aber irgendetwas müssen wir tun, um Schlimmeres zu verhindern. Was ist, wenn wir es irgendwann mit einer ganzen Hexenarmee aufnehmen müssen? Da können wir nicht sentimental sein. Wer weiß, wozu die fähig sind?«

Klaus' fragender Gesichtsausdruck irritierte mich etwas.

»Armee? Wie kommst du denn auf diese Idee?«, fragte er, während er sich einen Bourbon eingoss.

»Ähm, na ja. Freya meinte doch, dass es ursprünglich sechs Hexenzirkel waren, die den Fluch über die Werwölfe gelegt haben. Was ist, wenn die alle noch praktizieren und sich ihr damaliges Wunderwerk von uns nicht einfach so zerstören lassen wollen und stattdessen uns ebenfalls mit einem Fluch belegen, also euch. Ich bin ja schon verflucht. Sie könnten auch den entführten Werwölfen etwas antun oder –«

»Ganz ruhig, Liebes«, unterbrach Klaus meinen Fluss an Pessimismus. »Um ehrlich zu sein, bin ich nach der Info, dass wir diesen Gürtel brauchen, ausgestiegen. Ich konzentriere mich auf das Ist und nicht das Was-Wäre-Wenn. Aber trotzdem schön, dass du bereits vorausdenkst. Wir könnten tatsächlich ein gutes Team werden. Auch einen Bourbon?«

Ich schüttelte verneinend mit dem Kopf. Klaus akzeptierte das, ließ den Blickkontakt zu mir allerdings nicht abbrechen und trat näher an mir heran, was mir irgendwie ein wenig unangenehm war. Ich weiß auch nicht warum.

Doch ehe ich darüber nachdenken und wir unsere fies-finsteren Pläne vertiefen konnten, wurden wir jäh unterbrochen, als plötzlich jemand im Raum stand, mit dem wir niemals gerechnet hätten:

Stefan Salvatore.

»Klaus!«, brüllte er quer durch den Raum und ich huschte schnell ein paar Meter von meinem Erschaffer weg.

Aber Stefan hatte längst gesehen, dass wir miteinander geredet haben und, dass es kein Streitgespräch oder Ähnliches war.

Gleich brennt die Luft.

»Maria, was machst du hier? Hatte ich gestern also recht? Verheimlichst du Damon und mir irgendetwas? Hat das mit den Mikaelsons zu tun?« Stefan war not amused und es schien nun bald der Zeitpunkt zu kommen, an dem ich mit meiner Geheimniskrämerei aufhören musste.

»Stefan, mein Freund. Sei unbesorgt. Wir malen zusammen Dinosaurier. Alles ganz friedlich. Los, nimm dir auch ein Blatt und einen Stift und zeig uns, was du drauf hast!« Klaus versuchte, die Situation herunterzuspielen, und zeigte Stefan grinsend unsere kleinen Kunstwerke.

Doch Stefans Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass er darauf nicht hereinfiel.

»Es gibt wichtigere Dinge, als Bildchen zu malen. In der Stadt streifen zwei Vampire herum. Sie waren dabei, jemanden gnadenlos auszusaugen. Ich konnte Schlimmeres gerade so verhindern«, berichtete Stefan schwer atmend. »Einer von den beiden behauptete, im Auftrag von Klaus Mikaelson zu arbeiten, um die Stadt in Unruhe zu versetzen. Dann verschwanden sie in die Dunkelheit.«

»Und du schenkst diesen dahergelaufenen Möchtegerns natürlich Glauben«, sagte Klaus schmunzelnd. »Wer sonst könnte so böse sein und solche grauenhaften Befehle erteilen, wenn nicht der grausame und finstere Klaus Mikaelson?«

Auch wenn ich es nicht wollte, aber auch ich musste schmunzeln. Denn ich wusste es schließlich besser. Stefan stand da und schaute ernster als eh und je und ich hatte Angst, dass jeden Moment seine Heldenfrisur explodieren könnte.

»Ich habe sofort versucht, dich anzurufen, Maria. Aber du bist nicht ans Telefon gegangen und dann finde ich dich ausgerechnet hier, in gemütlicher Runde mit ihm?« Stefan war entsetzt.

»Ja, hier bin ich«, antwortete ich und ging einen Schritt auf ihn zu. »Und ich kann dir vergewissern, dass Klaus mit diesem Vorfall nichts zu tun hatte. Das gilt auch für die beiden Vorfällen davor.«

»Und das glaubst du diesem Mistkerl?« Stefans Enttäuschung war nicht zu übersehen. »Hat er dich manipuliert oder was? Welche Lügen hat er dir noch eingetrichtert? Hast du dich deshalb von uns abgewandt? Hat er dich gegen Damon und mich aufgehetzt? Ich dachte, du wolltest deine Stadt vor ihm und seiner Familie beschützen und dich ihnen nicht anschließen!«

»Das tue ich«, antwortete ich bestimmt. »Genau deshalb bin ich hier.« Endlich gab es mal jemanden außer mir, der nur Bahnhof und Bratkartoffeln verstand.

»Du solltest von ihm fern bleiben! Ich verstehe dich nicht, Maria.« Stefan tat mir mehr und mehr leid, aber ich war irgendwo auch erleichtert, dass die Geheimnistuerei ein Ende fand.

»Klaus, wir sollten die beiden einweihen. Es ist nicht richtig, sie weiter in Unwissenheit zu lassen«, schlug ich vor.

Ich wusste, sie würden nicht begeistert sein, aber je länger sie in Unkenntnis blieben, desto schlimmer würde es werden, wenn sie eigene Nachforschungen anstellten.

Klaus nickte zustimmend und schlug ein Treffen zwischen den Salvatores und Mikaelsons vor, um endlich alles aufzuklären.

»Vertraut mir einfach, Stefan. Ich habe euch nicht verraten. Es ist alles ganz anders, als ihr denkt«, versuchte ich Stefan zu besänftigen.

Dieser blieb stur und würdigte mir keines Blickes.

»Wir kommen morgen Abend her und hören uns an, was ihr zu sagen habt«, sagte er schließlich und verließ stumm den Raum.

»So sei es«, antwortete Klaus und schenkte sich einen weiteren Bourbon ein.

Ich musste das alles erst mal verdauen und entschloss, ebenfalls nach Hause zu gehen. Zuvor verabschiedete ich mich noch von der kleinen Hope, die mir versprach, fleißig Dinosaurier zeichnen zu üben.

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