Call me Super, Baby!
ONC Beitrag von ChanandrewS
***
Was, wenn ein Baby plötzlich die Initiative ergreift? Diese witzige Ausgangslage ist der Grundstein für eine höchst unterhaltsame Geschichte. Das namenlose Baby - es ist einfach nur 'Baby' - hat bereits eine beachtliche Fangemeinde - ich gehöre definitiv dazu!
***
Die Geschichte beginnt in der Liege, das Baby ärgert sich, hilflos dazuliegen. Sehr schnell bemerke ich, mich in einer Welt von Superhelden zu befinden. Da ist die Rede von Umhängen, Augenbinden, Mützen und Superkräften. Es gibt die Guten - das sind die drei Brüder des Babys - und natürlich einen Schurken, den man nur als 'The Brain' kennt.
Was mit einem internen Wettstreit zwischen den Brüdern und ihrer Baby-Schwester beginnt, artet bald in einen Kampf ums Überleben, in den Endkampf um die Vorherrschaft in der Stadt, aus. Erst der Einsatz einer Geheimwaffe kann die Sitation entschärfen. Witzig daran ist, dass die Brüder bis zum bitteren Ende nicht bemerken, dass Super-Baby den Kampf angezettelt hat.
Nebenbemerungen & Parallelen
'The Brain' kenne ich aus einem Film mit Jean-Paul Belmondo; 1969 'Le Cerveau' - in Deutschland bekannt unter dem Titel 'Das Superhirn', oder eben 'The Brain', wie der Titelsong. David Niven in einer Paraderolle neben Belmondo.
Den Laserblick erkenne ich aus der 'X-Men'-Reihe, wie auch den Helm des Schurken; die Bezeichnung 'Lord Helmchen' allerdings stammt aus der Komödie 'Spaceballs' aus dem Jahre 1987.
Den frostigen Atem und einige andere Kräfte sowie Beschreibungen lassen mich immer wieder an die 'Incredibles' denken. Insebsondere auch der Umstand, dass die Mutter und ihre Freundin ehemalige Superheldinnen sind.
All das hier habe ich ohne Recherche erkannt - einfach, weil ich die Filme kenne und sie allesamt in meiner Videothek stehen. Für mich war der Lesegenuss dementsprechend vielschichtig, Dauergrinsen und 'Weißt-du-Noch"-Gesicht begleiteten mich durch die Geschichte. Baby - danke für die sehr unterhaltsame Reise.
Handlung & Sprache
Als Slapstik, als Kindergeschichte und als pure Unterhaltung ist die Geschichte herrlich getroffen. Die Handlung ist etwas arg vorhersehbar, was den Lacheffekt aber nicht mindert. Ich hätte mir indes noch etwas mehr von der Mutter erhofft. Die Geheimwaffe, die ich hier nicht näher deuten will, war mir dann doch etwas zu flach; obwohl sie ihre Wirkung hatte. Die Mutter könnte als Charakter ausgebaut werden; sie bietet Potenzial.
Sprachlich müsste die Geschichte überarbeitet werden. Mir sind viele Wiederholungen aufgefallen. Auch in der Zeichensetzung hätten wir etwas Arbeit, vor allem in Bezug auf die Darstellung der wörtlichen Rede in Abgrenzung an die Gedanken. Aber das wäre dann die Aufgabe des Setzers.
Als Lektorin hätte ich, wie erwähnt, die eine oder andere Anmerkung bei der Wortwahl oder in der Satzstellung. Wir müssten auch einzelne inhaltliche Lücken füllen oder zu stark gedehnte Stellen einkürzen (beispielsweise die 'Nein-Doch'-Debatte.) Die Sprache ist aber größtenteils korrekt und dem Inhalt angelehnt; einfach, süffig, passend.
Genial gemacht sind die Gedanken des Babys. Sie (= es) regt sich über den Brei auf, sie nervt sich über die Baby-Sprache und sucht immer wieder ihren Schnuller. Da spürt man die Erfahrung einer Mutter (also einer echten Superheldin) und hört das Baby neben ihr quieken. Die Duftwolke der vollen Windel lullt mich ein. Ich habe keine Ahnung, ob du, liebe Chanandrew selbst Mutter bist oder woher du diese Erfahrung nimmst - aber ich kaufe dir jedes Wort davon ab!
Dass Baby sehr erwachsen denkt und spricht gefällt mir ebenfalls sehr gut. Diese Idee könnte weiter ausgebaut werden. Sie könnte zu einem erweiterten Publikum führen. Selbstverständlich gibt es Probleme mit der Kommunikation - die älteren Menschen können Baby nicht verstehen. Sehr gut gemacht.
Insgesamt zeichnet sich die Geschichte durch einen lockeren, flüssigen Schreibstil aus. Das unterstützt die Unterhaltung und den Lesegenuss. Im Liegestuhl konnte ich die verwunderten Blicke anderer Menschen genießen, immer dann, wenn ich laut habe lachen müssen.
Fazit
Für mich gehört die Geschichte bestimmt auf die Longlist; mit Chancen für die Shortlist. Wir wissen nun aber, dass es nicht so kam. Ich versuche, mich in die Köpfe der Juroren reinzudenken. Ich könnte mir vorstellen, dass die vorhersehbare Handlung, die vielen Anlehnungen an bekannte Geschichten oder die Sprache dazu geführt haben, dass Baby nicht auf die Listen krabbelte. Sehr schade; ich hätte ihr gerne den Schnuller gereicht und einen fetten Sticker auf den Kinderwagen geknallt.
Von mir erhält die Geschichte aus den oben erklärten Gründen vier Sterne. ⭐️⭐️⭐️⭐️
Worte an die Autorin
Ey, lass den Kopf nicht hängen. Du hast eine herrliche Geschichte ausgedacht und sie gestaltet, geschrieben und durchgezogen. Das verdient großen Respekt; vor allem in Anbetracht deiner Bemerkungen im Schlusswort. Dein Erstling? Come on - was ist mit den anderen sechs Büchern auf deinem Profil? Du. Schreibst. Richtig. Gut. Und lass dir von niemandem etwas anderes einreden. Gib dem Baby noch etwas Brei und es wird zukünftige Wettbewerbe pulverisieren oder mit Popcorn zupappen und in Zuckerwatte wickeln. Ich wünsche dir ebenso viel Spaß beim Schreiben, wie wir beim Lesen hatten. Vielen Dank für die coole Geschichte!
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top