9. Allein
Inzwischen war ein ganzer Monat vergangen. Mit den anderen Jungen verstand Kazutora sich ganz gut, auch wenn er immer noch großes Misstrauen gegen alle hegte, aber es war schon wesentlich besser geworden.
Wäre Mikey nicht würde er sich auf jeden Fall wesentlich wohler fühlen und sogar vielleicht eine Bindung mit den Freunden von Baji eingehen, auch wenn es ihn sehr große Überwindung kosten würde.
Grade erst hatte Mikey wieder alle durch die Gegend befehligt, dass sie jetzt etwas essen gehen in der Imbissbude, in der sie desöfteren waren.
Schweigend saß Kazutora hinter Baji auf dessen Motorrad und murmelte etwas unverständliches vor sich hin.
„Was ist los, Kazu?", fragte Baji ihn behutsam, da er merkte, dass Kazutora schon wieder so überdimensional ruhig war.
Die Andern waren grade mal nicht in Hörweite, da sie auf ihren Motorrädern etwas hinter den beiden Schwarzhaarigen fuhren.
Tatsächlich kam es seit sie in der Mittelschule waren, selten vor, dass Baji und Kazutora mal etwas alleine machten ohne die anderen vier dabei zu haben.
„Nichts", murmelte der Junge hinter ihm nur.
Grade als Baji wieder ansetzen wollte etwas zu sagen, wurde er unterbrochen.
„Hey Baji! Wer hat dir erlaubt, mich zu überholen?!", maulte Mikey ihn von seiner linken Seite an, der auf seinem Moped eindeutig der langsamste war, aber dennoch immer wieder aufs neueste verlangte, dass keiner vor ihm fuhr.
Abwertend warf Kazutora ihm einen gehässigen Blick zu, ohne, dass es einer der anderen Jungen hätte sehen könnte.
„Selber Schuld, wenn du so langsam bist", knurrte Baji den Blonden an, verlangsamte aber dennoch sein Tempo, bis er wieder hinter Mikey neben seinen Freunden fuhr.
„Keiner darf mich überholen, kapiert?!", machte es Mikey nochmal der ganzen Gruppe klar und rief dabei laut über die heulenden Motoren über.
„Ja, Mikey!", antworteten alle nur im Chor und fuhren weiter.
*Was ein arroganter Arsch*, murrte Kazutora in seinem Inneren über das Verhalten des Blonden, der mal wieder dachte er wäre der Herrscher der Welt.
*Mikey ist einfach genau wie er! Er ist genau wie Vater!*
Als sie endlich in der Imbissbude ankamen bestellte sich jeder etwas zu trinken, nur Pah bestellte sich Burger und Mikey wie immer sein Kindermenü.
*Wenigtens schläft er danach*, freute sich Kazutora, da das dann so gut wie die einzige Möglichkeit war mit den andern etwas Kontakt aufzubauen ohne, dass dauernd Mikey seinen Senf dazu geben würde.
Im Grunde genommen mochte er die Jungs auch wahnsinnig gerne, nur Mikey war immer wieder aufs neueste ein Problem, weshalb er sich nie wirklich wohlfühlte.
„Wieso ist da keine Flagge in meinem Kindermenü?!", schrie wer auch anderes als der Blonde quer durch den Laden.
Fassungslos blickten seine Freunde ihn an.
*Was macht der schon wieder für nen Aufstand?*, seufzte Kazutora innerlich, der wirklich jeden Tag etwas an Mikey fand was ihn noch mehr nervte.
„Is doch egal", sagte Draken schulterzuckend und versuchte Mikey so zu beruhigen.
„Nein, ist es nicht! So kann ich das nicht essen!", beschwerte er sich lautstark und stand ruckartig auf. „Ich geh nach Hause".
„Mensch Mikey, jetzt warte doch mal!", rief Pah ihm nach.
„Nein!", schmetterte der kleine Junge nur die Worte zurück und verließ den Laden.
Seufzend standen Pah, Mitsuya und Draken auf um ihm nachzugehen.
„Ich verstehs nicht warum hängt ihr dauernd mit nem Kerl wie ihm rum? So wie er euch behandelt, seid ihr nicht seine Freunde, sondern eher seine Handlanger und Diener", erhob Kauutora nun zum ersten Mal überhaupt das Wort gegen Mikey, da er es bei weitem nicht verstand wie man sich nur freiwillig die ganze Zeit so erniedrigen lässt von so einem Wichtigtuer.
Mit finsterer Mine drehten sich die drei Jungen zu dem Schwarzhaarigen um.
„Hey Kazutora!", motzte ihn jetzt auch Baji von seiner rechten Seite lautstark an und warf ihm einen warnenden Blick zu.
„Ist schon ok, Baji, wenn er meint, dann bin ich eben gerne sein Handlanger", antwortete Draken ruhig.
„Ich weiß nicht was du über Mikey denkst, aber wir hängen alle gerne mit ihm rum. Auch wenn du Baji's bester Freund bist, wenn du hier einen Streit auslöst, dann werde ich nicht zögern mich gegen dich zu stellen", betonte Mitsuya seine Worte ruhig und verließ dann mit den Beiden andern den Laden.
*Zum Teufel mit euch*, knurrte Kazutora in seinem Inneren, der immer noch nicht verstand was in den Köpfen der Andern kaputt war.
„Man Kazu, was sollte das?", schnaubte Baji ihn vorwurfsvoll an.
„Das fragst du mich? Frag das mal lieber Mikey", brummte der Ältere der Beiden. Schnell kippte er sein Getränk hinunter, legte das Geld passend auf den Tisch, stand wortlos auf und ging.
„Man Kazu, jetzt warte doch mal", lief Keisuke ihm nach, erreichte ihn aber erst draußen wieder.
Kazutora blieb stehen und wartete bis der Jüngere neben ihm war, erst dann ging er weiter.
„Was genau magst du an Mikey eigentlich nicht?", fragte Baji vorsichtig nach, da er eigentlich wollte, dass sich alle gut verstanden, auch Mikey und Kazutora.
„Nicht mögen...ich hasse egoistische Leute und da gehört er eindeutig dazu"
Baji seufzte. „Ja egoistisch ist er"
*Wie bekomm ich ihn nur dazu, Mikey auch anders zu sehen?*, überlegte er.
„Kazutora", hörten die Beiden seinen Namen von der Seite. Gleichzeitig blieben sie stehen und blickten nach rechts, von wo die Stimme kam.
Augenblicklich zog sich in Kazutora alles zusammen. Am liebsten würde er heulen und schreiend wegrennen. Stattdessen aber blieb er schweigend stehen und traute sich nicht einen Muskel zu bewegen.
„Va...Vater", kam es nur zitternd über seine Lippen.
Die Angst hatte ihn sofort gepackt und ließ ihn noch mehr zittern.
„Ist das da ein Tattoo an deinem Hals?", brummte ihm die verärgerte Stimme seines Erzeugers entgegen.
*Scheiße*, zischte der Junge und versuchte den Tiger, den er sich an besagter Stelle stechen ließ, mit seiner Hand zu verdecken.
„Seitwann hängst du mit diesen Verbrechern ab", knurrte er und warf Baji einen verachtlcihen Blick zu.
Kräftig packte der Mann seinen Sohn am Handgelenk und zog ihn mit sich.
„Da bin ich einmal ein paar Wochen nicht da, schon machst du was du willst. Deine Mutter kriegt nichtmal das hin"
Der Junge spürte die Wut, die in seinem Vater hochkochte. Am liebsten würde Kazutora sich losreißen und weg rennen oder hinter Baji verstecken, da dieser bestimmt mehr den Mut hatte sich diesem Monster entgegen zustellen, als er selber.
Immer weiter stolperte er hinter dem Mann her und versuchte dabei immer mehr sich zusammen zu reißen, nicht gleich loszuheulen.
„Du bist eine Schande! Bist du wirklich mein Sohn?", trat er mit diesen Worten nach abwertend als wär Kazutora ein Stück Dreck, sah sein Vater auf ihn herab.
*Bitte, schau mich nicht so an*, bettelte Kazutora innerlich und biss sich dabei fest auf die Unterlippe um seine aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.
*Ich will nicht mit ihm gehen! Bitte! Hilf mir doch jemand!*, flehte er und schloss die Augen. Eine kleine Träne lief ihm über die Wange. Sein ganzer Mund schmeckte nach Blut durch die aufgebissene Lippe.
Im nächsten Moment ließ sein Vater seine Hand los, als hätte ihn jemand erhört. Es gab ein lautes Geräusch. Kazutora schaute hoch.
*Mikey?!*
Grade noch sah er, wie Mikey, seinem Vater mit einem kräftigen Tritt in den Rücken ins Taumeln gebracht hatte. Jetzt stand der Blonde zwischen Vater und Sohn und sah den Mann böse an.
„Was machst du da mit meinem Freund, du Bei astard?!", knurrte Mikey ihn bedrohlich an.
„Mikey, komm runter, das ist sein Vater", rüttelte Keisuke den Kleineren an der Schulter und zog ihn etwas weg.
„Los entschuldige dich!"
„Ich denk nicht dran, mach du das", zischte Mikey und drehte dem Spektakel den Rücken zu.
Leise seufzend verbeugte sich Baji vor Kazutora's Vater.
„Bitte entschuldigen sie das Verhalten meines Freundes"
Ohne ein weiteres Wort, nur einen wütenden Laut ausstoßend ging Kazutora's Vater, nachdem er seinem Sohn noch einen warnenden Blick zu geworfen hatte.
Heftig schluckte der Schwarzhaarige und ließ den Kopf hängen.
Als der Mann außer Sichtweite war, kamen auch Mitsuya, Pah und Draken laut lachend zu den andern.
„Du hast einfach Kazutora's Vater umgehauen", lachten sie schallend.
„Ach haltet die Klappe, ich dachte er wäre ein Entführer", beschwerte sich Mikey schmollend.
„Als ob jemand so einfach Kazutora entführen könnte, er ist unglaublich stark, nicht wahr Kazutora?", kam es lachend von Pah.
Kazutora hingegen stand schweigend neben ihnen und hielt den Kopf gesenkt.
„Kazutora?", sprach Pah den Jungen nochmal etwas vorsichtiger an.
Leise seufzte der gelbäugige, dann sah er zu der Gruppe der fünf Jungen.
„Mikey, ich versteh jetzt warum du so beliebt bist bei den Andern und ich danke dir für das was du getan hast, aber...", er machte eine Pause.
„...Ich bin in Gruppen nicht gut aufgehoben, ich hab es wirklich versucht."
Er sah zu seinem besten Freund.
„Baji, es tut mir leid, aber mir geht es besser, wenn ich alleine bin", setzte er ein aufgesetztes Lächeln auf. Dann drehte er sich um und ging davon.
„Kazu, warte!", rief Baji ihm nach, doch sein bester Freund reagierte nicht.
Keisuke wollte ihm nach. Draken hielt ihn fest.
„Lass mich los! Lass mich zu ihm!", schrie Baji den Größeren an und versuchte sich mit Händen und Füßen gegen seinen Freund zu wehren.
„Baji, grade ist es besser, wenn du ihn einfach in Ruhe lässt", sprach Ken ruhig auf ihn ein.
„Nein, ist es nicht! Er braucht mich! Ich weiß es! Du verstehst das nicht! Lass mich jetzt los, verdammte Scheiße!"
Noch in weiter Ferne konnte Kazutora seinen besten Freund schreien hören. Fest griff er sich an seine schmerzende Brust, während ihm unaufhörlich die Tränen das Gesicht herunter liefen.
*Tut mir leid Baji, aber ich kann das nicht. Ich hab viel zu viel Angst wieder verraten und allein gelassen zu werden. Bitte verzeih mir*
Zuhause angekommen, schloss der schwarzhaarige Junge die Haustür auf. Vorsichtig lukte er hinein. Zersprungene Teller und Gläser lagen überall am Boden und bildeten einen Pfad der Wut und Zerstörung.
Aus dem Wohnzimmer hörte er seinen Vater schreien. Seine Mutter weinte. Kazutora wusste er musste sich stellen, sonst würde er alles an ihr auslassen.
Der Gelbäugige trat ins Innere und schloss die Haustür hinter sich.
Langsam ging der Junge den Gang entlang.
Bei jedem Schritt knirschten die Scherben des zerbrochenen Geschirrs unter seinen Schuhsohlen
Vorsichtig stieß Kazutora die Tür zum Wohnzimmer auf.
„Ich bin wieder da", murmelte er leise.
Kaum eine Sekunde später spürte der Junge wie die flache Hand seines Vaters, seine rechte Wange traf. Es tat unglaublich weh. Jedesmal dachte er sich, dass er langsam daran gewohnt sein sollte, doch daran würde er sich wohl niemals gewöhnen.
Schützend hielt er seine Hand an seine pochende Wange und ließ dabei seinen Blick durchs Wohnzimmer schweifen.
Der Tisch war umgekippt und alles was sonst darauf lag, war quer über den Boden verstreut. Die Lampe die sonst neben dem Sessel stand, lag zerbeult am Boden. Außenherum lagen Scherben, was ihn darauf schließen ließ, dass es die Glühbirne zerschmettert hatte.
Mitten in all dem Chaos saß seine Mutter, die leise weinte und ihre Arme um ihren Bauch geschlungen hatte, bestimmt weil der Mann sie öfters dort hinein getreten hatte, das machte er sonst immer sehr gerne mit seinem Sohn.
„Du kannst froh sein, dass du so spät kommst, heute hat deine Mutter die Verantwortung für dein handeln übernommen. Jetzt geh auf dein Zimmer, essen gibt es heute nicht für dich", brummte sein Vater ihn an, während er seine Brille richtete.
„Ja, Vater", antwortete sein Sohn monoton und ging nach oben in sein Zimmer.
Kaum saß er auf seinem Bett, nahm er sein Handy in die Hand. Erst jetzt sah er die vielen verpassten Anrufe und Nachrichten von Baji.
>Kazu, bitte lass uns reden<
>Ich will dich nicht verlieren<
>Wir kriegen das bestimmt hin<
>Bitte, lass mich jetzt nicht allein<
Tränen liefen Kazutora wieder über das Gesicht, als er die Nachrichten seines besten Freundes laß.
„Baji, bitte mach es mir doch nicht so schwer", flüsterte er leise unter Tränen.
Er ging auf den Kontakt und scrollte ganz nach unten. Dort stand in roter Schrift ‚Kontakt blockieren'.
„Bitte, verzeih mir", sprach er mit zitternder Stimme und tippte es an.
Das Online, das gerade noch unter Baji's Namen aufleuchtete, erlosch augenblicklich.
Mit immer häufiger kommenden Tränen, legte er sein Handy weg und schmiss sich rückwärts aufs Bett.
Die ganze Nacht lang hatte er nicht ein Auge zu bekommen. Am liebsten würde er zurückgehen zu ihm, zurück zu Baji, doch es ging nicht. Die Angst erneut verraten und stehen gelassen zu werden war zu groß.
Baji saß währenddessen ebenfalls zuhause. Nachdem seine Freunde ihn nicht beruhigen konnten, schliffen sie ihn förmlichst nach Hause und versuchten, dass er sich dort beruhigte.
Nur Mikey war jetzt noch bei ihm, die Andern waren alle längst selber nach Hause gefahren.
Gerade in diesem Augenblick sah er, dass Kazutora online gekommen war.
Seit er ihm geschrieben hatte, legte er sein Handy nicht mehr aus der Hand. Ein Hoffnungsschimmer durchzog den Schwazhaarigen als er sah, dass der Junge seine Nachrichten gelesen hatte. Doch der Ältere antwortete ihm nicht, keine halbe Minute später sah Baji, wie Kazutora's Profilbild verschwand.
Sofort schrieb er ihm etwas, doch keine seiner Nachrichten kam bei dem Kleineren an.
Sein Gerät rutschte Baji aus seinen zitternden Händen und landete mit einem dumpfen Geräusch auf der Bettdecke unter ihm.
„Er hat mich blockiert", kam es fast tonlos aus ihm heraus.
Tröstend legte Mikey ihm eine Hand auf die Schulter.
„Lass ihn sich erstmal beruhigen, der kommt schon wieder runter."
„Hoffentlich hast du recht", murmelte Baji.
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Kazutora's Vater ist so ein Arsch 😤 wer hasst ihn noch?
Was denkt ihr? Kann Baji seinen Freund nochmal überzeugen?
Würde mich sehr über Feedback freuen :)
Wünsche euch noch ein schönes Wochenende ^^
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