6. „Ich bin für dich da!"
*tick* *tick* *tick*
Verwundert hob Kazutora den Kopf und sah Richtung Fenster, von dem das Geräusch ertönt war.
„Was ist das?", fragte er sich selbst und wischte sich die Tränen von seiner feuchten Wange. Vorsichtig ging er zum Fenster und traute dabei kaum seinen Augen.
Unten stand Keisuke der sich grade schon den nächsten Kieselstein zum werfen am Boden suchte.
Mit offenem Mund und vor Schock aufgerissenen Augen, starrte der Junge in den Vorgarten seines Hauses und sah den Schwarhaarigen schockiert an.
*Warum ist er hergekommen?*
Schnell öffnete Kazutora das Fenster und streckte seinen Kopf heraus.
„Hör auf zu werfen! Was willst du?!", rief Kazutora zu dem anderen Jungen herrunter, der sofort den Kopf hob und zu ihm schaute. Eigentlich freute der Ältere sich sehr seinen Freund zusehen, nur leider durfte er das jetzt nicht mehr, nachdem seine Mutter Bescheid wusste.
„Ich will, dass du runter kommst und mit mir redest! Was ist los?!", schrie Baji zurück.
„Lass mich in Ruhe! Verschwinde! Ich will dich nie wieder sehen!", brüllte der Gelbäugige auf die sonst menschenleere Straße. Dass sich dabei schon wieder die nächsten Tränen in Kazutora's Augen bildeten, konnte Keisuke von seiner Position aus natürlich nicht sehen.
Der Jüngere hatte dafür grade laut geschluckt und ließ nun etwas geknickt seinen Kopf hängen.
Kazutora schloss schnell ohne ein weiteres Wort zu sagen das Fenster und ließ sich mit dem Rücken an der Wand unter seinem Fenster hinabgleiten.
„Warum nur?", schluchzte er leise, zog die Beine an sich ran und umklammerte sie fest mit beiden Armen.
„Jetzt bin ich wieder ganz allein", erkannte er die Tatsache und fing noch lauter an zu weinen.
Hektisch schniefte er und drohte schon fast kein Luft mehr zu bekommen.
Plötzlich öffnete sich ohne Vorwarnung die Tür seines Zimmers.
*Ist Vater schon zurück?*, fragte er sich selber und hörte wie auf Knopfdruck auf zu weinen.
Schweigend blickte er weiter zu seiner hölzernen Zimmertür.
„Wie...wie bist du?...was...was machst...du hier?", fragte Kazutora nun vollkommen verwirrt als nicht wie erwartet sein Vater zur Tür reinkam, sondern Baji jetzt vor ihm stand.
„Der typische Dekoblumentopf ein nettes Plätzchen für einen Ersatzschlüssel", grinste der Junge und warf genannten Gegenstand klirrend Kazutora vor die Füße.
Mit offenem Mund sah der ältere der beiden Jungen das Stück Metall an, welches vor ihm auf dem hellen Paketboden lag.
*Das glaub ich jetzt nicht*, blieb ihm fast der Atem weg, während er mit großen Augen den Haustürschlüssel aufhob.
Schnell versuchte er seine Fassung wieder zu bekommen und sah Keisuke so grimmig an, wie er es in seinem Zustand nur konnte.
„Was willst du?", brummte Kazutora leise, aber dennoch warnend.
Keisuke schloss die Tür hinter sich, trat ein paar Schritte auf seinen immerfort am Boden sitzenden Freund zu und ging vor diesem in die Hocke.
Tief sah Baji seinem Gegenüber in die Augen.
*Er kann so grimmig schauen wie er will, mich wird der nicht los*
„Ich will dir helfen, mehr nicht"
„Ich brauch keine Hilfe", lehnte der Gelbäugige stur ab.
Ungläubig zog der Jüngere seine Augenbraue nach oben und sah den Anderen ungläubig an.
„Doch, du hast geheult"
„Nein!", protestierte der Junge sofort wieder.
„Doch, hast du!", brummte Baji und strich Kazutora durch sein Gesicht, über das vor nichtmal einer Minute noch sämtliche Tränen liefen.
„Hier bitte, meine ganze Hand ist nass, ist das Beweis genug?!"
„Lass mich doch einfach in Ruhe!", schrie Kazutora, sprang Baji an und schmiss ihn so mit dem Rücken auf den Boden.
„Nein, das werd ich nicht", brummte Keisuke und hielt den Jungen so gut es geht mit seinem Arm auf Abstand.
„Was zum Teufel willst du hören?! Das ich keine richtige Familie hab?! Das mein Leben komplett beschissen ist?! Dass ich jeden Tag Schmerzen ertragen muss?! Ist es das was du hören willst?!", schrie Kazutora ihn zuerst an, doch dann wurden seine Worte immer mehr zu Schluchzern. Tränen liefen ihm über die Nase und tropften auf Baji's Gesicht.
Mitleidig sah er zu dem Jungen hoch, der über ihm kniete.
„So, jetzt weißt du es, also verschwinde!", schluchzte der Ältere weiter ohne Anzeichen, sich in nächster Zeit zu beruhigen.
Sofort schüttelte der am Boden liegende seinen Kopf.
„Nein, dass werde ich garantiert nicht"
„Warum nicht? Macht es dir Spaß mich leiden zu sehen?!"
*Was denkt er Bloß von mir?*, konnte Baji die Anschuldigung kaum fassen, aber nachdem er alles wusste, konnte er seinem Freund auch nicht wirklich böse sein.
Vorsichtig legte der Größere seine Arme um den dünnen Körper und zog ihn näher zu sich.
Kazutora der eh schon am Ende war mit seinen Kräften, ließ es zu. Auch zu weinen hörte er gar nicht mehr auf.
*Das war dieser Schmerz, den ich die ganze Zeit gesehen hab*, begriff Baji und strich dem Älteren vorsichtig über den Rücken.
„Ich werde nicht gehen, weil du mein Freund bist. Du bist mir sehr wichtig, Kazutora und genau deswegen werde ich alles tun um dir zu helfen"
Kazutora schüttelte auf seiner Brust den Kopf.
„Nein, bitte, ich...ich krieg das schon allein hin"
„Du bist nicht allein und keiner will dir was tun. Weder meine Mutter noch ich, verstehst du?"
Vorsichtig nickte der Junge und hob etwas seinen Kopf. Mit dem Handrücken wischte er sich die Tränen aus seinen gelben Augen und sah Baji an.
„Ich verspreche dir ich überlege mir etwas und wenn es schlimmer wird handel ich, okay?", schlug Baji ihm vor.
Kazutora nickte leicht.
Im nächsten Moment ging die Tür auf. Schnell befreite sich Kazutora aus Baji's griff und stand auf.
Der Ältere schluckte als er die Gestalt seiner Mutter erblickte, die in seiner Tür stand.
„Was ist denn hier los?", fragte sie verwundert über den Krach.
„Hallo Mutter, wir sind nur gestolpert und hingefallen. Ich hoffe wir haben dich nicht gestört", sprach ihr Sohn ruhig und verneigte sich etwas.
„Wer ist das?", ignorierte sie die Worte und sprang direkt zum nächsten über.
„Das ist Keisuke, er ist ein Klassenkamerad, ich gebe ihm Nachhilfe"
Interessiert hob seine Mutter ihre Augenbraue und lächelte dabei etwas.
„Sehr gute Idee mein Sohn. Lernen klingt nach einem fabelhaften Plan, das wird deinen Vater bestimmt erfreuen", mit diesen Worten ging sie wieder und zog die Zimmertür hinter sich zu.
Langsam richtete sich Kazutora wieder auf. Ein erleichterter Seufzer entwich ihm.
Baji der immer noch am Boden saß, rappelte sich wieder auf.
„Irgendwie hab ich mir deine Mutter anders vorgestellt", murmelte der Schwarzhaarige.
„Ist jetzt auch egal, wir sollten unser Schulzeug machen, wenn sie hier rein schaut und merkt, dass wir gar nichts machen, krieg ich das später nur wieder ab", seufzte Kazutora und begab sich zu seinem Schreibtisch. Seufzend ließ der Junge sich auf seinen alten, knarzenden Stuhl fallen, der ihm jeden Tag das Gefühl gab, gleich auseinander zu fallen.
Baji setzte sich auf Kazutora's Bett und blickte einfach nur zu seinem Freund rüber.
Kazutora hatte schon längst sein Matheheft aus seiner Tasche gezogen und angefangen die Aufgaben zu lösen. Nervös schielte er hin und wieder zu Baji rüber und ließ dabei seinen Stift zwischen seinen Fingern auf und ab wippen.
*Was starrt er denn so?*
Der Ältere versuchte sich nicht ablenken zu lassen, doch die Blicke stachen ihn im Nacken wie wild gewordene Bienen.
„Was starrst du mich denn so an?", fragte er und bemühte sich dabei sehr einen ruhigen Tonfall zu behalten.
Keisuke grinste breit.
„Naja weißt du, ich hab nur grad dran gedacht, dass wir mal was anderes machen sollten als ewig dieses Schulzeug"
Der Kleinere ließ seinen Stift sinken und drehte sich mit seinem Stuhl zu seinem Freund um.
„An was hättest du gedacht?", fragte er vorsichtig, aber dennoch interessiert.
„Weiß nicht, was magst du denn gerne?"
Kazutora schwieg, dann zuckte er wortlos mit den Schultern.
„Wie, du weißt nicht was du magst?!", fragte Baji entsetzt nach.
„Wie denn auch, wenn ich jeden Tag nur hier sitzen und lernen muss", seufzte der Ältere und legte seinen Stift nun endgültig zur Seite.
„Hm", brummte Baji. Überlegend strich er sich mit der rechten Hand über das Kinn.
„Wie wärs wenn wir in den Freizeitpark fahren", grinste Keisuke, dem Wohl, so erschien es ihm zumindest, die beste Idee überhaupt hatte.
Kazutora hingegen wippte nervös mit dem Fuß auf und ab und warf seinem Freund einen entschuldigenden Blick zu.
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist", murmelte der Ältere leise.
„Doch, ist es! Du warst bestimmt noch nie dort hab ich recht?"
Immer weiter ließ der Junge den Kopf sinken. Ein leises „Nein", untermalt mit einem Seufzer verließ seine Lippen.
Baji grinste und sprang aus dem Sitzen auf seine Beine.
„Dann ist es abgemacht, dieses Wochenende fahren wir gemeinsam hin", freute sich der Größere und hielt seine Hand hin, damit der Andere einschlagen konnte.
Kazutora zögerte kurz.
*Wenn meine Eltern davon was mitbekommen, ist die Hölle los. Aber Vater arbeitet dieses Wochenende, vielleicht geht es ja doch. Oder sollte ich es lassen?*
Unsicher blickte er auf Baji's Hand, die der Schwarzhaarige ihm immer noch entgegen hielt. Sein Blick glitt weiter nach oben. Baji grinste übers ganze Gesicht.
Ein leichtes Lächeln zog sich über das Gesicht von Kazutora.
*Wenn er sich schon so freut, kann ich es ihm schlecht ausschlagen oder?*, dachte er sich innerlich und schlug ein.
„Super, dann ist es abgemacht, am Samstag treffen wir uns um 10 Uhr beim Bahnhof", verkündete Baji.
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So viel Emotionen in einem Kapitel😨
Was denkt ihr? Vertraut Kazutora Baji jetzt, oder braucht er noch Zeit?
Wie wird wohl ihr kleiner Ausflug?
Hoffe ihr hattet Spaß beim lesen, bis zum nächsten Kapitel 🙋🏻♀️
Lasst gerne Feedback da :)
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