4. Nachhilfe
Nach etwas 20 Minuten Fußweg waren die Beiden vor Baji's Wohnung angekommen.
Kazutora schluckte und wich einen Schritt nach hinten als Keisuke die weiße, deutlich ältere Tür der Wohnung mit einem leisen Knacken des Schlüssels öffnete. Mit seinem Fuß trat Baji die knarzende Tür etwas auf und begab sich ins Innere des Gebäudes.
Als der Junge einen Blick über seine Schulter warf, sah er Kazutora etwas weiter weg stehen.
„Jetzt komm, sei nicht so schüchtern", grinste der Jüngere, dass seine Eckzähne nur so herausstachen.
Nicht grade überzeugt folgte der Gelbäugige Baji ins Innere seiner Wohnung. Er zog seine Schuhe aus und stellte diese sorgsam an den dafür vorgesehenen Platz, während Keisuke sie sich mit seinen Füßen unordentlich von seinen Füßen schob und sie mit den Zehen irgendwo hin pfefferte.
„Bin wieder da!", rief er als er sich seiner Straßenkleidung entledigt hatte und schritt weiter ins Innere auf eine Antwort wartend.
Kazutora folgte ihm schweigend, schließlich wusste er nicht wo hier was ist.
„Da bist du ja!"
Erschrocken zuckte der Ältere zusammen und versteckte sich hinter seinem Freund. Als die laute, genervte Stimme einer Frau ertönte.
„Lass mich raten ich darf mir wieder dein Gemecker anhören", seufzte Baji und betrat den Raum vor sich. Kazutora hingegen blieb schüchtern stehen und schielte eng an den Türstock gedrückt auf das Geschehen vor sich.
Vor Baji stand eine Frau mittleren Alters, mit schwarzen Haaren. Es war unverkennbar, dass sie Baji's Mutter sein musste, da sie sich unglaublich ähnlich sahen.
*Wie kann er nur so mit ihr reden?!*, durchfuhr es Kazutora entsetzt, der für so einen Kommentar ganz sicher die Schläge seines Lebens kassiert hätte.
„Natürlich musst du das! Wenn du so weiter machst wird aus dir nie was. Du schaffst es gefühlt grade mal einen halben Satz zu lesen und mit Mathe fangen wir lieber gar nicht erst an", meckerte die Schwarhaarige ihren Sohn weiter an.
Keisuke verdrehte genervt seine braunen Augen, da er sich diese Rede von seiner Mutter so gut wie jeden zweiten Tag anhören durfte.
„Manjiro war vorhin da und hat deinen Rucksack gebracht, du bedankst dich besser bei ihm, sonst stehst du bald ganz alleine da!", grummelte sie noch hinterher und warf ihrem Jungen einen dunkelblauen Rucksack entgegen.
Ächzend fing Baji ihn mit grimmigen Blick auf.
„Jaja ich weiß, ich bin doch schon dabei etwas dagegen zu machen. Ich hab jemand der mir Nachhilfe gibt"
Nicht grade überzeugt sondern eher spöttisch zuckte die Augenbraue seiner Mutter nach oben.
„Ach echt und wer soll das sein? Manjiro ja wohl kaum, selbst der hat schon bei dir aufgegeben und sonst hast du niemand"
Empört verschränkte Keisuke die Arme vor seiner Brust.
„Na komm schon raus", drehte Baji seinen Kopf zu dem immer noch verborgenen Kazutora und warf ihm einen auffordernden Blick zu.
*Ich hab wohl keine Wahl*, schluckte der Junge, trat aber dennoch hinter dem Türstock hervor und betrat vorsichtig das Wohnzimmer.
Höflich verbeugte er sich vor Baji's Mutter, als er neben seinem Freund angekommen war.
„Schönen guten Tag", sprach er leise aber dennoch hörbar.
Er hörte Schritte die auf dem Laminat ertönten auf sich zu kommen. Weiterhin schaute er zu Boden. Mit jedem näher kommenden Schritt wurde er nervöser.
Eine Hand legte sich auf seine linke Schulter. Kurz darauf erblickte er das Gesicht der Frau vor sich. Sie hatte sich vor ihn gekniet und legte ihn jetzt auch noch ihre zweite Hand diesmal auf die rechte Schulter.
*Was soll das?*, fragte er sich verwirrt. Vorsichtig linste er im Augenwinkel zu Baji hinüber, doch der sah selber sehr verwirrt aus.
„Du kannst es ruhig sagen", begann sie. „Wenn Keisuke dich gezwungen hat ihm zu helfen und dir Schläge androht, darfst du ruhig gehen"
Verwirrt zuckte Kazutora etwas zusammen.
„Hey, ich hab gar nichts gemacht, er ist freiwillig hier!", kam sofort der lautstarke Protest ihres Sohnes.
„Stimmt das?", fragte sie prüfend an den ihr fremden Jungen gerichtet.
Sofort nickte Kazutora leicht.
Die Frau stand wieder auf. Sie nahm ihre Hände von der Schulter des Jungen und lachte leise.
„Ich wünsch dir viel Spaß Kleiner, an Keisuke ist bis jetzt jeder verzweifelt"
Baji brummte.
„Danke Mama, sehr aufbauend"
*Irgendwie is die mir unheimlich*, murmelte Kazutora leise in seinem Kopf und ließ die Fremde nicht mehr aus den Augen.
„Komm Kazutora, wir gehen in mein Zimmer", befehligte Baji. Kazutora nickte sanft, richtete sich auf und folgte dem Anderen.
„Is leider nicht aufgeräumt, hoffe du hast kein Problem damit", warnte Baji mit einem kleinen Lacher vor, dann öffnete er die Tür.
Kazutora erstarrte und blickte über das Chaos. Der Boden war voller Klamotten, dass es kaum mehr eine freie Stelle gab die man betreten konnte. Stapel an Tassen, Schüsseln und Stäbchen bildeten mit den schon angetrockneten Essensresten die sich darauf befanden einen Turm der an Widerlichkeit nur schwer zu überbieten war.
*Wenn mein Zimmer so aussehen würde, hätte ich mir bestimmt schon 10 mal mindestens eine gefangen*, kam es Katutora, als er Baji's Zimmer mit dem seinigen Vergleich.
„Jetzt komm schon, sag bloß du bist pingelig", grinste der Besitzer des Zimmers und schob den Stapel an Geschirr der sich auf seinem Schreibtisch bildete etwas zur Seite.
Schwungvoll ließ Baji sich auf seinen Stuhl fallen der unter dem plötzlichen Gewicht drohend knarzte. Er kramte etwas in seinem Rucksack.
„Bei was brauchst du denn Hilfe?", fragte Kazutora der vorsichtig neben den Schreibtisch trat.
„Erklär mir das ganze Buch". Bei den Worten zog Baji sein Mathebuch aus dem Rucksack und ließ es mit solchen Schwung auf den Tisch klatschen, dass das Geschirr schon bedrohlich klirrte.
Einen Moment hatte Kazutora schon Angst der Stapel würde zusammen krachen und ihm auf den Fuß fallen, doch erstaunlicherweise hielt der instabile Haufen.
Etwas überfordert sah er Baji an.
*Wie soll ich ihm das denn alles erklären? Der Typ weiß hoffentlich dass wir schon Halbjahr haben*
Leise seufzend nahm der Ältere das hellblaue Buch in die Hand und blätterte etwas darin herum.
Baji verfolgte genau Kazutora's Bewegung und war gespannt was der Gelbäugige sich da wohl raussuchen würde.
„Wie wäre es denn damit?", schlug der Kleinere nach kurzer Zeit des blätterns vor und legte das aufgeschlagene Buch vor Keisuke.
„Textaufgaben", seufzte der Jüngere, da das wohl das war was er am wenigsten konnte, schließlich musste er lesen und dann noch rechnen.
Baji ließ seine Augen über die Schriftzeichen wandern. Gefühlt kannte er keines der Kanjizeichen lesen und hatte somit auch nicht im geringsten eine Ahnung was die Aufgabe von ihm wollte.
„Also was steht im Text? Mit was davon können wir rechnen?", fragte Kazutora nach, da Baji nun schon ein paar Minuten schweigend vor seinem Buch saß.
„Der Bauer hat 20 Kühe 7 sind abgehauen und eins hat ihn getreten. Das is doch Blödsinn! Wer erfindet so eine Aufgabe?", murrte Baji, der sich den Text nur durch die paar Zeichen die er kannte zusammen reimte.
*Was labert der da für nen Scheiß?*, durchfuhr es den Älteren.
Kazutora laß die Aufgabe selber erneut um sicher zu gehen, dass er sich nicht vertan hatte.
„Kannst du das wirklich nicht lesen?", fragte er erstaunt, da die Aufgabe nun wirklich nicht schwer war und die Schriftzeichen waren es ebenfalls keineswegs.
„Nein weißt du, ich tu nur so!", brummte Baji und warf ihm einen giftigen Blick zu.
*Auf was hab ich mich da nur eingelassen*, seufzte Kazutora innerlich und beugte sich weiter über das Buch.
„Also, dass der Bauer 20 Kühe hat stimmt, aber sie sind ihm nicht abgehauen, sondern er hat 7 verkauft und eins hat er wieder zurück bekommen. Also wie viel Kühe hat er dann noch?", übersetzte Kazutora schnell die Aufgabe, da er mit Baji nicht unbedingt Lust hatte jedes Schriftzeichen einzeln durchzugehen.
„Woher soll ich dass den wissen?"
„Was musst du denn rechnen?"
„Keine Ahnung"
Baji brummte genervt.
„Ich dachte du bist hier um mir zu helfen"
„Tu ich doch, aber ich kann dir nicht alles vorsagen!", knurrte Kazutora zurück und versuchte dabei so ruhig zu bleiben wie es mit dem sturen Baji nur möglich war.
Baji seufzte etwas niedergeschlagen.
„Geben wir es auf. Ich bin einfach zu blöd dafür, tut mir leid, dass ich deine Zeit verschwendet habe".
Der Junge klappte langsam das Buch zu und legte sich mit verschränkten Armen darauf.
„Nein, das werden wir nicht! Ich will mit dir zusammen auf die Mittelschule gehen"
Baji sah zu Kazutora hoch. Der Gelbäugige hielt Inne und war wohl selber über seine eigenen Worte überrascht.
Beschämt ließ er den Kopf hängen.
„Warum willst du ausgerechnet mit mir auf eine Schule?", fragte Baji nun verwundert, da er immer noch dachte, er würde dem Älteren ziemlich auf die Nerven gehen.
Kazutora spielte nervös mit seinen Fingern herum.
„Nun ja", druckste er herum. „Du bist der Einzige den ich noch habe".
Eine leichte Röte zog ihm ins Gesicht. Baji diese Worte so zu sagen war ihm unheimlich unangenehm, doch es stimmte, auch wenn er es nicht gerne zugab.
Im Augenwinkel sah er Baji's leichtes Grinsen.
*Toll, jetzt macht er sich über mich lustig*, dachte Kazutora etwas beschämt, da er sich schwer tat anderen etwas von seinen Gefühlen oder Bedürfnissen zu erzählen.
„Na wenn das so ist, dann hab ich wenigstens einen guten Grund mich doch anzustrengen. Ich kann dich schließlich nicht alleine lassen, sonst wirst du noch gemobbt mit deinem unschuldigen Aussehen", lachte Baji und schlug sein Buch wieder auf.
„Pff, was soll das denn heißen, ich kann mich auch selber verteidigen", stieß der Gelbäugige empört die Luft aus. Dabei drehte er sich etwas weg und lächelte dann leicht, da Baji ihm doch auf irgendeine Weise ähnlich war und ihn somit verstand.
*So langsam wird er mir doch sympathisch*, grinste Kazutora in seinen Gedanken.
*Wer hätte jemals gedacht, dass ich mich mit so jemanden anfreunden würde*, lachte Baji innerlich und schielte etwas zu seinem Freund, der zwar weggedreht war, aber sein Lächeln konnte Baji trotz allem noch genau erkennen.
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So das war das 2. Kapitel diese Woche, hoffe ihr hattet Spaß dabei😊.
Diese Woche hab ich Urlaub und werde hoffentlich viel zum schreiben kommen 😊.
Würde mich sehr über Feedback freuen und wünsche euch noch ein schönes Wochenende. ^^
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